Autor Thema: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?  (Gelesen 9365 mal)

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Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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Angeregt durch den parallel laufenden Thread zum Thema welche Knstform dem Rollenspiel am nächsten liegt, hier der Thread zu einer Frage die im Verlauf besagter Diskussion immer wieder aufkam.

Also: ist Rollenspiel Kunst?
Kann/Darf man Rollenspiel mit Kunst vergeichen?
Was macht Rollenspiel zu Kunst? Was nicht?
Was macht Kunst zu Kunst und warum fällt Rollenspel dann unter diesen Begriff (oder nicht)?

Ein

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #1 am: 14.10.2006 | 11:20 »
Ja, ich würde Rollenspiel, wie die Erzählkunst, das Schwarze Theater oder den Zirkus unter Kleinkunst packen.

Offline Fredi der Elch

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #2 am: 14.10.2006 | 11:23 »
Where is the fun at? - The rules should tell me clearly - And how to get there
- Don't try to make me feel like I live there, make me care about it. -

Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

Offline Sparky

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #3 am: 14.10.2006 | 11:32 »
Was macht Kunst zu Kunst

Kunst ist es, sobald jemand mit einem Diplom in Kunstgeshichte oder ähnlichem sagt "es ist Kunst" ;D
Naja, aber Rollenspiel hat rhetorische Aspekte, und Rhetorik ist eine Form von Kunst. Ebenso strategische...
Also kann man es durchaus als Kunstform betrachtet. Man kann...
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Offline Monkey McPants

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #4 am: 14.10.2006 | 13:57 »
Ich antworte mal einfach einen Post in dem einem Thread hier:
Mich würde vor allem mal interessieren, wieso die Aussage, Rollenspiel sei Kunst, bei einigen solche Angstsymptome auslöst.
Ich denke Fredis Link beantwortet das sehr, sehr gut:
Zitat von: Brand Robins
So every time I see these discussions I don't start thinking, "Well what would Kant say?" I think "Why is it that we do and do not find RPGs worthy of giving them a title of power and prestige?" So I watch the arguments, and look for the power dynamics behind them.
Manche Leute möchten RPGs nicht diesen besonderen Status/Titel geben, warum auch immer. Ich persönlich finde das eigenartig und die Kommentare die mir dazu einfallen sind nicht sehr schmeichelhaft (Darum schreib ich die hier auch nicht. ;D ), aber naja, was solls.

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Offline Urias

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #5 am: 14.10.2006 | 14:12 »
Ich würd sagen es is keine Kunst... Ich mein Mensch ärgere dich nicht spielen is auch keine Kunst. Aber naja jedem das seine
Ohne Gott ging es nicht weiter, und so hab ich mich entschieden, / meiner ist jetzt der Alkohol. / Ich trank ein paar Schlücke und ich fand meinen Frieden / und ich fühlte mich kurzfristig wohl. - Joint Venture, Der trinkende Philosoph

Offline ragnar

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #6 am: 14.10.2006 | 14:53 »
Kunst entsteht (für mich) erst im Auge des Betrachters und solange ihr nicht vor Publikum spielt, bekommt eure individuelle RSP-Runde von mir (der wahrscheinlich niedersten Instanz für sowas) nicht das Prädikat "Kunst", egal wie kunstvoll ihr diese hinter euch bringt und egal wie sehr ihr euch dabei verkünstelt >;D

Offline Vanis

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #7 am: 14.10.2006 | 15:40 »
Kunst entsteht (für mich) erst im Auge des Betrachters und solange ihr nicht vor Publikum spielt, bekommt eure individuelle RSP-Runde von mir (der wahrscheinlich niedersten Instanz für sowas) nicht das Prädikat "Kunst", egal wie kunstvoll ihr diese hinter euch bringt und egal wie sehr ihr euch dabei verkünstelt >;D

Aber Rollenspiele in Form von Büchern werden ja sehr wohl verkauft und erreichen theoretisch eine Menge Menschen. Natürlich liegt es dann am Betrachters (Lesers), ob er ein Rollenspielbuch für Kunst hält. Andere hier und auch ich haben ja schonmal aufgezählt, dass es Übereinstimmungen zu Romanen, Filmen und Theater gibt, die es zumindest möglich machen, Rollenspiele für Kunst zu halten.

