Ein „Böses Erwachen“ erwartet einen nach dem Kauf der zweiten Folge der Dunklen Sonne nicht, denn die Qualität der ersten Folge kann gehalten werden – und die war immerhin meine Nominierung zum Hörspielpreis 2006.
Es ist zwar rund ein Jahr nach den Ereignissen von Derbyshire vergangen, aber Adam Salton hat sich immer noch nicht erholt. Wie im Traum zieht das Leben an ihm vorüber, sein Weggefährte Nathaniel de Salis ihm treu zur Seite. So ist Nathaniel auch auf einigen Freimaurertreffen in London, bevor die beiden nach Paris abreisen, um einen guten Freund von Nathaniel dort zu treffen: Jule Verne, der bekannte Schriftsteller. Doch schon am Bahnsteig erwartet die drei eine böse Überraschung: Jules eigener Sohn versucht einen Anschlag mit Grüßen vom „Schwarzen Orden“ auf seinen Vater durchzuführen – offensichtlich unter Zwang oder ähnlichem – aber Adam wird gerade im rechten Moment aktiv und springt dazwischen.
Jule gesteht Nathaniel in seinem neuen Buch von gemeinsame Erlebnisse zu berichten, über die zu Schweigen er geschworen hatte. Nathaniel erkennt die Gefahr für andere und reist nach Monaco, um Jules Verleger Pierre Hetzel zu retten. Der angeschossene Adam kommt bei Jules Verne unter ebenso wie dessen Sohn. Stattdessen liefert Juke Verne einen anderen Verwandten als Täter...
Doch im Zug hat Nathaniel eine Begegnung der anderen Art, mit einem Diener des Bösen, einem Dämon, der das Gespräch mit ihm sucht. Ob Nathaniel selbst nun ein entflohener Dämon ist oder der anderen Fraktion angehört, dass kann nur gemutmaßt werden. In jedem Fall wird spätestens hier deutlich, dass hinter Nathaniel mehr als nur ein Mensch steckt.
Parallel zur Handlung wird in Rückblenden von Adams Kindheit in Australien erzählt. Sein Vater scheint nicht nur in England vor etwas geflohen zu sein, sondern in Australien selbst etwas zu suchen, wozu er seine Tätigkeit als Naturforscher nutzt, der eine Zugstrecke erkunden soll. Adam selbst ist ein phantasievolles Kind, der Aborigine spielt und mit einem alten Erzähler der australischen Ureinwohner spricht (oder sich das zumindest vorstellt) und dabei Abenteuer erlebt und Geheimnisse erkundet.
Nachdem die Premiere sich auf die Story konzentrierte, gibt es hier einigen Hintergrund zu den beiden Hauptcharakteren, verpackt in eine interessanten Plot, der nicht ganz so spannend und wendungsreich ist wie in „Schloss der Schlange“ ist, aber eindeutig zur Oberliga gehört. Außerdem gibt es diesmal mit Adam in Australien eine längere Nebenhandlung.
Die Qualität der Schauspieler (Sprecher) ist erneut excellent. Mit Reinhilt Schneider (u.a. Der Magier, Gastrolle bei ???) konnte eine sehr charismatische Stimme gewonnen werden, die in ihrer Rolle als Lady Arabella March gewaltig auftrumpfen kann. Mit Konrad Habor als Jules Verne konnte eine weitere bekannte Größe verpflichtet werden, dem man sofort die Rolle des älteren, etwas verwirrten Schriftstellers abnimmt. Die beiden Hauptstimmen agieren in gewohnter Qualität.
Eine kleine Kritik ist bei der Wortwahl angebracht, so nennt Adam seinen Vater „Paps“ (klingt sehr neumodern) und ein anderes mal nennt der vermeintliche Dämon den Kellner einen „Wichser“. Dieser sagt zwar kurz davor von sich,. „einige Seiten im Buch der Geschichte vorgeblättert zu haben“ (und daher auch glaubwürdig eine neumoderne Sprache beherrschen kann), trotzdem holt es einen aus der Atmosphäre des ausklingenden 19. Jahrhundert raus.
Fehlt noch ein Wort zu den Geräuschen, die wieder gut das Flair unterstützen. Auch das Äußere zeugt von der Qualität der Folge.
Damit wäre ich beim Fazit: nach einer sehr, sehr starken Premiere, die Maßstäbe im Bereich Victorian Horror / Mystery setzt, folgt erneut eine gelungene Folge, welche mehr Hintergründe zu den Charakteren liefert, die dann in künftigen Folgen genutzt würden können. Für mich ist diese Serie die Neuentdeckung 2006!
PS.: Das Original der Rezi findet sich hier:
http://www.nexuswob.org/GK/Rezies_medial-hoerspiele/rezi_schwarze-sonne_02.htmlPPS.: Info am Rande: Laut F&S-Newsletter erscheinen die nächsten beiden Teile im II. Quartal 2007, Caine 3 und 4 schon im I. Quartal.