Drüben bei den Blutschwertern wurde darüber gesprochen, dass Sorcerer recht „störungsanfällig“ ist. D.h. nachdem man das Buch gelesen hat und losspielt, spielt man es (a) nicht zwangsläufig so, wie es gedacht ist, und (b) nicht zwangsläufig so, dass es auch Spaß macht. Nachdem ich viel über das Spiel gelesen und es u.a. auch mit dem Autor selbst gespielt habe, habe ich mal zum besten gegeben, was für Lehren ich daraus gezogen habe. Das will ich natürlich auch dem geneigten GroFaFo-Leser nicht vorenthalten.
Wer meine Ratschläge beherzigt, dürfte sich relativ nah an dem befinden, wie das Spiel gedacht ist. Ob es dann Spaß macht, ist natürlich eine andere Sache, aber mir jedenfalls macht es Spaß, jetzt, da ich so spiele.
Allgemeines zum SpielSorcerer ist kein Spiel für große Gruppen, und Sorcerer ist kein One-Shot-Spiel. Die optimale Spieler-Anzahl beträgt 2-3, 4 ist schon sehr grenzwertig. Bedenke, dass du als SL für jeden Spieler einen Dämonen als ständigen NSC hast. Außerdem funktioniert Sorcerer sehr stark über die „bilaterale“ Interaktion zwischen SL und Spieler. Die Spieler-Charaktere haben sehr oft Szenen, in denen keine anderen Spieler-Charaktere anwesend sind.
Idealer Weise nimmt man sich mehrere Abende Zeit, um Sorcerer eine Chance zu geben. Am ersten Abend spricht man den One-Sheet und Humanity durch, macht Charaktere, Dämonen und Kicker. Dann hat der SL Zeit, sich in Ruhe vorzubereiten, und in den nächsten paar Sitzungen wird dann gespielt, bis die Kicker aufgelöst sind.
Setting und One-SheetGrundsätzlich macht der SL das Setting. Es spricht nichts dagegen, die Spieler in den Prozess einzubinden, aber am Wichtigsten ist, dass der SL eine klare Vorstellung von dem Setting hat. Ich verwende mit Vorliebe Sorcerer & Sword, weil ich viele Kurzgeschichten von Wagner, Howard und Moorcock gelesen habe und mir das hilft, ein Gefühl für den Hintergrund zu kriegen. Man sollte auf jeden Fall einen „One-Sheet“ machen, und wenn es nur ein paar zusammengekritzelte Notizen sind. Was sind Dämonen, Hexer und Hexerei in dem Setting? Welche Deskriptoren werden verwendet? Standard aus dem GRW bzw. & Sword, oder eigene? Deskriptoren sollte man nicht unterschätzen, ein fester Kanon von Deskriptoren sagt viel über Setting und Stimmung aus.
Humanity-DefinitionUnd dann natürlich die entscheidende Frage: Was ist Humanity? Kleiner Tipp: Wenn ihr & Sword spielt, nehmt nicht „Ehre“. Unter „Ehre“ können sich die wenigsten was vorstellen (es sei denn ihr spielt was japanophiles mit lauter Bushido-Freaks, was so gar nicht meine Welt ist). Natürlich ist Humanity immer Auslegungssache. Deshalb besonders wichtig: Vor dem Spiel genau definieren, was ein Humanity Check und ein Humanity Gain ist! Das habe ich die ersten Male immer vernachlässigt, und dann kam irgendwann im Spiel die Diskussion auf. Es ist wichtig, dass alle Mitspieler hier von Anfang an im selben Boot sitzen.
CharaktererschaffungEin Hexer ist immer auf die eine oder andere Weise extrem. Irgendwelche Normalos taugen nicht zu Hexern, es sei denn extreme Umstände zwingen sie dazu, ihre Normalität hinter sich zu lassen. Diese Leute rufen
Dämonen auf das Antlitz der Welt hinab! Sie sind bereit, die Realität selbst zu betrügen und einen Pakt mit bösen und gefährlichen Mächten einzugehen! So was macht man nicht einfach so zum Spaß. Ein Hexer ist ein Getriebener. Was treibt deinen Charakter?
Dann ans Eingemachte: Werte verteilen, Deskriptoren wählen, Price und Telltale festlegen, Dämon machen. Haltet euch an die Regeln! Nehmt Deskriptoren aus der Liste. Sorcerer ist kein Pool oder Dogs. Spieler denken sich die nicht selber aus. Anders beim Price, hier könnt ihr euch selber was ausdenken. Aber denkt dran, einen echten, realen Nachteil (= Maluswürfel in festgelegten Situationen) daran zu knüpfen. Und vergesst auf keinen Fall, die Rückseite des Charakterbogens auszufüllen!
