Autor Thema: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!  (Gelesen 8477 mal)

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wjassula

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[DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« am: 9.06.2008 | 10:30 »
So, wir haben in der Teamspeak-Runde mit Fredi, Al´rik und Gastspieler Transmission King (als Ersatz für "Ich kann an keinem Termin außer diesem und da kann ich diese Woche auch nicht, bäh!" - Caynreth) Dogs in the Vineyard gespielt. Es war furchtbar langweilig. Nachdem Fredi und ich uns nach der Runde noch ein bisschen angespuckt und an den Haaren gezogen haben (Kissenschlacht folgt auf dem Berlin-Treffen), hab ich mal überlegt, woran es liegt.

Town war dieses: Es steht keine Kirche da, weil die Bewohner lieber Medikamente kaufen, für kranke Kinder. Schuld ist eine Heilerfrau. Wir hin zu der Ollen und gesagt: Lass Medikamente, kauf Kirche. Sie: Nö. Wir: Menno, mach doch mal nicht, na gut, wir kommen wieder. (Beiseite): Die ist bestimmt ne Hexe! Alle Kinder auf Teufelsmale untersucht, bingo, alle voll mit Leberflecken in Dämonenform. Wir Bewohner zusammengerufen und gesagt: Tötet Hexe. Bewohner: Zöger, zauder. Wir: Erschießen Zögerer&Zauderer. Bewohner: Zünden Hexenhütte an. Hexe: Kommt raus und schimpft. Fanatisierter Bewohner: Erschießt Hexe. Keine Abenteuerpunkte.

So. Meine Ansicht war ja: Hä, wieso. Ich bin ein von Kindheit an gehirngewaschener Mormone, der seine sexuellen Spannungen durch Glaubenseifer kompensiert. Wie soll ich mich denn da sonst verhalten? Ja, hieß es dann, moser moser, du darft ja gar nicht den Charakter spielen, es geht ja um deine Enscheidung als Spieler, das sind doch voll die moralischen Konflikte, und wenn du denen immer ausweichst, dann bist du wohl innerlich unreif und quälst auch kleine Tiere.

Dagegen setzt der überlegene Verstand (meiner) zweierlei:

1. In dem Spiel wird man ständig mechanisch belohnt, wenn seine Ansichten mit Gewalt durchsetzt. Boni gibt´s für Draufhauen und Schießen und für Traits einsetzen, die zum Charakter gehören. Genau das hab ich gemacht. Theoretisch nimmt man ja Fallout aka "innerliche Seelenqualen", wenn man was Böses (also was Mormonen für Gut halten) macht. Spielte aber bei uns keine Rolle, da kriegte man halt blutig Nasen oder so.

Irgendwie hing nach dem Spiel so unausgesprochen die  Erwartung in der Luft, dass ich als "reifer Spieler" ja irgendwie hätte voll geschockt sein müssen von dem Bösen, das mein Tschar tat, und der Verlockung der Würfelboni gerade hätte widerstehen müssen, so nach dem Motto: Die Welt ist schlecht, aber das macht mich krank und ich widerstehe der Versuchung, die die Regeln mit bieten. Naja. Abgesehen davon, dass ich das für ein Spiel, das allem Anschein nach Religion irgendwie kritisch gegenübersteht, eine ziemlich tranige protestantische Moral finde - wie doof ist das denn? Ich dachte, Vince Baker ist der tolle Oberdesigner, bei dem die Rules mattern, das es nur so kracht. Aber das ist doch, als würde man D&D spielen und dürfte dann nix umbringen mit seinem Megaschlachtenhammerhalborkkrieger. Funktioniert aber nicht.

Vince Baker: Hähä, bist du doof. Haste die Regeln befolgt, du armer gehirngeschädigter Untermensch. Ja, merkste selber jetzt, dass du dadurch voll böse wirst, ne? Wenn die Regeln sagen, spring ausm Fenster, denn machste das auch, ne? Denk mal über dein Verhältnis zu Autorität nach, mein Lieber! Das ist nämlich voll der Kommentar darauf, wie Rollenspieler immer alles an die Regeln deligieren. Ich hab´s übrigens durchschaut, wollt ich nur mal so sagen.

Ich (in Vincent Bakers Fantasie): Schauder! Graus! So hab ich das ja noch nie betrachtet! Dieses Spiel hat mir die Augen geöffnet! Ich kann nie wieder DSA spielen, ich muss erstmal mein Verhältnis zu Religion und allen Wertvorstellungen überdenken! Danke, Bruder!

Vince Baker: Ja, nee, macht ja nix, ne? Gern geschehen. Ich bin halt schlauer als die meisten, kann ich nix für, sind die Gene. Nicht Gott. Die Gene.

Ja, Pustekuchen.

Ich (in der Realität) Gähn.

Gähn ist dabei kurz für: Mann Vincent, mit dem gleichen Argument könnte man auch FATAL als tolles Regeldesign anpreisen. Und überhaupt, deine moralische Überheblichkeit kannst du dir an den Hut stecken. Abgesehen davon, dass es schon ziemlich armselig wäre, wenn ich mich von Rollenspielen erziehen lassen müsste, haben sich andere Menschen nicht erst im fortgeschrittenen Erwachsenenalter von ihrer religiösen Herkunft befreit. Wäre doch gut, wenn wir nicht alle deine Traumata durchleben müssten, hm?

Womit wir bei Punkt zwei wären. Also, Punkt zwei:

In diesem Spiel gibt es für mich überhaupt keine moralische Entscheidung zu fällen. Nehmen wir mal an, ich stelle mich als Spieler sozusagen hinter diesen Charakter und erlebe so voll die Spannung zwischen dieser fiktiven Welt und meinen eigenen Maßstäben. Oki.

Spielleiter: Gut, ihr verlasst die Mormonenausbildungsstätte und...

Ich: Sobald die Ausbildungsstätte außer Sicht ist, reite ich immer weiter nach Osten, bis ich im zivilisierten Amerika ankomme. Ich verkaufe mein Pferd und meine Bibel, streiche das Konzept "Sünde" aus meinem Kopf und beschäftige mich mit Wichtigerem. Irgendwas, egal was.

