Autor Thema: [Spielpraxis]Die Jagd nach Ladungen  (Gelesen 2000 mal)

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wjassula

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[Spielpraxis]Die Jagd nach Ladungen
« am: 10.01.2007 | 11:10 »
Ich sitze hier gerade über Postmodern Magic. Mir ist früher schon mal aufgefallen, dass das Buch eine Lücke hat. Man erfährt zwar unglaublich viele coole Sachen über kranke Adepten und schräge Rituale, aber das konkrete Spiel bleibt etwas blass. Es steht kaum etwas darüber drin, wie man das alles denn nun im Spiel umsetzt. Dabei interessiert mich vor allem der Ladungserwerb.

Wenn man sich das GRW anschaut, scheint die Jagd nach Ladungen ein Fulltimejob zu sein, denn die magische Obsession ist ja nichts weniger als der Lebensmittelpunkt und das innerste Wesen eines Adepten. Nun sind aber reale Spielende (und um die geht`s ja) meistens noch an anderen Sachen interessiert, nämlich Abenteuer zu erleben und bei aufregenden Geschichten dabei zu sein. O.k., Ladungen abzugreifen kann schon an und für sich spannend sein, aber ihr wisst, was ich meine. Mit anderen Worten: Das Leben eines Adepten, wie es die Regelbücher entwerfen, und das, was die Spielenden interessiert, können sich beissen. Da uns aber nur die Spielenden interessieren, sollte da irgend eine Lösung her.

Wie macht ihr das denn? Welchen Raum nimmt die Jagd nach Ladungen in eurem Spiel ein? Wie balanciert ihr das Tagesgeschäft der Jungs und Mädels aus dem Untergrund mit den anderen Spielanteilen aus?

Mir fallen hauptsächlich folgende Lösungen ein:

Im Schweisse deines Angesichtes. Man setzt das ganze eins zu eins um. Über Ladungen wird genau Buch geführt, und die Gruppe muss sorgfältig planen, wieviel magischen Saft sie wann braucht, so dass im Zweifel vor einer riskanten Aktion die Abwägung steht: Lieber eine Ladung für den Kampf oder die körperliche Unversehrtheit?

Vorteil: Ein schönes taktisches Element im Spiel. Zusätzliche Herausforderung und lustiger Stress. Man kann wirklich genau so auf die Schnauze fallen, wie ein echter Adept. Ups, da kommt der Schlägertupp, und wir haben keine Ladungen mehr.

Nachteil: Ladungsgewinn kann zur Routine werden. „Ja gut, dann scheid ich mir halt nochmal in den Arm. So, und jetzt los“. Da kann man gegensteuern, indem man die körperlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen voll mit ins Spiel bringt, aber hm, tja. Zweiter Nachteil: Antiklimatische Momente. Alle sitzen gebannt da, und wollen wissen, wie es ausgeht und dann heisst es „Oh, wir haben gar keine Ladungen mehr“. Jetzt würden alle lieber was anderes machen. Blöd.

Spotlight – Episoden: Man legt einzelne Spielrunden oder Teile von Treffen fest, bei denen es ausser der Reihe nur um den Ladungsgewinn geht – entweder für einen einzelnen Charakter oder für die ganze Gruppe. Einen Abend lang oder eine Stunde lang besteht die Aufgabe darin, sich auf  genau die schräge Art zu verrenken, wie es die Bücher beschreiben. Wenn alle genug davon haben, geht es an den Plot, und es wird stillschweigend davon ausgegangen, dass die Gruppe halt so durchschnittlich viele Ladungen hat.

Vorteile: Ladungsgewinn bleibt etwas besonderes, ohne dass er das Spiel total dominiert. Man spart sich Rechnerei, und konzentriert sich stattdessen auf andere Inhalte – es sei denn, man hat wirklich Lust auf den Adepten – Alltag.

Nachteil: Der Adepten – Alltag ist kein Alltag. Wer die Herausforderung des Taktierens sucht oder den Stress wirklich spüren will, kommt nicht auf seine Kosten. Könnte etwas gezwungenes haben, wenn nicht alle in der Gruppe Bock darauf haben. „Ach Gottchen, wir müssten mal wieder erklären, wo unsere Ladungen herkommen.“

Kill Bill (with magic): Ladungsgewinn taucht im Spiel überhaupt nicht auf. Die Gruppe holzt sich durch den Untergrund wie eine Bande durchgeknallter Cracknigger mit Hattori – Hanzo – Schwertern aus magischer Energie. Einzige Begrenzung ist das Vetorecht der anderen.

Vorteil: Fun, fun, fun. Wozu stehen denn die krassen Sachen in den Büchern, wenn man die nicht machen darf, hä?

Nachteil: Routine. Irgendwann schockt das nicht mehr. Das Thema „Macht und Konsequenzen“ kann zumindest über dieses Schiene nicht mehr auftauchen.

