Autor Thema: [Mortal Coil] Konflikt-Mechanik???  (Gelesen 2344 mal)

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Offline Dom

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[Mortal Coil] Konflikt-Mechanik???
« am: 9.02.2007 | 08:52 »
So, im Diary wars ja schon zu lesen. Wir kriegen irgendwie die Konflikte nicht hin. Das liegt vor allem daran, dass es kein umfassendes Beispiel gibt, sondern nur Beispiele, die jeden Einzelschritt klären. Die einzelnen Dinge wirken alle sehr einfach und sehr klar, nur im Zusammenhang ist nix wirklich klar.

Ich schreib mal, wie ich das momentan verstehe. Die Reihenfolge in einem Konflikt ist die folgende:

1. Stakes setzen: Was steht auf dem Spiel? Was wollen die Charaktere im Konflikt erreichen?

2. Aktionen ansagen und Action-Token setzen: Der Charakterbogen wird verdeckt, die Spieler sagen grob an, was sie vorhaben und setzen dann verdeckt Action-Token.

3. Aufdecken, genaue Klärung der Aktionen und der Reihenfolge und Vergleichen der Werte.

4. Evtl. Umsortieren.
    a) (Reallocating) Echtes Umsortieren. Dabei dürfen nur Action-Token von einer Aktion auf eine andere Aktion verschoben werden, d.h. damit kann man keine neue Aktion eröffnen. Einer von den verschobenen Action-Token muss anschließend ausgegeben (spend) werden.
    b) (Desperate Reactions) 2 unverbrauchte Action-Token setzen, um für die Abwehr einer Aktion zu einer noch nicht benutzen Faculty eine Aptitude hinzuzufügen. Zu dieser Aptitude dürfen dann aber keine weiteren Action Token hinzugefügt werden. ODER: Ausgeben (Spend) eines Action-Tokens. Auch dann wird einer Faculty zur Abwehr eine Aptitude hinzugefügt; diese muss dann aber noch mit weiteren Action-Tokens ergänzt werden.

5. Auswertung der Aktionen, dabei bekommt der Verlierer Harm. Im wesentlichen werden alle Aktionen als möglichst gleichzeitig betrachtet, wenn aber ein Charakter einem anderen hilft, so sind diese Aktionen zuerst auszuwerten. Die Aktionen werden immer in beide Richtungen ausgewertet!
Bei der Auswertung muss dran gedacht werden, dass jeder Aktion eine Abwehr gegenübersteht. Im Zweifelsfall ist es dieselbe Faculty wie die zum Angriff benutzte.

6. Ist nicht klar, wer gewonnen hat, wird eine weitere Konfliktrunde gemacht (weiter bei 2.)


Probleme/Unsicherheiten:
  • Wie genau müssen die Aktionen vor dem aufdecken angesagt werden? Wenn man die Aktionen nicht ansagt, kann der andere keine Abwehr machen, also muss man die Sachen ansagen. Wenn man aber ganz detailliert vorgeht, ist die Regel Desperate Reactions irgendwie überflüssig.
  • Was passiert, wenn ein Charakter keine Aktion mehr für eine Abwehr übrig hat? In den Regeln steht, dass man im Zweifel immer gegen die Faculty gehen muss. Aber wenn keine Faculty mehr frei ist?
  • Bekommt man die Action-Token nach einer Konfliktrunde wieder oder erst nach dem Konflikt? Ganz am Anfang im Buch steht (Seite 14), wenn man die Action Token gesetzt hat, bekommt man die erst nach dem Konflikt wieder. Bei den Konflikten steht, man kriegt die nach der Aktion wieder.
  • Wann genau darf umsortiert werden? Auch noch während der Auswertung?
  • Wie wird die Reihenfolge geklärt oder werden die Aktionen alle als gleichzeitig betrachtet? Wer gewinnt, wenn jede Seite gleich viele Aktionen gewinnt?
  • Wieso sollte man nicht möglichst viele Token setzen? Im Buch sind dauernd Beispiele, bei denen die Leute nur einen Action Token einsetzen. Warum sollte man das tun? Man kriegt die Dinger doch eh wieder. (ok, einen sollte man wegen über lassen, damit man kein fatigue abbekommt.)
  • Darf man die "Desperate Reactions"-Regel mehrere Male in einer Konfliktrunde anwenden?
  • Darf man "Reallocation" und "Desperate Reactions" gleichzeitig anwenden?

