Meine eigene Erfahrung mit Miniaturenkämpfen bezieht sich auf D&D, Hârnmaster, Space Gothic und DSA. Da Du Dich aber auf Systeme beziehst, die Miniaturen im Regelwerk nahelegen, werde ich mich jetzt nur auf D&D (und vllt. Hârnmaster) beziehen. Und ja, wir benutzen bei D&D-Kämpfen sehr häufig Miniaturen.
Ich kann den Vorteilen, die Du nennst, nur zustimmen. Bei den Nachteilen sieht es etwas differenzierter aus:
- Miniaturenregeln drängen Spielrunden imho zu bestimmten Szenarien: Kleingefechte in begrenzten Arealen.
- andere Szenarien sind kaum oder gar nicht machbar, das sind Szenen mit vielen Beteiligen oder großen Geschwindigkeiten (Verfolgunsjadgen mit Schiesserei?) oder großer Ungleichförmigkeit in den Entfernungen.
Der Großteil der Kämpfe findet zumindest in Fantasyrollenspielen als Kleingefecht in begrenzten Arealen statt, egal, ob Dungeon, Burg, Schiff oder Waldlichtung. Die Auswahl der Kampfszenerien hat sich in unserer Gruppe von der Zeit VOR Miniaturenkämpfen (AD&D) bis in die Zeit MIT Miniaturenkämpfen (D&D) nicht verlagert. So oder so - Kleingefechte in begrenzten Arealen herrschen vor.
Sollte allerdings eine Verfolgungsjagd oder eine Schlacht oder ähnliches anstehen, lassen wir auch mal die Miniaturen weg. Ebenso bei Kurzgefechten, in denen die Taktik unwichtig ist. Da die Regeln Miniaturen NUR NAHE legen, ist es möglich, auch ohne Miniaturen zu spielen - und diese Möglichkeit wird in ebensolchen Situationen ausgiebig genutzt.
- Die Kämpfe dauern länger als wenn man sie Erzählerisch abhandelt.
Bei taktisch anspruchsvollen Gefechten (und das sind solche, in denen die Miniaturen genutzt werden - siehe oben) kürzt das Miniaturenspiel nebst Battlemap die Irritation des gemeinsamen Vorstellungsraum bedeutend ab. Ansonsten stehen immer wieder pro Runde und pro Spieler Aussagen wie "Wo steht er noch einmal? Ach so, dann mache ich natürlich was anderes" im Raum. Ich habe den Eindruck, dass wir bei Gefechten mit Miniaturen eher Zeit gewinnen als verlieren.
- Die Aktionen der Figuren sind arg begrenzt (Kästchen,Hexfelder), man bekommt kein organisches Spielgefühl für seinen Charakter, ausserdem sind die Szenarien meisst 2D, die dritte Dimension kann nicht völlig genutzt werden.
Aus diesem Grund spiele ich auch lieber Zollstock-Warhammer als Table-Top-Spiele mit Feldern. Allerdings fällt das m.E. beim Rollenspiel nicht so stark ins Gewicht, da die Kästchen eine ausreichende Näherung an eine echte Bewegung bieten, die ich ohne Kästchen und Felder rein erzählerisch auch nicht genauer beschreiben könnte.
Das 2D-Problem sehe ich weniger: Auf einer laminierten Battlemap mit Boardmarker kann man problemlos Erhebungen darstellen, außerdem zeigt die Erfahrung, dass auch ohne Miniaturen die meisten Gefechtsterrains als flach beschrieben werden.
- es KANN die Atmosphäre und/oder die Phantasie kaputt machen (alberne figuren vor Augen, Kästchen, niemand beschreibt etwas, keine Intime Rede usw..).
Stimme ich Dir voll und ganz zu. Wenn wir die Battlemap benutzen, zoomen wir aus den Charakteren raus. Inludibunde Rede findet kaum statt, sondern v.a. exludibunde taktische Überlegungen. Das kann für manche störend sein, uns persönlich macht diese "Stiländerung" keine Probleme.
- das Gefühl des Chaos im Kampf geht verloren.
Hmm... schwierig. Man hat natürlich kein solch chaotisches Gefühl wie ohne Miniaturen, aber das Chaos, das ich ohne MIniaturen habe, ist nicht das Chaos, das ich will.
Chaos im Kampf bedeutet: Schnelle Aktionen, schnelle Positionswechsel, Krachen und Donnern, das die Konzentration stört, der Zwang zu schnellen Entscheidungen, Unübersichtlichkeit durch die VIELZAHL der zu verarbeitenden Eindrücke.
Chaos ohne Miniaturen bedeutet: Langsame Aktionen durch häufiges Nachfragen, Positionswechsel unklar, Vorstellungsraumdiskussionen, die die Konzentration stören, langsame Entscheidungen, Unübersichtlichkeit durch MANGEL an zu verarbeitenden Eindrücken (nämlich nur SL-Erzählung).
Mein Ratschlag für den, der Chaos will: Miniaturen benutzen und jedem Spieler genau 10 Sekunden geben, seine Aktion anzusagen.
Alles betrifft natürlich nur TAKTISCHE Kämpfe. Wer Kämpfe lieber ERZÄHLERISCH abhandeln will, wird sowieso mit taktischen Regelwerken wie D&D keine große Freude haben.
Es grüßt
Grimnir
EDIT: Rechtschreibung