Anmerkung: Wenn die Gruppe möchte, kann sich hier aber auch ein intensives Spiel um Macht und Konsequenzen eröffnen, indem man gerade mit dem Unterschied zwischen Charakter und Spieler arbeitet. Klar kann man die Feinde zerfetzen und aus den Augen bluten lassen...aber will man das? Das Lachen könnte etwas hysterisch werden: „Ist ja krass...na gut, dann mach ich das wohl“. Und dieses „ich“ ist das entscheidende: Ich als konkrete Person entscheide, dass dieses Monster von Charakter sich so verhält...

Eher eine Technik als ein Stil ist die „Fanmail – Methode“. Alle Mitspielenden erkennen sich gegenseitig magische Ladungen zu, wenn sie der Meinung sind, dass jemand anders sich einfach besonders adeptenmässig verhalten hat. In der Mitte des Tisches liegt ein Haufen Münzen oder so, und man spielt halt einfach vor sich hin. Irgendwann macht jemand was besonders krankes, gelungenes, und bekommt dafür von den anderen eine Münze, die er dann wieder für einen magischen Efekt ausgeben kann. Der Vorteil ist, dass die Obsession nahtlos ins Spiel einfliesst, und die Macht wirklich danach bemessen ist, wie sehr man sein Verhalten an der Obsession ausrichtet. Nachteil: Soviel Spielermitbestimmung mag nicht jeder, und man müsste auch auf irgend eine Art von Balance achten.

So, was haltet ihr davon? Macht ihrs vielleicht ganz anders? Was habt ihr für Erfahrungen gemacht, was hat funktioniert, was war schlecht?


 

Offline Dash Bannon

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Re: [Spielpraxis]Die Jagd nach Ladungen
« Antwort #1 am: 10.01.2007 | 11:43 »
hab UA ja leider bisher nur auf 'Streetlevel' gespielt, sprich Ladungen waren eh kein Thema.

Aber ich finde das ist eine sehr interessante Frage. Einerseits will man ja nicht nur auf der Jagd nach Ladungen sein, man will sie ja auch einsetzen. Deshalb finde ich deinen Spotlight-Episoden Ansatz sehr interessant. Damit deckt man imho schon recht schön dass ein gewisser Teil des Adeptenlebens eben von der eigenen Obesession beansprucht wird, man hat aber gleichzeitig noch genug Zeit zu spielen.
Wobei, bei kleinen (?) Ladungen kann man denke ich grosszügig sein, die zu beschaffen ist relativ einfach und die können ruhig auch häufig 'verballert' werden (alles im Rahmen des gemeinsamen Spielspaßes natürlich). Bei den grösseren Ladungen siehts schon etwas anders aus, die sind dann ein Fall für die Spotlightepisoden. Die müssen beschafft werden und da sollte dann auch nicht mehr verbraucht werden als vorhanden sind. Es sei den...ein Spieler hat eine schöne Idee für eine stimmungsvollen/interessante/tolle Szene und es fehlt eine Ladung, da kann man dann ruhig grosszügig sein finde ich. Vielleicht ein Fall für die Fanmailmethode? Wenn die übrigen Spieler zustimmen, ist die Ladung halt da.


Etwas anderes, weil ich das Regelwerk nicht ganz im Kopf habe.
Kann man eine Ladungsschuld eingehen? Also jetzt ausgeben, später sammeln?
Wenn ja, wer sorgt dafür dass diese Schuld auch bezahlt wird?
Wäre das spieltechnisch interessant?
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

wjassula

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Re: [Spielpraxis]Die Jagd nach Ladungen
« Antwort #2 am: 10.01.2007 | 12:05 »
Auf jeden Fall!

Darüber sprechen wir hier.

Beim Threadtrennen hab ich Mist gebaut. Hendrik schrieb noch:

Zitat
Ich fände ein Mittelding zwischen "Kill Bill" und "Spotlight" interessant: Zu Beginn des Spielabends (nicht des gesamten Spiels) hat der Char ein paar Ladungen (müsste man sich in der Gruppe drauf einigen). Damit sollte man dann haushalten — oder eben bei Bedarf ankündigen, daß man sich ne Ladung beworgt - muss ja nicht en Detail ausgespielt werden - Konsequenzen kann man auch so kriegen. Und wenn es wirklich interessant oder dramatisch wird, dann kann man das ganze wirklich mal ausspielen - damit die Spieler auch ein Gefühl für die alltäglichen Bedürfnisse ihres Adepten behalten.
« Letzte Änderung: 10.01.2007 | 12:10 von Jasper »

Offline Bad Horse

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Re: [Spielpraxis]Die Jagd nach Ladungen
« Antwort #3 am: 10.01.2007 | 15:11 »
Das Problem am Ladungssammeln ist eben das gleiche wie bei Vampire mit der Jagd nach Blut: 1.) macht es ein Char normalerweise allein - und während man das ausspielt, langweilt sich die Gruppe; 2.) entsteht aus dem coolen 'Erjagen' irgendwann eben ein Trott ("Ich jag dann mal." "Okay, zwei Blutpunkte".  :P).

Ich würde es wahrscheinlich handhaben wie in Hendriks Vorschlag. Zumindest auf Dauer... wenn ein Char gerade eben zum Adepten geworden ist, muß er natürlich ein bißchen mehr ran.  ;)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?