Autor Thema: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel  (Gelesen 7332 mal)

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wjassula

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Dieser Thread ist ein direktes Ergebnis des Treffens, und speist sich aus vier Quellen: Meiner umwerfenden Zootiere - Runde, einem Gespräch mit DarAng und Georgios über Immersion, einem weiteren Gespräch mit Georgios über PtA allgemein  und ein paar Gesprächsfetzen über die "Ivory Queen" - Runde auf dem Treffen, die wohl schön, aber nicht fantastisch war.

Den letzten Anstoss gab mir eine beiläufige Bemerkung von Vermi, der sinngemäss meinte, bei PtA sein rückblickend die entstandene Story immer grossartig, das Spiel aber meist nicht. Da habe ich spontan innerlich widersprochen: Ich sehe das genau umgekehrt. Ich habe versucht, meinem Mann nach der Rückkehr vom Treffen irgendwie begreiflich zu machen, wie geil diese PtA - Runde war - ging aber nicht. Weil die Story, naja, ganz witzig klingt, aber das eigentlich tolle war, wie diese Story entstanden ist. Und dazu muss man dabei gewesen sein. Für mich war hier ganz klar das Spiel begeisternder als die Story.

Wann rockt denn PtA eigentlich so richtig?

PtA straft erstmal eine Behauptung Lügen, die man oft über Forge - Spiele hört, nämlich dass sie allein durch das Regeldesign verlässlich ein bestimmtes Spielerlebnis produzierten. Ich habe mittlerweile einige PtA - Runden erlebt, und die haben sich unterschieden wie Tag und Nacht, obowhl wir jedes Mal die Regeln mechanisch richtig umgesetzt haben. Ich behaupte: es gibt Voraussetzungen für ein gelungenes Spiel, die bei PtA in keiner Regel erfasst sind. Das sind sicherlich Dinge, die für jede Rollenspielrunde wichtig sind, aber meiner Ansicht nach sind sie bei PtA besonders wichtig, und die Regeln kommen ihnen so entgegen, dass ein ungewöhnlich befriedigendes Spielerlebnis entsteht, wenn sie richtig umgesetzt werden.

Was ich hier meine, lässt sich ganz gut mit dem Begriff Immersion fassen.

Ups, gefährlich, Erstens weiss keine Sau, was Immersion eigentlich so genau sein soll (hatten wir diverse Threads zu), und deshalb war unausgesprochener Konsens hier im Forum, dass wir den Begriff stillschweigend beerdigen. Zweitens ist selbst die verschwommene Vorstellung, die man so für gewöhnlich mit Immersion verbindet eigentlich etwas, was man gerade mit PtA NICHT verbindet, nämlich im weitesten Sinne sowas wie Einswerden mit dem Charakter und der Situation in einer milden Selbsthypnose. Lassen wir´s mal bei dieser unscharfen Definition im Sinne von "Wir wissen ja alle, was gemeint ist."

Rückblende zum Gespräch mit DarAng und Georgios auf der Fahrt zum Treffen. Ich weiss nicht mehr, wie wir drauf kamen, aber ich sagte an einer Stelle, Immersion bei Büchern oder Filmen (und auch beim Rollenspiel) sei mir ziemlich fremd. Ich würde mich einfach nie in die Protagonisten hineinversetzen. Auch beim Rollenspiel nicht, wo ich ja immerhin noch deren Handlungen steuern kann. Als mir dann aber DarAng etwas über leichte Trancezustände erzählte  - z.B. dann wenn man konzentriert fernsieht, und eine Ansprache nicht sofort wahrnimmt - meinte ich: "Na gut, dass kenn ich schon." Wir kamen dann ins Reden über unterschiedliche Arten von Immersion. Mir fiel dann noch meine Dogs - Runde aus der letzten Woche ein, wo ich keine Sekunde mit irgend einem Charakter identifiziert war, aber trotzdem nicht glauben konnte, dass wir fast drei Stunden gespielt haben, weil ich über Regeln, Konflikte, Szenenaufbau und die Reaktionen meiner Mitspieler nachgedacht habe. Auf meine Umwelt ausserhalb der Runde habe ich da auch nicht mehr geachtet.

Eine ähnliche Art von Immersion muss man auch für eine gute PtA - Runde erreichen, und zwar eine, die sich vollständig auf das Miteinander am Spieltisch richtet. Aufgehen muss man hier im kreativen Austausch mit anderen, nicht mit den Charakteren oder der Situation im Vorstellungsraum. Nicht umsonst habe ich im Rundenthread sofort von einer Spitzen - Fussballmannschaft gesprochen. PtA ist ein Mannschaftssport.

Man braucht für eine Spitzenrunde also eher Techniken, die den realen Raum regeln als den Vorstellungsraum. Kommunikationstechniken, kreative Techniken, Diskussionsverfahren.
Das Spiel liefert Anregungen dazu: das gemeinsame Erschaffen der R-Map und der Charaktere zum Beispiel. Die Screen Presence. Das Verhandeln der Stakes und das Erzählrecht. Aber das ist nicht alles.

Ich möchte mal beginnen, Techniken zu sammeln, die mir bei guten PtA - Runden aufgefallen sind, weil sie die Immersion in den sozialen Raum erhöht haben.

Ganz wichtig: Das Aufputschen. Man muss sich ruhig etwas mit Gewalt euphorisch machen. Wie geil, dass wir jetzt dieses Spiel spielen! Ich bin begeistert! Das wird super! Ich hab richtig, richtig Lust.

Dann: Begeisterung auch zeigen. Superidee! Ganz, ganz gross  ;)! Ist ja der Hammer! Ich will diese Serie sofort sehen! Unterstützend: Fanmail. Es ist der Tod bei PtA, wenn alle dahocken und mit ihren Würfeln spielen. PtA - Runden müssen laut sein!