Für Fortgeschrittene: Wenn ihr die „Humanity Trading“-Methode aus & Sword verwendet, könnt ihr echte Übermenschen erschaffen. Seid euch aber bewusst, was ihr da spielt. Selbst Conan oder Kane dürften nicht mehr als 5-6 in Stamina und Will gehabt haben. Wenn ihr einen Charakter mit Stamina 8 baut, dann ist das ein echtes Monster. Wollt ihr das wirklich?
DämonenNehmt euch die Zeit, um die Dämonentypen und -kräfte in Ruhe durchzugehen. Denkt dran, ihr müsst für jede Kraft festlegen, wer ihr Anwender sein soll. Wenn der Dämon
und der Meister eine Kraft einsetzen können sollen, müsst ihr sie zweimal nehmen. Bedenket ferner, dass viele der Kräfte mit der Power des Dämons gewürfelt werden, und Nahkampfangriffe mit seiner Stamina. „Special Damage (lethal): Lightning + Ranged“ ist eine tolle Combo mit Power 7, weil in der Regel als erstes dran und sofort tödlich. Mit Power 3 ist eine Armbrust bzw. ein Gewehr wahrscheinlich die bessere Wahl...
Nicht vergessen: Am Ende der Dämonen-Erschaffung wird das Binding gewürfelt, einschließlich Humanity-Check! Beschreibt, wie ihr euren Dämon bindet. Wir haben uns viele Schwierigkeiten eingehandelt, weil wir die Binding Strength geheim halten wollten. Das macht das Spiel viel unübersichtlicher, weil man oft verdeckt würfeln muss. Macht das nicht. Es steht in den Regeln, aber Ron macht es selbst nicht. Würfelt das Binding offen.
Die Story, Teil 1: Kicker (Spieler)Was ist eigentlich ein Kicker? Das ist wahrscheinlich das verbreitetste Missverständnis. Die Leute denken immer, ein Kicker ist eine Szene. Steht ja schließlich in den Regeln: „Etwas, was kurz vor Spielbeginn passiert.“ Ja, schon. Aber das Entscheidende am Kicker ist nicht, dass irgendwas passiert. Das Entscheidende ist, dass sich dadurch für den Charakter etwas ändert. Ein Kicker ist ein Umstand, kein Ereignis. Du bekommst einen Brief, in dem steht, dass der Kaiser deine Mutter zum Tode verurteilt hat. Die Szene (sowohl wie der Kaiser das Urteil spricht, als auch, wie du den Brief öffnest) ist scheißegal. Deine Mutter ist zum Tode verurteilt! Was machst du jetzt?!
Der Kicker ist kein Intro. Der Kicker ist das Herz der Geschichte, die du zusammen mit deinen Mitspielern über deinen Charakter erzählen wirst. Wenn der Kicker aufgelöst ist, ist die Geschichte zuende, und nicht eher. Es lohnt sich daher, sich mit dem Kicker Mühe zu geben. Die zugehörige Szene (das, was passiert ist), ist am ehesten mit einer Szene zu Anfang eines Buches oder Films zu vergleichen, in der der Leser/Zuschauer erfährt, worum es in dem Buch/Film eigentlich geht.
Ach ja, und nur für den Fall dass das nicht klar ist: Den Kicker macht der Spieler. Ganz alleine. Keine Vorgaben vom SL. Der Spieler macht den Kicker ganz genau so, wie er ihn will. Natürlich kann man in der Gruppe Ideen austauschen und Kommentare abgeben, aber die Entscheidung liegt beim Spieler.
Die Story, Teil II: NSCs, Dämonen und Bangs (SL)Viele Leute, die Sorcerer leiten, hängen sich total an den Bangs auf. Und zugegeben, ein richtig guter Bang ist eine tolle Sache. Bangs sind Situationen, in denen der Spieler einfach etwas machen
muss, in die eine oder andere Richtung. Ein Bang bedeutet, dass die Story vorangeht, egal wie der Spieler sich entscheidet. Aber letztendlich ist das nur eine ganz nette Technik und nicht der Schlüssel zum Erfolg in Sorcerer. Der Schlüssel zum Erfolg ist die Vorbereitung. Als SL ist es deine Aufgabe, aus den Personen, die auf der Rückseite der Charakterbögen stehen, und weiteren Personen, die du dir ausdenkst, ein interessantes und konfliktreiches Beziehungsgeflecht zu weben.
