Klingt eigentlich nach InSpectres in grün...
Schon irgendwie. (IMO ein Kompliment.
)
Bezüglich "Kontrolle verhindert Grusel": Muß IMO nicht sein. Dazu eine kleine Anekdote:
Es gab nur ein Rollenspiel, in dem ich mich so sehr gegruselt hab das ich es abgebrochen hab. Es war ein spontanes, improvisiertes Freeform Rollenspiel mit den folgenden Regeln: Jeder erzählt abwechselnd kurz was passiert. Kein vorgegebenes Genre, keine Charaktere, kein Setting. Gespielt haben ich und meine Freundin, gespielt wurde in meinem Wohnzimmer, das damals gerade fertig renoviert war und dessen einzige "Einrichtung" die Matraze war auf der wir gelegen sind.
Das Spiel begann in einem kahlen Raum mit einer hin und her wackelnden, alten Glühbirne. Nach und nach bekamen wir ein besseres Bild des Raumes und erfuhren so das wir auf einem alten, rostigen Stahlbett mit einer fleckigen Matraze aufwachten, das wir anscheinen graue Anstaltanzüge (Ohne Taschen oder Schuhe.) und das keiner von uns sich erinnern konnte wer wir waren oder wie wir dahin gekommen waren. Ab da wurdes es eigenartig: Ein Tisch tauchte auf und war zuerst leer und im nächsten Moment lag ein Zettel drauf, mit Schrift die keiner lesen konnte. (Ein extrem gruseliger Moment, weil unsere Charaktere überzeugt waren das sie sie eigentich hätte lesen könnn müssen.) Messer steckten im Boden, man erfuhr ein bißchen mehr über das Innenleben unserer Charaktere als ein Spiegel auftauchte den einer der Charaktere aus Reflex zerschlug (Und sich dabei die Hand zerschnitt.) und dann tauchte auf einmal eine Tür im Raum auf, ohne Klinke...
Während des Erzählens wurden wir beide (outgame) immer angespannter und nervöser, die Sonne ging derweil unter und weil keiner von uns das Licht aufdrehte wurde es immer dunkler während dem erzählen bis wir irgendwann im finstern saßen. Die erzählte Geschichte war minimalistisch. Während der 1 - 1 1/2 Stunden die das Spiel lief sind zwei Fremde ohne Erinnerung in einem Raum aufgewacht, stranges Zeug passierte bevor sie dann endlich aus dem Raum kamen und draußen fanden sie einen leeren Gang. Sie ergriffen sich bei den Händen, gingen hinaus in den Gang auf der Suche nach einem Ausgang ohne eine Tür zu finden, begleitet von dem Tropfen des Blutes das aus der verletzten Hand es einen Charakters tropft. Thats it.
Irgendwann wurde es uns einfach zu heftig und wir haben einvernämlich das Spiel beendet. Es gab keinen Auslöser der dieLinie überschritten hätte, es wurde einfach, ohne das wirklich etwas passierte, zu gruselig. Warum ich das jetzt erzähle? Weil ich glaube das diese Anekdote zumindest einen Hinweis auf das Rezept für ein gruseliges Rollenspielerlebnis bietet, und um auf zu zeigen das Kontrolle dabei kein Hindernis ist.
Dieses Spiel hat IMO aus folgenden Gründen so gut funktioniert:
-Keine "klassischen" RollenspielelementeEs gab keine Würfel, keine Regeln, kein Setting, keinen Plot und keine Hintergrundgeschichte, keine Trennung Spieler-Spieleleiter, (praktisch) kein outgame Gerede und, in gewisser Weise, nicht einmal Charaktere. Nichts das die Spieler vom "Hier und Jetzt" des Shared Imagined Space ablenken würde oder Trennen könnte. Es gab keine Gewaltentrennung, denn jeder konnte machen und erzählen was er möchte. Jeder war gleichberechtig.
-Spiel und Umgebung perfekt auf Immersion abgestimmtnichts davon war in irgendeiner Weise geplant, aber rückblickend ist das Spiel perfekt darauf ausglegt das sich die Spieler in die Charaktere hinein versetzen. Die Charaktere hatten keine Hintergrundgeschichte, also war keine Anpassung nötig. Es wurden, IIRC, keine Gesichter beschrieben, bzw. höchstens der Eindruck, den die Charaktere selbst von ihren Gesichtern hatten, nicht aber wie sie tatsächlich aussahen. Das Zimmer war kahl und wurde im Laufe des Spiels immer dunkler, sodaß auch hier nichts "passierte" und sich alles nur vor dem Inneren Auge abspielte. Es war also so das die Umgebung in keinster Weise in das Spielgeschehen eindrang, während die Charaktere nur leere Hüllen waren, wie gemacht dafür von den Spieler "aufgefüllt" zu werden.
