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[Unknown Armies] Road Movie
Bad Horse:
Hier folgt - in mehreren Fortsetzungen - das Tagebuchdings meines Charakters in Christian Preuss´ UA-Kampagne. Das Tagebuchdings ist a) aus meiner Begeisterung für die Runde und b) aus meinem schlechten Gedächtnis für Stories entstanden. Es ist aus der Sicht meines Charakters geschrieben.
Hier noch mal eine ganz kurze Erklärung, wer die Chars sind (das meiste erzählt Barry in dem Tagebuchdings selber):
- Bernard Wordsworth ("Barry") Jackson: Das ist mein Char, und der Ich-Erzähler. Am Anfang der Kampagne hat er Linguistik studiert, gekellnert, Parties gefeiert und sich für liberale Politik engagiert. Er ist groß, dunkelhaarig und einigermaßen gutaussehend. 23 Jahre alt.
- Brian Ferrington: Chemiestudent aus Passion. Brian hat wirre blonde Haare, grüne Augen und ist ein eher schmächtiges Hemd, aber trotz seiner gelegentlichen sozialen Imkompetenz irgendwie knuffig. 22 Jahre alt.
- Kim Parker: Ursprünglich Grafikdesigner auf dem Weg noch Los Angeles. Kim ist Halb-Amerikaner, Halb-Koreaner und sieht recht asiatisch aus. Er ist noch schmächtiger als Brian, aber sehr, sehr geschickt. Und ein wenig seltsam. 21 Jahre alt.
- Dr. Sylvia Sinclair: Dozentin für Biologie. Der älteste Charakter der Gruppe. Sylvia hat glatte rote Haare, grüne (?) Augen und eine Charakternase. Sieht ein bißchen aus wie Uma Thurman.
Tja, dann kann´s ja losgehen. (Woozle muß die Dinger posten, weil ich hier im Internet-Café schlecht daran arbeiten kann. Danke, Woozle... :-* :-* :-*)
Bad Horse:
So, jetzt geht´s los. Ich fang einfach mal mit dem ersten Kapitel an (sind trotzdem zwei Posts geworden... *seufz)
Das hier ist eine Fiktion. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen oder Ereignissen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Im Klartext: Das hier ist alles nicht passiert. Wenn ihr trotzdem glaubt, daß es passiert sein könnte, und euch vielleicht sogar einbildet, es gäbe “Beweise” dafür, dann begebt euch zum nächsten Psychiater oder Psychologen und laßt euch von ihm was über die Trennung von Fiktion und Realität erzählen.
Keine der hier erwähnten Vorgehensweisen wird zur Nachahmung empfohlen. Nicht jeder, der versucht, sich umzubringen, erhält eine kosmische Vision. Die meisten sterben dabei einfach. ¿Comprendo? ¿Compredes?
Ach, wißt ihr was: Laßt einfach die Finger von diesen Unterlagen. Sind eh privat.
Hier geht´s los. Das kursiv Geschriebene hab ich später eingefügt, als mir klarwurde, daß dieses Mammutwerk eine Einteilung braucht... und hier ist die Überschrift des ersten Kapitels:
Chicago - Final Destination
Hier und heute ist ein genausoguter Zeitpunkt wie jeder andere, um ein Tagebuch anzufangen. Natürlich führe ich auch ein anderes, persönliches Tagebuch (gibt es irgendeinen Dichter, der das nicht tut?), aber ich will Dinge festhalten, die auch andere nachlesen und nachvollziehen können.
Genug mit dem hochgestochenen Gequatsche. Ich mache zu gerne zu viele Worte, statt nach dem richtigen zu suchen. Quantität ist nicht gleich Qualität. Ich fasele schon wieder.
Eigentlich wollte ich nur aufschreiben, was uns passiert ist. Die Namen der ganzen Leute und Orte, damit wir bei Bedarf noch mal genau nachschauen können. Die Visionen und Träume, die Sylvia und Brian haben - wer weiß, wann wir herausfinden, was sie wirklich bedeuten. Die Lieder, die Kim singt.
Ich sollte vorne anfangen, sonst hat das Ganze wenig Sinn.
Der Anfang war völlig harmlos: Ein viereckiger Zettel am Schwarzen Brett der Uni. “Biete Mitfahrgelegenheit nach Daytona Beach vom xx.xx. bis zum xx.xx. Meldet euch bei Sylvia Sinclair unter der Nummer 555-55555.” Ich hatte Streß mit meiner Ex-Freundin und wollte in den Ferien verreisen - Geld war da, Zeit auch, und ich dachte, Daytona Beach wäre eine nette Abwechslung von Chicago. Sonne, Strand, hübsche Mädchen, Zeit, Sachen zu schreiben.
Meine Mitfahrer hab ich eine Woche vor der Reise kennengelernt und war nicht sehr begeistert: Sylvia Sinclair war keine Studentin, wie ich eigentlich angenommen hatte, sondern eine Biologin-Dozentin (Dr. rer. nat.) und schon über 30. Die beiden anderen waren auch nicht besser: Kay Branden, eine Polizistin, ebenfalls um die 30, und Brian Farrington, der aussah, als würde er noch auf die High School gehen, Chemie studierte und von seiner Mutter begleitet bzw. angeschleppt wurde. Er sollte wohl mal unter Leute kommen.
Ich hab mir noch überlegt, die Sache abzublasen, aber andererseits dachte ich damals, daß ich von den anderen ja nicht sehr viel mitbekommen würde. Tja, das kam natürlich anders. Mittlerweile ist Kay in einer Nervenheilanstalt, und Sylvia und Brian sind die beiden Leute, denen ich in dieser Welt am meisten vertraue.