Wenn wir ganz ehrlich sind, gibt es in diesem Spiel überhaupt keine Entscheidung zu fällen, und schon gar keine irgendwie tiefsinnige oder erschütternde. Ist doch klar, was man hier als Spieler "erkennen" soll und was mit dem Tschar passieren kann. Mich wundert am allermeisten, wie es dieses Spiel geschafft hat, sich als irgendwie herausfordernd und tiefsinnig zu verkaufen. Das hat die kitschige Moral eines Michael Ende-Buchs: Religion böse, Autorität (Regeln!) böse, Spaß böse, Nachdenken und mit dem Herzen sehen doppelplusgut! Kann man auch gleich was spielen, wo man überrascht wird, während ein Computer das Dogs-Spielen übernimmt:

10 TSCHAR BLEIBT RELIGIÖS ODER LÄSST RELIGION HINTER SICH
20 GOTO 10

So, und jetzt hoffe ich, dass alles, was da oben steht, Bullshit ist, und mit mal jemand erklärt, wie das Spiel richtig geht. Ich hab das falsch verstanden, oder? Wie geht das denn jetzt eigentlich?




Ein

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #1 am: 9.06.2008 | 10:46 »
Schön mal eine ehrliche Meinung zum Spiel zu hören. ;)

wjassula

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #2 am: 9.06.2008 | 10:51 »
Jaja, ok. Aber ich meine das bei allem Sarkasmus schon ernst: Wie funktioniert es denn nun richtig? Tipps, bitte. Muss ich da was anders machen? Haben wir da irgendwelche Regeln nicht beachtet? Ich will dem Spiel ernsthaft noch eine Chance geben, bin also für Augenöffner dankbar.

Offline Settembrini

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #3 am: 9.06.2008 | 11:01 »
Das Beste, was jeh dazu in diesem Forum geschrieben wurde.

EDIT: Waren die Teufelsmale da, weil ihr sie vermutet habt, oder waren die wirklich vorgesehen? Gibt ja da verschiedene Lesarten, wie man das leitet.
« Letzte Änderung: 9.06.2008 | 11:07 von Settembrini »
caveat lusor, sie befinden sich in einer Gelben Zone - Der PESA RHD warnt!

Abenteuerpunkt. das fanzine des autorenkollektivs.
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Joe Dizzy

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #4 am: 9.06.2008 | 11:11 »
Ja, hieß es dann, moser moser, du darft ja gar nicht den Charakter spielen, es geht ja um deine Enscheidung als Spieler, das sind doch voll die moralischen Konflikte, und wenn du denen immer ausweichst, dann bist du wohl innerlich unreif und quälst auch kleine Tiere.

Unsinn. Man spielt seinen Charakter, so wie man es für angemessen hält und bis er zu weit geht. Erst wenn man die Trennung zwischen "der Charakter würde X tun" und "der Spieler findet X aber so richtig scheiße" erreicht, tritt der moralische Konflikt auf.

In dem Spiel wird man ständig mechanisch belohnt, wenn seine Ansichten mit Gewalt durchsetzt. Boni gibt´s für Draufhauen und Schießen und für Traits einsetzen, die zum Charakter gehören. Genau das hab ich gemacht. Theoretisch nimmt man ja Fallout aka "innerliche Seelenqualen", wenn man was Böses (also was Mormonen für Gut halten) macht. Spielte aber bei uns keine Rolle, da kriegte man halt blutig Nasen oder so.

Nun gut. Wer für die Story spielen will, dem sollte die Story schon wichtig sein. Sonst knödelt das ganze eher so vor sich hin. :P

Aber mal im Ernst. Eine der wichtigsten Regeln bei DitV ist wie ich finde, dass die Raises etwas sind, was der Gegenüber nicht einfach so ignorieren/wegstecken kann. Darin versteckt ist die Idee, dass man genug Mitgefühl mit den Charakteren und der Situation hat, um halt nicht alles zu akzeptieren, so lange es Erfolge bringt. Damit das überhaupt passieren kann, muss man - wie bei einem Film - in das ganze "emotional investiert" sein. (Wobei ich das "muss" nur auf die rein regeldesign-ebene beziehe. Da steckt keine moralische Forderung hinter oder so.)

Vince Baker: Hähä, bist du doof. Haste die Regeln befolgt, du armer gehirngeschädigter Untermensch. Ja, merkste selber jetzt, dass du dadurch voll böse wirst, ne? Wenn die Regeln sagen, spring ausm Fenster, denn machste das auch, ne? Denk mal über dein Verhältnis zu Autorität nach, mein Lieber! Das ist nämlich voll der Kommentar darauf, wie Rollenspieler immer alles an die Regeln deligieren. Ich hab´s übrigens durchschaut, wollt ich nur mal so sagen.

Ich sage das ohne jegliche Ironie, aber ich finde es wirklich spannend, wie verschiedene Leute den Kern des Spiels bzw. die Wirkung der Regeln anders deuten. Unter diesem Gesichtspunkt hätte ich das ganze nämlich gar nicht gesehen. Eher als ein Rollenspiel, in dem die Geschichte dermassen mit (zum Teil nicht unterhaltsamer) Gewalt durchzogen ist, dass man damit differenzierter umgeht.

Aber ich bin nicht der Meinung, dass man durch das Spiel etwas "lernen" soll. Man erspielt halt eine Geschichte, in der Gewalt (oder halt Religion, jeder was ihm gefällt) etwas komplexer als in anderen Rollenspielen benutzt wird. Ich sehe den Unterschied in etwa vergleichbar mit dem zwischen einem geilen Actionfilm und einem Drama über Großstadtgewalt. Es liefert halt ein anderes Spielerlebnis, das sich vor allem in der Story unterscheidet.