Der SL macht den Hintergrund, und niemand sonst! Manche Leute denken, das könne nicht sein, weil das Spiel doch von der Forge ist. Ist aber so. Wenn der SL sagt, deine Mutter hat das Verbrechen wirklich begangen, dann hat sie es wirklich begangen,
es sei denn du hast im Kicker etwas anderes festgelegt. An den Kicker ist der SL gebunden, ansonsten hat er die volle Kontrolle.
Als SL von Sorcerer musst du nicht großartig anders beschreiben, NSCs darstellen und Schnitte setzen, als du es sonst erfolgreich in anderen Rollenspielen machst. Das einzige, was du niemals tun darfst, ist den Plot im Voraus planen. Spiele einfach die NSCs mit ihren eigenen Motiven und Plänen, und schau, was sich daraus ergibt. Die Bangs kommen von ganz alleine, wenn deine NSCs und die in deinem Beziehungsgeflecht angelegten Konflikte gut genug sind.
Die besten NSCs, die du haben kannst, sind die Dämonen. Spiele sie mit Gefühl. Spiele sie als echte Charaktere. Mache den Spielern nicht aus Prinzip das Leben schwer, aber vergiss auch niemals Need und Desire des Dämons. Je mehr der Hexer die Dienste des Dämonen benötigt, desto mehr wird er Opfern, um sich diese Dienste zu sichern.
Humanity ist dein ultimativer Prüfstein. Wenn du eine Gelegenheit siehst, stelle die Menschlichkeit der Spielercharaktere auf die Probe. Wenn du kannst, bringe sie in Situationen, in denen Need/Desire ihres Dämonen und Humanity im Gegensatz zueinander stehen. Der Kicker hilft dir dabei. Aber mach es nicht auf Krampf. Plane es nicht von langer Hand. „Erst passiert A, dann passiert B, und dann BÄNG!“ ist keine gute Herangehensweise an Sorcerer, denn statt dessen passiert ganz sicher C und D. Und vor allem: Überlasse dem Spieler immer die Wahl.
Action-SzenenSorcerer-Action ist sehr schnell und sehr riskant. Du musst dich entscheiden, was du tun willst, bevor du weißt, ob du schneller bist als dein Gegner. Je mehr Leute in einem Kampf sind, desto schwieriger wird das. Möglicherweise verschenkst du eine Runde, weil deine Aktion gar keinen Sinn mehr macht, wenn du dran bist. Beschreibe immer genau, was du tun willst! Sorcerer-Würfe handeln nicht von abstrakten Zielen („ich will verhindern, dass sie den Raum betreten“), sondern von ganz konkreten Aktionen („ich renne zur Tür, schlage sie zu, drehe den Schlüssel um und breche ihn ab.“) Und denk dran, du kannst durch gute Beschreibung, gute Ideen und Unterstützungsaktionen Bonuswürfel bekommen!
Man stelle sich drei SCs in einer Action-Sequenz vor. Ihre Dämonen sind auch alle mit dabei, plus noch mal vier Gegner. Macht 10 Beteiligte. Nicht ungewöhnlich in Sorcerer, und kein Problem, solange man genug Würfel hat. Man schreibe jeden Beteiligten auf einen Schnipsel Papier (oder eine Karteikarte) und lege so viele Würfel darauf, wie dieser in der relevanten Eigenschaft (i.d.R. Stamina oder Cover) hat. Auf dem Papierschnipsel kann man temporäre und bleibende Abzüge vermerken. Nachdem klar ist, wer was machen will, würfeln alle, und alle Würfel liegen so offen in der Mitte des Tisches, dass jeder sie sehen kann. Jetzt hat man wunderbar den Überblick und kann sehen, wer zuerst dran ist, und die Aktionen in der Reihenfolge abwickeln. Wer abbricht, um sich zu verteidigen, würfelt einfach noch mal, das muss man sich dann merken, oder man markiert es irgendwie. Nicht vergessen: Wer seine Aktion noch behalten will, kann trotzdem mit 1W verteidigen. Wer seine Aktion schon hinter sich hat, würfelt seine vollen Würfel als Verteidigung, wenn er angegriffen wird.
Merke: Sorcerer-Kämpfe sind voller überraschender Wendungen und enden schnell böse. Oft entscheiden die Bonuswürfel über Sieg und Niederlage.