Ich sollte mit dem albernen Foreshadowing aufhören. Das hier soll doch kein Roman werden. Ich schätze, die anderen drei waren von mir auch nicht so sonderlich begeistert.
Ich werde immer nur eine Seite beschreiben und die andere freilassen. Das hier ist eine öffentliche Veranstaltung, und wenn jemand Kommentare hat, soll er sie dahin schreiben.
Jedenfalls brachen wir am xx.xx. auf. Die Ferien hatten gerade angefangen, und es war ein schöner, sonniger Tag. Wir waren nicht die einzigen, die auf den Highway wollten, und auf der Auffahrt mußten wir uns in eine Schlange einreihen.
In diesem Moment hatte Sylvia die Vision, die unser ganzes Leben verändern sollte. (Dramatische Musik bitte!). Leider weiß ich nicht mehr so ganz genau, worum es eigentlich ging... ich glaube, sie hat gesehen, wie wir und ein anderes Auto mit einem Holztransporter zusammenstoßen. In dem anderen Auto saßen eine Mutter und ihr kleiner Sohn, und keiner von uns hätte diesen Unfall überlebt. Als Sylvia die Augen wieder öffnete, sah sie, daß in dem Wagen vor uns tatsächlich eine Frau und ein Junge waren. Also fuhr sie nicht wie ein normaler, gesitteter Mensch los, sondern raste mit überhöhter Geschwindigkeit auf den Highway, überholte den Holztransporter mit einem ziemlich gewagten Manöver und wurde dann von der Highway Police gestoppt.
Brian, Kay und ich waren erst mal erleichtert: Für uns sah es ja so aus, als wäre Sylvia eine gefährliche Irre, die ein bißchen zu viel A-Team oder so angeschaut hatte. Von der Vision sagte sie natürlich erstmal nichts - ich weiß nicht, was sie den Cops erzählt hat. Ich war froh, aus ihrem Auto entkommen zu sein.
Naja, das hieß aber auch, daß der Urlaub erstmal abgeblasen wurde. Aus irgendeinem Grund hat sich dann Brian an mich dran gehängt (oder ich mich an ihn, das weiß ich nicht mehr so genau). Wir sind zusammen zum Lake Michigan gefahren - wenn schon nicht Daytona Beach, dann eben irgendein Strand. Ich glaube, wir wollten besprechen, ob´s noch andere Möglichkeiten gibt, nach Florida zu kommen.
Kay und Sylvia haben sich auch noch unterhalten, und dabei kam irgendwie raus, daß der Kleine, der in dem anderen Auto saß, an diesem Tag von einer fallenden Glasscheibe erschlagen wurde. Die beiden gerieten deshalb irgendwie in Sorge und wollten mit uns sprechen - ich glaube, wir haben telefoniert. Sie sind jedenfalls in Richtung See losgefahren (Kay hatte ihren Partner dabei, einen Mann namens Brown oder Green - es war irgendeine Farbe).
Dort gab es mittlerweile andere Schwierigkeiten: Mein Auto hatte beschlossen, Baden zu gehen. Obwohl ich immer noch ziemlich sicher bin, daß ich die Handbremse angezogen hatte. Es rollte in Richtung See, ich bin natürlich hingerannt, um es aufzuhalten (hatte es grade erst abgezahlt), und Brian kam mir nach. Ich packte nach der Handbremse, zog sie an, und der Wagen stand erst mal wieder. Allerdings verhedderte sich dabei mein Arm irgendwie mit dem Sicherheitsgurt, und plötzlich rollte die Karre wieder los. Ich zerrte an meinem Arm, Brian zerrte an mir, und das Auto geriet immer tiefer und tiefer ins Wasser - und ich mit. Langsam gerieten wir in Panik - ich konnte den Sicherheitsgurt einfach nicht loswerden, dazu hatte er sich zu sehr verknotet.
Mittlerweile trafen Kay und Sylvia am See ein. Als die beiden sahen, daß ich und Brian in Schwierigkeiten steckten, stiegen sie aus dem Auto und liefen auf uns zu. Gemeinsam gelang es uns dann schließlich, meinen blöden Arm zu befreien (natürlich war es der rechte) - genau rechtzeitig, sodaß wir alle noch sehen konnten, wie der Polizeiwagen, mit dem die beiden gekommen waren, in die Luft flog. Mit Kays Partner (Mr. Farbe?) drin, natürlich.
Wir waren alle ziemlich geschockt. Zumal das Auto aufgrund einer völlig unwahrscheinlichen Verkettung von Zufällen in die Luft geflogen war. Genau wie mein Wagen, der sich in den See verabschiedet hatte. Genau wie die Glasplatte, die auf dem Kopf des kleinen Jungen gelandet war. Sylvia stellte die These auf, daß wir eigentlich bei dem Unfall hätten sterben sollen, den sie durch ihre Vision verhindert hatte. Jetzt, so nahm sie an, versuchte das Universum, diesen “Fehler” wieder zu korrigieren - schon kleinere Mißgeschicke könnten zu unserem Tod führen.
Einerseits hielt ich das ja für Schwachsinn - aber andererseits hatte mein Auto grade versucht, mich zu ertränken. Wir beschlossen, erstmal zusammenzubleiben, da wir uns so ja vielleicht gegenseitig beschützen könnten. Irgendjemand schlug dann vor, die Mutter von dem Jungen zu suchen - wenn unsere These stimmen sollte, wäre sie ja auch in Gefahr. Also gingen wir los, natürlich nicht mit dem Auto (viel zu gefährlich!), sondern mit der U-Bahn. Das war allerdings auch nicht so lustig. Ich wollte als Letzter einsteigen, da ist die Tür vor meiner Nase zugegangen und ich stand alleine da.
