Wir hatten mehr oder weniger raus, wer auf wen geschossen hatte, und wie jeder in etwa gestorben war. Peterle, einer unserer Lieblings-NSCs, hatte Selbstmord gemacht.
Jeder Spieler hatte es geschafft eins seiner schwarzen Tokens in ein weisses umzuwandeln. Jetzt kam das Spiel in Phase 3, wo die Geister miteinander handeln und auch die Realität beeinflussen durften.
So kam es, dass die zurückgelassenen Mafiosi, die mit dem Geld ihres Bosses abhauen wollten, merkwürdigerweise, wie von Geisterhand auf einem Bahnübergang, an dem die Schranken nicht zugingen, von einem ICE erwischt wurden.
Ein anderer Geist schrieb der Kirche eine Nummer für ein Schweizer Bankkonto auf einen Zettel und beglückte so die Gemeinde mit einem ungeheuren Geldsegen.
Vergewaltiger und Opfer stritten sich im Nachleben heftig miteinander. Von Einsicht oder Vergebung keine Spur
Ich hingegen liess meinen Sohn ein paar interessante, versteckte Akten mit Adressen und Telefonnummern finden, so dass er auch nach meinem Tod mein Drogengeschäft übernehmen konnte.
Resüme:Wir hatten echt Spass gehabt an dem Abend. Trotz der sehr einfachen, formlosen Regeln, der Abwesenheit von Zufallselementen wie Würfeln und ohne einen Spielleiter hatte sich eine tolle Situation aus dem Nichts entwickelt.
Wir philosophierten etwas über die Gruppengrösse, 5 Spieler waren vielleicht etwas zu gross, denn 100% schlüssig, was alles genau passiert war, waren wir uns am Ende immer noch nicht. Je mehr Mitspieler dabei sind, umso rätselhafter und unübersichtlicher wird wahrscheinlich die Situation.
Wir haben gemerkt, dass wir an den Beschreibungen der Gegenwart, an den realen Situationen mehr arbeiten mussten. Häufig hatten wir vergessen viel zu beschreiben.
Lustig ist, dass eine ziemlich komplexe R-Map und eine Landkarte des Ortes während des Spiels entstanden war. Mitschreiben und mitzeichnen ist eine gute Idee.
Die Regeln mit den schwarzen und den weissen Tokens funktioniert gut. Um schwarze zu bekommen muss ein Spieler auf die Erzählungen eines anderen Spielers eingehen und einen Widerspruch erzeugen: das hält die Erzählungen beieinander. Weisse Tokens bekommt man, wenn man dann später etwas erzählt, das jemand toll und cool findet und in die Story passt: ebenso ein einfacher Mechanismus, um die Story nicht beliebig in die Breite laufen zu lassen, und der es belohnt auf seine Mitspieler einzugehen.
Was uns auffiel: die erste Phase ist recht lang und bringt überhaupt keine konkreten Fakten ins Spiel. Welchen Sinn und Zweck das erfüllen soll, ist uns nicht ganz klar. Auf jeden Fall regt das die Spieler schonmal zum Reden an, ohne dass etwas festgelegt wird und macht ungemein locker. Die Stimmung ist spannend und ein wenig unheimlich. Man sollte die Phase nicht missen, aber vielleicht etwas verkürzen.
Wir haben uns auch überlegt, ob man die Fakten, die mit weissen Tokens belohnt wurden, als "wahr" markiert, so dass es am Schluss immerhin ein paar Dinge gibt, von denen man sagen kann, dass sie auf jeden Fall passiert sind. So wussten wir immer noch nicht, ob z.B. der Vergewaltiger nun am Brett verstarb, dass man ihm über die Rübe zog, oder ob er tatsächlich in den Kugelhagel hineingeriet.
Andererseits macht das bisschen Unsicherheit sonst keine Probleme im Spiel.
Zusammengefasst: ein toller Abend mit einem lustigen Spiel, empfehlenswert.
Purzel
P.S.: Auf Doms Anraten habe ich meine Aufzeichnungen wesentlich verkürzt, um sie lesbarer zu machen.