Autor Thema: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen  (Gelesen 11627 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 19.142
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
[Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« am: 20.09.2006 | 14:26 »
Hi.

Ich habe schon mehrfach gehört - besonders von meinem werten Kollegen Frank / Vermi -, dass mal handfest über Hintergrund geredet werden sollte.

Das möchte ich hiermit tun und ein paar Thesen auf- und zur Diskussion stellen.


Definition - Was ist Hintergrund?
Man muss hier unterscheiden, denn wie bei den Regeln gibt es den Hintergrund im Buch und den Hintergrund in der Runde. Nochmal zur Erinnerung:

- Die tatsächlichen Regeln sind Methoden, auf deren Einsatz sich die Runde geeinigt hat.
- Die geschriebenen Regeln (die RAW) sind Methoden deren Einsatz der Autor des Rollenspiels empfiehlt.

Was ist also tatsächlicher Hintergrund? Ich mach mal eine Arbeitsdefinition:

Tatsächlicher Hintergrund ist fiktionaler Inhalt auf dessen Gültigkeit sich die Gruppe vor dem Spiel einigt.

Es handelt sich also nicht um Themen, Genre-Konventionen, Erwartungen an das Spiel, sondern um Fakten, die tatsächlich handfest im Vorstellungsraum auftauchen können.

Dabei kommt ein besonderes Problem zum Tragen, denn anders als bei den tatsächlichen Regeln kann man den tatsächlichen Hintergrund nicht feststellen, wenn man das Spiel beobachtet. So könnten wir festlegen, dass der Hintergrund von SR 3.01D gelten möge. Dann wird Amazonien von einer geflügelten Schlange beherrscht, auch wenn wir Amazonien im Spiel mit keinem Wort erwähnen. Es ist also möglich Hintergrund en bloc festzulegen.

Das ganze wird noch ein bischen abgehobener: Es muss noch nicht mal jeder wissen, dass Amazonien überhaupt existiert. Aber: Jeder muss Zugang zum Hintergrund haben. Also in unserem Fall muss jeder das Grundregelwerk nehmen können und da nachlesen, was in Amazonien geht. Nehmen wir dagegen mal das folgende Beispiel:

Zitat
OK, Jungs. Ich möchte für euch ein bischen Vampire: Requiem leiten. Das ist also ein Spiel, wo ihr Vampire spielt. Ich sag mal wir spielen in New York im Jahre 2006 und ihr baut erstmal normale Menschen. Ich behalte mir ansonsten vor, was im Buch steht etwas anzupassen.

Dann ist der tatsächliche Hintergrund deutlich kleiner als der geschriebene, denn die ganzen Clans, Bünde, etc. gehören nicht dazu. Die wurden nicht als gültig vereinbart. Natürlich kann man der tatsächliche Hintergrund umgekehrt auch Dinge enthalten, die nicht geschrieben stehen. Etwa wenn man vor dem Vampire-Spiel festlegt, wie die Domäne aussieht.


Abgrenzung
Was kann man also sinnvoll im Rahmen der Rollenspieltheorie betrachten? Mit Sicherheit nicht, wie der Inhalt im Einzelnen aussieht. Genauso wie an allen anderen Stellen (Das hat sich in diesem Kanal schon mehrfach gezeigt.) kommen wir an den fiktionalen Inhalt nicht ran.

Auch Aussagen wie "Ein guter Hintergrund enthält Konflikte" lassen sich nicht ableiten. Das Beispielzitat oben enthält zum Beispiel keine.


Das "mehr" als Feature
Wie gesagt kann Hintergrund en bloc eingeführt werden. Diese besondere Eigenschaft erlaubt es einen Vorrat bereitzuhalten, auf den im Spiel zurückgegriffen und der von allen gemeinsam weiterentwickelt werden kann. Das ist Unterschied zu Beispielzitat oben. Hier hat der Spielleiter zwar ein ganzes Buch als Munition zur Verfügung, die er beliebig in die Runde schießen kann, aber die anderen Teilnehmer können nicht damit arbeiten.

Man könnte also sagen, dass der tatsächliche Hintergrund  als gemeinsames Munitionsdepot für die Runde dienen kann. Dieser Effekt lässt sich natürlich besonders gut, wenn der vereinbarte Inhalt möglichst klar ist.


Und das bringt uns zur...

Struktur von geschriebenem Inhalt
Gehen wir nun davon aus, dass der geschriebene Hintergrund eines Rollenspiels mehr oder weniger komplett für das Spiel übernommen wurde.

Ausgehend vom letzten Abschnitt behaupte ich nun also, dass die Art und Weise, wie der geschriebene Hintergrund präsentiert wird, das Spiel beeinflusst - selbst dann, wenn alle Teilnehmer ihn komplett kennen. (Wenn man den letzten Teilsatz weglässt, wäre die Aussage schon klar, und ließe sich mit Beobachtungen zum Leseverhalten gut in den Griff bekommen.)

Soweit ich das Überblicken kann, gibt es nun verschiedene Ansätze um den geschriebenen Hintergrund zu strukturieren. Ich stelle diese Ansätze jetzt da und mach dann mit der Betrachtung weiter:

- Der Geographische Ansatz. Kommt häufig in Fantasy-Spielen vor. Der Hintergrund wird in Regionen zerlegt, die dann einzeln beschrieben werden. Wichtiges Hilfsmittel ist eine Landkarte. Die Gruppe muss sich vor dem Spiel einigen wo sie spielen wollen.

- Der chronologische Ansatz. Den kenn ich so nur aus Mechwarrior. Zwar haben viele Rollenspiele eine Historie, aber meistens gibt es sowas wie eine Jetzt-Zeit. Es wird also angenommen, dass das Spiel zu einem bestimmten Zeitpunkt startet und sich dann in die Zunkunft entwickelt. Beim chronologischen Ansatz entscheidet die Gruppe dagegen, wann sie spielen will und hat nach vorne und hinten Luft.

- Der soziologische Ansatz. Bekannt geworden durch White Wolf. Die Beschreibung orientiert sich an verschiedenen sozialen Gruppen und die Frage ist vielleicht, wen man spielen will.