Bezüglich der Zuschauer: Wenn ich mich mit meiner Gruppe treffe, ist jeder auch Zuschauer/Zuhörer des anderen und kann entscheiden, ob der Charakter, eine Geschichte...eines anderen Spielers für ihn Kunst ist oder nicht. Man denke auch an öffentliche Spieletreffen. Da kann ja auch theoretisch jeder hin und sich`s ansehen, genau wie man in eine Kunstgallerie gehen kann, wenn einen das interessiert.
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Offline ragnar

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #8 am: 14.10.2006 | 16:31 »
Ja ein Buch kann ohne Probleme ein Kunstwerk sein, auch ein Rollenspielbuch(Die Frage ist ob's das immer noch ist wenn man's als Werkzeug nutzt und nicht als Kunstwerk wahrnimmt), aber ich dachte hier geht es um gespieltes Rollenspiel.

Öffentliche Spielertreffen lasse ich ja gelten, aber "Jeder Mitspieler ist ein Potenzielle Zuschauer" dem stimme ich so nicht zu. Ich stell da mal einen Vergleich mit einer Band an, die im Tonstudio eine Single aufnimmt und sie wieder vernichtet bevor's jemand gehört hat. Das wäre für mich, egal wie Kunstvoll das Ergebnis ausgesehen hätte, reines spaßiges Zeittotschlagen, keine Kunst.
« Letzte Änderung: 14.10.2006 | 16:32 von ragnar »

Offline Six

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #9 am: 14.10.2006 | 17:40 »
Ich stell da mal einen Vergleich mit einer Band an, die im Tonstudio eine Single aufnimmt und sie wieder vernichtet bevor's jemand gehört hat. Das wäre für mich, egal wie Kunstvoll das Ergebnis ausgesehen hätte, reines spaßiges Zeittotschlagen, keine Kunst.

Da ist doch unsinnig. Wenn du ein Bild malst, aber du es keinem zeigst ist es genauso Kunst. Oder, um dein Beispiel aufzugreifen, eine Band die solch ein Tape aufnimmt und es gleich wieder vernichtet, hat genauso "kunst" erschaffen. Nur keine Langlebige.
Guess what.

Preacher

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #10 am: 14.10.2006 | 18:30 »
Ich geb hier gern meine Antwort aus dem anderen Thread nochmal wieder - die passt auch hier:

Zitat von: Hurle Vents
Rollenspiel ist keine Kunst und hat auch mit anderen Kunstformen nichts zu tun. Jedenfalls nicht mehr, als Kochen oder Makramee.

Zitat von: Samael
Sehe ich doch gar nicht so. Ich liebe essen und koche gerne. Mit Kunst hat das aber nix zu tun.

Wisst Ihr, Kochen wird von manchen Leuten durchaus als Kunst bezeichnet. Frag mal Monsieur Bocuse. Klar, Rollenspiel ist per se erstmal keine Kunst. Vielmehr ist es ein Medium, mit dem man Kunst schaffen KANN, wenn man das denn möchte - wie Film oder Theater auch. Und wie Bitpicker so richtig sagte:
Zitat von: Bitpicker
Und die ewigen Feinde des Kunstbegriffes im Rollenspiel können im Rollenspiel ebenso leicht Triviales erschaffen wie in den anderen Kunstformen auch... ;)

Zitat von: Samael
EDIT: Da fällt mir ein: Ich lese gerade "The art of electronics". Ein komplexer elektronischer Schaltkreis erfordert sehr viel Können und kann auch irgendwie etwas Schönes an sich haben (genauso ist es wohl mit einem Programmcode für ein Computerprogramm). "Kunst" ist er aber nicht, entgegen des Buchtitels. Sonst wäre alles Kunst, für das man eine gewisse Fertigkeit braucht und das ist Unsinn.

