Autor Thema: Abgründe des Menschseins  (Gelesen 30258 mal)

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Offline Fredi der Elch

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Abgründe des Menschseins
« am: 2.04.2008 | 12:16 »
Ich möchte mal für Abgründe im Rollenspiel plädieren. Für Abgründe und gegen "Das geht gar nicht", "das ist krank" und "DU bist krank". Ist mir einfach mal ein Bedürfnis.

Ich bin Erzählspieler. Ich möchte interessante Geschichten erzählen. Aber mehr noch, ich möchte alle Facetten des Menschseins beleuchten. Und dabei möchte ich nicht bei "Abenteuern" Schluss machen. Die sind eine mögliche Art von Geschichten, aber eben nicht alles.

Um es mal in Filmen zu sagen: Ich mögchte nicht nur "Stirb langsam" und "Herr der Ringe". Ich möchte auch "Vom Winde verweht", "Casablanca", "Panic Room", "Schindlers Liste", "City of God", "Falling Down" und "8 mm".

Ich will Protagonisten, die
- unschuldig sind und erwachsen werden
- das Richtige tun und Fehler machen
- von der Situation zum Äußersten getrieben werden
- schreckliche Dinge tun und diese bereuen - oder auch nicht
- irgedwie mit ihrem Leben fertig werden oder daran zerbrechen
- sich mit sich und ihren Problemen auseinandersetzen
- gute Argumente für ihre Grausamkeiten haben
- als Menschen beginnen und zu Monstern werden
- als Monster beginnen und sich ihre Menschlichkeit erkämpfen
- dabei grandios siegen oder grandios scheitern

Dazu gehört für mich auch, sich mit den Abgründen des Menschseins zu befassen. Wenn ich mich mit den Mitläufern der Nazizeit befassen will, muss ich mich mit den Gräueltaten befassen. Wie konnte ein liebender Familienvater jemals Menschen vergasen? Zur Beantwortung der Frage im Spiel muss ich mich mit den Abgründen befassen und die Spannung aushalten, die sich zwischen Abscheu und Verständnis aufbaut. Eben die Spannung, ein Mensch zu sein.

Und das Gleiche gilt auch für Ganggewalt, Geschlechterrollen und Sex, Liebe, Verrat, Folter für die Nationale Sicherheit, auf den Strich gehen, um das eigene Kind durchzubringen, ... Jede Menge menschlicher Themen. Unangenehme Themen. Und dennoch bringt es mir eine gewisse Befriedigung, mich mit diesen Themen zu befassen. Genau so, wie "Schindlers Liste" einem etwas gibt, auch wenn man danach nicht unbedingt zum Feiern aufgelegt ist.

Und wer das "krank" und "geschmacklos" findet, und mich "in seinem Hobby" nicht haben will, der sollte mal bei Shakespeare anfangen und sich langsam durch die Weltliteratur arbeiten. Da gibt es aus der Perspektive einige "entartete Kunst", die es sich zu verbrennen lohnt.


----
EDIT:
So, der Thread ist wirklich lang und ausufernd geworden. Ich kann es keinem verübeln, wenn er das nicht alles lesen will. Also schreibe ich mein Fazit einfach auch hier hin. ;D Natürlich kann man gerne alles lesen um zu sehen, wie es dazu gekommen ist. Und mein Fazit dann auf Seite 6 lesen. :)

Ich wiederhole einfach mein Fazit:
Phantasie ist Phantasie. Und wenn die nichts mit der Realität zu tun hat (wie das beim Rollenspielen in mehr als 99,99% der Fälle gegeben ist), sind die Phantasien harmlos und schaden niemandem. Damit sind sie völlig in Ordnung, denn meine Ethik fußt darauf, dass nur das schlecht ist, was anderen schadet. Also, um es nochmal zu wiederholen:

Und damit mein Fazit zum Thema: Wenn jemand Vergewaltigungsphantasien im Rollenspiel auslebt, dann kann ich das eklig finden. Ich muss nicht mit ihm spielen wollen. Ich kann ihn auch unsympatisch finden. Whatever. Aber moralisch verurteilen darf ich ihn nicht. Denn damit macht man sich derselben Scheuklappenmentalität schuldig wie die BADD-Leute.