Dom

Offline Purzel

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Re: [Mortal Coil] Konflikt-Mechanik???
« Antwort #1 am: 11.02.2007 | 21:24 »
Ansagen von Aktionen

Besonders wichtig scheinen mir hier die Aussagen auf Seite 60 "The Reveal" zu sein.Dort steht, dass nur die Tokens heimlich gesetzt werden. Dann auf Seite 61 wird das Wort "declare" verwendet, wo beschrieben wird, wie Faculty und Aptitude für eine Aktion zusammengebracht werden. Übersetze ich "declare" wortwörtlich, dann scheint sich der Vorgang mir so darzustellen:

  • Man sagt laut welche Faculty und Aptitude man zusammen verwendet.

  • Heimlich setzt man Action Tokens ein.

Das hat möglicherweise, wie von dir vermutet, zur Folge, dass Desperate Reactions eher selten verwendet werden, und dass sie nur der Notnagel für unerwartete Situationen sind.

Gegenargumente?



Keine Aktion zum Abwehren übrig

Ich denke, man kann versuchen im Reallocating die Faculty freizuräumen und dann als passive Verteidigung oder als Desperate Reaction zu verwenden. Ob das das vom Author gewollte Vorgehen ist, weiss ich nicht, es ist zugegebenermassen umständlich. Aber es ist eine legale, denkbare Vorgehensweise.



Action Tokens zurück in jeder Konfliktrunde?

Die einzige Stelle, die ich fand, die für ein Aufladen des Action Pools nach jeder gelösten Konfliktrunde spräche, ist auf Seite 63, erster Satz. Aber dort wird das Wort "used" verwendet. Da aber dieses keine vordefinierte Verwendung im Regelvokabular hat, vermute ich, dass hier der Autor sich einfach keine Gedanken bei der Formulierung gemacht hat. Sonst hätte er einen Fachbegriff verwendet.

Andererseits könnte der Autor mit "use" aber auch die drei verschiedenen Token-Aktionen (commit, spent, sacrifice) allgemein umschreiben. Gibt es Hinweise dafür, dass der Autor dieses häufig tut?

Ansonsten sage ich mal: ja, nach jeder Konfliktrunde werden die "committed tokens" in den Action Pool zurückgelegt. Verluste durch Harm und Fatigue sollten nicht vergessen werden.



Wann darf umsortiert werden?

Auf Seite 63 Mitte steht:

  • Reallocation findet einmal pro Konfliktrunde statt

  • Will mehr als ein Spieler seine Tokens umsortieren, dann findet das reallokieren geheim statt.

  • Danach wird nochmal ein zweites Mal aufgedeckt.

Ich denke, dieses Spielchen gehört noch zu der "Commiting Action Tokens"-Phase (Seite 61, Überschrift). Erst dann kann es an das Auflösen gehen. Nicht umsonst folgt die Erklärung für das Auflösen erst danach im Buch auf Seite 72 "Action Resolution".

Der Autor geht nMn nach also wie folgt im Buch vor:

1) er erklärt grob den gesamten Prozess (Seite 56-61),
2) dann erklärt er wie genau das Commiting stattfindet (Seite 61-68),
3) zuletzt die detailierte Action Resolution mit Harm und Pi-Pa-Po (Seite 72-76).

Dadurch, dass er einen Überblick den detailierten Beschreibungen voran stellt ohne darauf hinzuweisen, das dieses eine Zusammenfassung ist, stellt sich beim Leser der Eindruck ein, 1) und 2) seien ein gedanklicher Block.



Reihenfolge

Seite 59, letzter Satz:

  • es ist egal in welcher Reihenfolge die Tokens gesetzt wurden

  • Commiting ist gleichzeitig: die Zeit im SIS steht, während Commiting stattfindet. Es passiert nichts im SIS.

  • alle Aktionen (das sind dann wieder Dinge, die im SIS spielen) finden grob gleichzeitig statt (zeitlich nah genug, dass sie nicht unabhängig und getrennt voneinander erscheinen, sondern dass sie sich gegenseitig beeinflussen)

       Beispiel: SC1 und NSC2 befinden sich im Konflikt. SC1 versucht einen Baum zu
         erklimmen, auf den sich NSC2 geflüchet hat, während NSC2 seinen Kontrahenten
         mit einer ungeheuren Behauptung aus der Fassung bringen will ("Ich habe
         deine Tochter gef***t!").
         Auch wenn die Aktion von NSC2 bei der Resolution zeitlich vor dem
         Kletterversuch von SC1 stattfindet, so sind diese Aktionen nicht
         unabhängig oder getrennt. Auch wenn die Kletterei mehrere Minuten dauert,
         so findet die Kletterei unter dem Eindruck, dem Einfluss von NSC2s
         Verbalattacke statt.