- Der Schnipsel-Ansatz. Hier werden gewisse Informationen bewusst ungeordnet präsentiert. Das kenn ich nur aus Nobilis. Wichtig ist dabei zu beachten, dass diese Schnipsel auch alle gültig sein müssen. Das ist was anderes, als mehrere Varianten bereitzustellen und die Gruppe dann auswählen zu lassen. Dabei würde es sich nicht um Hintergrund handeln, sondern um einen Prozess zur Erstellung von Hintergrund.


Jetzt passiert was interessantes. Je nach Strukturierung scheint sich das Spiel in bestimmten Regionen des Hintergrunds zu bewegen. Beim geografischen Ansatz ist das ganz offensichtlich und die Vampire-Spieler werden auch bestätigen können, dass in einer Camarilla-Kampage der Sabbat weit weg ist. Der Punkt ist nun, dass die Gruppe quasi durch den Hintergrund reisen kann.

Ich kann also als Autor steuern, wie sich die Gruppe durch den Hintergrund bewegt, wobei diese Strukturierungen als eine Art Reisekatalog von möglichen Zielorten dient. Der Schnipsel-Ansatz ist dann die Methode auf diese Steuerung zu verzichten.



Bin gespannt auf eure Meinungen.

Offline Bitpicker

  • /dev/gamemaster
  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.506
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: bitpicker
    • Nyboria - the dark side of role-playing
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #1 am: 20.09.2006 | 15:31 »
Ich kenne zwar Mechwarrior nicht, aber ich nehme an, dass ein chronologischer Ansatz generell nur eine Schichtung anderer Ansätze ist - kann das sein? Letztendlich kann man auch von einer Art chronologischem Ansatz sprechen, wenn man sich Vampire: Dark Ages, den Victorian Companion und V: The Masquerade ansieht; alle drei sind aber auch soziologisch und begrenzt geographisch.

Übrigens könnte man noch Hintergründe mit und ohne Metaplot unterscheiden. Ein Metaplot ist auch eine Art chronologische Komponente.

Ein Satz, der mir wenig zusagt, ist die Aussage, dass der Hintergrund bekannt bzw. zugänglich sein muss. Eine Menge Spiele lebt davon, dass der Hintergrund eben nicht offen zugänglich ist, und Ziel des Spiels ist die Entdeckung des Hintergrunds.

Könnte man sagen, dass Unknown Armies einen eher soziologischen Hintergund hat, aber auch Schnipseltechnik benutzt? Man erfährt vornehmlich etwas über Einzelpersonen, aber relativ wenig über Gruppierungen (vor allem, weil es meist auch bei Beschreibungen diverser Zauberschulen nicht um bestimmte, organisierte Gruppen geht) und fast nichts über geographische Verteilungen derselben oder Situationen an bestimmten Orten; aber es gibt die gerne eingestreuten Gerüchte, die hier allerdings wahr sein können oder nicht.

Sehr an Schnipseltechnik im Vergleich mit Nobilis erinnert mich auch Deliria; das Spiel sieht sich als eine Art HowTo für moderne Märchen, im Gegensatz zu Changeling ohne Splats usw., dafür aber auch mit Schnipseln, die aber nicht ausreichen, um ein Bild des Hintergrunds zu zeichnen; wie bei Nobilis muss man eine Menge selbst machen oder im Spiel erst festlegen, um einen Hintergrund zu erhalten.

So ganz deutlich ist mir übrigens noch nicht, worauf du eigentlich hinaus willst. Die zwei Absätze am Ende sind für einen Schluss aus dem vorher gesagten doch recht knapp.

Robin
Wie heißt das Zauberwort? -- sudo

(Avatar von brunocb, http://tux.crystalxp.net/)

Offline Dom

  • Stiftung Rollenspieltest
  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 2.369
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dom
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #2 am: 20.09.2006 | 16:07 »
Tatsächlicher Hintergrund ist fiktionaler Inhalt auf dessen Gültigkeit sich die Gruppe vor dem Spiel einigt.
(...)
Das ganze wird noch ein bischen abgehobener: Es muss noch nicht mal jeder wissen, dass Amazonien überhaupt existiert. Aber: Jeder muss Zugang zum Hintergrund haben.
Hm, das passt mir irgendwie nicht. Ich versuche mal, meine Gedanken zu ordnen:

1. Die Definition. Ich glaube nicht, dass man sich auf den Hintergrund vor dem Spiel einigen muss. Wenn beispielsweise ein Spieler etwas erwähnt, was vielleicht keinen direkten Einfluss auf das jetzige Spiel hat ("Mein Krieger kommt aus Grosto, einer großen Stadt im Osten."), dann gehören solche Dinge für mich zum Hintergrund, d.h. der Hintergrund kann auch während des Spieles entstehen. Sowas wäre von deiner Definition nicht erfasst. Also geht es dir doch nur um geschriebenen und durch einen Autor präsentierten Hintergrund?

2. Das Zusammenspiel der oben zitierten Sätze. Wie kann man sich auf etwas einigen, was man nicht kennt? Du meinst sowas wie: "Wir einigen uns auf den Inhalt dieses Buches", oder? Aber dann schließt du wieder irgendwelche Einigungen der Gruppe aus.

3. Wie ist es mit einem Hintergrund, den der Spielleiter vor dem Spiel ausgearbeitet hat? Der ist nicht jedem zugänglich (vielleicht sogar nur dem SL), evtl. werden Teile davon nie ein Spieler erfahren. Kann man da davon sprechen, dass sich die Spieler darauf einigen? Eventuell, indem man sich darauf einigt, dass der SL es schon richtig machen wird. Aber kann man sagen, dass alle Spieler Zugriff zu diesem Hintergrund haben?

Dom

Offline Boba Fett

  • Kopfgeldjäger
  • Titan
  • *********
  • tot nützt er mir nichts
  • Beiträge: 38.195
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Mestoph
    • Internet-Trolle sind verkappte Sadisten
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #3 am: 20.09.2006 | 16:41 »
Es muss noch nicht mal jeder wissen, dass Amazonien überhaupt existiert. Aber: Jeder muss Zugang zum Hintergrund haben.
Letzteres sehe ich nicht so.
Gerade bei Conspiraxy Rollenspielen geht es darum, dass man eben nicht alles weiß und wissen darf, soll, kann.
Die Verfügbarkeit der Informationen ist letztendlich auch wieder eine Frage der gemeinsamen Vereinbarung in der Runde.
Zitat
Was kann man also sinnvoll im Rahmen der Rollenspieltheorie betrachten?
Die Rechte der Gestaltung und der Verfügbarkeit.
Wer hat Zugriff auf welche Informationen? Welche Folgen können eingeschränkte Rechte haben (Vor- und Nachteile)?
Wer darf Definitionen ändern? Wann? Wo wird das festgehalten? Wer kontrolliert das? Welche Folgen haben Mißbräuche?
Wie kann man Mißbrauch verhinden? Welchen Mißbrauch kann es diesbezüglich überhaupt geben?