Und dann hänge ich noch ein schönes Medley von Vermi als Fazit dran (jaja, das hätten wir schon früher haben können...):

„Wenn Ihr etwas nicht versteht, dann muss es doch nicht auch gleich falsch sein.“

Der Punkt ist, dass es hier um Fiktion geht. Eine Phantasie ist niemals unrecht, solange der Mensch, der diese Phantasie hat, sich von ihr nicht verleiten lässt, die moralischen Maßstäbe seines realen Handelns zu verschieben. Die Gedanken sind frei.

Das Darstellen und Rezipieren solcher Phantasien, die als solche niemals Unrecht sein können, kann nach meinem moralischen Verständnis seierseits nur Unrecht sein, wenn andere Menschen dadurch in einem schützenswerten Gut beeinträchtigt werden. Das ist nun wiederum im Einzelfall äußerst differenziert zu betrachten.

Ich denke einfach, man sollte ehrlich urteilen, statt zu verurteilen, und man sollte sich hüten, am Maßstab einer willkürlich festgelegten Sittlichkeit zu messen, die letztlich Ausdruck einer verlogenen Doppelmoral ist, statt an echten, reflektierten Maßstäben von Anstand und Moral. Man sollte keine vorschnellen Schlüsse ziehen und nichts unterstellen, sondern nachfragen. Man sollte nicht verallgemeinern und es sich nicht zu einfach machen, sondern differenziert betrachten - oder eben zugeben, dass man sich kein Urteil erlauben kann.

« Letzte Änderung: 3.04.2008 | 14:10 von Fredi der Elch »
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Zitat von: 1of3
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Offline Tantalos

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #1 am: 2.04.2008 | 12:19 »
Aber es muss für Dich auch ok sein, wenn Dir ein Mitspieler sagt: "Ich möchte mich nicht beim Rollenspiel mit Folter, Vergewaltigung und Massenvernichtung auseinander setzen."
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Offline Fredi der Elch

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #2 am: 2.04.2008 | 12:24 »
Aber es muss für Dich auch ok sein, wenn Dir ein Mitspieler sagt: "Ich möchte mich nicht beim Rollenspiel mit Folter, Vergewaltigung und Massenvernichtung auseinander setzen."
Das ist natürlich klar. Ich gehe hier davon aus, dass a) alle Spieler volljährig sind und b) sie in der Lage sind zu sagen, wenn etwas ihnen zu viel wird. Und dann wird natürlich gestoppt und entweder ganz was anderes gemacht oder etwas abgeschwächt oder einfach nicht detailliert erzählt oder... So halt.
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Zitat von: 1of3
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Offline Wawoozle

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #3 am: 2.04.2008 | 12:33 »
 :d
Ihr wollt doch alle den Nachtisch zuerst !

Offline Joerg.D

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #4 am: 2.04.2008 | 12:39 »
Fredi hat nirgendwo geschrieben, das es nicht für ihn OK ist, wenn Leute anders sind. Das steht hier auch gar nicht zur Debatte.

Er erläutert, warum er solche Spiele mag und was ihn an der Thematik faziniert. Er gibt Beispiele, was für erfolgreiche Filme sich mit den Thematiken befassen und was für Klassiker im Buchhandel das ebenfalls machen.

Es ist wie mit den Filmen und Büchern:
Wenn man sie nicht mag soll man nicht reingehen. Aber jemanden zu verurteilen, der es macht, das ist nicht unbedingt die feine Art.
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Boni

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #5 am: 2.04.2008 | 12:40 »

oliof

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #6 am: 2.04.2008 | 12:41 »
Ist das hier der Tanelorn Redemption Thread?

Auf jeden Fall hat Fredi recht. Und Jörg auch.

Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #7 am: 2.04.2008 | 12:42 »
Ich sehe das wie der Elch, aber auch wie J:Jack.
Diese Art des Spielens ist anstrengend, sehr anstrengend, aber es gibt einem auch viel. Genug um zu rechtfertigen, dass man in den Abgrund blickt.

Kraftvolle Geschichten drehen sich um Menschen in all ihren Facetten, sei es nun im Film, in der Literatur oder im Theater. Und natürlich will ich das auch im Rollenspiel. Allerdings muss ich dazu sagen, dass es bei mir extrem darauf ankommt, in welcher Stimmung ich bin und mit welchen Mitspielern ich es zu tun habe. Bestimmte Tiefen kann man nur mit bestimmten Menschen ausloten.