Ich will ja nur soviel sagen: Mir ist zwar nichts passiert, aber ich habe nie wieder so schiere Panik empfunden wie in der Viertelstunde, in der ich an der Station auf die anderen gewartet habe. Nein, auch während des Kampfes mit dem Axtmörder I nicht. Auch nicht bei der Schießerei.
Hallo? Sollte das hier nicht ein objektiver “Fakten, Fakten, Fakten”-Bericht werden? Ich bin schon wieder beim Foreshadowing... Sorry, Leute. In Zukunft werde ich versuchen, mich zu beherrschen.
Mir ist jedenfalls nichts passiert. Keinem von uns vieren ist etwas passiert. Es gab zwar ein paar komische Unfälle (vor allem mit Brians Handy), aber keiner hat auch nur einen Kratzer abgekriegt.
Die andere Frau hatte nicht so viel Glück. Ich und Sylvia haben sie im Kaufhaus abgepasst (ich weiß nicht mehr, wo Kay und Brian grade waren), als sie es schon geschafft hatte, ihre Haare so in einer Fahrstuhltür einzuklemmen, daß sie sich erhängt hätte, wenn wir nicht dazu gekommen wären. So ist sie dann in das Messer gefallen, mit dem ich versucht habe, sie loszuschneiden.
Bad Horse:
Fortsetzung von Kapitel 1:
Das klingt ganz schön zynisch, was? Zu dem Zeitpunkt war mir nicht sehr nach Galgenhumor. Hat mich ganz schön mitgenommen -war immerhin das erste Mal, daß ich gesehen habe, wie eine Person stirbt. Noch dazu ausgerechnet durch das Messer, mit dem ich sie retten wollte (und ja, es war auch das erste Mal, daß ich versucht habe, einer Person wirklich das Leben zu retten).
Die Polizei hat ziemlich schnell gemerkt, daß das Ganze ein blöder Unfall war. Jedenfalls haben sie mich nicht allzu lange dort behalten. Haben mir nicht mal gesagt, ich soll die Stadt nicht verlassen. Aber ich wette, es gibt eine Akte drüber. (*Freude*)
Danach sind verschiedene Dinge passiert, aber die genaue Reihenfolge krieg ich nicht mehr zusammen (Sylvia? Brian? Mr. Reaper?).
- Wir waren alle vier im Park, da ist ein Typ auf einem Skateboard? Fahrrad? Bike? (Verdammt, warum kann ich mich nicht daran erinnern - sooo lange ist das doch noch nicht her? Naja, ich stand wegen Mrs. Messersturz noch unter Schock... denke ich zumindest) - na, das ist ja ein toller Satz. Völliger Murks. Noch mal von vorn, bitte.
- Wir waren alle vier im Park, als jemand mit einem Fahrzeug auf uns zuraste. Was es auch immer war, es hat uns verfehlt. Das muß ziemlich spät passiert sein, denn ich kann mich nicht erinnern, daß ich mir deswegen größere Sorgen gemacht habe. Nach einer gewissen Oh-mein-Gott-was-geschieht-nur-Panikphase bin ich in eine sowieso-alles-egal-wir-werden-alle-sterben-Resignationsphase hinübergeglitten.
Als das passiert ist, ist Sylvia aufgefallen, daß uns ein Typ sehr intensiv beobachtet hat - ein Typ, den sie kannte. Nach einigem Nachdenken ist ihr dann auch eingefallen, wer das war: Der Knilch heißt Raymond Brown (also muß Kays Partner wohl Mr.Green gewesen sein - irgendjemand hat entweder zu wenig Fantasie oder einen sehr skurrilen Sinn für Humor; ich glaube, die tote Frau aus dem Auto hieß White) und hatte mal Biologie studiert. Sie hat ihn durch eine wichtige Prüfung fallen lassen, weil er nix konnte und sich auch generell nicht für den Stoff interessiert hat. Er war deshalb trotzdem total sauer und hat sie bedroht oder so.
- Weil das alles so seltsam und übernatürlich war, hab ich meinen Großvater angerufen. Der ist wicasa wakan - heiliger Mann -, und lebt ziemlich zurück gezogen auf der Santee Reservation in Nebraska. Er war trotzdem da, als ich telefoniert habe (er ist immer da, wenn ich etwas wirklich wichtiges von ihm will. Ansonsten kann ich es echt vergessen, weil er kein eigenes Telefon hat, aber wenn man ihn braucht, ist er immer in der Nähe von Joeys Haus. Ich hab nie verstanden, wie er das macht). Er war auch nicht besonders erstaunt über meine Geschichte, sondern hat erzählt, daß so etwas schon einmal passiert sei: Irgendwann, vor langer Zeit, gab es einen Häuptling, der auf einer Jagd hätte sterben sollen, dies aber durch eine Vision abwenden konnte. Von diesem Tag an aber folgte ihm der Tod auf Schritt und Tritt. Um Unheil für seine Familie abzuwenden, machte sich der Häuptling allein auf, um sich seinem Schicksal zu stellen. Da begegnete er einem Büffel, der ihn angriff und überrannte. Und trotzdem überlebte der Häuptling (wie, wurde leider nicht überliefert - es war wohl einfach Schicksal), und von diesem Tage an schenkte ihm der Tod nicht mehr Beachtung als allen anderen Menschen.
Der Rat meines Großvaters war folgender: Entweder wir sollten ein neues Leben erschaffen und uns sozusagen “verankern”, oder wir sollten unseren eigenen Büffel finden.