    Gleichzeitigkeit ist also relativ ;) Als "gleichzeitig" zählt, was sich gegenseitig beeinflussen kann.

       Beispiel: Würde SC1 nach der wilden Behauptung von NSC2 erstmal eine
         Verschnauf- und Denkpause machen, statt mit Wut im Bauch und zitternden
         Händen den Baum hochzuklettern, wären die beiden Aktionen (das schmutzige
         Mundwerk und die Kletterei) nicht mehr gleichzeitig.
         Der Einfluss von NSC2s verbalen Absonderung ist vorbei
         und durch die von SC1 eingelegte Pause ausgeglichen. So wäre dies z.B.
         wenn SC1 seine Kletteraktion erst in der nächsten Konfliktrunde
         beginnen würde. Aktionen aus der Vorrunde sind vorbei, ihr Einfluss
         auf Folgeereignisse ist regeltechnisch gleich Null.


  • Initiative gibt es nicht

  • es gibt keine Züge

Reihenfolge ist also frei verhandelbar. Ziel der (free-form) Verhandlung sollte mMn sein, dass die einzelnen angesagten Aktionen zu einem interessanten Ganzen zusammengefügt werden, das aber auch glaubhaft sein soll (Threshold of Credibility, Seite 11).



Ausgang bei Gleichstand

Seite 58 oben:

  • Wenn Ausgang nicht klar ist, dann folgt eine neue Konfliktrunde.



Warum nur Beispiele mit einem Token?

Die Commitment-Beispiele mit nur einem Token (von Seite 14 bis 63) gibt es deswegen, weil erst auf Seite 63 unten mit "Extra Effort" der Einsatz von mehr als einem Token erläutert wird. Erst ab diesem Abschitt kann der Leser überhaupt wissen, dass man mehr als ein Token auf eine Aktion committen kann.



Mehrfach Desperate Reactions pro Runde

Klar! Wenn man es mit Tokens bezahlen kann. Da aber

  • die Tokenanzahl immer recht beschränkt ist

  • die Aktionen vor dem Reveal angesagt ("declare") werden müssen, so dass man selten "blind" und unvorbereitet in eine Konfliktrunde stolpert

  • und ich Desperate Actions eh nur für einen Sonderfall und Notnagel halte

sollten mehrere Desperate Reactions in einer Runde eine Ausnahme bleiben.



Reallocation und Desperate Reactions gleichzeitig?

Es muss sogar gleichzeitg passieren. Seite 65, erster Satz, im Abschnitt über Desperate Reactions: "As a defender, while reallocating ..."
« Letzte Änderung: 11.02.2007 | 22:17 von Purzel »

Offline Dom

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Re: [Mortal Coil] Konflikt-Mechanik???
« Antwort #2 am: 11.02.2007 | 22:47 »
Ansagen von Aktionen

Besonders wichtig scheinen mir hier die Aussagen auf Seite 60 "The Reveal" zu sein.Dort steht, dass nur die Tokens heimlich gesetzt werden. Dann auf Seite 61 wird das Wort "declare" verwendet, wo beschrieben wird, wie Faculty und Aptitude für eine Aktion zusammengebracht werden. Übersetze ich "declare" wortwörtlich, dann scheint sich der Vorgang mir so darzustellen:

  • Man sagt laut welche Faculty und Aptitude man zusammen verwendet.
  • Heimlich setzt man Action Tokens ein.
Also ich fände das etwas seltsam, Faculty+Aptitude anzusagen, aber nicht, was passieren soll. Ich habe im Übrigen über genau die gleichen Wörter nachgedacht und wurde eben verwirrt ;)

Action Tokens zurück in jeder Konfliktrunde?
Ansonsten sage ich mal: ja, nach jeder Konfliktrunde werden die "committed tokens" in den Action Pool zurückgelegt. Verluste durch Harm und Fatigue sollten nicht vergessen werden.
Dafür würde außerdem sprechen, dass man dann nicht zufällig, weil man noch ein paar Tokens übrig hat, die zweite Runde locker gewinnt. Dann sind wir uns da ja einig.

Wann darf umsortiert werden?
(...)
Das klingt so, als könntest du dich meiner Reihenfolge (s.o.) anschließen.

Reihenfolge
(...)
Reihenfolge ist also frei verhandelbar. Ziel der (free-form) Verhandlung sollte mMn sein, dass die einzelnen angesagten Aktionen zu einem interessanten Ganzen zusammengefügt werden, das aber auch glaubhaft sein soll (Threshold of Credibility, Seite 11).
;) Ok. Hoffen wir mal, dass das keinen Nachteil für irgendeinen Konfliktteilnehmer gibt.