Wie wird der Hintergrund definiert? Welche traditionellen Methoden sind verbreitet?
Welche Informationen sollte eine solche Definition beinhalten?
Welches Vorwissen (Verweise auf die Lebenserfahrungen der Spieler, Klischees, etc.) kann man erwarten um die Definition zu verkürzen?
Welche Informationen gehören überhaupt zum "Hintergrund" und welche gehören nicht mehr dazu?
Wie kann/sollte eine solche Definition strukturiert sein?
Was machen schlechte Hintergründe falsch?
Was macht gute Hintergründe gut?
Welche Stilmittel gibt es, um Hintergrundsdefinitionen informativ, ansprechend und interessant zu gestalten?
Welche Elemente lässt man offen, um es der Entscheidungsgewalt der Spieler / Spielleiter zu überlassen?
Welche Erklärungen für bestimmte Aspekte sollte man liefern?
Welche Informationen sollte die Spielerrunde nur bestimmten Beteiligten zukommen lassen (Zum Beispiel: Der Spielleiter hat vollen Zugriff, die Spieler nur beschränkten und das mit einer gemeinsamen Schnittmenge und jeder für sich exklusiv für bestimmte Bereichen spezialisiert)
« Letzte Änderung: 20.09.2006 | 16:55 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 19.142
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #4 am: 20.09.2006 | 17:44 »
@Bitpicker:

Klar, man kann diese Ansätze ja nebeneinander stellen oder schichten, wie du bei Vampire und Unknown Armies angesprochen hast. Bei Nobilis gibts ja auch verschiedene Örtlichkeiten und Gruppierungen. Meist scheint mir aber eine Variante dominant zu sein.

Zitat
Übrigens könnte man noch Hintergründe mit und ohne Metaplot unterscheiden. Ein Metaplot ist auch eine Art chronologische Komponente.

Das ist mit Sicherheit richtig. Aber was ist Metaplot genau? Da sind sich die Gelehrten, glaube ich, auch nie einig geworden.

Zitat
Ein Satz, der mir wenig zusagt, ist die Aussage, dass der Hintergrund bekannt bzw. zugänglich sein muss. Eine Menge Spiele lebt davon, dass der Hintergrund eben nicht offen zugänglich ist, und Ziel des Spiels ist die Entdeckung des Hintergrunds.

Das ist nach meinem Verständnis dann eben keiner. Was du da ansprichst widerspricht auch meinem Verständnis des Wortes. Wenn das entdecken zentrale Komponente ist, sind diese Inhalte ja deutlich im Vordergrund. Und bevor sie entdeckt sind, waren sie gar nicht da.


@Dom:

1. Die Definition. Ich glaube nicht, dass man sich auf den Hintergrund vor dem Spiel einigen muss. Wenn beispielsweise ein Spieler etwas erwähnt, was vielleicht keinen direkten Einfluss auf das jetzige Spiel hat ("Mein Krieger kommt aus Grosto, einer großen Stadt im Osten."), dann gehören solche Dinge für mich zum Hintergrund, d.h. der Hintergrund kann auch während des Spieles entstehen. Sowas wäre von deiner Definition nicht erfasst. Also geht es dir doch nur um geschriebenen und durch einen Autor präsentierten Hintergrund?

Nein. Wenn ich mir bei PtA die Serie oder bei Ars Magica den Bund baue produziere ich ganz viel Hintergrund selber.

Den Krieger hab ich doch erfasst. Die Gruppe hat sich dann darauf geeinigt, dass jeder festlegt wo sein Charakter herkommt. Und wenn jemand anders das wissen will, kann er ja fragen oder den Lebenslauf des Charakters lesen.

Vielleicht wäre "nicht während des eigentlichen Spiels" besser als "vor dem Spiel". Ich bin vielleicht momentan etwas von Single Session Games verdorben.

Zitat
2. Das Zusammenspiel der oben zitierten Sätze. Wie kann man sich auf etwas einigen, was man nicht kennt? Du meinst sowas wie: "Wir einigen uns auf den Inhalt dieses Buches", oder? Aber dann schließt du wieder irgendwelche Einigungen der Gruppe aus.

Die Gruppe kann sich über alles einigen. Ich kann mich darauf einigen, dass die Welt die Fauna der Kreidezeit hat. Dann kann ich mir mein Dinosaurier-Buch aus dem Regal nehmen und da nachlesen. Wir können natürlich auch vereinbaren, dass Diplodocus trotzdem vorkommt.
« Letzte Änderung: 20.09.2006 | 17:49 von 1of3 »

Offline Dr.Boomslang

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.663
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dr.Boomslang
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #5 am: 20.09.2006 | 18:09 »
Erstmal muss ich sagen, dass ich das Thema Hintergund bzw. Setting in der Rollenspieltheorie auf ganz grundsätzlicher Ebene garnicht so besonders spannend finde, da ich glaube dass wir da nicht viel neues, überraschendes finden werden, was wir mit der Betrachtung von SIS und System nicht schon gefunden haben.
Es kann höchstens sein dass wir eine kleine unbedeutende Eigenschaft definieren können die uns dabei hilft das was man "traditionell" als Hintergrund bezeichnet hat in unser Modell einzufügen. Aber ich glaube einfach nicht dass das mehr als eine kosmetische Sache ist, aber vielleicht sehe ich das bereits am Ende dieses Posts anders ;)

Tatsächlicher Hintergrund ist fiktionaler Inhalt auf dessen Gültigkeit sich die Gruppe vor dem Spiel einigt.
Ok, was sagt mir das? Was ist der große Unterschied zu jedem anderen Teil des SIS und Hintergrund?
Hintergrund ist bezüglich des Spiels konstant!
Wenn das alles ist, sehe ich mich darin bestätigt, dass wir damit wenig anfangen können, denn das wäre eben nur diese kleine Eigenschaft von der ich sprach.