Joe Dizzy

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #8 am: 2.04.2008 | 12:43 »
Ein packendes Rollenspielerlebnis bedeutet für viele Leute, dass sie über ihre Verbindung zum eigenen Charakter gepackt werden. Was der Charakter erlebt, erleidet und tut; wird durch den Spieler mit-erlebt, mit-erleidet und mit-getan.

Man kann jedoch auch sehr packendes Rollenspiel erleben, weil das Gesamtbild einen mitnimmt. Man kann es Setting, Story oder Fiktion nennen. Es muss nicht immer die Kopplung an den Gemütszustand des Charakters sein, die einen mitreißt. Wenn man daran Gefallen findet, dann spricht wenig dagegen sich Situationen und Inhalte zu bedienen, die nicht bequem und angenehm sind.

Dass jedoch gerade dieser Punkt schon mal wie das Rollenspiel-äquivalent zum Torture-Porn in Filmen wie Saw oder Hostel verstanden wird, ist ein Problem dass sowohl in der Darstellung durch diese Rollenspieler als auch in der engstirnigen, moralischen Entrüstung ihrer Kritiker liegt.

Offline Tantalos

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #9 am: 2.04.2008 | 12:46 »
Ist das hier der Tanelorn Redemption Thread?

Könntest Du diese Aussage mal näher erläutern? Ihr Sinn entzieht sich mir.

Zitat
Dass jedoch gerade dieser Punkt schon mal wie das Rollenspiel-äquivalent zum Torture-Porn in Filmen wie Saw oder Hostel verstanden wird, ist ein Problem dass sowohl in der Darstellung durch diese Rollenspieler als auch in der engstirnigen, moralischen Entrüstung ihrer Kritiker liegt.
Die Frage stellt sich, ob man sich mit der Thematik beschäftigt, sozusagen mal die Seiten beleuchtet und auch mal über den Tellerand blickt oder nur in der Qual anderer wälzt und sich darin erfreut. Sprich, ob man sich damit auseinandersetzt oder daran ergötzt
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Wolf Sturmklinge

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #10 am: 2.04.2008 | 13:00 »
Fredi:
Ist es dabei egal ob Du diese Dinge als Spieler machst oder als SL?

Als Spieler käme es mir nicht in den Sinn zu Vergewaltigen, Kinder zu verletzen oder ähnliches. Ich bin kein Friedensbringer und habe meine Mitmenschen hin und wieder übel zugerichtet, aber in meinen Augen war ich da immer auf der richtigen Seite. Und so handhabe ich es als Spieler, ich spiele entweder Helden oder halbböse Schurken, die aber immer noch Skrupel haben.

Als SL habe ich diese Skrupel nicht, wobei ich auch hier auf Vergewaltigungs-Szenen und Kindesmisshandlung nur beiläufig eingehen würde und es nur als besonders grausiges Stilmittel einsetzen würde.

Online Vash the stampede

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #11 am: 2.04.2008 | 13:14 »
...
Als Spieler käme es mir nicht in den Sinn zu Vergewaltigen, Kinder zu verletzen oder ähnliches. Ich bin kein Friedensbringer und habe meine Mitmenschen hin und wieder übel zugerichtet, aber in meinen Augen war ich da immer auf der richtigen Seite. Und so handhabe ich es als Spieler, ich spiele entweder Helden oder halbböse Schurken, die aber immer noch Skrupel haben.
...

Auf der richtigen Seite. Und wer definiert die?

Ansonsten stimme ich Fredi zu. Und Jörg. Und Kathy. Und J:Jack. :d
Machen
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Ich sitze im Bus der Behinderten und Begabten und ich sitze gern darin.

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #12 am: 2.04.2008 | 13:17 »
Ich habe für mich Grenzen, die ich nicht überschreiten will. Moralisch ambivalente Charaktere sind ok. Charaktere mit dem Standpunkt "der Zweck heiligt die Mittel" sind ok. Charaktere für die das Mittel zum Selbstzweck gerät nicht.

Meines Erachtens lassen sich moralische Dilemmata auch darstellen, ohne dass man als Spieler zum Äußersten greift.

Natürlich dürfen andere Spieler das anders sehen.
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Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #13 am: 2.04.2008 | 13:20 »
Fredi wenn Du jetzt noch in München wohnen würdest, hättest Du einen Mitspieler mehr.  >;D
It almost seems like the old spirit of the night, from my childhood has gone missing.