Mut zum Spinnen. Wenn die Idee nicht so rockt, verwerfen wir sie halt wieder. Egal. Raus damit. Je mehr, desdo besser.

Auch mal bewusst die Klappe halten, und andere ranlassen. Alrik hat das Erzählrecht gezogen, und ich geniesse einfach mal, wie er den Pinguin fertigmacht. Und danach applaudieren, ganz klar!

Bei PtA ist die Story für mich ein Abfallprodukt des Miteinanders am Tisch. Mein ganzer Fun, meine ganze Begeisterung kommt vom Austausch mit den Leuten um mich rum. Die Geschichte ist nur der Kommunikationskanal. Ist mir piepegal, ob die Szenen genau aneinander anschliessen oder alles 100% logisch ist (obwohl die Regeln meistens dafür sorgen, dass das auch noch stimmt). PtA ist deshalb mein momentanes Lieblingsspiel, weil es mit beim Rollenspiel einfach nicht die Bohne darum geht "eine gute Geschichte zu erzählen". Schön, wenn das auch passiert, muss aber nicht. Meine kreative Zielsetzung ist ein Austausch mit den Leuten um mich rum, der sich halt zufällig an einem gemeinsamen Vorstellungsraum abarbeitet. Bei BtI ist das übrigens ähnlich cool - daher gefällt´s mir auch so gut.

Na ich seh, schon, ich verschwende hier so viele Worte auf PtA, weil ich jetzt besser weiss, was ich eigentlich vom Spiel will - da ist man halt begeistert.

[Ich will jetzt und hier eigentlich keine GNS - Theoriediskussion, aber fehlt das nicht irgendwie bei den CAs? Bei Edwards dreht sich alles nur um den SIS, oder? Der interessiert doch keine Sau.]

Habt ihr ähnliche Beobachtungen, Techniken, Verhaltensweisen?

Preacher

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #1 am: 16.08.2006 | 11:35 »
Klingt für ich als Theorie-Laien absolut plausibel.
Hatte Fredi nicht irgendwo mal was ähnliches geschrieben? Daß der SIS nur Kommunikationskanal und nicht mehr ist? Ich meine, mich dunkel an etwas erinnern zu können.

Edit: Jawohl, hat er. Und zwar hier.

Ich bin jetzt nicht ganz sicher, ob das zu 100% deinen Punkt trfift, aber vielleicht hilft dir das ja weiter.
« Letzte Änderung: 16.08.2006 | 11:39 von Preacher »

Offline Falcon

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #2 am: 16.08.2006 | 12:25 »
Ich kann nachvollziehen was du schreibst, obwohl ich dieses Miteinander mehr bei Brettspielrunden schätze (bei Axis&Allies stundenlang über Strategien streiten, und Verhandlungen führen, lautstark versteht sich) weil es dort imho viel stärker zum Tragen kommt als beim Rollenspiel, wo ich es eher als störend empfinde, da ja nur "über" Rollenspiel gesprochen wird. Ich meine damit, man kommt zwar vielleicht in den Flow und weiss nicht wie die Zeit vergeht und hat auch viel Spass, versetzt sich (ich) aber nie wirklich in die Spielwelt.
Das ist nicht der Grund warum ich Rollenspiel spiele und weiss das ich das bei anderen Aktivitäten viel stärker haben kann.

Wie wenig das System selbst eigentlich dazu beiträgt zeigt, denke ich, auch wie du das Aufputschen beschreibst. Man muss sich eben völlig reinhängen, 100% dabei sein, sich dazu zwingen ("Mit Gewalt") Spass haben weil das Spiel sonst einfach nicht funktioniert. Im Gegensatz zu "klassischen" RPG Systemen, die auch funktionieren wenn man eigentlich keinen Spass hat oder besonders viel beiträgt (ein Kampf z.b.). Kein Spass haben ist natürlich nicht der Sinn der Sache, aber ihr wisst was ich meine. Oder eben wie bei Mensch-ärger-dich-nicht, das ich auch zuende spielen kann obwohl ich mich zu Tode langweile. I.d.R. KOMMT (und das ist das entscheidende) eben Spass auf, wenn man merkt wie alles einwandfrei funktioniert und gesteuert wird. Und bei bestimmten Maß an Spass stellt sich eben auch Immersion ein.

Ich habe also auf der einen Seite Spiele und Systeme dir mir Freude machen weil sie funktionieren und für sich alleine stehen, ich bin der Fahrer im Rennwagen, für dich ich mich aber AUCH Aufputschen kann wenn ich will und Systeme (es geht ja um PtA) da bin ich der Motor im Auto und strenge mich an damit das System funktioniert und putsche mich auf, damits überhaupt läuft!
Dafür fehlt mir allerdings der Sinn. Das sind Dinge, in die ich reinstecke ohne viel herauszubekommen, sprich, wenn ich genauso gut auch zu Fuß gehen kann. Das System ist dann ja nur der Klotz den ich mit mir rumschleppe, dann putsche mich lieber direkt auf, dazu brauche ich das System ja nicht. Und dieses "Auto ohne Motor" Problem haben für mich viele Systeme die nur Erzählrechte regeln.
Ist schwer zu erklären aber so funktioniert das bei mir.
« Letzte Änderung: 16.08.2006 | 12:30 von Falcon »
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Joe Dizzy

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #3 am: 16.08.2006 | 15:13 »
Das mit dem "Aufputschen" ist etwas unglücklich formuliert, denke ich. Das klingt ein wenig so, als ob die Leute, die PTA spielen sich vor dem Spiel einreden würden, dass sie Spaß haben werden und dann rückwirkend alles als Spaß bezeichnen, was im Spiel statt fand.

Selbstverständlich ist das nicht so. Das Aufputschen ist vergleichbar mit dem Einstimmen auf einen Film. Wer mit schlechter Laune und halb-depressiven Gedanken in eine Komödie geht, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er über keinen der Witze lachen kann. Genauso kann der melancholischste und emotionalste Film einen nicht berühren, wenn man Bock auf wilde Achterbahn-Action und Schenkelklopfer hat.