Man "reift" nicht am Spiel. Man spielt nur ein Spiel, dessen Story andere Schwerpunkte setzt. Das ist nur deshalb so ein tolles Design, weil es diese Art von Story unterstützt. Es ist nicht deshalb ein tolles Design, weil der Designer damit irgendeine plumpe Moralvorstellung auf irgendwelche Spieler drängt. Vor allem weil der moralische Rahmen doch eh nur von den Spielern in der Gruppe gemacht wird, die Ursprünge dafür in den Regeln zu suchen, kann ich nicht nachempfinden.
« Letzte Änderung: 9.06.2008 | 11:13 von Georgios »

oliof

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #5 am: 9.06.2008 | 11:41 »
Ich wuerd ja sagen: Dogs "kann" am ersten Abend nur eingeschränkt funktionieren. Da muss man ein bisschen 'kalibrieren', bis die spannenden Fragen aufkommen. Ist halt ein System für Kampagnenspiel. Da gibts auch Tipps zu, wie man das richtig macht, sogar im Buch!

Und ja: Die Regeln belohnen Gewalt, aber Gewalt ist auch immer gefährlich.

Ich war ja nun nicht dabei, deswegen kann ich weder sagen, was ihr "falsch" gemacht habt, oder ob es schlichtweg ein Spiel ist, das nichts für Euch ist.

Tatsächlich interessiert mich, wie die Siedlung aufgeschrieben war, incl. der Frage nach den Leberflecken.

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #6 am: 9.06.2008 | 11:48 »
Und ich wünschte immer noch, ich könnte so witzig wie du schreiben, Jasper. ~;D

Edit: Um noch mal was Konstruktives zu schreiben: Meine ursprünglichen Lobeshymnen über Dogs halte ich so auch nicht mehr aufrecht, habe mich von dem schön geschriebenen Buch etwas blenden lassen. Ganz gar so schlecht ist es dann aber auch wieder nicht, finde ich, also jedenfalls inhaltlich/konzeptionell, Konflikte und Fallout als Design überzeugen mich aber aucn nicht (mehr).
« Letzte Änderung: 9.06.2008 | 11:52 von Lord Verminaard »
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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #7 am: 9.06.2008 | 11:56 »
Ach ja, und ganz wichtig, deswegen fieses Doppelpost zur Hervorhebung: „Ich spiele so, wie ich rate, dass das Spiel von mir will, dass ich spiele“ ist immer scheiße. Echt jetzt mal.

Wenn die Beschreibungen der Landschaft und der Wummen bei dir nichts auslösen, kannste Dogs vergessen.
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wjassula

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #8 am: 9.06.2008 | 12:36 »
Zitat
Ich sehe den Unterschied in etwa vergleichbar mit dem zwischen einem geilen Actionfilm und einem Drama über Großstadtgewalt.

Okay. Sowas in der Art hatte ich mir auch erhofft. Und mit PtA habe ich sowas auch schon als Rollenspiel erlebt, inklusive der "Urgs, ist das fies"-Momente. Ich kann und mag also so spielen, und meine Mitspieler auch. Gerade darum hat es mich ja so überrascht und enttäuscht, dass es mit Dogs gar nicht ging.

Ist auch eine interessante Frage, wo da die Unterschiede sind. Bei PtA habe ich nicht das Gefühl, dass ich zur Identifikation mit dem Charakter aufgerufen bin. Ich betrachte ihn eher wirklich wie eine Figur in einer Fernsehserie, deren Entwicklung ich beeinflussen kann, indem ich sie in schwierige Sitautionen bringe. Das Überaschungspotential kommt aus der Beteiligung der Mitspieler und aus der mechanischen Auflösung. Das Figurenensemble entwickelt sich tatsächlich unvorhergesehen, ich bin aber trotzdem emotional beteiligt - eben wie ein Zuschauer bei einer sehr guten Serie.

Bei Dogs fühlte ich mich eher zur Identifikation mit der Figur gedrängt (was anderes kann ich ja nicht kontrollieren) - zugleich sehe ich aber gar nicht, wie ich mit dieser Figur was interessantes machen soll. Es gibt keine mechanischen Anreize, irgendwie eine Geschichte um Richtig und Falsch zu erzeugen. A propos:

Zitat
Die Regeln belohnen Gewalt, aber Gewalt ist auch immer gefährlich.

Das habe ich nicht gemerkt. In welcher Hinsicht?

Aber weiter im Text:

Zitat
Erst wenn man die Trennung zwischen "der Charakter würde X tun" und "der Spieler findet X aber so richtig scheiße"

Zitat
Darin versteckt ist die Idee, dass man genug Mitgefühl mit den Charakteren und der Situation hat, um halt nicht alles zu akzeptieren, so lange es Erfolge bringt.

Zitat
Wer für die Story spielen will, dem sollte die Story schon wichtig sein. Sonst knödelt das ganze eher so vor sich hin.


Dieses selbdritt bringt mein Unbehagen an dem Spiel ziemlich deutlich auf den Punkt, wie ich oben ja ausführlich erläutert habe. Das passt doch alles nicht zusammen. Einerseits wird davon ausgegangen, dass mein Charakter irgendwie unabhängig von mir existiert und sich verhält - sonst käme die angesprochene Spannung zwischen "mir" und "ihm" ja gar nicht auf. Die Regeln eröffnen gewisse Möglichkeiten und steuern das Spiel in eine bestimmte Richtung - ich bekomme Vorteile für bestimmte Handlungen. Diesen Regelsatz darf ich aber gerade nicht benutzen, weil das Spiel sonst schnell öde wird, sprich: die Tschars voll krass alles wegballern, ohne dass sich ihnen etwas in den Weg stellt. Wenn ich von dem Spiel was haben will, muss ich mich dieser Mechanik verweigern, also sagen: "Ich könnte jetzt zwar X machen - tue ich aber nicht, weil mir als Spieler das zu krass ist und ich so jemanden nicht verkörpern möchte."

Mein erstes Problem damit ist, dass ich diese Entscheidung schon treffen kann, bevor das Spiel überhaupt los geht. Dass ein religiöser Fanatiker, der mit komplexen zwischenmenschlichen Problemen konfrontiert wird, im günstigsten Fall die Beschränktheit seiner Weltsicht erkennt und im schlechtesten zum Monster wird, ist doch trivial. Da muss ich doch keinen ganzen Spielabend drangeben, um das zu erkennen.