Nach längerer Diskussion zeigte sich zunächst, daß keiner von uns so richtig bereit war, ein Kind zu zeugen oder zu bekommen, und Büffel gibt es in Chicago keine. Brian meinte, man könne ja statt dessen eine Kobra nehmen (die gibt es in Chicago auch nicht, aber ich nehme an, daß Brian das wußte. Er hatte auch keine Idee, wo man eine hernehmen solle - wahrscheinlich wollte er sich nur irgendwie aufmuntern). Mangels gefährlicher Tiere - und weil eigentlich keiner von uns wirklich bereit war, sein Leben bei so etwas aufs Spiel zu setzen - haben wir das zunächst sein gelassen.
Ich glaube, dieses Telefonat und die darauffolgende Diskussion ist als erstes nach dem Tod der Frau passiert.
- Und danach müssen wir uns getrennt haben, um irgendwo ein bißchen zu schlafen. Ich glaube, Kay und Sylvia sind zusammengeblieben, und ich bin mit Brian nach Hause gegangen. Er wohnt bei seinen Eltern im Keller, hat dort sein eigenes kleines Labor, aber keine Küche oder Waschmaschine oder andere solche Anzeichen von Selbständigkeit. Wir haben beschlossen, uns heldenhaft zu betrinken. Klar, das kann auch gefährlich sein, aber wir brauchten dringend irgendein Ventil.
Brian, der Chemie-Champ, warf gleich mal seinen Butangasbrenner an. Gas kam mir verdächtig vor, daher sagte ich ihm, er soll das Ding wieder ausmachen - was natürlich nicht geklappt hat. Ein bißchen panisch warf Brian den Brenner dann in den Swimming Pool, wo er lustig vor sich hin blubberte und Blasen schlug (der Brenner, nicht Brian). Weil das aufsteigende Gas von der Klimaanlage eingesogen wurde, mußten wir auch noch Brians Eltern aufwecken und die Feuerwehr rufen.
Die haben keine unmittelbare Gefahr feststellen können, uns aber geraten, den Swimming Pool bis zum nächsten Wasserwechsel zu meiden. Brians Eltern ließen noch ein paar besorgte Sprüche ab und gingen wieder ins Bett, während Brian und ich unser ursprüngliches Projekt mit ein paar Flaschen Whisky aus ihrer Sammlung weiter verfolgten.
Brian, der liebe Junge, vertrug nicht sonderlich viel, also pennte er irgendwann weg. Ich war noch wach, aber nicht mehr sonderlich klar beisammen, und beschloß, mich jetzt mit dem Büffel anzulegen. Daß der Büffel für “Todesgefahr” stand, war klar, und das nächstbeste, was ich gefunden habe, war der Swimming Pool, der immer noch ein bißchen seltsam blubberte. Sich in betrunkenem Zustand in einen Pool zu werfen, wird im allgemeinen für keine gute Idee gehalten, auch wenn einem der Tod nicht gerade auf den Fersen ist. Ich war also wenig erstaunt, als mir innerhalb kürzester Zeit schwarz vor Augen wurde...
Ja, sehr dramatisch. Am nächsten Morgen war ich vollständig durchnäßt, mir war total übel von dem Poolwasser, das ich geschluckt hatte - und von dem Überfluß an Whisky -, und ich war natürlich noch am Leben. Ich kann allerdings nicht sagen, wie ich aus dem Pool rausgekommen bin. Naja, ich kann aber auch nicht sagen, warum genau ich es für eine gute Idee hielt, mich sturzbetrunken und vollständig bekleidet nachts in einen butanverseuchten Pool zu werfen...
Das hier muß nach dem Telefonat mit meinem Großvater, aber vor der Geschichte im Park passiert sein. Da haben wir sie, die richtige zeitliche Einteilung. Chronologie wird in Erzählungen ja so was von überschätzt...
- Aber um das Ganze noch ein bißchen zu verwirren, fällt mir noch eine Sache ein, die passiert ist, und von der ich wirklich nicht weiß, wann das war. Kay fand heraus, daß es vor einigen Jahren schon einmal eine Gruppe Leute gegeben hatte, die auf sehr unwahrscheinliche Arten gestorben waren. Es handelte sich um ein paar junge Studenten, die durch irgendeinen Zufall nicht an Bord eines Flugzeugs gegangen und dadurch nicht bei dem Absturz dieses Flugzeugs gestorben waren. Von der Gruppe lebte nur noch eine Frau, die aber seither in einer geschlossenen Anstalt untergebracht war - auf eigenen Wunsch, wie wir im Gespräch mit ihr erfuhren. Nur in einer ausgepolsterten Zelle, ohne Medikamente und ohne scharfe Gegenstände, fühlte sie sich einigermaßen sicher.
Da allerdings keiner von uns große Lust hatte, sich ihr in der Anstalt anzuschließen, sind wir dadurch nicht wirklich weitergekommen. Immerhin kann es sein, daß sie uns erst auf die Idee gebracht hat, daß der Tod uns verfolgt, weil wir ihm von der Schippe gesprungen sind. Ja, das macht irgendwie Sinn - ich kann mir nicht vorstellen, daß einer von uns damals von selbst auf so eine ungewöhnliche Idee gekommen wäre. Vielleicht sollten wir der guten Frau mal eine Postkarte schicken.
Um das jetzt noch mal ein bißchen in Form zu bringen: Wir sind also irgendwie auf diesen komischen Biologie-Studenten gestoßen, der sauer auf Sylvia war. Kay hat ein paar Nachforschungen angestellt und seine Adresse rausgekriegt, also sind wir hingegangen, in der Hoffnung, ein paar Antworten zu bekommen.