Bei PTA gehört der ungezügelte Austausch von Ideen und die mitreissende Interaktion zwischen den Spielern einfach zum Muss. Wer PTA spielt, als würde er Solaris schauen oder einen Shyamalan-Film, der wird dem Spiel nur wenig abgewinnen können.

Was den "Motor-Vergleich" angeht: man kann keinen guten Fußball spielen, wenn man sich nicht körperlich anstrengt und viel läuft. Genausowenig kann man eine gute PTA-Runde spielen, wenn man sich nur zurücklehnt und das Spielgeschehen aus der Distanz verfolgt.

Meiner Meinung nach lebt ausnahmslos jede gute Runde vom Enthusiasmus der Spieler. PTA ist ein Spiel, dass den Enthusiasmus den die Spieler einbringen nicht hemmt, sondern belohnt und eskalieren lässt. Das ist etwas, das ich bei keinem anderen Regelwerk entdeckt habe. YMMV
« Letzte Änderung: 16.08.2006 | 15:14 von Georgios »

Offline Falcon

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #4 am: 16.08.2006 | 15:36 »
vermutlich stoße ich mich nur immer wieder daran an, daß diese Spiele (Erzählgewalt regeln usw.usf.) zwar berücksichtigen DAS man sich reinhängt und aktiv mitmacht (beschreibt, Atmosphäre schafft...) aber nie WAS man da macht (der Inhalt des Gleichen), woran ich keinen Spass haben kann weil ich das beim Spielen immer im Hinterkopf habe, während das für Jasper z.b. genügt um immersiv viel Spass haben zu können, ich mich aber für diese Art von Spass (egal wie wir agieren und was wir erzählen, hauptsache wir haben Spass) mich mit Kollegen lieber in eine Kneipe setze.
Fürs Rollenspiel hebe ich mir dann auf wie schön die Inhalte, die ich einbringe, von Regeln umgesetzt werden (nicht das ich ein Systeme kennen würde, daß dies könnte).
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Offline Dr.Boomslang

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #5 am: 16.08.2006 | 15:48 »
Bevor ich anfange den bösen Begriff wieder auseinanderzunehmen, bahaupte ich einfach mal: Wir reden dabei immer über zu viele verschiedene Sachen gleichzeitig.

Halten wir uns also an die eigentlichen Punkte: Die PtA-Runde war toll. Die Geschichte ist aber nicht das Wesentliche. Hauptsache ist das kreative Miteinander, das "Bälle Zuspielen".
Es entstand ein Flow. Verändertes Zeitgefühl. Leichtigkeit des Handelns. Andere Dinge rücken in den Hintergrund. Spaß an der Tätigkeit ansich usw.

Wenn wir das jetzt anders nennen wollten z.B. Immersion müsste man sich fragen, warum ist das was wir hier haben "mehr" als Flow? Warum sollten und können wir das unterscheiden? "Leichte Trance" kennen wir alle. Warum das ganze jetzt unbedingt Immersion nennen?

Soviel dazu, jetzt nochmal zum Erlebnis selbst. Ich kann das nachvollziehen.
Bei unserer gescheiterten Nobilis-Runde hatten wir vorher ein Treffen um eine R-Map anzufertigen. Diese Aktion wurde nachher von den Mitspielern als spaßiger eingestuft als das Spiel. Wahrscheinlich weil sich eben genau so ein kreativer Austausch etablieren konnte (aber eben recht unstrukturiert, weswegen wohl auch nicht so intensiv).
Es gibt aber einen Unterschied zwischen Flow und anderen spezifischeren Erlebnissen im Rollenspiel. Ich will absolut nicht werten oder behaupten ohne Rollenspiel würde man so ein Erlebnis auch leicht erreichen können, oder sowas. Es geht mir nur darum zu differenzieren. Es gibt das eben noch andere Formen, auf die sich manche Leute vielleicht leichter oder schwerer einlassen können, z.B. das Erleben mit dem Charakter.
Ich schiebe das ganze jetzt ersteinmal einfach auf den Geschmack, damit wir garnicht erst in Versuchung kommen hier wieder versteckte Wertungen anzubringen.

Alles endet natürlich idealerweise in einem fesselnden, leichten, spaßigen Erlebnis, dem Flow. Der Flow ist aber eben das Symptom, nicht die Ursache, und er beschreibt auch nicht das spezifische Erleben. Es gibt viele Möglichkeiten wie man dorthin kommt, und dadurch unterscheidet sich das ganze dann doch. Denn der Flow ist letzenendes nur das was man vorher schon unter Kohärenz und Creative Agenda kannte, damit sagen wir aber eben noch nicht welche und damit sind wir dann doch wieder bei den alten Schwierigkeiten und auch garnicht so weit von den bösen drei Buchstaben entfert.

Der Flow ist nicht die Creative Agenda, wir merken dadurch nur "da ist eine". Die CA muss man kennen, herausfinden, fühlen, durch Anleitung erfahren, oder was auch immer. Deshalb ist auch das "kreative Miteinander" nicht das Spielziel im Sinne von "das was man im Spiel macht", sondern "nur" der Grund warum man (Rollenspiele) spielt: Man will miteinander kreativ sein. Damit das funktionieren kann gibt es noch eine Stufe der Abstimmung davor und da liegt dann auch die CA. Das ist der Plan mit dem ihr euch abgestimmt habt, der es erst ermöglichte das kreative Miteinander zu verwirklichen.

wjassula

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #6 am: 16.08.2006 | 15:52 »
Kurze Duchsage: Ich hab gerade Arbeit zu tun, und kann nicht ausführlich antworten. Danke aber für die Beiträge bisher, da sind einige gute Anregungen für mich drin. Ich äussere mich später dazu...was ander enicht vom Posten abhalten soll.