Wenn überhaupt, dann müssten wir uns mit dem besonderen Status beschäftigen, den ein Teil des SIS der als "Hintergrund" gekennzeichnet ist genießt. Der schlägt sich irgendwie im Spiel nieder, aber Konstanz allein ist da etwas zu wenig, und wahrscheinlich nichtmal entscheidend.

Außerdem hat Dom ja schon gemeint dass auch etwas als Hintergund verstanden werden könnte, obwohl es wärend des Spiels neu hinzugekommen ist. Das sehe ich unter bestimmten Bedingungen auch so. Das wirft aber erneut die Frage auf was Hintergund dann überhaupt von jedem beliebigen SIS-Teil unterscheidet.
Ich bin darauf gekommen, dass möglicherweise alles was nicht Situation (also der grade aktuelle Teil des SIS) ist als Hintergund anzusehen ist. Hintergund wäre damit ein Repertoir aus dem alle Spieler schöpfen um neue Situationen zu schaffen.
Ich sehe aber bereits, dass diese Vorstellung wahrscheinlich nicht mit dem traditionellen Verständnis von Hintergund oder gar Setting zusammen passt. Denn z.B. das was mein Charakter gestern gegessen hat werden nur die wenigstens als Teil des Hintergrundes bezeichnen. Das von Dom genannte Beispiel wäre aber wohl ein Teil des Hintergrundes. Auch wenn der SL sich grade wärend des Spiels irgendwas neues Einfallen lässt, sich also niemand vor dem Spiel auf irgendwas geeinigt hat, können das durchaus Informationen zum Hintergund sein.

Eine weitere Idee wäre, wenn wir mal wieder nach Wortbedeutungen suchen, Hintergrund wörtlich zu nehmen. Hintergrund wäre dann eben das was im Spiel nicht im Vordergrund steht, also das was nicht unbedingt direkter Teil des Spiels ist.
Alles was nicht im Spiel entstand ist damit automatisch Hintergrund, aber auch Dinge die wärend des Spiels eingeführt werden, jedoch nur als Kulisse dienen, wären Hintergund. Wenn es im Spiel aber zentral um Handlungen der Charaktere geht, können diese damit nie Hintergrund sein.
Diese Definition ist natürlich noch etwas schwammig, und ich glaube sogar dass wir damit nah an Color vs. Essenz kommen.

Offline 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 19.142
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #6 am: 20.09.2006 | 18:15 »
Kurze Zwischenbemerkung: "System" gibts bei mir sowieso nicht, "Color" nur bei Ariel und essenzmäßig bin ich ein Cyberzombie.

Und was du mit "konstant" meinst, versteh ich nicht so richtig.

Offline Dr.Boomslang

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.663
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dr.Boomslang
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #7 am: 20.09.2006 | 19:03 »
Konstant heißt normalerweise "verändert sich nicht", oder?
Es kommt nichts dazu es geht nichts weg, es bleibt alles so wie es ist: Konstant :o

Es ist eigentlich das gleiche was du mit deinem "vor dem Spiel" meinst, einfach ein fester Punkt an dem entwas feststeht und nicht mehr verhandelbar ist.

Was die anderen Begrifflichkeiten angeht mache ich es ganauso wie du und rede nur von den Sachen die ich selbst definiert habe, alles andere verstehe ich einfach nicht und ignoriere es ;D
« Letzte Änderung: 20.09.2006 | 19:05 von Dr.Boomslang »

Joe Dizzy

  • Gast
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #8 am: 21.09.2006 | 00:14 »
1of3,

ich glaube der Ansatz den du verfolgst ist stark in der Ansicht verwurzelt, dass ein Rollenspiel irgendwo ein Eintauchen in eine fremde (also nicht eigene) Welt ist und das Erforschen einer fantastischen Welt, die ein Autor geschrieben hat, als wichtiges Kennzeichen hat.

Von diesem Standpunkt ausgehend, ist eine Unterteilung in "vor dem eigentlichen Spiel" und "während des Spiels" nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig. Erst muss man wissen welches Setting man spielt, bevor man dieses auch im Spiel erforschen, erleben und erspielen kann. So kann der Hintergrund auch Elemente besitzen, die im Spiel selbst gar nicht vorgekommen sind. Amazonien wird selbst dann von einer geflügelten Schlange regiert, wenn keiner der Charaktere oder der Spieler darüber spricht. Das Setting ist da, egal ob es die Charaktere auch sind.

In meinen Rollenspielrunden funktioniert das Ganze jedoch völlig anders. Dort ergibt sich das Settings durch das tatsächliche Spielen am Tisch. Die Erforschung des Settings ist gleich der Erschaffung des Settings. Das Setting existiert nur dort, wo sich die Spielrunde hinbewegt. Amazonien gibt es erst, wenn einer der Spieler es ins Spiel einbringt. Hier gibt es auch kein "vor dem eigentlichen Spiel". Denn die Absprachen was für Genrerichtlinien usw. man benutzen will, ist bereits Settingerforschung bzw. -erschaffung. Das ist Teil des Spiels. Denn damit beginnt man bereits sich die ersten Dinge gemeinsam vorzustellen.

So lässt sich denke ich auch erklären, weshalb Dr.Boomslang zum Beispiel die Diskussion über Hintergrund und Setting als wenig vielversprechend und nicht vom Gespräch über SIS oder System unterscheidbar ansehen. Auch für meine Spielweise ist so eine Betrachtung des Hintergrundes wenig ergiebig. Hintergrund ist für mich das was sich ergibt, wenn man zusammen spielt.
Wenn man den Hintergrund jedoch als festes und vorgegebenes "Spielfeld" ansieht und auch so benutzen möchte, lohnt es sich bestimmt aufzugliedern wie dieses "Spielfeld" zusammengesetzt und bespielt werden kann.
« Letzte Änderung: 21.09.2006 | 00:19 von Georgios »

Offline Dr.Boomslang

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.663
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dr.Boomslang
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #9 am: 21.09.2006 | 12:26 »
@ Georgios
Ja, so meine ich das auch :)

Wenn man den Hintergrund jedoch als festes und vorgegebenes "Spielfeld" ansieht und auch so benutzen möchte, lohnt es sich bestimmt aufzugliedern wie dieses "Spielfeld" zusammengesetzt und bespielt werden kann.
Selbst hier sehe ich nicht so furchtbar viel Potential...
Sagt die Gruppe z.B.: "Unser Hintergund ist Star Wars. SL, denk dir ein Abenteuer aus!", dann ist das für mich nichts weiter als eine Genreabsprache die der SL dann gößtenteils selber interpretiert. Von "Hintergund" als spezielles Phänomen erstmal keine Spur.
Nichts was wir sonst nicht auch haben, wenn z.B. jemand einen Charakter spielt. Also nichts weiter als Rechte-(=Rollen-)Verteilung.