"Play the spirit of the game, not the rules"  
-Robin D. Laws

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #14 am: 2.04.2008 | 13:25 »
Meines Erachtens lassen sich moralische Dilemmata auch darstellen, ohne dass man als Spieler zum Äußersten greift.
Es kommt eben drauf an, was für eine Art von Kampagne (oder im falle von PtA: Serie) Du spielst.

Und wenn alle Charaktere Gangmitglieder in einer Favela in Rio De Janeiro sind, dann kommen eben harte Situationen dabei raus.
Für so jemanden ist es eben kein moralisches Dilemma, ob man einen reichen Touristen beklaut - das gehört wahrscheinlich sogar zum guten Ton. Um da in ein moralisches Dilemma zu geraten, sind schon schwerere Gecshütze erforderlich.

Wenn man kein Spiel mit einer derartig "harten" Thematik betreiben will, ist das natürlich verständlich.

Offline Crimson King

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #15 am: 2.04.2008 | 13:33 »
Ich gebe an der Stelle zu, dass "das Äußerste" sich für jeden anders definiert ist und deshalb als Begriff hier nicht taucht. :)

Wahrscheinlich sind Grausamkeit gegen Unschuldige und Vergewaltigungen das einzige, das für mich wirklich jenseits der Grenze ist. Um das rauszufinden, müsste ich die Grenzen aber erstmal ausloten. >;D
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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #16 am: 2.04.2008 | 13:38 »
Ja, wenn alle Erwachsen (und das auch Geistig ) sind kann ich Fredi nichts als Zustimmen.
Even if you win the Rat race, you´re still a Rat

oliof

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #17 am: 2.04.2008 | 13:41 »
JJ: Nach der peinlichen Implosion der Frauen/Männer und Verbieten Threads ist dieser hier hoffentlich auch weiterhin sinnstiftend.

Und ganz klar: Die Abgründe der Menschlichkeit kann ich nur mit Leuten ausloten, die mich dabei halten. Schließlich will ich nur einen Blick reinwerfen in diesen Abgrund, mich nicht reinbegeben.

Crimson KING: Diese Grenzen werden in bestimmten Spielen als "Lines & Veils" (Grenzen und Schleiern) bezeichnet, zum Beispiel bei der Shab Al-Hiri Schabe: Man legt fest, was nicht vorkommen soll (lines) und was nicht ausgespielt werden soll (veils). Das gehört gerade bei "abgründigen" Spielen zur Vorbereitung, und ist genauso wichtig wie z.B. die Charaktererschaffung. (Und im Zweifelsfall sind sie auch von Spielabend zu Spielabend anpassbar).

Offline Crimson King

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #18 am: 2.04.2008 | 13:43 »
Gibt es da Links zum einlesen?
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wjassula

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #19 am: 2.04.2008 | 13:49 »
Ist ja voll öde, dass hier alle nur zustimmen. Ich mach mal den hier:  :gasmaskerly:.

1. Fredi, du willst dich doch hier nur als Künschtler aufspielen, gib´s zu. Nur Spaß haben beim Rollenspiel geht natürlich nicht, man muss sich voll tiefgründig als Große-Themen-Behandler inszenieren, damit man sich von den Dungeoncrawlern abgrenzt. Wenn man dann noch doller Rollenspiel-Autor is, kann man gleich noch sein Indie-Spiel bewerben, weil´s total tiefsinnig ist. Rollenspiele für echte Kerle fordern aber klare Leistung und nicht son Hirnwichs. Du bist Deutschland, Alter - von Sozpäds beherrscht, von Leistungsverweigerern und Elitefeinden zerlabert. Du musst endlich erwachen!

2. Wie abgestumpft und verkommen muss man eintlich sein, hömma, dass einem nix mehr Spaß macht als Kinder vergewaltigen und Leichen schänden? Du tust doch nur so, als ginge es dir um ganz wichtige Behandlung - eigentlich findest du´s doch geil, gibs zu. Du kranke Sau.