Offline Purzel

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #7 am: 16.08.2006 | 16:10 »
@ Jasper:

Um das böse I-Wort zu vermeiden solltest du vielleicht schreiben, dass du starke Flow-Effekte erlebt hast, wenn du PtA spielst.

Dass ein Flow zustande kam, ist ein Zeichen für das Vorhandensein einer CA. Teil einer funktionierenden CA ist eine Schleife positiven Feedbacks, das sich die Spieler gegenseitig für ihre gelungenen, tollen Ideen und Aktionen geben. Wenn so ein Spiel richtig zu brummen anfängt, dann steigert sich das sicherlich in einen Flow.

Welche Agenda ihr genau hattet? Keine Ahnung, who cares! :) Die Analyse dauert wohl recht lange, wie ich auf der Forge gelernt habe: hier pflückt Ron Edwards persönlich ein Spiel auseinander und stellt haufenweise Fragen, um die CA rauszufiltern. Daher wage ich es persönlich nicht eure tatsächliche CA auszuloten, dafür fehlt mir (noch) die Kompetenz.

Offline Lord Verminaard

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #8 am: 16.08.2006 | 17:01 »
Zitat
Vermi, der sinngemäss meinte, bei PtA sein rückblickend die entstandene Story immer grossartig, das Spiel aber meist nicht.

Eigentlich sagte ich nur, „das Spiel nicht zwingend“. ;)

Das hier ist eigentlich eher PtA-Diskussion als Theorie, aber interessant ist’s allemal! :) Ich weiß nicht, ob mir der Zugang zu dieser Art von gemeinsamer Kreativität fehlt, ob ich (alte Railraoder-Angewohnheit) mit meinen Vorstellungen zu dominant bin, ob mein Plausibilitäts-Fetisch mir bei derlei Runden im Weg steht oder ob, ich wage es ja kaum auszusprechen, ich einfach die kreativen Beiträge meiner bisherigen PtA-Mitspieler nicht gut genug fand, um mich so mitzureißen, wie ich es von anderen Rollenspielen teilweise kenne…

Jedenfalls würde mich noch mal der Bezug zum gemeinsamen Vorstellungsraum interessieren. Jasper, du sagst, die „Story“ sei nur das Abfallprodukt des Spiels. So weit, so gut, würde ich z.B. für meine TSoY-Runde vom Freitag Abend auch 100% bejahen. Aber was ist mit der einzelnen jetzt-und-hier Spielsituation? Was die Charaktere jetzt gerade sagen und tun? Ist das für dich auch nur Abfallprodukt? Klingt ja fast so, wenn du vom „Miteinander am Spieltisch“ sprichst. Andererseits wird dieses Miteinander doch erst fokussiert durch die Spielsituation, weil die gemeinsame kreative Anstrengung auf diese Spielsituation gerichtet ist. Oder?

Klar, man lernt dabei auch was über sich selbst und die anderen. Meine Frage wäre: Wie zweitrangig ist die Spielsituation als Medium? Oder anders gefragt: Wäre die Spielrunde ohne den kleinen Pinguin genauso geil gewesen?
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Joe Dizzy

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #9 am: 16.08.2006 | 18:00 »
Nachtrag:

Die wichtigste Technik: steh zu deinen Interessen und Vorlieben. Schäm dich nicht dafür, dass du super-melodramatischen Kitsch im Spiel haben willst, oder hoch-intelligente Affen mit Raketenwerfern oder großbrüstige Amazonenschlampen mit Nunchakus. Scheiß auf "gutes Rollenspiel" oder "tolle Story": sag was dir Spaß macht.

PTA ist darauf ausgelegt, das jeder dem anderen hilft die Art von Spaß zu haben, die er sucht. Für nichts anderes ist das ganze Player Empowerment in PTA da. Sobald ein Spieler das begreift, wird PTA zum Selbstläufer. Dann klappt's auch mit der Immersion, dem Flow, der kohärenten NAR CA und weiß der Geier nicht noch allem. ;)


Offline Fredi der Elch

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #10 am: 16.08.2006 | 19:41 »
Ein paar Dinge:

1. Immersion ist ein doofer Begriff. Fängt schon wieder an. Braucht auch keiner.
2. Die CA war ganz klar. Ihr wisst, welche ich meine… ;D
3. Natürlich wäre das Spiel ohne den Pinguin nicht so geil gewesen. Der SIS ist schon das Herzstück des Spiels, ohne ihn spielt man ja nicht. Aber der Austausch zwischen den Spielern über den SIS ist das, was den eigentlichen Spaß macht. Man unterhält sich über und durch den SIS. Nennt sich in Fachkreisen „Rollenspiel“. ;) Bei der Runde war es aber so: Sobald ich aber etwas gesagt habe, verliert es schnell an Bedeutung. Je weiter ein Input in den SIS zurückliegt, desto weniger wichtig wird er. Und deswegen hat „Konsistenz“ und die entstehende Story auch fast keine Rolle gespielt.
4. PtA liefert dazu einiges an guten Techniken: Issues (die R-Map ist eine Addition … von mir und anderen), die gemeinsame Series-Creation, die Screen Presence, die Fan-Mail, die Szenen-Regeln, das Setzen der Stakes, die Mechanik der Conflict Resolutin. Wer jetzt behauptet, dass die Spieler keinen Einfluss auf das Ergebnis haben, liegt natürlich daneben – die Spieler sind bei PtA sehr wichtig (wie bei jedem anderen System). Wer jetzt aber behauptet, dass PtA als System keinen Einfluss auf das Ergebnis hat, der liegt mindestens genauso daneben – die entsprechenden Techniken unterstützen sowohl NAR als CA als auch die Entwicklung einer positiven Feedback-Schleife.
5. Und zu guter Letzt: bei Edwards und der CA geht es eigentlich fast ausschließlich um die Interaktion zwischen den Spielern und nur am Rande um den SIS. Tja.
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Offline Lord Verminaard

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #11 am: 16.08.2006 | 20:08 »
Zitat
Sobald ich aber etwas gesagt habe, verliert es schnell an Bedeutung. Je weiter ein Input in den SIS zurückliegt, desto weniger wichtig wird er. Und deswegen hat „Konsistenz“ und die entstehende Story auch fast keine Rolle gespielt.