Oder geht es etwa bei dieser ganzen Sache eigentlich darum wie der Autor eines Rollenspiels nachher das tatsächliche Spiel beeinflussen kann?!
Ist Hintergrund also "das was der Autor über den SIS sagt"? Es ist dann eine  Unterscheidung zu dem was die Spieler (über den SIS) festgelegt haben. (Natürlich haben die Spieler für sich auch festgelegt, dass sie die Vorgaben des Regelwerks benutzen, aber sie haben eben Vorgaben benutzt und sich nicht selber was ausgedacht).
Dann verstehe ich auch endlich worum es im Eingangspost ging :D
Dann wäre es natürlich auch per Definition unmöglich, dass Spieler selber Hintergrund schaffen. Das besondere an Hintergund ist dann, dass dieser nur in fester Form vorliegt (nicht unbedingt nur Text, vielleicht auch Bilder).
Die Besonderheit im Spiel wäre, dass es darum ginge etwas darzustellen und zu interpretieren was jemand (über den SIS) festgelegt hat, der selber nicht am Spiel teilnimmt.

Ist das die richtige Richtung?

Offline Hr. Rabe

  • Hoëcker
  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 2.317
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: TheRavenNevermore
    • Dragons and Bytecode Blog
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #10 am: 21.09.2006 | 12:38 »
Oder geht es etwa bei dieser ganzen Sache eigentlich darum wie der Autor eines Rollenspiels nachher das tatsächliche Spiel beeinflussen kann?!
Ist Hintergrund also "das was der Autor über den SIS sagt"? Es ist dann eine  Unterscheidung zu dem was die Spieler (über den SIS) festgelegt haben. (Natürlich haben die Spieler für sich auch festgelegt, dass sie die Vorgaben des Regelwerks benutzen, aber sie haben eben Vorgaben benutzt und sich nicht selber was ausgedacht).
Dann verstehe ich auch endlich worum es im Eingangspost ging :D
Dann wäre es natürlich auch per Definition unmöglich, dass Spieler selber Hintergrund schaffen. Das besondere an Hintergund ist dann, dass dieser nur in fester Form vorliegt (nicht unbedingt nur Text, vielleicht auch Bilder).
Die Besonderheit im Spiel wäre, dass es darum ginge etwas darzustellen und zu interpretieren was jemand (über den SIS) festgelegt hat, der selber nicht am Spiel teilnimmt.

Ist das die richtige Richtung?

Naja, ,,vor dem Spiel'' kommen die Personen die später die Spielerrolle übernehmen sich ja auch ersteinma die Autorenrolle angezogen haben. Die Personen die den 'Hintergrund' dann definiert haben nehmen also (in anderen Rollen) möglicherweise auch wieder am Spiel teil.
 ~;P
#define EVER ( ; ; )


Dragons and Bytecode

Offline Dr.Boomslang

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.663
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dr.Boomslang
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #11 am: 21.09.2006 | 14:06 »
Im Prinzip schon, aber was wäre dann wieder so Besonderes an Hintergund? Dass er aufgeschrieben wird? Wird er ja garnicht immer. Dass er feststeht? Tut er ja garnicht immer. Dass man sich vor dem Spiel darauf einigt? Man einigt sich auf alles mögliche vor dem Spiel, außerdem, was ist eigentlich so besonderes an "vor dem Spiel"? Wenn man sich auf SIS Inhalte einigt ist das per Definition schon Rollenspiel, also im Spiel.

So kann es also nur noch um die unterschiedliche Art der Einigung gehen. Ist Hintergund vielleicht informeller? Immerhin werden dabei selten Mechaniken benutzt. Allerdings könnte das jedes Rollenspiel anders handhaben, siehe z.B. "Conquer the Horizon".

Wie man es auch dreht. Den einzigen sinnvollen Punkt der Differenzierung sehe ich im Moment darin, dass die Spieler eine explizite, externe Quelle für die tatsächlichen SIS-Inhalte benutzen, wenn man von "Hintergrund" spricht.
Wie gesagt muss das nicht unbedingt mit der traditionellen Benutzung des Begriffs überinstimmen. Dabei haben wir wieder das Problem ob wir eigentlich einen Begriff definieren oder seine Bedeutung ergründen wollen. Aber 1of3 ging es um Definition, so wie ich das sehe.

Eine andere aus der Benutzung des Begriffs ableitbare Bedeutung habe ich ja schon genannt. Wenn man auf bestimmte Spielinhalte fokussiert, kann man in Hintergund und Vordergrund unterscheiden.
Geht es z.B. um Charaktere und ihre Handlungen als zentrales Element der Geschichte, dann ist es nachvollziehbar alles andere wie Welt, Historie, NSC usw. als Hintergrund zu bezeichnen. Damit macht man aber garkeine direkte Aussage über den Umgang mit diesen Themen im Spiel, außer eben "Hintergrund" ist nicht so wichtig wie "Vordergrund". Und ich glaube nicht das es hier darum ging.

Joe Dizzy

  • Gast
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #12 am: 21.09.2006 | 15:30 »
@Dr.Boomslang

Die Tatsache dass der Hintergrund im Spiel einen anderen Stellenwert für die Spieler hat, als das was sie mit ihren Charakteren tun bzw. was sie als Spieler einbringen ist Grund genug um zu differenzieren.

Ich glaube, dass man nicht über 1of3's Art von Hintergrund sprechen kann, wenn man nicht einen gewissen Spielansatz als gegeben annimmt. Ein Spielansatz der sämtliche Punkte, die du in deinen Kritikpunkten auflistest, ungültig macht.

(Muss jetzt weg. Später mehr.)