3. Mein gesundes Volksempfinden schreit da auf. Sowas ist doch krank. Und überhaupt, wir müssen doch dringend mehr 14jährige für die Bewegung, äh - das Hobby, begeistern. Was, wenn das die Eltern mitkriegen, mit den Favela-Kindernutten und so? Rollenspiel hat eh schon schlechte Presse, und dabei wollen wir doch ein Teil des Gesellschaft sein, menno. Wir sollten lieber angekettete Babes von Orks besabbern lassen, während im Hintergrund Drachen Feuer speien. Das hält die Mehrheit für normal - verdammt, das IST normal. Unser schönes Hoby soll sauberer werden.

Jetzt fällt dir nix mehr ein, ne?

Offline Gaukelmeister

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #20 am: 2.04.2008 | 14:02 »
Und wer das "krank" und "geschmacklos" findet, und mich "in seinem Hobby" nicht haben will, der sollte mal bei Shakespeare anfangen und sich langsam durch die Weltliteratur arbeiten. Da gibt es aus der Perspektive einige "entartete Kunst", die es sich zu verbrennen lohnt.

Hier gehen einige Dinge zusammen, die man unterscheiden kann und mMn auch unterscheiden sollte. Jemanden von etwas auszuschließen oder Verbote auszusprechen halte ich grundsätzlich für problematisch. (Was nicht ausschließt, dass man im Einzelfall gute Argumente für ein Verbot vorbringen kann.) Aber das hindert mich nicht daran, manche Filme, Romane, Performances etc. geschmacklos zu finden.

Ansonsten gehöre ich zu den Weicheiern, denen ausgedehnte und ins Detail gehende Folter-, Vergewaltigungs-, Missbrauchsszenen etc. zu sehr aufs Gemüt schlagen. Das ist schon in Filmen so. Beim Rollenspiel lege ich da auch keinen Wert drauf. Für mich wäre also weniger die Frage, ob die Abgründe thematisch werden, sondern wie sie es werden. Den Hinweis auf Spiele, die genau dies vorweg klären, nehme ich dankbar auf und werde mich beizeiten fortbilden.
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oliof

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #21 am: 2.04.2008 | 14:06 »
Ha, da würde ich ja meinen Ruf als Theorie-Hansel stärken.

"Lines and Veils" kommt tatsächlich aus Ron Edwards' (ha!) Sex and Sorcerer – ist also schon alt. Tatsächlich ist es nicht mehr als die Diskussion, was man im Spiel nicht haben und nicht sehen will. Ist gar keine Magie, für die man lustige Abkürzungen kennen muß.

Zu intensivem/abründigem Spiel such doch mal nach "I will not abandon you" und "nobody gets hurt" – das war Anfang 2006 oder so, leider nicht schön gebündelt, weil post-forge-Theorie. Ein kurzer Überblick hier. Und dann gibts noch Überlegungen zu dangerous play. Vielleicht sind auch Dieser Artikel über Intimität und dieser Artikel interessant.

Hab ich jetzt nach Georgios keine eigene Meinung, die aber jeder hören soll?
 

oliof

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #22 am: 2.04.2008 | 14:07 »
Jasper: 4 von 5 Punkten für den Stil, aber Du hast das magische Wort "Speiseröhre" vergessen.

Offline Dirk

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #23 am: 2.04.2008 | 14:09 »
Das mit den "Lines" und "Veils" stammt, oder ist zumindest dort zum ersten mal richtig vollständig erläutert, aus Ron Edwards "Sex and Sorcery". Nur damit keine Missverständnisse aufkommen und alle interessierten Leute plötzlich in der Schabe (Shab-al-hiri-Roach) nachschauen und dann dort nicht ausreichend informiert werden...

Ansonsten: ein open disclaimer dem ich hundertprozentig zustimme!

MfG
Dirk

edit: crosspost mit oliof
Erdmännchen finde ich schon echt putzig!

Aber Koks ist einfach nicht meine Droge.

oliof

  • Gast
Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #24 am: 2.04.2008 | 14:12 »
Und hier ein RPG Net-Artikel, der auch nochmal auf lines & veils aus Sex and Sorcerer eingeht. Da gehts zwar nur um Geschlechterrollen und Geschlechtsleben (ha!), aber auf andere Themen läßt sich das problemlos übertragen.

EDIT: Der Titel Sex & Sorcery ist übrigens, wie der unsterbliche Hetzer es gesagt hat, Etikettenschwindel: Darum geht es mehr um Geschlechterrollen als um Sex – letzterer ist dann nur konsequenterweise auch Bestandteil der Betrachtung.
« Letzte Änderung: 2.04.2008 | 14:16 von oliof »