Problem zwei, und das finde ich viel interessanter, wenn man den Ruf des Spiels bedenkt: Das ist doch übelstes DSA-Stimmungsspiel. "Mein Elf hat spitze Ohren und mag keine Zwerge" ist genau so starr wie "Mein Dog ist ständig im Konflikt zwischen seiner religiösen Erziehung und Problemen, die sich mit diesen Instrumenten nicht lösen lassen." Interessant könte es sein, wenn das Spiel Mechaniken bieten würde, mit denen sich dieser Konflikt entwickeln und auflösen lassen würde. Aber das passiert ja nicht! Mein Spielerlebnis deckt sich mit dem, was ich in diesem Thread höre. Ich als Spieler muss halt irgendwann (als ob irgendwann nicht sofort wäre, aber ok) entscheiden, dass es jetzt reicht und dass der Charakter sich ändert. Es gibt dafür keinerlei mechanische Abstützung, ergo bin aufgefordert mich erst darin zu suhlen, wie verblendet und fanatisch mein Dog ist, und dann gefühlig auszuspielen, wie er sich bekehrt.

Das sind doch des Kaisers neue Kleider - das Spiel hat gar nichts an. Ich bestätige nur im Spielverlauf die Moral, die ich und alle anderen sowieso schon haben - "Heijei, jetzt machen wir was Böses" (zwinker, zwinker)..."und noch böser" (zwinker, zwinker)...na, ist schon halb zehn, jetzt muss mal die Erlösung kommen (mit -Zwinkern - aufhör). Die Moral, die behauptet wird, könnte doch flacher nicht sein und die angeblichen Erkenntnisse sind gar keine. Man erzählt sich halt gegenseitig so vor, was man so falsch findet. Schlimm ist, dass es ein paar Stunden dauert.

Zitat
Ist halt ein System für Kampagnenspiel. Da gibts auch Tipps zu, wie man das richtig macht, sogar im Buch!

Ok, das könnte ich mir noch vorstellen. Erst tief fallen, dann dramatische Veränderungen. Aber Voraussetzung wäre auch da wieder, dass es Mechaniken gäbe, die eine wirklich unvorhergesehene Veränderung am Charakter erzeugen. Wenn ich einfach nur selber irgendwann sage: So, jetzt reicht´s - dann kann ich mir das Spielen sparen, ich weiß das doch alles vorher schon.

Ich gebe gerne zu, dass das vielleicht auch alles nur an mir liegt, dass mir das Thema Religion eh nicht liegt usw. Da ich bisher aber immer angenommen habe, dass thematisches Rollenspiel mir Spaß macht und das Dogs in diese Schiene gehört, war ich jetzt doch arg überrascht - gerade weil ich überhaupt nicht erkennen konnte, wo hier thematische Entscheidungen gefragt sind. Ich möchte ehrlich wissen, was euch an Dogs Spaß gemacht hat, damit ich eine Vorstellung davon bekomme, wie das Spiel anders funktionieren könnte. Vermi, vielleicht hast du recht und das ist nix für mich. Aber eine PtA-Serie vor dem gleichen Background kann ich mir sehr gut vorstellen. Es geht mir hier um das Spiel, die Mechanik, die Regeln - nicht den Hintergrund.

@Hexenmale/Leberflecke: Die haben wir uns ausgedacht. ich war auch überrascht, weil ich dachte, da kommt ein Konflikt, aber wir haben gesagt, da wären welche und dann waren da welche. Na, was sollten wir da machen.



Offline Dirk

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #9 am: 9.06.2008 | 13:09 »
Ich stimme Harald voll und ganz zu. Und Georgious prinzipiell auch.

Aber!

Es gibt kein besseres Rollenspiel um Anfängern das Rollenspiel zu zeigen! Auch wenn das dann nur ein Oneshot ist und damit die eigentlichen charakterinternen Konflikte (nämlich die Infragestellung voran gegangenen -möglicherweise mit Waffengewalt erzeugten und "verhandelten" - Entscheidungen) nicht vorkommen. Ich weise dann am Ende darauf hin was jetzt folgen müsste: Konflikte die sich ähneln, deren Prinzip gleich ist und bei denen möglicherweise nur die Wichtung etwas anders ausfällt. Dann sollen sie sich mal entscheiden! Aber? Ähm? Hast du dich in der vorletzten Stadt nicht anders entschieden? Da hast du doch gesagt:"Natürlich ist die Todesstrafe immer gerecht und gut!" Und jetzt meinst du dass wir dieses Arschloch am Leben lassen sollen? Erklär das mal?!

Die Stadt die ich dafür benutze ist diese: High Rockton und die ist eine Goldgrube für dieses Spiel. Îch habe diese Stadt jetzt ca. 20 mal gespielt! Die "Lösungen" sind bisher enorm vielfälltig ausgefallen. So vielfälltig wie es auch moralische Entscheidungen für die Probleme der Stadt gibt. Einige Spieler bevorzugen die Krachervariante: alles mit Gewalt und vielen Spielboni lösen zu wollen. Ich lasse den oder die machen (noch nie hat das die ganze Gruppe versucht), erschießen sie jetzt diese eingebildete, 15-jährige, kleine Zicke, nur weil die nicht mit der Sprache herausrückt, oder nicht? Mir, als SL ist das egal! Dem Dorf, den anderen Charakteren und der späteren Geschichte definitiv nicht! ICh hatte zwei mal den Fall, dass sich die Gruppe deswegen mehr als handfest in den Haaren hatte. Und das wurde genial duch die Konfliktlösung veranschaulicht, begleitet und geleitet.

@Jasper: vergiss diesen moralischen Lobeshymnenballast den DitV so gerne attributiert wird. Spiele es als Paladin-Mormonen-Kurz-Kampagne, mit ein paar schönen Städten und ich versichere Dir dass Du Spaß haben wirst. Selbst als sexuell unterdrückter durch und durch Mormone, der alles durch Gewalt lösen will. Irgendwann tauchen die intra motivierten Fragen auf. Nicht von alleine. Aber wenn Du dich im Setting ein wenig bewegt hast und Du emotional ein wenig investiert hast. (Auch einen solchen SC wie deinem dürfte es nicht am Arsch vorbei gehen wenn er ein Kind zusammenschklägt oder erschießt, er sei denn es ist ein Psychopath - nur ist es dann ein ganz anderes Spiel!)