(Interessant hierbei ist aber das die Charaktere im Laufe des Spiels immer mehr durch ihre Sichtweise, ihre Beobachtungen und ihr Verhalten "charakterisiert" wurden, aber das diese Charaktere eigentlich zu keinem Zeitpunkt wir waren, also der Persönlichkeit der Spieler entsprachen. Es war also nicht so das wir uns im SIS gespielt haben.)
-Minimalismus purEs gab keinen Plot und eigentlich keine Handlung. Die Beschreibungen wurden ruhig und neutral vorgetragen und waren eigentlich immer sehr kurz. Es gab praktisch keinen Dialog, weder in- noch outgame, das Spiel bestand eigentlich nur aus kurzen Fakten und Bildern wie "Ich drehe mich um und sehe einen Tisch wo vorher keiner war. Auf dem Tisch liegt etwas.". Das führte dazu das unsere Hirne, mangels anderer Informationen, mit allen mögliche, Adrenalin-treibenden, Vorstellungen füllen konnte. So wie wenn man eine dunkle Straße hinab geht: Dort ist effektiv nichts, aber unser Hirn suggeriert uns alles mögliche, und so werden aus Schatten Monstern und aus harmlosen Geräuschen auf einmal Ufos. Darum sind die effektivsten Gruselfilme oft die, in denen die ganze Zeit eigentlich nichts passiert und man so immer angespannt darauf wartet DAS etwas passiert.
-Die Spieler haben sich auf das Spiel völlig eingelassenDas ist IMO der wichtigste Punkt und absolute Vorraussetzung für jeden Grusel. Durch die Regeln des Spiel hätten wir als Spieler jederzeit erzählen können wie Monster durch die Tür kommen und wir sie Matrix-Style erledigen. Haben wir aber nicht. Stattdessen sind wir mit dem Strom geschwommen und haben uns die Bälle zugespielt. Zzu keiner Zeit wurden irgendwelche Fakten in den SIS "gespeist", die die Stimmung zerstört hätten. Diese Willigkeit ist DIE Vorraussetzung für Horrorrollenspiel. Jemand der nicht gegruselt werden möchte wird es, ohne eine wirklich furcherregende Szene, auch nicht. Viele Leute posten hier ihre fehlgeschlagenen Horror-Spiele und fragen sich warum keine Horrorstimmun aufgekommen ist und die Charaktere stattdessen Shoggies jagen gegangen sind.
Grusel ist nichts das man von außen erzwingen kann. Man kann es fördern indem man passendes Ambiente schafft (Das Wohnzimmer eines Freundes ist meistens nichts onderlich gespenstisch.), Musik auflegt und so weiter, aber die ultimative Entscheidung ob etwas gruselig wird odernicht liegt eigentlich bei jedem individuellen Spieler. Wer sich nicht darauf einläßt der wird sich auch nicht gruseln und um schlimmsten Fall kann er andere damit rausbringen.
Das bringt mich übrigens dazu warum ich glaube das Player Empowerment eine gute Sache für ein Horror-Rollenspiels ein kann: Ich denke es ist jedem schon mal passiert das der SL eine Geschichte erzählt/ein Abenteuer geleitet/einen NSc gespielt hat, und ihr es einfach nur lahm fandet. Sowas kann der Tod eines jeden Horror-Spiels sein: Ihr seid alle voll in Stimmung, die Atmosphäre ist gruselig und ihr seid gespannt darauf wer der Mörder ist und plötzlich erfahrt ihr das es in Wirklichkeit nur ein Traum war und das ihr nur in der Raststätte eingeschlafen seid. Bamm, abgedroschenes Ende, Stimmung weg, Spiel tot. (Nur mal so als Beispiel.)
PE, gekoppelt mit der Willigkeit sich zu gruseln, kann helfen diesen Ausgang abzuwenden, denn es gibt den Spielern die Möglichkeit Aspekte ins Spiel einzubringen
die sie selber gruselig finden. So sind letztlich die Spieler die sich selber gruseln, sich selbst unter Strom setzen und das können sie meistens besser als jeder SL. Jeder Mensch hat etwas vor dem er Angst hat und wenn sich dieser Spieler nun gruseln möchte dann weiß er sehr viel besser wie man dieses "etwas", diesen emotionalen Hotbutton einsetzen kann als die meisten SLs. Somit kann Kontrolle der Spieler über das Rollenspiel nicht nur dem Horror nicht im Weg stehen, sie kann sie sogar fördern.
Äh, tja, irgendwie ist dieser Post etwas ausgeufert und nur teilweise OT, aber was solls, vielleicht interssiert ja wen.
M