Offline 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 19.142
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #13 am: 21.09.2006 | 18:00 »
Zitat
Wenn man sich auf SIS Inhalte einigt ist das per Definition schon Rollenspiel, also im Spiel.

Naja, kommt drauf an, was eigentlich im SIS ist.

Von einigen wird das "shared" eher als "common" und von einigen als "communicated" aufgefasst. Siehe hier. Problem besteht auch im "Imagined". Umfasst das alles, was mal imaginiert wurde oder nur Dinge die grade on stage sind?

Für eine eingehende Betrachtung dieser Unwägbarkeiten empfehle ich Victors What is fictional?

Wenn du mit deinen Begrifflichkeiten spielen willst, hat das ganze was mit Evidenz zu tun. Dinge, die für den Hintergrund vereinbart sind, sind evident. Das entspricht der Haltung, Aussagen wie "Elfen haben spitze Ohren." als Regel aufzufassen.

Das ist so ne Art Teilchen-Wellen-Problem.
« Letzte Änderung: 21.09.2006 | 18:06 von 1of3 »

wjassula

  • Gast
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #14 am: 21.09.2006 | 18:08 »
Zitat
Das Setting ist da, egal ob es die Charaktere auch sind.In meinen Rollenspielrunden funktioniert das Ganze jedoch völlig anders. Dort ergibt sich das Settings durch das tatsächliche Spielen am Tisch. Die Erforschung des Settings ist gleich der Erschaffung des Settings.

Was doch eigentlich nur besagt, dass Hintergund eben in verschiedenen CAs unterschiedlich behandelt wird, oder?

Joe Dizzy

  • Gast
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #15 am: 21.09.2006 | 18:14 »
Stefan, was versprichst du dir eigentlich von dem Thread?

Ich hab das Gefühl, dass ich mit meinen Kommentaren irgendwie das Thema in eine andere Richtung schiebe als du dir das vorgestellt hast. Worum genau geht es dir?

@Jasper
Genau. Ich bin der Meinung, dass Hintergrund in bestimmten CAs gut aufgesplittet und genauer betrachtet werden kann. Hintergrund als Spielelement in bestimmten CAs ist sehr interessant. Wenn man versucht Hintergrund allgemeingültig zu greifen und aufzuteilen, dann verliert man sich denke ich schnell in Begrifflichkeiten die so vage und schwammig sind, dass sie nur wenig nutzen.

Offline Dr.Boomslang

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.663
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dr.Boomslang
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #16 am: 21.09.2006 | 18:17 »
Was doch eigentlich nur besagt, dass Hintergund eben in verschiedenen CAs unterschiedlich behandelt wird, oder?
Ja. Das sagt uns aber leider wiederum nur, dass Hintergund immer was anderes ist, mehr nicht.
Warum es dann Hintergund nennen? Wo ist die definierende Eigenschaft?

Joe Dizzy

  • Gast
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #17 am: 21.09.2006 | 18:22 »
Ja. Das sagt uns aber leider wiederum nur, dass Hintergund immer was anderes ist, mehr nicht.

Unsinn. Bloss weil man etwas auf unterschiedliche Weise benutzt, ändern sich doch nicht seine Eigenschaften.

Hintergrund ist in-character Kontext. Dieser Kontext kann verschieden gebraucht, erschaffen und verändert werden. Je nachdem mit welchem Vorsatz man sich an den Tisch setzt.

Offline Dr.Boomslang

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.663
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dr.Boomslang
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #18 am: 21.09.2006 | 18:27 »
Die Tatsache dass der Hintergrund im Spiel einen anderen Stellenwert für die Spieler hat, als das was sie mit ihren Charakteren tun bzw. was sie als Spieler einbringen ist Grund genug um zu differenzieren.
Da habe ich auch nie was gegen gesagt, das sehe ich auch so. Da kann man sinnvoll differenzieren.
Aber Stefan hat ja noch nicht gesagt ob er diese Differenzierung überhaupt meint. Es war (für mich zumindest) noch garnicht klar ob es überhaupt um den Unterschied "von den Spielern" - "nicht von den Spielern" und den damit einhergehenden Stellenwert geht, oder ob dieser Stellenwert vielleicht noch ganz woanders herkommt.

Bloss weil man etwas auf unterschiedliche Weise benutzt, ändern sich doch nicht seine Eigenschaften.
Aber zwei Dinge die man unterschiedlich benutzt können auch garkeine Eigenschaften gemeinsam haben.
Bitte sag mir doch eine, die in den unterschiedlichen Nutzungsarten gleich ist, dann glaube ich dir doch sofort. :)

Offline 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 19.142
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #19 am: 21.09.2006 | 18:31 »
Da habe ich auch nie was gegen gesagt, das sehe ich auch so. Da kann man sinnvoll differenzieren.
Aber Stefan hat ja noch nicht gesagt ob er diese Differenzierung überhaupt meint. Es war (für mich zumindest) noch garnicht klar ob es überhaupt um den Unterschied "von den Spielern" - "nicht von den Spielern" und den damit einhergehenden Stellenwert geht, oder ob dieser Stellenwert vielleicht noch ganz woanders herkommt.

Also ich bin schon der Meinung, dass es einen Unterschied zwischen dem Hintergrund geben kann, der im Rollenspiel mitgeliefert wird und dem Hintergrund auf den sich die Rund einigt. Das hab ich ja ganz am Anfang geschrieben.

Offline Dr.Boomslang

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.663
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dr.Boomslang
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #20 am: 21.09.2006 | 18:47 »
Aber nur insofern, dass die Gruppe aus dem Kanon der Vorgaben des Autors auswählt, so wie ich das verstanden habe. Also denken sie sich in keinem Fall selber etwas aus was man dann als Hintergrund bezeichnen könnte, oder doch?

Ich weiß echt nicht ob ich hier auf der völlig falschen Fährte bin...
Wenn es nur darum geht, dass Hintergund meist explizit ist (er ist also irgendwo nachzulesen, man kann sich konkret darauf beziehen, daraus Credibility beziehen etc.), dann sind wir ja eigentlich schon fertig. Denn das explizites, insbesondere das was in "offiziellen" Publikationen steht besonders behandelt wird, wissen wir ja.