Das ist glaube ich ein sehr wichtiger Punkt. Und das ist ein Unterschied zwischen uns beiden als Spielern. Ich verwahre alles, was gesagt wird, sorgfältig, das gibt mir Kontext für die Dinge, die später hinzu kommen. Wenn ich mit Leuten spiele, denen dieser fiktionale Kontext nicht so wichtig ist, sondern denen die augenblickliche Szene und der soziale Kontext des Spiels reicht, dann kollidiert mein Bedürfnis nach Konsistenz mit deren Bedürfnis danach, mit der gegenwärtigen Szene das auszudrücken, was sie eben gerade ausdrücken wollen.

Ist das jetzt die Grenze zwischen NAR und SIM? Ich glaube eigentlich nicht. Jedenfalls will ich ja trotzdem noch die ganzen Issues, Entscheidungen, persönliche Entwicklung usw. Und PtA hat diese Konsistenz ja auch durchaus drauf. Ich glaube, in der Ivory-Queen-Runde saßen da durchaus die richtigen Spezialisten. Dort war eher das Problem, dass wir uns zu sehr durch Vorausplanung eingeschränkt haben. Klassischer Anfängerfehler eigentlich, und das mir... :-\ Und: Uns fehlten halt die Mad-Elk-Stake-Setting-Skillz. ;)
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Offline Fredi der Elch

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #12 am: 16.08.2006 | 20:16 »
Hm. Mir ist gerade beim Nachdenken noch was aufgefallen: Konsistenz der Charaktere ist mir schon wichtig! Es ist wichtig, dass ein Charakter nachvollziebar handelt und dass er nicht mal so und mal so drauf ist. Da es für mich ja immer um die Probleme und die Veränderung von Charakteren geht, muss ich das auch nachvollziehen können. Wobei ich scheinbar noch ziemlich viel als nachvollziebar sehen kann. Aber so völlig egal ist es mir dann doch nicht. Nur die Plausibilität der Situation ist mir ziemlich wurscht. Ob da immer alles lückenlos zusammenpasst ist mir echt egal bzw. fällt mir nicht mal auf.
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Offline Megan

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #13 am: 18.08.2006 | 10:19 »
Was ich mich hierbei frage, Jasper:
Warum Rollenspielen? Wozu brauchst Du irgendwelche Spielmechanismen für ein kreatives Miteinander? Und wenn die Story bloß Abfallprodukt ist, warum entwickelt Ihr dann eine - dann könnte man doch theoretisch auch einfach "wahllos" coole Szenen beschreiben. Wozu Charaktere entwickeln, wozu Relationmaps, wozu ein Ziel, wo es hingehen soll (Sorry, wahrscheinlich gibts für all das irgendwelche Theoriebegriffe, die ich nicht kenne)?

Ich bin nicht sicher, wie stark man sich an die Logik halten soll - sicher kann sie auch sehr störend sein (siehe Ivory Queen - wenn Preachers Char nicht am Ende der Folge auf einem fahrenden Zug mit Geldsack hätte stehen müssen, wäre es einfacher gewesen), aber sie ist doch auch dazu da, dass man zusammen etwas erarbeitet. Ich meine, wenn alles möglich ist, wozu dann überhaupt Mechanismen und Regeln und all das?

Was diese "Immersion" angeht, denke ich, ist das egal, ob man ins Spiel vertieft ist, weil man sich so mit dem Char identifiziert oder weil man Spaß am kreativen Miteinander hat - wies einem halt gefällt, aber ich fände es sehr schade, die Story nur als Abfallprodukt zu sehen. Für mich bedeutet RP VOR ALLEM, einen coole Story zu erzählen - wie schräg auch immer, aber eine coole Story..

*Megan ist verwirrt*  ???

wjassula

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #14 am: 18.08.2006 | 11:20 »
Argh...jetzt hatte ich gestern schon einen Beitrag geschrieben, den die Kobolde gefressen haben  :-\. Also, vorweg: Bitte nicht über CA und den Immersionsbegriff diskutieren. Das führt zu nichts und interessiert mich auch nicht wirklich. Ich sollte wirklich mal lernen, diese Reizwörter nicht erst in den Raum zu schmeissen, und mich dann zu wundern, dass die Leute drauf anspringen  ::).

Zurück zum Kern, um den ja jetzt auch einige Fragen kreisen. Mehrere von euch und zuletzt Megan haben ja in unterschiedlicher Form gefragt, warum ich denn überhaupt noch Rollenspiel bräuchte, wenn es mir nur um kreatives Miteinander ginge. Das ist eine berechtigte Frage. Mir ist glaube ich ein strukturiertes kreatives Miteinander wichtig, dass aber trotzdem Vergnügen bleibt, und nicht auf irgend ein verwertbares Ziel gerichtet ist. Kneipengespräche und Essen mit Freunden sind halt sehr viel weniger fokussiert - wahrscheinlich gibt´s da auch Regeln in irgend einem Sinn, die man analysieren könnte, aber die Leitlinien der Kommunikation sind für alle Beteiligten unschärfer und unausgesprochener. In einem Rollenspiel gibt es Richtlinien, die Gegenstand und Art des Miteinander bestimmen. Diese Regeln fördern kreatives Verhalten und Zusammenarbeit auf eine Weise, wie das unausgesprochene Regeln nicht tun. Deshalb verläuft die spielerische Zusammenarbeit produktiver und das Ergebnis ist ansprechender. Traditionelles Rollenspiel hat für mich oft etwas von einer normalen Gesprächssituation. Solange man nicht kämpft, gelten ähnlich hintergründige Regeln dafür, wer wann was wie sagen darf, wie bei einer Unterhaltung in grosser Runde, und das ist nicht so förderlich.

