Zwei Tage zuvorSpät am Abend, nachdem man sich in Hoehneberg von den Anderen getrennt hatte, erreichten der alte Medikus Herr Heilehand, der „Mönch“ Gustav Dreckstecken, der Elf Tholas sowie der schwachsinnige Walter von Wirrungen schließlich Baerenburg und schritten auf die grimmigen Torwächter am südwestlichen Verhauentor zu.
Da nur Tholas als einziger gesucht wurde, schöpfte man keinen Verdacht, als der „bekannte“ Herr Heilehand einen elfischen Freund mitbrachte und so nannte Tholas einen falschen Namen.
Schließlich deuteten die Torwächter noch auf Walter, fragten „Wer isn der Bekloppte da?“ und da machte „Mönch“ Gustav einen Fehler, als er erklärte: „Das ist der irre Walter“.
Würfel klapperten. Wusste jeder der Torwächter, dass man einen geistesgestörten Adligen vermisste? Ja.
Zogen sie nun auch die richtigen Schlüsse? Wieder klapperten Würfel. Nein, die Torwacht peilte nicht, dass dies der gesuchte Adlige war (schließlich sollte der ja auch ermordet sein). Aber kannte zufällig einer Walter von Wirrungen vom Sehen und würde auf Grund des gleichen Namens sich erinnern und peilen, dass dieser „irre Walter“ tatsächlich DER Walter war? Unwahrscheinlich. Würfel klapperten für fünf Torwächterhirne.
Und einer kannte tatsächlich Walter von Wirrungen und jetzt, da der Name Walter in Bezug auf den Irren fiel, erinnerte er sich: „Das ist doch der ermordete Walter von Wirrungen!“
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Man befragte die Charaktere. Ein Offizier wurde geholt. Abermals mussten sie sich äußern. Schließlich holte man noch am selben Abend Amtsmänner und Herolde des Rathauses und wieder und wieder wurden die Charaktere vernommen und alles zu Protokoll genommen.
Schließlich – nach vielen Stunden - durften Gustav, Herr Heilehand und Tholas zusammen mit Walter gehen – lediglich mit der Auflage, Baerenburg nicht in den kommenden Tagen zu verlassen, bis Walters währe Identität endgültig bestätigt wurde.
Offenbar hatte man sich gut verkauft:
Mit Hilfe des angesehenen Herrn Heilehands erklärte man über Stunden, dass man Walter in Wehihm getroffen hatte. Die angeblichen Mörder (also die Charaktere selbst) hatten Walter offenbar äußerst führsorglich behandelt und den Verrückten ins Kloster gebracht, wie es ihre Aufgabe gewesen war.
Die Geschichte mit dem Mord musste also ganz klar ein Missverständnis gewesen sein – die angeblichen Mörder hatten sich laut Herrn Heilehand wohl rührend um Walter gekümmert, statt ihn zu töten – den lebenden Beweis hatte man ja leibhaftig und sabbernd vor sich stehen.
Viele Nachfragen und einige Betrugs- & Charismaproben später hatten man ihnen schließlich mit Hilfe von Herrn Heilehands Wort und das eines Mönchen aus Wehihm (Gustav) die Story abgekauft.
Und wieso war Walter jetzt aber wieder in Baerenburg statt in Wehihm? „Nun“, erklärte Herr Heilehand: „In Wehihm konnte man ihm nicht weiterhelfen und man bat mich, als Medikus, sich seiner verirrten Seele anzunehmen, weshalb ich zusammen mit dem Mönch Gustav und unserem elfischen Kundschafter hier, ihn mit nach Baerenburg nahm. Können wir jetzt endlich gehen?“
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Fälschlich sich sicher fühlend erreichte man schließlich spät in der Nacht endlich Herrn Heilenhands zweistöckiges Fachwerkhaus am Freitmarkt. Während Tholas in dem dunklen Gebäude erstmal ein Feuer im Kamin entfachte und Gustav nicht schlecht staunte, mit was für Vorräten Herr Heilehands Magd ihrem Herrn die Speisekammer füllte, klopfte es auch schon an der Tür:
„Herr Heilehand! Der Herr segne Eure Rückkehr“, platze der reich gekleidete Mann in Gildengewändern sogleich heraus, als der alte Medikus ihm die Tür öffnete.