Für mich definiert sich Kunst erstmal darüber, daß der praktische Nutzen nicht vorhanden oder nur untergeordnet ist.
Kunst ist es für mich, wenn etwas ästhetisch oder intellektuell ansprechendes um seiner selbst Willen, wegen des ästhetischen oder intellektuellen Anspruchs erschaffen wird, ohne einen konkreten praktischen Verwendungszweck in den Vordergrund zu stellen, wie es beim Schaltkreis zum Beispiel der Fall wäre.
Hat also weniger mit der Fertigkeit zu tun als mit der Intention, mit der es geschaffen wird.

Zitat von: Ingo
Kommt auf die Definition von Kunst an. Wenn Filmesehen, Bücherlesen oder Malbücherausmalen allgemein als Kunst gewertet wird, ist Rollenspiel auch Kunst.
Der Vergleich ist imho nicht passend. Beim Rollenspiel erbringt man eine kreative Leistung, man erschafft etwas und von daher wäre ein Vergleich zu Filme drehen und Bücher schreiben sehr viel angebrachter.
Und daß man damit Kunst schaffen kann, wirst Du wohl kaum bezweifeln wollen, oder?

Offline Monkey McPants

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #11 am: 14.10.2006 | 21:52 »
Da ist doch unsinnig. Wenn du ein Bild malst, aber du es keinem zeigst ist es genauso Kunst. Oder, um dein Beispiel aufzugreifen, eine Band die solch ein Tape aufnimmt und es gleich wieder vernichtet, hat genauso "kunst" erschaffen. Nur keine Langlebige.
Word.

EDIT: Obwohl mich das jetzt an den Klischee-Goth erinnert der ein Gedicht schreibt, das verbrennt, die Asche in die Tinte mischt und damit wieder ein Gedicht schreibt. (Und so weiter.) Keine Ahnung warum...  ~;D

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« Letzte Änderung: 14.10.2006 | 21:53 von Monkey McPants »
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Hurle Vents

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #12 am: 14.10.2006 | 21:53 »
Ich verweise einfach mal auf meinen Beitrag in Fredis verlinktem Thread. Und das auch nur, weil ich im parallelen Kunstthread nach meiner Meinung gefragt wurde.

Offline Bitpicker

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #13 am: 15.10.2006 | 09:17 »
Kunst ist es, sobald jemand mit einem Diplom in Kunstgeshichte oder ähnlichem sagt "es ist Kunst" ;D

Ist es für dich auch ok, wenn ein Magister der Literaturwissenschaft das sagt? ;D

@dominik: ein wichtiger Unterschied zwischen Mensch-Ärgere-Dich-Nicht und einem beliebigen Rollenspiel ist der, dass du im Voraus weißt, was bei MÄDN herauskommt, auch wenn du mit völlig unbekannten Leuten spielst. Das dürfte auch für alle anderen Brettspiele gelten; es gibt vielleicht Unterschiede in der Spielstärke, wo nicht nur der Zufall regiert, aber soweit es das Spiel selbst angeht, ist festgeschrieben, wie sich das Spiel ausgestaltet. Das ist beim Rollenspiel nicht so. Die vorhandenen Regeln und Spielmaterialien alleine bestimmen eben nicht, was im konkreten Spiel passiert. Alle Beteiligten bringen sich auf kreative Weise ein, sonst passiert gar nichts. Das alleine macht es schon zu Kunst.

@ragnar: Was ist mit einer Band, die nur improvisiert, aber nicht mitschneidet? Keine Kunst? Ist nicht jeder Musiker in dieser Band, selbst wenn keine anderen Zuhörer da sind, Zeuge der künstlerischen Äußerung der anderen Musiker? Und selbst wenn ein Musiker alleine im stillen Kämmerchen vor sich hin improvisiert: ist das kein Ausdruck seiner Kunstfertigkeit?

Dass das Rollenspiel keine bleibende Kunst erschafft, ist meiner Meinung nach kein Bug, sondern ein Feature. Selbst wenn ein RPG Zuschauer hat, haben diese nicht denselben Eindruck vom Spiel wie die Mitspieler. Das Spiel ist das Ergebnis des kreativen Inputs aller Beteiligten, weshalb es für die Beteiligten einen anderen Stellenwert hat als für die Betrachter.