Raymond Brown hauste in einer kleinen Wohnung, nicht gerade in einer guten Gegend. Die Tür war abgeschlossen, was aber Kay nicht daran gehindert hat, sie gewaltsam zu öffnen (sprich: einzutreten). Browns Wohnzimmer war vollgestopft mit Videokassetten und DVDs aller möglicher Serien und Filme: Akte X, Firefly, Star Trek, Quantum Leap... Alles Mystery- oder Science-Fiction-Zeug. In der Mitte des Raums stand eine Videoanlage, die plötzlich ansprang, als wir uns noch im Raum umsahen, und anfing, einen Countdown von 10 herunterzuzählen.
Brian, Sylvia und ich sind eher würdelos aus der Wohnung gehechtet und wären fast als menschliches Knäuel die Treppe runtergefallen. Kay ist einfach stehengeblieben, ganz cool, und hat gewartet, bis der Countdown zu Ende war und auf dem Bildschirm das Schild “Ka-Bumm!” auftauchte, begleitet von manischem Gelächter. Da hat sie echt Nerven wie Drahtseile bewiesen.
Jedenfalls hörte man dann diesen Brown aus dem Off, der uns erklärte, es wäre super-lustig, mit uns zu spielen, und er würde uns in Los Angeles erwarten. Mehr haben wir von ihm in der Wohnung nicht gefunden. Wir haben auch darauf verzichtet, uns seine gesamte Video-Sammlung durchzuschauen.
Ich glaube, Brown hat uns auch auf den Film “Final Destination II” hingewiesen, aber da bin ich mir nicht ganz sicher. Vielleicht hatte er auch nur ein Poster davon herumliegen. Aber als wir uns den Film angesehen haben (in der Hoffnung auf Hinweise), gab es nicht nur ein paar Parallelen zwischen der Handlung und dem, was uns passiert war - es war eher, als hätte jemand den Film mit uns in den Hauptrollen inszeniert. Das fanden wir dann doch beunruhigend, zumal “Final Destination II” schon mehrere Tage vor unserem Fast-Unfall in den Kinos angelaufen war...
Wir riefen in dem Filmstudio an, wo er gedreht worden war, aber die Leute dort konnten uns nicht viel dazu sagen, auch der Drehbuchautor nicht. Er schien unsere Fragen absurd zu finden. Ich kann mich nicht erinnern, ob er Raymond Brown kannte oder nicht, oder ob wir ihn überhaupt nach dem Typ gefragt haben.
Immerhin haben wir herausgefunden, daß der Regisseur des Films “Joe Black” heißt. Dazu fällt mir leider kein passender Kommentar ein...
Wie auch immer - Brian, Sylvia, Kay und ich beschlossen, uns auf den Weg nach Los Angeles zu machen. Was wir genau tun wollten, wenn wir dort ankommen würden, wußten wir nicht (wissen wir ja immer noch nicht). Aber es erschien uns besser, als ständig in Angst zu leben oder uns in eine geschlossene Anstalt zu begeben. Wegen des Todesfluches, der über unseren Köpfen hing, wollten wir kein Flugzeug nehmen, also quetschten wir uns in Sylvias Auto, kauften Überlebensausrüstung für alle möglichen Lebenslagen (der Typ in dem Laden muß uns für völlig durchgeknallte Survival-Freaks gehalten haben), und brachen auf. 2.000 lustige Meilen lagen vor uns. Im Moment haben wir vielleicht die Hälfte davon geschafft - in nur knapp einem Monat...
Wenn dieses Ding hier (Erzählung kann man das nicht nennen, aber für einen Bericht ist es auch wieder zu persönlich gefärbt, also bleiben wir erstmal bei “Ding” - ach, und für den unbeteiligten Leser: Das ist natürlich alles reine Fiktion. Nie passiert. Kann ja gar nicht. Solche Sachen gibt´s überhaupt nicht. Also nicht zu ernst nehmen, ja?), wenn also dieses Ding hier eine Einteilung in Kapitel hätte, wäre das jetzt das erste gewesen. Damit fing unsere Reise an.
Und ich bitte zu beachten, daß in diesem ersten Kapitel noch gar kein Axtmörder vorkam! Immerhin war es aber meine Idee, eine Axt auf die Reise mitzunehmen - und ich hatte zu diesem Zeitpunkt wirklich nur Sachen wie Feuerholz im Sinn...
Bad Horse:
Hier geht also jetzt das zweite Kapitel los. Diesmal kommt auch ein Axtmörder vor.
Highway 70, erster Halt - Der Axtmörder
Wir fuhren also los, immer auf dem Highway 70 lang, in der vagen Hoffnung, irgendwann wohlbehalten in LA anzukommen. Und natürlich wurden wir unterwegs aufgehalten - das muß bei dem ersten Tucson gewesen sein.
Die Stadt war klein, eine typische Ortschaft mitten im Mittleren Westen - Tucson, Nebraska. Es war nicht viel los, also haben wir unsere Vorräte aufgefüllt und sind weiter gefahren.
Ich weiß nicht, ob wir die Leichen vor oder nach der Stadt gefunden haben. Tatsache ist, daß am Rand der Straße ein zerbeulter Wagen stand, und als wir nachgesehen haben, was damit los ist, haben wir eine oder mehrere zerstückelte Personen gefunden. Während wir da noch so rumstanden und versuchten, ein Netz für unsere Handys zu finden, brauste plötzlich ein schmutzig-weißer Jeep an uns vorbei.