Offline 1of3

  • Richtiges Mädchen!
  • Titan
  • *********
  • Proactive Scavenger
  • Beiträge: 19.142
  • Username: 1of3
    • Sea Cucumbers and RPGs
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #21 am: 21.09.2006 | 18:54 »
Nein, wie ich schrieb, kann man dem offiziellen auch Dinge hinzufügen. Man kann sich ja auch ganz alleine irgendwas machen.

Offline Dr.Boomslang

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.663
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dr.Boomslang
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #22 am: 21.09.2006 | 19:31 »
Gut, aber was bewirkt dann diese Deklaration als Hintergrund genau?
Ob ich vor dem Spiel sage "Das ist der Hintergrund", oder mitten im Spiel Details zum Hintergrund erfinde, scheint mir unwichtig. Die Frage bleibt was den Hintergrund zum Hintergrund macht.
Wie behandeln die Spieler SIS-Elemente auf die man sich als Hintergrund geeinigt hat, im Gegensatz zu welchen die nicht als Hintergund gekennzeichnet wurden (wodurch auch immer)?

Offline Lord Verminaard

  • Gentleman der alten Schule
  • Titan
  • *********
  • Dreiäugiger Milfstiefel
  • Beiträge: 14.357
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Lord Verminaard
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #23 am: 22.09.2006 | 11:44 »
So, nun komme ich endlich auch mal dazu, hier reinzuschauen. Leider immer noch nicht so ausführlich, wie ich es gerne hätte.

Wie bereits erwähnt, finde ich es richtig und wichtig, sich Gedanken über Hintergrund zu machen. Und ich finde auch Stefans Ansatz richtig, Hintergrund als das zu definieren, was bereits vor Spielbeginn feststeht. Der Prozess ist das Spielen, und das Ergebnis ist die Fiktion, aber der Hintergrund – soweit es einen gibt – ist eine wichtige Quelle, aus der sich die Spieler beim Spielen und beim Erschaffen der Fiktion bedienen.

Nicht jedes Rollenspiel hat einen sehr ausgeprägten Hintergrund. Manche haben gar keinen. Über die reden wir dann hier wohl nicht. Wenn wir uns über Belohnungsmechanismen unterhalten, stören wir uns ja auch nicht daran, dass manche Systeme keine haben. Hintergrund ist ein „Kann“, kein „Muss“. Die Frage, ob ein Rollenspiel einen Hintergrund hat und wenn ja wie der aussieht, ist allerdings so unglaublich essentiell für das Spielgefühl, dass es höchste Zeit wird, sich das Ganze mal etwas genauer anzusehen.

Eine streitige Frage taucht hier schon auf: Wie weit muss der Hintergrund feststehen? Muss eine Zugänglichkeit für alle Spieler bestehen? Oder reicht es, dass der SL den Hintergrund festlegt bzw. verspricht, sich an den offiziellen Hintergrund zu halten? Viele Spiele arbeiten ja gerade mit dem „Entdecken“ des Hintergrundes, wie richtig gesagt wurde. Das ist übrigens eine interessante technische Differenzierung: Spieler entdecken Hintergrund vs. Spieler kennen und benutzen Hintergrund. Wiederum: Zwei essentiell unterschiedliche Spielgefühle.

Also schön, der Hintergrund muss feststehen, und zwar vor dem Spiel. Details, die während des Spiels hinzukommen, sind verhandelte Details, sind Elemente der Fiktion, sind eben gerade nicht Hintergrund.

Beispiel A: Ein NSC fragt den SC, wo er herkommt. Der Spieler denkt sich etwas aus und erzählt das dem NSC. Hintergrund (-).

Beispiel B: Auf dem Charakterbogen hat der Spieler bei Herkunft etwas eingetragen. Im Spiel ist es bisher noch nicht vorgekommen. Hintergrund (+).


Ich würde sagen, es reicht, dass der Hintergrund unveränderbar feststeht, jederzeitiges Prüfrecht aller Beteiligten ist nicht erforderlich. Interessanter wäre die Frage, ob der Hintergrund jedenfalls theoretisch nachprüfbar sein muss.

Beispiel A: Der SL benutzt die Werte der Mythos-Wesen aus dem Cthulhu-Regelwerk. Die Spieler kennen diese nicht und dürfen sie auch nicht nachlesen. Aber sie wissen, dass sie im Regelwerk stehen und sich der SL daran hält. Hintergrund (+).

Beispiel B: Der SL hat ein Abenteuer vorbereitet und dazu Werte von NSCs, Zusammenhänge, Motive, Vorgeschichte etc. stichwortartig festgehalten. Hintergrund (+).

Beispiel C: Der SL improvisiert sein Abenteuer und erfindet oder ändert die Schauplätze, Zusammenhänge und Vorgeschichte je nach Story-Verlauf. Hintergrund (-)

Beispiel D: Der SL hat sein Abenteuer im Kopf und nichts aufgeschrieben, aber er hält sich genau an das, was er sich vorher überlegt hatte. Hintergrund?


Ich würde sagen, dass es auch in letzterem Fall einen Hintergrund gibt, wobei das eher akademisch ist, weil eben nicht dem Beweis zugänglich. „Das hatte ich mir von Anfang an so überlegt.“ – „Ja nee, ist klar.“

Hier sieht man auch, dass Hintergrund sowohl relativ global (in Kunchom spricht man Tulamidisch) als auch sehr punktuell (Ali hat mich Aischa gevögelt) sein kann. Es sind sowohl Spielrunden denkbar, die wenig bis gar keinen globalen Hintergrund, aber sehr detaillierten punktuellen Hintergrund haben, als auch umgekehrt.

Die Differenzierung der verschiedenen Ebenen, auf denen sich Charaktere innerhalb des Hintergrundes bewegen können, finde ich sehr interessant und kann im Großen und Ganzen so zustimmen. Natürlich kann ein Hintergrund mehr als eine Ebene haben, aber vielleicht sind zu viele verschiedene Ebenen nicht sinnvoll? Dieser Ebenen-Gedanke wäre m.E. einen eigenen Thread wert, da könnte man sich mal ein paar besonders beliebte Hintergründe genauer unter die Lupe nehmen. Könnte gut sein, dass du da auf was gestoßen bist.