Wer schon mal in irgend einer anderen Kunstform tätig war, wird vielleicht selbst wissen, wie sich die Wirkung eines Kunstwerkes von Betrachter zu Betrachter unterscheiden kann. Als Künstler sieht man vielleicht die Unzulänglichkeiten, die andere nicht bemerken; oder man wollte vielleicht eine Aussage treffen, die manche vielleicht sehen, andere wieder nicht, und vielleicht reagieren manche Betrachter auch ganz anders, als man gedacht hatte.

Der Kunstbegriff hat zwei Seiten: zum einen gehört von seiten des Künstlers eine kreative Intention dazu. Die Handlung selbst muss nicht kreativ sein (ich enthaupte den Löwenzahn im Blumenpott als Performance-Kunst vor Publikum oder stelle eine schmutzige Badewanne ins Museum), aber durch die kreative Intention biete ich als Künstler den Akt als Kunst an. Ob der Betrachter das dann auch so sieht, ist dessen Entscheidung. Wer also in RPGs partout keine Kunst sehen will, kann das tun. Aber wer Kunst darin sieht, hat genau so das Recht dazu. Und selbst, wer Rollenspiele ohne künstlerische Intention spielen will, kann sich nicht davor schützen, dass Betrachter Kunst darin sehen.

Robin
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Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #14 am: 15.10.2006 | 09:36 »
@Robin: Full ack.

Willst du jedoch einen Blumenstrauß aus ungewöhnlichen Pflanzen erschaffen, dann ist der Löwenzahn Teil des Kunstwerkes. - Denn du erzeugst ja einen Blumenstrauß.
Wenn du ein Gebäude zu einen bestimmten Zweck erbauen willst, fragst du einen Ingenieur.
Für zweckmäßigen Gebäudebau sind Ingenieure zuständig.
Erst, wenn das Gebäude über den eigentlichen Zweck hinaus noch eine Verschönerung seiner selbst willen haben soll, dann kümmert sich ein Architekt darum. Und dann ist dieser spezielle Aspekt des Gebäudes auch Kunst.

Bei der Musik für bestimmte Anlässe lautet die Frage: Welchen Zweck erfüllt die Musik? Will man damit mehr Leute zu den Anlass locken? Dann ist es Kommerz.
Oder spielt man die Musik ihrer selbst willen? Dann ist es Kunst.

Bildhauer, die für Propaganda eingesetzt werden, erschaffen in meinen Augen keine Kunstwerke.
Das sind Beispiele, die ich durchaus so unterschreiben könnte, dennoch:

Ich bleibe dabei: Kunstwerke dienen keinem Zweck.
Das halte ich für falsch.
Denn damit würden die Meisten Kunstwerke der Klassik nicht mehr unter den Begriff Kunst fallen. Rubens, Rembrandt und Vermeer (um nur mal eine geringe Auswahl zu nennen) malten nicht, weil sie grad nichts anderes zu tun hatten, sondern um Geld zu verdienen. Es waren Handwerker, die Auftragsarbeiten erledigten. Ihre Arbeit hatte sehr wohl einen (kommerziellen) Zweck. Ähnlich verhielt es sich bei den Bildhauern und Musikern. Dennoch würde heutzutage niemand einem Bach, Beethoven oder Michelangelo absprechen, bedeutende Kunst geschaffen zu haben.

Viele sprechen der Kunst auch den Zweck zu, die Gesellschaft zu kommentieren und den Zeitgeist in etwas Greifbares umzuwandeln; der Zweck der Kunst besteht nach dieser Definition darin, zum Nachdenken anzuregen.
Ich würde Eulenspiegels Aussage daher so ergänzen:
Kunst dient keinem praktischen Zweck, sehr wohl aber einem kulturellen, gesellschaftlichen oder spirituellen Zweck.

Ich wehre mich als Grafik-Designer immer gegen die Bezeichnung "Künstler", und das hat seinen Ursprung in dieser Zweckfrage der Kunst. In 99% aller Fälle ist Grafik-Design, obwohl es von den meisten Menschen als kreative, schöpferische Arbeit angesehen wird, keine Kunst – sondern Handwerk. Denn Grafik-Design ist Gebrauchsgrafik, Werbegrafik, verfolgt also einen ganz bestimmten Zweck, meist dem Verkauf eines Produktes.
Dennoch gibt es auch im Grafik-Design und in der Werbung Arbeiten, die ich ohne mit der Wimper zu zucken als Kunst bezeichnen würde. Hier kommt dann neben der Frage des Zwecks noch ein weiterer Aspekt zum tragen, der für mich persönlich noch weit bedeutsamer ist. AlexW hat das sehr treffend so formuliert:

Kunst ist, was mir unter die Haut geht, was Resonanz hat, was "wahr" ist.