Der Sheriff war von der Situation verständlicherweise nicht sehr angetan, machte uns aber zunächst keinen Ärger. Viel mehr konnte er uns über den grausamen Mord auch nicht erzählen. Da wir uns ohnehin nicht noch mehr Probleme aufhalsen wollten als nötig, sind wir erstmal weiter gefahren.
Unterwegs tauchte der weiße Jeep wieder auf und überholte uns. Ein Anruf bei der Polizei brachte - wie üblich - keine Resultate. Schließlich sahen wir den Jeep im Hof eines einsamen, abgelegenen Hauses wieder, wo ihn der Fahrer abgestellt hatte. Wir haben ihn tapfer ignoriert und sind weitergefahren. Dann tauchte die Karre plötzlich hinter uns auf und drängte uns von der Straße ab.
Hier stimmt irgendwas an der Reihenfolge der Ereignisse nicht. Ich habe die vage Erinnerung, daß Kay und ich allein im Wagen saßen und versucht haben, den Typen im Jeep wegzulocken, was uns aber nicht gelungen ist. Es kann sogar sein, daß der weiße Wagen an zwei Orten gleichzeitig gewesen ist - ich weiß es nicht mehr. Das ist alles ziemlich verwaschen.
Meine Erinnerung setzt wieder ein, als ich und Kay bei dem Haus ankamen. Brian und Sylvia müssen sich zu diesem Zeitpunkt schon im Keller versteckt haben. Wir standen beide an dem Jeep, der zu diesem Zeitpunkt leer schien, und plötzlich ging dieser Kerl mit der Axt auf uns los! Ich habe keine Ahnung, wo der plötzlich hergekommen war, aber ich weiß noch, daß ich aus irgendeinem Grund eine Schußwaffe bei mir hatte. Kay hat sich dem Axt-Typen mit einem Messer entgegengestellt und ihn abgelenkt, und da habe ich auf ihn geschossen.
Ich weiß nicht, ob ich ihn getroffen habe oder nicht. Tatsache ist, daß ich aus nächster Nähe geschossen habe, es den Kerl aber kein Stück interessiert hat. Doch, ich muß getroffen haben, ich kann mich erinnern, daß er von der Wucht des Aufschlags ein Stückchen zurückgetaumelt ist. Das war´s aber auch. Er fing nicht an zu bluten oder zu Boden zu gehen, er taumelte nur ein bißchen und kam dann weiter auf uns zu. Das war der Moment, wo ich davongerannt bin. Ein Kerl, der durch Kugeln nicht zu verwunden ist? Das war damals ein bißchen viel für mich (ich glaube, heute wäre es nicht viel mehr als eine hochgezogene Augenbraue wert).
Kay hat dann mit dem Messer nach ihm gestochen, was ein bißchen effektiver war, aber auch nicht ganz den Effekt hatte, den man im Allgemeinen erwartet. Dafür hat er sie ziemlich böse mit seiner Axt erwischt, und da kam sie darauf, daß Weglaufen vielleicht nicht sehr heldenhaft sein mag, aber auf Dauer dem Überleben förderlicher sein könnte.
Ich glaube, von der Reihenfolge her war das tatsächlich so: Wir hielten blödsinnigerweise vor dem einsamen Haus, wo der Jeep geparkt war, um uns dort umzusehen (wenn ich mich erinnere, war das Kays brilliante Idee). Während Brian und Sylvia ins Haus eingedrungen sind, blieben Kay und ich draußen, um aufzupassen. Und da wurden wir von dem Axt-Typen angegriffen. Das erklärt auch, warum ich eine Schußwaffe in der Hand hatte.
Jedenfalls sind Kay und ich nach dem Kampf auf die Idee gekommen, den Typ mit seinem Jeep hinter uns und dem Wagen herzulocken. Leider wollte er uns nicht hinterherfahren, und schon nach ein paar 100 Yards gab dann auch unsere Karre den Geist auf. Weil wir Brian und Sylvia nicht im Stich lassen wollten, sind wir zu Fuß zu dem Haus zurück.
Die beiden hatten sich im Keller umgesehen, aber nichts dramatisches entdeckt. Irgendwann hörten sie den Typen mit der Axt runterkommen und versteckten sich (clevererweise in zwei verschiedenen Räumen). Da es im Keller stockdunkel war, mußten sie sich auf ihr Gehör verlassen, was dann fast dazu führte, daß Sylvia den herumschleichenden Brian niedergeschlagen hätte.
Als Kay und ich zum Haus zurückkamen, fanden wir die beiden wohlbehalten, wenn auch panisch, im Keller vor. Von dem Typ mit der Axt fehlte erstmal jede Spur. Weil Kay blutete wie ein angestochenes Schwein, und der Typ uns allen zu unheimlich war, sind wir zurück in die Stadt gefahren, um einen Arzt aufzusuchen und noch mal mit dem Sheriff zu reden. Unser eigener Wagen war zwar kaputt, aber der Jeep stand noch herum, also haben wir den genommen.
Während Sylvia und ich Kay zu einem Arzt begleitet haben, ist Brian allein zum Sheriff gegangen und hat ihm von den Vorfällen erzählt. Irgendwas an seiner Geschichte hat dem Gesetzeshüter wohl nicht gefallen, also hat er Brian erstmal eingebuchtet. Sylvia und ich haben das erst am nächsten Morgen gemerkt, und als wir den Sheriff gesucht haben, konnten wir ihn nicht finden.
Das wirklich Seltsame an der ganzen Geschichte ist, daß wir ein paar Stunden später einen anderen Sheriff getroffen haben, der gar nicht wußte, was Brian in seinem Knast macht. Wie es scheint, gab es den ersten Sheriff durchaus - aber er hat das Amt vor 10 Jahren innegehabt. Damals gab es auch mehrere grausame Axtmorde, die von dem Einwohner des einsamen Hauses ein paar Meilen vor der Stadt verübt wurden. Offenbar sind wir irgendwie in diese Geschichte hineingeraten...