Zweitens ist ungerichtete Kommunikation näher an persönlichen Empfindlichkeiten. Ich finde es schön, dass man bei Rollenspielen auch immer etwas über die Leute lernt, aber das ist ja kein Krisengespräch oder auch nur eine intime Unterhaltung unter guten Freunden. Es ist alles etwas abgerückter und safer. Der Rahmen der Kommunikation ist abgesteckt, und die Verletzungsgefahr minimiert. Der klar umgrenzte Vorstellungsraum hat eben gepolsterte Wände - oder Auslinien und Ringrichter, wenn man so will.

Gut, jetzt rede ich ja die ganze Zeit von "produktiv" und "förderlich", und das klingt ja doch wieder so, als sei ich an einem guten Ergebnis, sprich, einer schönen Story interessiert. Ich habe den Begriff "Abfallprodukt" bewusst gewählt, um die Wertigkeit mal umzukehren. Man hört das so oft, und irgendwie ist "eine gute Geschichte erzählen"   schon zu einem Merkmal von gutem Rollenspiel (TM) geworden. Ich freue mich natürlich wie auch sonst alle über eine runde, ansprechende Story - aber der Weg dorthin ist es, was mir eigentlich ein packendes Spielerlebnis verschafft. Meine Aufmerksamkeit und mein Vergnügen gilt dem Miteinander am Tisch, dem Austausch, den Reaktionen aufeinander und der Zusammenarbeit. Die Story, an der sich dieses Miteinander abarbeitet, ist auch nur deshalb rund und toll, weil sie sozusagen die Spuren dieser Interaktion in sich aufgezeichnet hat.

Denkt mal an action painting: Wir schmieren uns alle die Körper mit Farbe voll und rollen auf einem Riesenstück Papier herum. Wenn ich mir hinterher die Farbspuren auf dem Papier angucke, freu ich mich ja auch vor allem deshalb, weil ich beim Rumrollen dabei war, und weiss, für welche Bewegungen welche Farbspur steht. Das Ergebnis sieht wahrscheinlich auch nicht aus wie ein Picasso, aber es hat trotzdem eine künstlerische Qualität, nämlich weil es die sichtbare Spur einer kreativen Aktivität ist, die sonst keine Spuren hinterlassen würde. Und klar könnte man auch da sagen: Du, geh doch mit den action painting - Leuten einfach mal ein Bier trinken. Worauf ich sagen würde: Nackt in Farbe rumrollen macht aber mehr Spass  :). Und zwar nicht, weil die Bilder, die dabei rauskommen, so wahnsinnig viel interessanter sind, als unser Kneipengelaber.

Und so ist auch die Geschichte für mich: sie bewahrt die Spuren unserer Interaktion in einem anderen Medium auf. Vermi fragte ja, ob das Spiel auch ohne den kleinen Pinguin so toll gewesen wäre. Wäre es natürlich nicht, aber nur, weil der Pinguin und sein Konflikt mit dem Löwen die Spuren unseres Miteinanders im Medium Story waren.

Ich will die Story nicht über Bord werfen, sondern nur die Priorität klar stellen. Story ist der Niederschlag eines Miteinanders. Ich konzentriere mich auf letzteres, dann ist ersteres von allein geritzt.

Und daher meine Frage nach den Techniken fürs Miteinander.

Puh, ihr neigt echt zu den schwierigen Fragen, wisst ihr das?
 


Offline Lord Verminaard

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #15 am: 18.08.2006 | 11:57 »
Dass es um den Prozess und nicht um das Ergebnis geht, ist eine wichtige Erkenntnis, aber sie ist für mich der Ausgangspunkt und nicht das Ende des Diskurses. Wir sind uns alle darüber einig, dass die Story, so toll sie auch sein mag, wertlos ist, wenn die Spielenden keine Freude daran hatten, sie zu erschaffen. Rollenspiel ist eben nicht wie Romane schreiben, wo es schon okay ist, wenn man beinahe verzweifelt, ehe man das Werk vollendet, dann aber mit Stolz darauf blicken kann, was man geschafft hat. Beim Rollenspiel geht es um den Moment, um soziales Miteinander, um die Freude am Spielen selbst.

Gemeinsamer Nenner. So weit, so gut.

Die Frage ist doch: Wie wichtig ist die Story für den Moment? Welche Bedeutung haben die gemeinsam erschaffenen fiktionalen Inhalte für den Spielspaß der Beteiligten und das soziale Miteinander? Wie dominant ist die Fiktion in ihrer Fokussierung des gemeinsamen kreativen Prozesses? Ist sie Zweck, oder nur Anlass, dessen was am Tisch vor sich geht?

Mann, mir würde eine Menge Crazy GNS Talk dazu einfallen, echt jetzt. Aber wir sind uns ja alle einig, dass wir nicht mehr über GNS reden wollen.

Tatsache ist, dass unterschiedliche Rollenspieler ein unterschiedliches Gewicht auf die Fiktion legen. Jede Runde braucht die Fiktion irgendwo, denn ohne Fiktion wäre es auch kein Rollenspiel mehr. Aber in manchen Runden entsteht der Spielspaß wesentlich aus anderen Dynamiken am Spieltisch, die mit den fiktionalen Inhalten zwar noch irgendwie verknüpft, aber letztlich auch losgelöst von diesen bedeutsam sind. In anderen Runden hingegen entsteht der Spielspaß aus der Wertschätzung der Fiktion an sich, und die sonstigen Dynamiken sind, nun ja, kein Abfallprodukt, sondern schon wichtig, aber eben kein Selbstzweck.