Ich glaube ihr hattet Pech mit eurer Stadt und Pech mit den Erwartungen.

Ach ja: die Schwachstelle von Dogs ist die Balance. Nach nur einem Abend sind die Dogs so stark, dass sie schon beim nächsten mal nicht so oft eskalieren müssen. Das steigert sich natürlich und so wird die Idee die hinter dem Eskalieren steckt immer bedeutungsloser. Dem kann man ein wenig entgegen wirken aber das Problem wird nur verschoben.

Auf einem Treffen können wir das ja gerne mal spielen.

MfG
Dirk
« Letzte Änderung: 9.06.2008 | 13:13 von Dirk »
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Offline Dirk

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #10 am: 9.06.2008 | 13:24 »
Deine Banalitätsgeschichte verstehe ich nicht. Wie Du das erklärst ist alles banal!

Welche Mittel benutzt dein Dog um seine Ansichten durchzusetzen? Mit deen richtigen Städten wird dann deine getroffene Wahl in Frage gestellt und dadurch oftmals auch die Essenz deines Charakters. Da liegt unteranderem eine mögliche Moral. Und diese Entwicklung ist alles andere als banal.

Es geht nicht darum es aufzuzeigen und zu sagen:"Jetzt bin ich besonders böse um nachher das Gute/Richtige in mir siegen zu lassen um aufzuzeigen wie schlecht ich und diese Religion ist!" sondern einen moralisch stark durch seine Umwelt aufgeladenen Charakter Entscheidungen treffen zu lassen, die er möglicherweise später in Frage stellt.

Das muss nicht an Religion fest gemacht werden. Bei mir kam das Thema Religion nur als Setting-Ding auf. Du siehst das, glaube ich, etwas zu streng.

MfG
Dirk
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Offline Boba Fett

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #11 am: 9.06.2008 | 14:11 »
Ich kenne Dogs nicht im Detail, kann daher nichts über die DitV-Mechaniken sagen,
aber hier mal ein paar ein paar Meinungen zu dem oben genannten Spielerfahrungsbericht.

1. In meinen Augen gabs keinen wirklichen inneren Konflikt für den Charakter.
Die Hexe war eine Hexe war eine Hexe. Also wurde sie verbrannt und gut ist. Wozu hatte sie sonst rote Haare...
Will sagen: Die Situation war so eindeutig (zumindestens geschildert), dass daraus kaum ein innerer Konflikt erwächst
oder er war so subtil, dass er also solcher nicht erkannt wurde.
Dementsprechend wurde scheinbar nicht geliefert, was bestellt wurde.

2. Schwarzweißdenken
Zitat
10 TSCHAR BLEIBT RELIGIÖS ODER LÄSST RELIGION HINTER SICH
20 GOTO 10
Ja was ist denn wenn C religiös bleibt.
Oder wenn er die Religion hinter sich lässt.
Und warum gibt es nur diese zwei scheinbaren Extreme?
Vor allem: Wieso gibt es nur diese beiden sehr langweiligen stereotypen Extreme?
Kann sich ein Dog nicht auch mal seinen Dogmen widersetzen und Dog bleiben?
Oder dem Extremismus abschwören aber trotzdem seinen Glauben behalten?
Das schwierige Problem ist: Extremisten haben keine inneren Konflikte!
Das schließt sich nämlich gegenseitig aus.
Wer innere Konflike zum Inhalt machen will, darf also keinen Extremisten spielen.
Außerdem ist Glauben kein binärer Zustand der nur zwischen zwei Extrempolen schwankt.
Zwischen "gläubig fanatisch" und "Atheist, der den Glauben kategorisch verneint" liegen unendlich viele Zustände.

Wenn ein Dog überhaupt mit inneren Konflikten ausgesattet wird, dann doch nur, wenn er kein idiotischer Dogmatiker ist,
der nur schwarz und weiß kennt. Er muß erkennen, dass etwas mit seinen Dogmen nicht stimmt,
aber er muß trotzdem an seinem Glauben festhalten. Dann kann er versuchen, auszulegen, wie man bestimmte Dogmen interpretiert. 
Innere Konflikte entstehen dann, wenn er in Situationen gerät, wo er entweder seinen Dogmen zuwiderhandeln muss,
weil es seiner Überzeugung entspricht, oder er seinen Dogmen folgen muss, was total gegen seinem Verständnis von richtig und falsch geht. Und das funktioniert nur, wenn seine Moral den ihm antrainierten Dogmen widerspricht.
Und wenn die Situation darauf zugeschnitten ist.
Für einen totalen Schwarz Weiß Denker gibt es keinen Konflikt und wenn die Situation keinen Widerspruch in sich trägt auch nicht.

Um mal ein klassisches Beispiel zu nehmen:
Im "der Name der Rose" war der Hauptprotagonist "William von Baskerville" (Sean Connery) ein ehemaliger Inquisitor, der irgendwann die reihen der Inquisition verließ. Er gab aber weder seinen Glauben auf, noch verließ er seinen Mönchsorden.
Ebensowenig weigerte er sich, die Vorfälle im Kloster zu untersuchen.
Der Mönch schon sehr weltlich und liberal eingestellt, war aber immer noch fest im Glauben verankert.

Will man einen Dog spielen, der vom Glauben abfällt, dann sollte der Wandel auch ein Fluß sein und kein Lichtschalter "an/aus".
Glauben gibt im Rollenspiel eine Menge Potential für innere Konflikte. Inwiefern das DitV transportieren kann, weiss ich natürlich nicht. :)
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Offline Dirk

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #12 am: 9.06.2008 | 14:17 »
@Boba: Gutes Ding!