„Meine Frau liegt in den Wehen. Irgendetwas stimmt nicht, so schlimm war es bei keinem Kind zuvor. Bitte, kommt und helft!“
Und während Gustav gerade ein Stück geräucherte Staubwurst anschnitt, packte Hagen Heilehand auch schon seine Arzttasche und verließ mit den Worten: „Ich bin bei Tuchmeister Börsenbeutel“ das Haus.
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Marla Börsenbeutel hatte schon 4 stramme Kinder zur Welt gebracht, nie hatte es ein Problem gegebn. Bis jetzt. Das Kind hatte sich nicht im Mutterleib gedreht, beider Leben stand in Gefahr.
Nach gründlichen Untersuchungen, alle Bonus spendenden Nachschlagewerke und Instrumente um sich platziert, wagte der alte Medikus schließlich die entschiedenden Proben...
Wenig später konnte ein überglücklicher Herr Börsenbeutel sein Weib Marla und einen kleinen Knaben namens Karsten in seine Arme schließlich – diesmal war der Herr auf ihrer Seite gewesen.
Erschöpft, nach all den Strapazen (Aufbruch am Morgen in Trittburg, Reise nach Baerenburg, das Verhör am Tor, dann die Geburt), war der alte Herr Heilehand nur noch froh, endlich – nach einem führsorglichen, letzten Blick auf den schnarchenden Walter - in sein Bett zu kommen.
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Am nächsten Tag preschte in der Früh ein einzelner Reiter der Reichswacht aus dem Baerenburger Brandmarktor hinaus auf die staubige Ebene vor der Stadt und jagte gen Norden.
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Etwa zur gleichen Zeit verließ der „Mönch“ Gustav das Haus von Medikus Heilehand am Freimarkt, um im Adelsregister sich über das Geschlecht derer von Wirrungen zu informieren. Er hoffte, dass man einem Mönch aus Wehihm dies überhaupt gestatten würde...
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„Herr, da kommt ein Reiter!“
Herbert von Wirrungen erhob sich von seinem hölzernen Thron derer von Braunau und schritt zum Fenster des Burgturms, wo man auf das Dorf um die umliegenden Ländereien eine gute Aussicht hatte. Gegen das fahle Licht der Vormittagssonne kniff er seine Augen zusammen und versuchte, mehr von edm Reiter erkennen:
„Daniel ist das jedenfalls nicht“, grummelte er. „Wo bleibt der Nichtsnutz nur? Er sollte längst wieder hier sein...“
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Tatsächlich gelang es dem „Mönch“ Gustav an die notwenigen Unterlagen zu kommen, was sich als äußerst umständlich zwar herausstellte, hier jedoch nicht weiter erwähnenswert ist. Letztendlich hatte er sein Ziel erreicht.
Statt sich den Stammbaum nun einfach einzuprägen wagte Gustav den Diebstahl des Dokumentes und wie durch ein Wunder entging dem anwesenden Amtsmann, dass Gustav sich das Dokument „auslieh“. Er ahnte nicht, welches Risiko dieser Diebstahl noch bergen sollte.
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„Mein schwachsinniger Neffe Walter ist also noch am Leben...“
Herbert von Wirrungen schloß die Augen, wirkte sehr nachdenklich.
„Ja, Herr, offenbar war der Mord ein Irrtum“, erklärte der Reiter aus Baerenburg und riss den Adeligen aus seiner Brüterei. „Ihr müsst jetzt nur noch seine Identitäat bestätigen.“
„Seine Identität bestätigen? Gut. Wo ist Walter jetzt“, fragte Herbert von Wirrungen den Mann.
„In Baerenburg. Wir haben ihn in der Obhut dieses Medikus gelassen, wie man es in Wehihm vorgesehen hatte. Das war doch nicht falsch?“
„Nein, nein“, lächelte Herbert. „Das war völlig richtig, guter Mann. Also auf Männer! Auf nach Baerenburg! Dann lasst uns doch mal sehen, ob es wirklich Walter ist, der dort bei diesem sogenannten Herrn Heilehand auf sein Schicksal wartet...“