Also in der einen Variante ist die Fiktion das Hilfsmittel und der Rest der Kern, in der anderen ist die Fiktion der Kern und der Rest das Hilfsmittel. In beiden Fällen rede ich vom Jetzt und Hier, von der Gruppendynamik, von der gemeinsamen Freude am Prozess Rollenspiel. Diese umgekehrte Polarität kann durchaus kollidieren, sodass man im schlechtesten Fall aneinander vorbei spielt.

Damit ist nun noch gar nichts darüber gesagt, welche fiktionalen Inhalte und sozialen Dynamiken den Prozess der Gruppe jeweils prägen. Dadurch kommt ja noch mal eine ganz neue Ebene an möglichen Differenzen und Gemeinsamkeiten hinzu.
« Letzte Änderung: 18.08.2006 | 12:00 von Lord Verminaard »
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Offline Megan

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #16 am: 18.08.2006 | 12:00 »
Okay, auch wenn Vermi das jetzt ähnlich geschrieben hat..

Ich denke, dass erst das Ziel einer coolen Story das kreative Miteinander zu dem macht, was es ist. Sonst müsstest Du Dich ja nicht reinhängen und erst durch eine Zieldefinition kann dieser "Flow" entstehen.

Ist vielleicht die vordergründige Technik zum Erreichen eines kreativen Miteinanders das Ziel, eine coole Story zu schaffen? Ich spiele ja ein Brettspiel vordergründig auch, weil ich gewinnen will, aber trotzdem ist das was am Spieleabend so Spaß macht, dass alle zusammen hocken und ein "gemeinsames" Ziel verfolgen* (in diesem Fall - jeder will gewinnen)..

*EDIT: und währenddessen dabei Spaß haben, weil wenn einer gewonnen hat, ists ja vorbei ( ::) wenn da nicht wieder mal Konfuzius Tochter durchkam...)
« Letzte Änderung: 18.08.2006 | 12:02 von Megan McCool »

Joe Dizzy

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #17 am: 18.08.2006 | 12:05 »
Ich stimme dem was Jasper gesagt hat voll und ganz zu. Wir scheinen da kompatible, wenn nicht sogar gleiche Ansichten zu haben.

Die Handlung ist wichtiger als das Ergebnis. Ich kenne Leute, die können das nicht begreifen. Ich habe noch keine Möglichkeit oder Technik gefunden mit diesen Leuten unterhaltsam PTA zu spielen. Es wirkt auf mich eher wie ein Persönlichkeitstyp, der mit PTA einfach gänzlich unverträglich ist.

@Vermi
Könntest du deine Beispiele etwas ausführen? Mir war nicht ganz klar, was für Runden bzw. Spielverläufe du beschreibst.



wjassula

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #18 am: 18.08.2006 | 12:09 »
@ Vermi: Danke, dass du´s noch mal verständlich formuliert hast  :).

Ich frage mich jetzt, wie wir weiter vorgehen. Machen wir doch diesen Thread zu (falls nicht noch ganz neue Wortmeldungen kommen, also nach einer gewissen Frist). Sowohl der GNS - Talk wäre dann interessant (jetzt echt mal, obwohl ich da nur eingeschränkt mitreden kann, und man wohl eh eine ziemlich rigide Moderation bräuchte), aber auch jenseits davon 

1. ob und wie man bei unterschiedlicher Fokussierung (eben auf Story oder Miteinander) aneinander vorbei spielt

und 2. nochmal genauer den Zusammenhang zwischen SIS und Interaktion beleuchten.

Oder steht das doch alles schon bei Edwards, und ich mach hier einen Riesenaufstand um etwas, was für mich gerade neu ist, für den Rest der Welt aber ein alter Hut !? Dann würde ich mich freuen, wenn mich jemand dahin leuchten könnte, wo ich das nachlesen kann, damit ich vielleicht später mit neuen Fragen hier wieder aufschlage.

@Megan: Hm, "Ziel" finde ich eben gerade nicht. Ich sagte ja schon, dass der Vorstellungsraum als Medium eine wichtige Funktion erfüllt. Aber ich behaupte: Ich spiele nicht in erster Linie, um am Ende eine tolle Geschichte erzeugt zu haben, bzw. dass die Geschichte toll ist, liegt an der vorangegangenen Interaktion. Vermis Frage, was denn jetzt und hier jeweils die Story mit der Interaktion zu tun habe finde ich jetzt erstmal interessanter.   

Offline Falcon

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #19 am: 18.08.2006 | 12:15 »
Georgies schrieb:
Zitat
Die Handlung ist wichtiger als das Ergebnis. Ich kenne Leute, die können das nicht begreifen.
Das liegt vielleicht daran, das Handlung austauschbar ist, das Ergebnis einmalig. Austauschbarkeit ist langweilig, da kann die Handlung noch so cool sein. Vielen geht es im Rollenspiel darum, daß sie etwas verändern können, also um Ergebnisse. Handlungen sind wie heisse Luft und Handlungen erhält man auch mit wesentlich weniger Aufwand (Termin, Mitspieler, Zeitaufwand, Charakterspiel), so wie Megan gesagt hat, indem man sich einfach irgendwo hinsetzt und sich coole Sachen erzählt.
Die Lösung wäre, mach Handlungen einmalig und nicht austauschbar. Dann kriegst du auch diese Leute. Ich gehöre nämlich auch dazu.

Eine Technik kenne ich aber leider auch nicht, aber vielleicht hilft ja dieser Ansatz.
« Letzte Änderung: 18.08.2006 | 12:17 von Falcon »
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Joe Dizzy

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #20 am: 18.08.2006 | 12:27 »
Ich verstehe nicht wie man Handlung (Spielerhandlung; was die Spieler tatsächlich am Tisch tun) als austauschbar sehen kann? Man kann schliesslich das immer gleiche Abenteuer von neuem aufziehen und (vor allem per railroading) zur gleichen Story gelangen. Aber es sind die Handlungen der Spieler, die das ganze zu etwas besonderem machen und der Grund sind, weshalb man zusammen spielt und nicht alleine liest.