MfG
Dirk
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Offline Boba Fett

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #13 am: 9.06.2008 | 14:28 »
@Dirk: Danke! :)

Ich finde Glaube im Rollenspiel sehr interessant, allein durch meinen eigenen Glauben.
Allerdings ist Glaube eben auch äußerst schwierig, insbesondere in unserer sehr atheistisch geprägten Welt,
die meistens nur schwarz/weiß-Betrachtungen erlaubt.
Im Rollenspiel wird das dann übertragen, dass es auch da nur stereotype Charaktere gibt.
Das ist okay, wenn Religion nur eine Nebensache ist.
Wenn es aber zum Hauptelement in den Konflikten wird, muss man dieses Element auch genauer betrachten und wiedergeben.
Das fällt vielen (insbesondere Atheisten) nicht leicht.
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Offline Lord Verminaard

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #14 am: 9.06.2008 | 14:32 »
Auskunftsgemäß ist Dogs übrigens nicht mit Atheisten, sondern mit religiösen Menschen als Zielgruppe geschrieben worden, was vielleicht auch Sinn macht.
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Offline Dirk

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #15 am: 9.06.2008 | 14:45 »
@Vermi: soo religiös aufgeladen habe ich das Spiel nie betrachtet. Vielleicht liegt ja darin das Geheimnis des (bei mir in Halle und Umgebung) Erfolgs. Es gab noch nie einen Spieler dem das Regelsystem nicht gefiel, die meisten waren gerade davon begeistert. Einige meinten dass das nicht ihre Art Rollenspiel (so ohne Extra Kampfsystem und so frei und so "moralisch"...) sei andere dass das Setting sie nicht ansprach aber es gab noch keinen Spieler der keinen Spaß hatte.

Ich habe sie nie explizit gefragt (was ich die nächsten Male nachholen werde) ob sie Atheisten sind. Das war oft meine Annahme.

MfG
Dirk
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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #16 am: 9.06.2008 | 15:39 »
Auch wenn es hier nicht unbedingt passt: im Sommer muss ich ein Praktikum erledigen und habe mir dabei eine JVA ausgesucht um mit den Jungs dort Rollenspiel und MMA zu machen.

Dabei werde ich natürlich auch Dogs (und DnD) spielen. Nicht weil das so moralisch ist, sondern weil es sich so herrlich genial für Einsteiger eignet. Hat da vielleicht jemand einen deutschen Charakterbogen zur Hand? Sonst muss ich mich damit herumschlagen...

@Jasper: vergiss das mit deiner Banalitätsgeschichte. Da habe ich mich verlesen. Es war "trivial" und auch anders gemeint als ich es erst gelesen habe. Gewalt und Gefährlichkeit? Erstens kann man dabei sterben. Zweitens sollte man als SL dafür sorgen können dass die langfristigen Fallouts auch wirklich interessante Mali geben. Und wenn Du jetzt behauptest dass die Dogs eh gewinnen und damit Gewalt nicht gefährlich ist, dann könntest Du Recht haben. Aber zu zweit und alleine hat der Dog keine Chance gegen gute NSC plus den Boni-Würfeln und einem Mob. (Das ist Overkill, wird aber realistisch sein wenn die Dogs durchdrehen, besser, wenn es einer tut.) Einen inneren Konflikt kann man doch gerade mit der Konfliktlösung herrlich angehen...

MfG
Dirk
Erdmännchen finde ich schon echt putzig!

Aber Koks ist einfach nicht meine Droge.

Joe Dizzy

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #17 am: 9.06.2008 | 16:49 »
Dieses selbdritt bringt mein Unbehagen an dem Spiel ziemlich deutlich auf den Punkt, wie ich oben ja ausführlich erläutert habe. Das passt doch alles nicht zusammen.

Natürlich nicht. Sonst hättest du ja auch kein Spannungverhältnis in dem du dich bewegst, sondern einen spielerischen Selbstläufer. Du musst dich als Spieler nicht für irgendwas entscheiden, weil ja eh alles auf eine Lösung hinausläuft.

Einerseits wird davon ausgegangen, dass mein Charakter irgendwie unabhängig von mir existiert und sich verhält - sonst käme die angesprochene Spannung zwischen "mir" und "ihm" ja gar nicht auf. Die Regeln eröffnen gewisse Möglichkeiten und steuern das Spiel in eine bestimmte Richtung - ich bekomme Vorteile für bestimmte Handlungen. Diesen Regelsatz darf ich aber gerade nicht benutzen, weil das Spiel sonst schnell öde wird, sprich: die Tschars voll krass alles wegballern, ohne dass sich ihnen etwas in den Weg stellt. Wenn ich von dem Spiel was haben will, muss ich mich dieser Mechanik verweigern, also sagen: "Ich könnte jetzt zwar X machen - tue ich aber nicht, weil mir als Spieler das zu krass ist und ich so jemanden nicht verkörpern möchte."

Es ist ein offenes Geheimnis (und auch kein Balance-Problem), dass die Dogs alles erreichen können, wenn sie nur genug Gewalt benutzen. Die Grenzen werden allein durch die Fiktion gesetzt. Aber jedoch nicht allein über Realismus oder "Logik der Welt" wie es etwa bei D&D der Fall ist, sondern aufgrund des Wertekanons der Spieler. Die Spieler setzen sich selbst Grenzen. Das steckt ebenfalls in der Regel, dass die Spieler bestimmen können was gemäß des Buch des Lebens "richtig" oder "falsch" ist. Wer es "richtig" findet, dass man für das Stehlen eines Apfels erschossen wird, der wird in einer solchen Aktion bis dorthin eskalieren. Wer es "richtig" findet einen Mann, der seine Frau schlägt nicht zu erschießen, der wird nicht bis zu Feuerwaffen eskalieren.

Konflikte entwickeln sich entlang der Grenzen dessen was der Charakter tun würde und was der Spieler gewillt ist in der Fiktion zu dulden.

Mein erstes Problem damit ist, dass ich diese Entscheidung schon treffen kann, bevor das Spiel überhaupt los geht. Dass ein religiöser Fanatiker, der mit komplexen zwischenmenschlichen Problemen konfrontiert wird, im günstigsten Fall die Beschränktheit seiner Weltsicht erkennt und im schlechtesten zum Monster wird, ist doch trivial. Da muss ich doch keinen ganzen Spielabend drangeben, um das zu erkennen.