Diese Ansicht teile ich. Damit ich etwas als Kunst bezeichnen kann, muss es mich berühren, entweder spirituell oder intellektuell. Dementsprechend fällt es mir auch schwer, etwas pauschal als Kunst oder Nicht-Kunst zu bezeichnen.
Wenn Kunst keine Emotion oder Empathie weckt, kann man auch – zu Recht – vor Werken von Picasso stehen oder vor der Mona Lisa oder vor dem Trevi-Brunnen, oder in der Zauberflöte sitzen und sagen "Das ist keine Kunst!".

Aufs Rollenspiel bezogen kann ich auf die Frage, ob Rollenspiel Kunst ist, eine ähnliche Antwort geben, wie beim Grafik-Design. In 99% aller Fälle ist es sicher keine Kunst. Aber es gibt sie numal, die Runden die unter die Haut gehen, die bewegen und zum Nachdenken anregen und an die man sich noch nach Jahren erinnert. Diese Runden sind Kunstwerke.

Bei jeder schöpferischen Tätigkeit muss man entscheiden, ab wann ein Werk Handwerk ist, und ab wann Kunst; siehe Eulenspiegels Beispiele oben. Jede uns bekannte Richtung der darstellenden oder bildenden Kunst besteht zum größten Teil aus Handwerk, und die meisten Leute, die sich Künstler nennen, kommen nie über den Stand eines Handwerkers hinaus. Dennoch ist das Handwerk die Basis, die Grundlage dafür, überhaupt jemals Kunst schaffen zu können. Es ist dabei egal, ob man von der Musik, der Bildhauerei, dem Ausdruckstanz, der Malerei, dem Makramé, der Literatur, dem Blumenbinden*, dem Papierschiff-Falten oder dem Rollenspiel redet. Der letzte Schritt ist der entscheidende; er bestimmt, ob ein Werk etwas im Betrachter auslöst, ob das Werk dadurch Bedeutung erlangt.


*(in Japan ist das eine angesehene Kunstform, btw.)
 

Offline Arbo

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #15 am: 15.10.2006 | 11:37 »
Diese Diskussion ist schon irgendwie ... ähm ... apart ;)

Ich meine, in erster Linie liegt es an jedem selbst, etwas als Kunst zu empfinden oder nicht. Daher ist das eine Geschmackssache, über die man eigentlich nicht streiten sollte. Entsprechens sensibel sollte man auch mit dem Thema und den Äußerungen umgehen – manch unbedachter „Ausstoß“ kann hier und da schon verletzlich sein.

Was ich etwas erstaunlich finde ist, dass bisher keiner so recht fragt, WO bzw. WIE Kunst entsteht. Ist nun das physisch vorhandene Bild die Kunst? Ist es das Auftragen der Farbe auf die Leinwand? Oder ist es vielleicht erst DAS Bild, welches der Betrachter für sich selbst wahrnimmt und interpretiert?

Aus meiner Sicht ist dieser Punkt nicht ganz unwichtig, weil er erstens die oben genannte Subjektivität des Kunstbegriffs unterstreicht. Zweitens aber auch darauf hindeutet, dass „Kunst“ ein „offener“ und interaktiver Prozess ist - „Künstler“ und „Betrachter“ (was beides auch in einer Person angelegt sein kann).