Warum nur Beispiele mit einem Token?
Die Commitment-Beispiele mit nur einem Token (von Seite 14 bis 63) gibt es deswegen, weil erst auf Seite 63 unten mit "Extra Effort" der Einsatz von mehr als einem Token erläutert wird. Erst ab diesem Abschitt kann der Leser überhaupt wissen, dass man mehr als ein Token auf eine Aktion commiten kann.
Naja, klar. Aber auch nachher sind so einige Beispiele mit nur einem Token.

  • Harm kann schnell den Action Pool dahinschmelzen lassen
  • wird man zu einer Desperate Reaction gezwungen, sind auch plötzlich 2 mehr Tokens nötig
  • Fatigue bekommt man auch beim Reallocting (Seite 63 Mitte), schon ist man wieder ein Token los
Der Schaden wird aber immer am Ende der Konfliktrunde abgerechnet, d.h. das stört mich während der Runde nicht. Im Gegenteil: Durch Einsatz von mehr Tokens kann ich Harm verhindern. Klar, für Desperate Reactions kann/sollte man vielleicht zwei Token übrig behalten.

Was mich zu noch einer Frage führt: Wenn ich alle Token einsetze, bekomme ich ja einen Punkt fatigue. Was passiert aber, wenn ich die letzten beiden Token für eine Desperate Reaction einsetze?

Dom

Offline Purzel

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Re: [Mortal Coil] Konflikt-Mechanik???
« Antwort #3 am: 11.02.2007 | 23:09 »
Also ich fände das etwas seltsam, Faculty+Aptitude anzusagen, aber nicht, was passieren soll.

Ich würde hier auch mehr erzählen, noch vor dem Aufdecken. Während die Spieler, die sich gegenseitig bekämpfen, erzählen, was sie detailiert machen, so'n bisschen Color in den Konflikt bringen (das System unterstützt eh die Color zu wenig), ohne sich gross Gedanken zu machen, wie die Reihenfolge genau ist, sollte klar werden:

- Wie viele Aktionen ein SC macht,
- welche Faculties und Aptitudes er zusammen verwendet,
- welche Aktionen sind Angriffe, welches sind die entgegengesetzten defensiven Handlungen.

Geheim bleibt, wie viele Tokens wohin wandern.

BTW, auch Passions muss man ansagen. Aber wo genau das Passion-Token landet, kann man wieder geheim machen.

Das klingt so, als könntest du dich meiner Reihenfolge (s.o.) anschließen.

Ja, damit kann ich leben.

Naja, klar. Aber auch nachher sind so einige Beispiele mit nur einem Token.

Ich denke, hier hat der Autor einen Fehler gemacht. Offensichtlich kann man, und sollte man mehrere Tokens setzen. Trotzdem geht er nicht auf das Taktieren mit diesen Möglichkeiten ein. Stattdessen hält er alle Beispiele mMn absichtlich simpel und lässt fast immer nur einen Token auf eine Faculty legen.

Was mich zu noch einer Frage führt: Wenn ich alle Token einsetze, bekomme ich ja einen Punkt fatigue. Was passiert aber, wenn ich die letzten beiden Token für eine Desperate Reaction einsetze?

Pft! :)

Offline Dom

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Re: [Mortal Coil] Konflikt-Mechanik???
« Antwort #4 am: 20.02.2007 | 23:14 »
So, ich hab jetzt (endlich) Antwort von offizieller Stelle, d.h. von Brennan Taylor, erhalten.

1. Meine oben aufgestellte Reihenfolge stimmt.
2. Jeder sagt nur seine Stakes an, keine konkreten Handlungen, d.h. in 2. fällt das "Aktionen ansagen" weg, die Wahl ist geheim.
3. Wenn man sich verteidigen muss ohne eine freie faculty zu haben, muss man eine freiräumen.
4. Die action tokens regenerieren nach einer Konfliktrunde. Im Satz auf Seite 14 muss "...until the conflict to which..." durch "...until the conflict round to which..." ersetzt werden
5. Desperate Reactions und Reallocation kann kombiniert werden
6. Die richtige Reihenfolge festzulegen ist "one of the GM's main jobs". Im wesentlichen sollte alles möglichst gleichzeitig festlegen, jedoch kann es sein, dass das nicht geht. Dann ist dafür der gesunde Menschenverstand und der Spielleiter nötig.

Dom