Eine solche Einsichts-suche habe ich bei DitV noch nie betrieben, um ehrlich zu sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass so etwas uninteressant ist. PTA lebt sehr stark von der Erforschung des Charakters und dem eventuell eintretenden Wandel, die der Charakter im Spiel durchlebt. Bei DitV würde ich so etwas weniger suchen. Das Spiel lebt für mich vor allem von der spielerischen Aushandlung der ethischen Grenzen der gemeinsamen Fiktion.

Problem zwei, und das finde ich viel interessanter, wenn man den Ruf des Spiels bedenkt: Das ist doch übelstes DSA-Stimmungsspiel. "Mein Elf hat spitze Ohren und mag keine Zwerge" ist genau so starr wie "Mein Dog ist ständig im Konflikt zwischen seiner religiösen Erziehung und Problemen, die sich mit diesen Instrumenten nicht lösen lassen." Interessant könte es sein, wenn das Spiel Mechaniken bieten würde, mit denen sich dieser Konflikt entwickeln und auflösen lassen würde. Aber das passiert ja nicht!

Hmm.. Die Verteufelung des "Stimmungsspiels" ist genauso verfehlt, wie die Verteufelung des Powergamings. Es wird erwiesenermaßen oft und gerne betrieben, womit man ganz einfach akzeptieren muss, dass es Spielern etwas bietet was sie suchen und möchten. Da ist es auch egal, wenn manche dabei das Spiel für die anderen kaputt machen. Das tun schlechte Powergamer auch. Stimmungsspiel - wenn man es als fest stehende Verbindlichkeit der Fiktion versteht - ist reizvoll und kann Spaßsteigernd sein.

Wer aber daran keinen Spaß hat oder kein Interesse, der wird mit DitV oft frustriert sein, würde ich denken. Denn wer sich über die (durch die Spieler gesetzten) richtig/falsch Grenzen in der Fiktion hinwegsetzt, weil sein Charakter nun mal so kaputt ist, dessen Spiel wird ins Leere laufen. Thematische Entscheidung hin oder her. Ich verstehe die Charaktere weniger als Ausrede jede Form von ablehnenswerten Verhalten in der Fiktion zu rechtfertigen, sondern als Einschränkung des Spielers die Dinge zu tun, die er selbst tun würde.

(NACHTRAG: Diese drastische Entgegensetzung von "Charakter-willen" und "Spieler-willen" halte ich selbst eher selten aufrecht, das ist mir meist zu anstrengend. Falls Dogs überhaupt so starke Extreme verlangt, womöglich färbt auch bloß "poison'd" grad ein wenig auf mich ab. ;) )

Mein Spielerlebnis deckt sich mit dem, was ich in diesem Thread höre. Ich als Spieler muss halt irgendwann (als ob irgendwann nicht sofort wäre, aber ok) entscheiden, dass es jetzt reicht und dass der Charakter sich ändert. Das sind doch des Kaisers neue Kleider - das Spiel hat gar nichts an. Ich bestätige nur im Spielverlauf die Moral, die ich und alle anderen sowieso schon haben - "Heijei, jetzt machen wir was Böses" (zwinker, zwinker)..."und noch böser" (zwinker, zwinker)...na, ist schon halb zehn, jetzt muss mal die Erlösung kommen (mit -Zwinkern - aufhör).

Warum änderst du den Charakter, wenn es in der Fiktion keinen Grund dafür gibt? Wenn du einen charakterlichen Wandel spielen willst, dann kannst du das sicherlich tun. Aber es ist - wie du schon sagst - nicht durch die Regeln initiiert. Diese sind vor allem darauf ausgerichtet die Eskalation einer Situation nahezulegen, bis der Spieler einen Schlußstrich zieht. Als Spieler kreist meiner Meinung nach das Spiel allein um die Frage: "Wann gebe ich nach?".
« Letzte Änderung: 9.06.2008 | 17:25 von Georgios »

Offline Lord Verminaard

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #18 am: 9.06.2008 | 17:20 »
Ich wollte noch mal dran erinnern, mag mal jemand die Town posten? (Achtung Denglisch-Alarm.)

Ich tue mich ein bisschen schwer, hier in die Bresche zu springen, weil, mein „Verteidiger der Forge“-Wappenrock hängt noch an dem Nagel, an den ich ihn vor einiger Zeit hängte, und ohne komme ich mir so nackt vor.

(Lass es, Vermi, das ist nicht Jasper-witzig, allenfalls Skyrock-vielleicht-witzig.)
(Schon gut.)

Ernsthaft nochmal: Ein Rollenspiel zu spielen, um da irgendwelche Lehren draus zu ziehen und sich irgendwie persönlichkeitsfortbildend mit tiefschürfenden moralischen, religiösen oder sonstigen Themen auseinander zu setzen, ist mir sowieso ein zu hoher Anspruch. Es soll doch bitte gerne Unterhaltung sein. Mal seichtere und mal anspruchsvollere, aber immer noch Unterhaltung und nicht Selbstfindung oder so. Ich will nicht über Vincents Motive spekulieren, aber ich glaube, du interpretierst da zu viel Sendungsbewusstsein hinein.

Letztendlich ist es doch ganz einfach: Der fiktschonäl Contänt von Dogs spricht dich nicht an. Mormonen-Teenager mit dicken Wummen findest du doof. Vielleicht war auch die Stadt schwach, klingt ein bisschen so. Eine gute Stadt ist ja schon auch irgendwie knifflig, so „wie lösen wir das jetzt so fair wie möglich, ohne dass alle Leute durchdrehen oder wir die Religion abschaffen“. Es darf ja schon das ein oder andere echte Dilemma drinstecken, das sich nicht sofort mit ein bisschen nicht religiös verbrämtem Denken in Wohlgefallen auflöst.
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wjassula

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #19 am: 9.06.2008 | 17:26 »
Tja, hm. Weiß nicht. Ich danke erstmal für die ausführlichen Beiträge und lasse das sacken. Vielleicht gibt es auch gar nichts groß zu erklären und mir hat das Spiel einfach nicht gefallen. Kann ja auch sein.