Deshalb ist es auch ziemlich delikat, darüber zu streiten, ob Kunst „sinnentleert“ ist oder nicht.* Sie kann „sinnentleert“ eingeleitet worden sein, wenn bspw. ein bekiffter Künstler irgend welche Zeilen auf seinem Klavier „klimpert“. Für den Hörer kann das dann schon wieder ganz anders aussehen – da machen die Tönen vielleicht durchaus sehr viel Sinn. Ebenso kann sich ein Künstler zu einer Performance hinreißen lassen, die für die Betrachter keinen Sinn macht – er in gewisser Weise also das „missverstandene Genie“ ist ;)

Dessen ungeachtet geht jedoch Kunst und „Zweck“ (Intention) - wie Enkidi richtig schreibt – sehr oft miteinander einher. Darum ist das obige Beispiel mit dem Haus und dem Ingeneur auch nicht gerade glücklich: Wenn dem nämlich so wäre, bräuchten sich Architekten z.B. nicht mit biologischen Strukturen, Psychologie, Geschichte usw. beschäftigen. Zum Teil tun sie das aber.

Ist Rollenspiel also Kunst? Klar, sicher ist sie das. Erst Recht, wenn alle ihr „Handwerk“ beherrschen. Die Frage ist daher nicht, ob Rollenspiel Kunst ist, sondern ob sie auch als Kunst „verstanden“ bzw. wahrgenommen wird ;)


@ Enkidi:

Zitat
Damit ich etwas als Kunst bezeichnen kann, muss es mich berühren, entweder spirituell oder intellektuell. Dementsprechend fällt es mir auch schwer, etwas pauschal als Kunst oder Nicht-Kunst zu bezeichnen.

Das sehe ich ähnlich. In dem Zusammenhang bin ich manchmal ziemlich erstaunt, wie erfreulich bodenständig z.B. manche Bildhauer zu sein scheinen. Ich habe dabei das Gefühl, dass „Kunst“ dann ein doch zu abstrakter Begriff ist um einfach zu sagen „Ey, das gefällt mir!“ oder „Ey, das tut mir gut!“ ;)

Arbo

* Wobei hier doch auch ziemlich stark eine negative Wertung mit einfließt und zumindest bei mir ungute Erinnerungen hervorruft (Stichwort: Entartete Kunst!).
« Letzte Änderung: 15.10.2006 | 11:41 von Cpt. Arbo Spauldings »
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Dammi

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #16 am: 15.10.2006 | 11:45 »
Hiho!

Bei jeder schöpferischen Tätigkeit muss man entscheiden, ab wann ein Werk Handwerk ist, und ab wann Kunst; siehe Eulenspiegels Beispiele oben. Jede uns bekannte Richtung der darstellenden oder bildenden Kunst besteht zum größten Teil aus Handwerk, und die meisten Leute, die sich Künstler nennen, kommen nie über den Stand eines Handwerkers hinaus. Dennoch ist das Handwerk die Basis, die Grundlage dafür, überhaupt jemals Kunst schaffen zu können. Es ist dabei egal, ob man von der Musik, der Bildhauerei, dem Ausdruckstanz, der Malerei, dem Makramé, der Literatur, dem Blumenbinden*, dem Papierschiff-Falten oder dem Rollenspiel redet. Der letzte Schritt ist der entscheidende; er bestimmt, ob ein Werk etwas im Betrachter auslöst, ob das Werk dadurch Bedeutung erlangt.


*(in Japan ist das eine angesehene Kunstform, btw.)

Das sehe ich auch so. Für mich kann im Prinzip alles, was Menschen machen oder erschaffen zur Kunst werden--ab einem bestimmten Punkt: erst wenn jemand sein Handwerk perfekt beherrscht, kann er es zur Kunst erheben. Natürlich unabhängig davon, ob es mich persönlich anspricht oder nicht (um AlexW's zitat aufzugreifen).

Aufs Rollenspiel bezogen denke ich das es unter diesem Aspekt auch zur Kunst werden kann. Ich denke mal sowas eher sehr selten der Fall sein dürfte, weil es sich um ein Nischenhobby handelt, in dem es keine professionellen Spieler/Spielleiter gibt (im Gegensatz zum Theater, beispielsweise).


Gruß,

Dammi

Offline Arbo

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #17 am: 15.10.2006 | 11:52 »
erst wenn jemand sein Handwerk perfekt beherrscht, kann er es zur Kunst erheben.