Der erste Sheriff ist später noch ein paar Mal aufgetaucht: Bei der Geschichte mit Bill Toge, und dann in Craig, wo er sich als Don Spending vorgestellt hat. Dazu später mehr.
Kay war zu schwer verletzt, als daß sie hätte weiter mitfahren können. Außerdem war ihr geistiger Zustand ein bißchen - naja, verwirrt ist da wohl der richtige Ausdruck. Ich glaube, sie wollte eine Therapie mitmachen, um auf Dauer wieder ein normales Leben führen zu können. Ich wünsche ihr viel Glück.
Als wir die Stadt verließen, fuhren wir noch einmal an dem einsamen Haus vorbei. Und es war tatsächlich viel zerfallener, als wir es in Erinnerung hatten - so, als wären die Ereignisse, die wir miterlebt hatten, wirklich vor 10 Jahren passiert...
Das war eine sehr merkwürdige Geschichte. Ich hatte teilweise das Gefühl, als hätte uns jemand in eine mittelprächtige Steven-King-Geschichte hineingeschrieben. Immerhin hat es sich als Antrieb für meine Kreativität erwiesen. Seitdem habe ich mehr und mehr Ideen für Gedichte, Liedtexte und ein paar sehr seltsame Fragmente, die nun wirklich niemanden etwas angehen...
Bad Horse:
Tja, wie nennen wir denn das nächste Kapitel? Ich würde sagen:
Das zweite Tucson, Teil 1 - Bilder einer Kirche
Ich habe vorhin behauptet, das erste Tucson hätte in Nebraska gelegen, aber wenn ich mir das jetzt so überlege, dann bin ich mir nicht mehr so sicher. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mal, ob der Ort wirklich Tucson hieß - ich weiß nur noch, daß wir mindestens zwei Tucsons hatten. Vielleicht war ja auch der Bill-Toge-Ort ein Tucson, aber da bin ich mir nicht sicher. Ist aber auch egal.
Der nächste Ort, an dem wir kamen, hieß auf jeden Fall Tucson. Kurz bevor wir dort ankamen, sahen wir am Straßenrand ein liegen gebliebenes Auto, neben dem ein junger asiatischer Mann mit verärgertem Gesicht stand. Das war Kim Parker, und ich weiß nicht, ob es für ihn gut oder schlecht war, daß wir ihn mitgenommen haben. Jedenfalls gehört er jetzt dazu - vielleicht war es ja Schicksal (das soll jetzt kein Klischee sein. Wenn ich an das Bild in der Kirche denke... und an Zufälle glaube ich eigentlich nicht so richtig. Nicht in dieser Geschichte.).
Wenn ich mich richtig erinnere, ging es unserem Auto aber auch nicht viel besser: Kurz vor Tucson ist es nämlich verreckt. Kann aber auch sein, daß das in einem der anderen Tucsons war. Tut mir leid, daß das alles so chaotisch ist, aber vor meinem Tod in Hillrose kam es mir dauernd so vor, als würden wir durch einen Schleier laufen.
Oh ja, Schleier ist ein gutes Stichwort. Da war noch was. Genau - unser Auto war tatsächlich kaputt. Wir standen nämlich rum und haben auf den Abschleppwagen gewartet, als ich die Geister gesehen habe. Es waren drei Stück: Ein alter Mann, eine alte Frau und ein kleiner Junge. Sie haben nicht viel gemacht, sondern standen nur da und schauten uns zu. Sie sahen nicht aus, als wären sie vor allzu langer Zeit gestorben - sie trugen moderne Kleidung.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich angefangen, die Axt mit mir herumzuschleppen. Warum? Irgendwie fühlte ich mich sicherer damit. Die Welt stand plötzlich total auf dem Kopf, nichts hat mehr gepaßt (ich schon gar nicht), und so eine Axt ist ein gutes, beruhigendes, irdisches Gewicht. Keine Frage, was eine Axt ist. Eine Axt ist eine Axt ist eine Axt.
Jetzt, wo ich das aufschreibe, wird mir erst klar, wie kaputt ich damals war. Es ist nicht wahr, daß man nicht merkt, wie man verrückt wird - ich habe es schon gemerkt. Naja, jetzt bin ich auf der anderen Seite. Entweder ich bin verrückt oder nicht, aber das macht eigentlich überhaupt keinen Unterschied.
Das klingt jetzt nicht sehr beruhigend. Ich schätze, Brian und Sylvia, wenn ihr das lest, fangt ihr wieder an, euch Sorgen zu machen. Ist nicht nötig - ich weiß, was richtig und was falsch ist. Meine Betrachtungsweise in Bezug auf “möglich” und “unmöglich” und “real” und “irreal” und “surreal” hat sich vielleicht geändert, aber eure doch auch, oder?
Ich habe das Gefühl, daß wir alle ein bißchen neben der Welt, die wir bisher kannten, stehen - insofern sind wir alle “ver-rückt”.
Und was hat das jetzt mit meinem Tatsachenbericht zu tun? Nicht sonderlich viel, natürlich, aber wenn ich schreibe, habe ich die Worte nicht immer völlig unter Kontrolle. Manche wollen einfach hinaus und gesagt werden. Lo siento.