Allgemein zur weiteren Diskussion: Lasst uns jetzt bitte nicht in laienhafte GNS-Analysen verschiedener Hintergrundmodelle verfallen, das bringt nämlich genau gar nichts. Lasst uns lieber weitere Unterschiede im Umgang mit Hintergrund herausarbeiten, vorzugsweise aus Entwickler-Sicht. Wie kann man Hintergrund präsentieren und strukturieren, und wie kann man eine bestimmte Verwendung des Hintergrundes in der Spielanleitung vorsehen und ggf. mit Regeln unterstützen? Was ist da schon gemacht worden? Was ist da noch nicht gemacht worden?
We are all just prisoners here, of our own device
Danger Zone Blog - Vermi bloggt über Rollenspiel und Blood Bowl

Offline Dr.Boomslang

  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 3.663
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dr.Boomslang
Re: [Offen] Hintergrund - Meine Thesen
« Antwort #24 am: 22.09.2006 | 14:21 »
Also schön, der Hintergrund muss feststehen, und zwar vor dem Spiel. Details, die während des Spiels hinzukommen, sind verhandelte Details, sind Elemente der Fiktion, sind eben gerade nicht Hintergrund.
Das Problem hieran ist, dass auch der Hintergrund, zumindest soweit er allen Spielern bekannt ist, bereits  aus verhandelten Details und Elementen der Fiktion besteht. Damit grenzt der Spielbeginn den Hintergund absolut nicht vom Rest des SIS ab, und ist damit nicht zur Definition geeignet.
Das Interessante ist die Einschränkung die ich in diesem Satz gebraucht habe: Sofern er allen Spielern bekannt ist.

Der Hintergrund kann also offensichtlich auch Hintergrund sein, wenn er nicht allen Spielern bekannt ist (das hat ja auch Stefan schon im ersten Post gesagt, nur nachher nicht weiter betont). Das grenzt aber sehrwohl von SIS-Inhalten ab, denn die sind immer allen Spielern bekannt.
Hintergrund muss aber zumindest theoretisch allen Spielern gleichermaßen zugänglich sein.
Diese Unterscheidungsmerkmale erscheinen mir viel bedeutender als irgend ein völlig unabhängig zu definierender Spielbeginn.

Hintergrund in diesem Sinne ist also explizit festgehaltener, potentieller SIS-Inhalt.

Damit wäre auch Franks Frage diesbezüglich beantwortet. Hintergrund muss allen Spielern zumindest theoretisch (d.h. nicht unbedingt wärend des gesamten Spiels) zugänglich sein. Ansonsten hätten wir nämlich nur noch "potentiellen SIS-Inhalt" übrig, der wie schon ganz richtig gesagt nur aus Gedanken von Spielern besteht, die wir niemals Prüfen können, und was noch viel wichtiger ist, die auch für das Spiel der anderen Spieler keine besonderen Auswirkungen haben können, weil Spieler Gedanken genausowenig prüfen können.
Man könnte natürlich trotzdem einfach definieren Hintergund sei potentieller SIS-Inhalt, also alles was Spieler möglicherweise beabsichtigen in den SIS einzubringen, aber wie gesagt wäre sowas nie feststellbar. Vor allem hätte man dieses unendliche vorher-nachher Problem. Wann hat sich jemand etwas "vorher" überlegt? Reicht eine Sekunde vorher aus, oder doch eher eine Stunde? Welches Ereignis muss eingetreten sein um etwas als "vorher überlegt" oder "vorbereitet" gelten zu lassen?
(Diese fruchtlose Diskussion hatten wir schonmal im Zusammenhang mit Illusionismus.)

Aus diesen Gründen halte ich auch die Sache mit dem Spielbeginn für einen Irrweg. Warum ist der Spielbeginn so wichtig? Was ist an diesem Punkt wenn das Spiel beginnt so besonderes, was ändert sich da im Bezug auf den Hintergrund (unabhängig davon wie man den Spielbeginn sonst defineren könnte)?
Könnte ich nicht auch mitten im Spiel potentiellen SIS-Inhalt explizit festhalten (etwa durch Aufschreiben).
Es wäre all das gegeben was bei "echtem" Hintergrund auch da ist: Die Spieler können ihn theoretisch einsehen. Er steht unabhängig davon fest was tatsächlich im SIS auftaucht.
Meine Definition passt im übrigen auch auf alle Beispiele die Frank gebracht hat, ganz unabhängig von einem Spielbeginn.

Interessanter Nebenaspekt dieser Definition ist, dass Hintergund der allen Spielern bekannt ist, also sich bereits im SIS befindet, nur noch "historisch" gesehen als Hintergrund anzusehen ist. Man kann vielleicht noch nachvollziehen dass es Hintergrund ist (durch die Art wie er in den SIS kam), aber ansonsten unterscheidet ihn nichts von allen anderen SIS-Inhalten (und das war für mich die ganze Zeit das Verwirrende).

Ein paar Fragen die sich für mich jetzt aus dieser Definition ergeben: Darf "Hintergund" im Wiederspruch zu SIS Inhalten stehen bzw. Hintergrund zu anderem Hintergund?
Ersteres wohl eher nicht, weil das wahrscheinlich als "Abändern" von Hintergrund gelten kann. Es kommt schließlich etwas in den SIS was im Wiederspruch zu etwas steht das als Hintergrund fesgehalten wurde.
Ich habe also nur die Wahl Hintergrund direkt einzubringen, oder etwas das damit nicht im Wiederspruch steht.
Es kann aber ganz offensichtlich dazu kommen, dass Hintergrund unterschiedlicher Spieler im Wiederspruch steht, und zwar dann wenn Hintergrund zum Zeitpunkt seiner Festlegung nicht allen Spielern bekannt ist die ihrerseits Hintergrund festlegen dürfen. Ist daher sowas wie ein Hintergrundmonopol notwendig um Wiederspruchsfreiheit zu garantieren?

Ich denke diese Wiederspruchsfreiheit ist etwas ganz entscheidendes. Denn es ermöglicht, im Gegensatz zu anderen potentiellen SIS-Inhalten die nicht Wiederspruchsfrei sein müssen, eine spätere Einigung bei der nichts geändert werden muss.
Vielleicht ist dieser Punkt sogar noch wichtiger als das explizite Festhalten und selbiges ist nur eine Methode um Wiederspruchsfreiheit zu garantieren... Da denke ich nochmal drüber nach. ;)