Darum übernimmt das bei "unbedarften" Künstlern gerne das Publikum :P

Arbo
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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #18 am: 15.10.2006 | 11:53 »
Ich sehe nicht die Notwendigkeit nach Perfektion. Es geht ums Gefühl. Für mich sind z.B. gerade die Details, die kleinen Fehler, an Kunst interessant. Perfektion hat für mich oft etwas von kühler Professionalität.

Offline Arbo

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #19 am: 15.10.2006 | 11:57 »
Was einen aber nicht daran hindert, z.B. von der "Kunst des Tötens" zu sprechen (hallo, alle "haschassinen") ;)
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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #20 am: 15.10.2006 | 12:01 »
Die nicht Perfektion voraussetzt.

Offline Arbo

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #21 am: 15.10.2006 | 12:03 »
Ja, aber in dem Fall wäre es sicher ne ganz schöne Sauerei ... und zumindest die Putzfrau würde Einwände anmelden. Aber gut, es könnte auch als Performance durchgehen :P
« Letzte Änderung: 15.10.2006 | 12:05 von Cpt. Arbo Spauldings »
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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #22 am: 15.10.2006 | 21:33 »
Rollenspiele spielen ist in meinen Augen keine Kunst - kein Stück. Rollenspiele oder besser: Rollenspielwelten zu erdenken mit allenmöglichen Details - DAS ist Kunst...

Raven

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #23 am: 15.10.2006 | 22:33 »
Jetzt ist die Frage inwieweit das durch Spieler und insbesondere Spielleiter nicht sogar direkt am Tisch geschieht ;)

Offline Thalamus Grondak

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Re: Rollenspiel als Kunstform? Ist Rollenspiel Kunst?
« Antwort #24 am: 15.10.2006 | 23:14 »
Also: ist Rollenspiel Kunst?
Rollenspiel kann Kunst sein, wenn es kreativ und nicht ausschließlich pragmatisch (also rein taktisch) gespielt wird.

Kann/Darf man Rollenspiel mit Kunst vergeichen?
Klar, wer in Kunst etwas hochgestelltes, nur bestimmten Kreisen zugehöriges sieht, hat irgendwie nichts verstande. Kunst wird nicht dadurch Kunst das es 1 Millionen mal verkauft wurde, oder Menschen mit zuviel Geld mehrstellige Millionenbeträge dafür zahlen.

Was macht Rollenspiel zu Kunst? Was nicht?
Wohl eindeutig die schwierigste Frage, und niemals für jeden Eindeutig zu beantworten. Für mich ist Kunst etwas das nicht wegen seinem Pragmatischen Nutzen erschaffen oder getan wird, was nicht ausschließt, das es einen Pragmatischen Nutzen hat. Außerdem muss der erschaffer einen gewissen Anspruch in seine Schöpfung legen. Ein Super Maler, dem die Topbilder ohne Lust und eigenen Antrieb von der Hand gehen hat den Anspruch der Kunst verloren. Ein Autor, der Geschichten herunterschreibt, weil er damit seinen Lebensunterhalt verdient, und keinen eigenen Antrieb in den Geschichten sieht, hat den Anspruch der Kunst verloren. nichtsdesto trotz, kann er zwischen seiner Fließbandarbeit auch mal wieder Antrieb erlangen und Kunst erschaffen. m Gegensatz zu einigen Meinungen sehe ich den Ursprung von Kunst beim Erschaffer, und nicht beim Betrachter.

Was macht Kunst zu Kunst und warum fällt Rollenspel dann unter diesen Begriff (oder nicht)?
Wie schon geschrieben, es kommt auf den Antrieb an. Wenn ich mal Leite, und das nur tue, weil ich halt zugesagt habe und dann irgendwie das Spiel durchbekomme ist das bestimmt keine Kunst. Wenn ich aber im Spiel aufgehe und den Anspruch habe etws besonderes zu erschaffen, dann ist es Kunst, auch wenn es mir nicht gelingt dadurch etwas besonderes zu schaffen. Das ist dann der Punkt der wiederrum im Auge des betrachters liegt, und nur darüber entscheidet ob meine Kunst gut oder schlecht ist. Das ist aber wiederrum kein fester Wert, sondern das kann jeder Betrachter auch für sich selbst entscheiden.
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