Gut, aber jetzt weiter mit der Erzählung. Der Abschleppwagen tauchte auf, die Geister standen rum (außer mir hat sie keiner gesehen, glaube ich), und ich hatte eine Axt in der Hand. Da der Mensch im Abschleppwagen aber keine Anstalten machte, uns anzufallen, und auch die Geister nur beobachteten, gab es keine Zwischenfälle, und wir sind mit dem Typ dann nach Tucson gefahren. Er meinte, es braucht eine Weile, bis er das nötige Ersatzteil auftreibt, und empfahl uns das örtliche Motel. Da haben wir uns dann niedergelassen.
Schon an diesem Abend gab es den ersten Mord. Natürlich. Wir kamen grade vom Essen, als wir einen barbarischen Schrei hörten. In dem Raum neben unseren beiden lag eine Tote - zerhäckselt. Mit einer Axt. In unglaublich kurzer Zeit. Zwischen ihrem (?) Schrei und unserem Eintreffen lagen höchstens 20, 30 Sekunden, aber das hat offenbar gereicht, um sie auseinanderzunehmen wie ein Schlachttier. Es war widerlich. Die Details spare ich mir lieber, sonst wird mir noch schlecht.
Wir waren erstmal ziemlich besorgt, weil ich schon vorher mit dieser blöden Axt herumgelaufen war - jetzt hatten wir plötzlich eine Tote... Die Polizei hat mich dann auch verhört, aber ich konnte mich rausreden. Außerdem war ich, wenn ich das noch richtig weiß, zur Tatzeit ohnehin mit den anderen zusammen.
Jedenfalls haben sie mich erstmal wieder laufengelassen. Wir haben den nächsten Tag dann genutzt, um uns in Tucson umzusehen. Dabei haben wir in der örtlichen Kirche ein Wandbild gefunden, das angeblich antik (oder zumindest mittelalterlich) war. Es handelte sich um irgendeine religiöse Prozession, und vier der Personen, die in mittelalterlichen Kleidern an die Wand gemalt waren, sahen aus wie wir. Zumindestens ungefähr, weil alle eindeutig Weiße waren. Erstaunlicherweise war auch Kim auf Anhieb zu erkennen. Leider haben wir es nie geschafft, das Ding zu fotografieren oder abzuzeichnen.
Um mehr darüber herauszufinden, sind Sylvia und ich zum Priester des Ortes gegangen, während Kim und Brian noch in der Kirche geblieben sind.
Beim Priester tauchte dann der Geist des alten Mannes wieder auf. Ich weiß nicht genau, was er gemacht hat, aber Sylvia hat ihn diesmal auch gesehen. Wir haben ihn nach draußen verfolgt, und der Pfarrer war von unserem Verhalten einigermaßen befremdet. Aus irgendeinem Grund mußte er dann aber schnell weg, und Sylvia und ich sind zurückgeblieben.
Plötzlich hörten wir oben einen Schrei. Als wir hochstürmten, sahen wir dort eine schwerverletzte Frau liegen. Wir konnten ihr nicht mehr helfen, und sie ist innerhalb von ein paar Minuten gestorben. Sie hatte ähnliche Wunden wie die Tote aus dem Motel (Axtwunden eben. Wenigstens hatte ich diesmal die Axt in unserem Zimmer gelassen).
Auch der Geist war da. Er hat allerdings weder etwas gesagt noch wirklich getan, nur geschaut (bedauernd, aber nicht wirklich entsetzt, wenn ich mich richtig erinnere).
Für Sylvia und mich war das das Ende des ersten Kapitels. Die Polizei kam und nahm uns erst einmal mit. Wir standen beide unter Schock - die Frau war blutig vor unseren Augen verendet. Hatte nur noch genug Kraft, um “Hilfe” zu murmeln... Wir waren beide mit den Nerven völlig am Ende. Die Polizisten haben uns dann erstmal unter psychiatrische Aufsicht gestellt, und man hat uns mit Pillen zugedröhnt.
Ich weiß nicht mehr warum, aber aus irgendeinem Grund hatte ich zu diesem Zeitpunkt ein unglaublich starkes Bedürfnis nach einem Zimmer mit grünen Wänden. Ich dachte, das würde helfen. Komisch eigentlich: Ich habe noch nie in einem Zimmer mit grünen Wänden gelebt.
Brian und Kim hatten in der Zwischenzeit noch ein bißchen Spaß: Sie haben nämlich den Axtmörder gefunden. Wie? Keine Ahnung. Vielleicht haben sie es erzählt, aber wenn, dann habe ich es vergessen. Jedenfalls waren sie in irgendeinem Auto unterwegs - ich weiß auch nicht, woher das kam.
Der Axtmörder hatte sich bei einem alten Bergwerk in einer leerstehenden Hütte versteckt. Als Brian reinging, um nachzusehen, was dort los ist, wurde er angegriffen und schwer verletzt (ich glaube, er hat mal wieder eine Vision gehabt, die ihn dahin geführt hat. Das passiert ihm in letzter Zeit dauernd. Irgendwie merkwürdig, daß ihm das so normal erscheint...). Kim kam ihm zu Hilfe, und gemeinsam konnten die beiden aus der Hütte in das Auto entkommen. Dabei wurde Kim allerdings auch verletzt. Aber er konnte noch fahren.
Der Axtmörder wollte sie nicht entkommen lassen und ist aus der Hütte, wo er dann von Kim überfahren wurde (zweimal, das Auto mußte gewendet werden. Außerdem nehme ich stark an, daß Kim sichergehen wollte, daß der Freak tot ist). Das war möglicherweise sein Ende. Vielleicht aber auch nicht.
Kim und Brian sind dann in die Stadt gefahren und mit letzter Kraft im Krankenhaus angelangt, wo man sich ihrer angenommen hat. Allerdings nicht ganz so, wie man das gemeinhin annehmen sollte...
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