Ist aber OT. Gerne per PM oder in einem neuen Thread klären.

wjassula

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #21 am: 18.08.2006 | 12:34 »
Zitat
Das liegt vielleicht daran, das Handlung austauschbar ist, das Ergebnis einmalig.

Seh ich genau umgekehrt! Ist ja ulkig. Echt, ich kann mir sehr gut vorstellen, drei verschiedene Runden so zusammenzufassen: "Ja, wir waren so vier Heldentypis, die irgendwie für sonen Kerl dieses Dingsbums finden sollten, na und auf dem Weg dahin ham wir paar so Monster hingemacht, tja, und am Ende wars ziemlich knapp, aber wir haben den Auftrag erfüllt und die Belohnug eingesackt." Oder sogar bei PtA, die Leute, die dem Spiel Klischee - Seifenopfer vorwerfen haben ja sogar Recht. Drei Runden PtA und jedesmal: "Jo, auf der R-Map hatten wir halt so eine Dreiecksbeziehung und einen verkappten Schwulen und eine verschwundene Zwillingsschwester, und dann wurde Person X von einer Riesenkatastrophe erwischt, so dass sie eine echt fiese Entscheidung treffen musste, die dieses Liebesdreieck gesprengt hat...". Gähn. Das ist halt alles für sich genommen öde Klischeehäufungen, wie man sie aus Romanen und Fernsehserien zu hunderten kennt. Die Handlungen, die in den meisten Rollenspielrunden erfunden werden, sind doch im Vergleich mit wirklich guten Geschichten totales Blah.

Aber das ist auch nicht schlimm. Klischees machen es Leuten eben einfacher, am Tisch überhaupt loszulegen. Sie sind ein gemeinsames Fundament, auf dem sich alle sicher bewegen können, der Schmierstoff für die Interaktion zwischen den Leuten am Tisch. 

Was mich viel mehr interessiert ist, was unterwegs passiert ist. Wenn man sich an die tollen Momente solcher Runden erinnert, sind das oft halbe outgame - Kommentare, Blödeleien, unerwartete Einfälle oder irgend welche Augenblicke, die eigentlich eher zwischen den Spielenden stattgefunden haben, als zwischen den Chars im Vorstellungsraum. Hey, das ist ja eigentlich schon eine Verbindung zwischen Story und Miteinander am Tisch, oder? Kann an der Stelle mal jemand anders weiterdenken? Ick bün doch krank.   

Argh, Georgios war schneller und präziser, seh ich gerade.

Offline Lord Verminaard

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #22 am: 18.08.2006 | 12:36 »
Hm, ich muss auch mal wieder was arbeiten und nicht immer nur Rollenspiel diskutieren, leider... ::)

@ Georgios:

Ein typisches Beispiel wäre mein Plausibilitätsfetisch. Ich würde vielleicht sagen: „Warum sollte er jetzt dahin gehen?“ oder: „Warum sollte sie so etwas besitzen?“ Weil solche Plausibilitätsschwächen die Fiktion belasten und damit meinen Spielspaß. Jemand anders würde vielleicht sagen: „Ist doch egal“, weil der Ort oder das Besitztum ihm gerade hilft, irgendeine Wendung herbeizuführen, die ihm wichtig ist. Warum ist ihm diese Wendung wichtig? Der Grund liegt außerhalb der Fiktion, er möchte damit etwas bestimmtes ausdrücken, und das ist ihm wichtig. Ich finde diese Sache, die er ausdrücken möchte, ebenfalls interessant, aber ich würde eher einen Weg suchen, sie im Rahmen einer plausiblen Fiktion auszudrücken.

Oder nimm Megan. Megan möchte in der Fiktion Dramatik sehen. Einen sauberen Spannungsbogen, einen richtigen Höhepunkt. Sie möchte entdeckt werden, wenn sie sich durch die Hintertür reinschleicht, damit es zum dramatischen Showdown kommen kann. Ein anderer Spieler würde vielleicht lieber alles daran setzen, den Showdown zu vermeiden, weil sein Ziel nicht Dramatik, sondern Erfolg ist, und es ein besonderer Erfolg wäre, wenn er es ohne Kampf schafft, die Aufgabe zu lösen. Das heißt jetzt nicht, dass Megan die Aufgabe unwichtig wäre. Aber sie wird eben einen Weg suchen, sie im Rahmen einer dramatischen Fiktion zu lösen.

Theoretisch versierte Leser sehen natürlich, wo diese Beispiele hinlaufen. Aber lassen wir das, bitte.

@ Jasper:

Wenn man Ron fragt, stand natürlich alles immer schon immer da, bzw. er hat es immer schon so gemeint. Ich denke, dass sich das, was wir hier am Wickel haben, im Big Model schon irgendwo findet, sogar ziemlich im Kern, aber eben zwischen all den Nebelkerzen schwer zu finden. Ich denke auch, dass man es mit dem Process Model wahrscheinlich einfacher und verständlicher ausdrücken kann. Ich denke überdies, dass wir ganz sicher mehr davon haben, wenn wir einfach weiter so „laienhaft“ drüber reden.

Mist, schon wieder ne halbe Stunde rum und nix gearbeitet. :-\
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wjassula

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #23 am: 18.08.2006 | 12:41 »
@Vermi: Wollte nur vermeiden, dass ich unnötig das Forum zuspamme. Wenns sonst keinen stört, bleiben wir dabei. Uh ja, bloss nicht Ron fragen. Dann sperrt er den Thread für alle ausser ihn und mich, und stellt mir bohrende Fragen über meine Vergangenheit, bis ich weinen muss  :P.

Offline Falcon

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Re: [PtA]"Immersion" und kreatives Miteinander als Spielziel
« Antwort #24 am: 18.08.2006 | 12:51 »
ich handel das grad per PM ab, wenn jetzt hier duskutiert wird, kann ich mich auch beteiligen ???
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