Offline Dr.Boomslang

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #20 am: 9.06.2008 | 17:38 »
Mich würde mal interessieren wer der SL war. Denn bei Dogs spielt man ja als Spieler einen Dog und nicht ganz "meta" jemanden der irgendwie eine tolle Geschichte kreiert. Damit das ganze dann aber doch so funktioniert muss eben ganz klassisch der Konflikt und die Problematik von außen durch den SL an Spieler wie Charakter herangetragen werden. Dazu hat der SL bei Dogs ja grade eine gute Anleitung, die ihn dabei unterstützt - den SL, nicht die Spieler!
Die Geschichte ergibt sich erst im Zusammenspiel und vom SL, bzw. eigentlich mehr von der Vorbereitung, hängt es in hohem Maße ab ob das ganze als interessante, konfliktreiche Geschichte funktioniert, oder ob es nur ein interessantes Würfelsystem bleibt.

Edit: Außerdem, du hast nicht wirklich den Charakter mit der Entschuldigung "mein Charakter ist halt so" als Arsch gespielt und wunderst dich warum das Spiel nicht funktioniert?! Das funktioniert in keinem auf den Charakter zentrierten System.

Ich sehe das wie Georgios. Die Mechanik selber stellt nur die Frage "Wann gebe ich auf?". Eskalation wird nicht nur belohnt sondern durch Fallout und die Möglichkeit zu sterben auch bestraft. Die Frage ist dann immer ob man bereit ist seinen Charakter durch den Konflikt so stark zu verändern (oder sogar zu töten), nur um das Ziel zu erreichen. Sieht man dieses Ziel (das Ziel der Konflikte) allerdings nur als Aufgabe die es um jeden Preis zu erledigen gilt, dann ist das ganze absurd.
Ideal ist es wenn man einsieht dass es keine richtige "Lösung" gibt (und wenn der SL es so darstellt) und man sich klar macht dass man alles zu irgend einem Preis erreichen könnte, denn dann muss man sich erst selbst fragen was man will und was man dafür in Kauf nimmt. Richtig und Falsch soll durch die Spieler geschaffen werden.

Es gibt natürlich einige Probleme mit dem System, z.B. hängt es stark von den Spielern ab ob Traits ihren Zweck erfüllen und sie etwas interessantes über den Charakter sagen. Manche Sachen mit Fallout verstehe ich auch nicht so ganz.
« Letzte Änderung: 9.06.2008 | 17:57 von Dr.Boomslang »

Pyromancer

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #21 am: 9.06.2008 | 17:49 »
Meiner Erfahrung nach funktioniert Dogs hervorragend, wenn die Spieler einfach ihre Charaktere spielen. Bei der Mini-Kampagne, die ich geleitet habe, waren die Charaktere am Anfang genau so, wie sie laut Regelwerk und Weltbeschreibung sein sollen: Mehr oder weniger ehrliche und anständige Jugendliche, die in einer Welt mit festen Moralvorstellungen aufgewachsen sind und jetzt auf einmal, nach einem 8-Wochen-Crashkurs, für das Wohlergehen ganzer Gemeinden verantwortlich sind.

Und das ist denke ich der Schlüsselpunkt:
Man spielt keine Fanatiker. Man spielt ganz normale Jugendliche, die in einer leicht repressiven Gesellschaft aufgewachsen sind und auf einmal Macht haben - aber auch Verantwortung.

Die Spannung und der Spaß kam dabei immer aus der Frage: Wie bringen wir diese verkorkste Situation in Ordnung, dass die Gemeinschaft hinterher wieder funktioniert, auch wenn wir weiter-reiten. Und aus den unterschiedlichen Ansichten, die die Charaktere dazu hatten.

Die Kampagne war im Grunde genommen "Dogs - das Sozialarbeiter-Rollenspiel". Klar, ab und zu wurde mal jemand erschossen, aber das war eher die Ausnahme als die Regel.

Interessant wurde das Ganze, als ein neuer Spieler in die Gruppe kam und sich einen Fanatiker gebaut hat, mit Traits wie "keine Gnade den Ungläubigen" und "Gott spricht zu mir", ein verzogener kleiner Flegel, dessen Papa einer der Propheten war, mit dicken, goldverzierten Wummen etc. Und so hat der Spieler ihn auch gespielt. Er hat Sünder erschossen, ganze Bevölkerungsteile ins Exil geschickt oder als Strafe den Indianern übergeben und am Ende hat er (ohne dass die anderen Charaktere sich groß gewehrt hätten) eine ganze Stadt dem Hungertod ausgeliefert.
Und am Schluss, als die Dogs an den weinenden Frauen und Kindern aus der Stadt herausreiten nimmt der Spieler als Reflection Fallout das Trait "Vielleicht kann es doch Vergebung geben".
Das war cool, das war ergreifend, das war eine nachvollziehbare Charakterentwicklung und das war nichts anderes, als einfach das Spiel gespielt, ohne viel nachzudenken oder reinzuinterpretieren.

Eulenspiegel

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #22 am: 9.06.2008 | 17:49 »
Also meine Meinung dazu und wieso mir persönlich DitV gefällt.
1) Das Schöne ist, dass sich der Char selber entscheiden kann. - Und egal, für was man sich entscheidet, es ist letztenlich richtig. (bzw. es ist weder falsch noch richtig.)

sehr vereinfachtes Beispiel:
Ein Dieb wurde erwischt, weil er einen Obsthändler mit einem Messer bedrohte und anschließend einen Apfel für seine kranke Schwester stehlen wollte, damit sie nicht verhungert. Der Obsthändler ist jetzt aber selber nicht besonders reich und hatte zudem eine schwere Ernte. Die offizielle Strafe für Diebstahl ist Hand ab. Du darfst dich nun entscheiden: Willst du, dass der Dieb seine Hand verliert? Oder willst du lieber, dass er ungeschoren davon kommt. (Seine heimliche Geliebte plant seinen Ausbruch aus dem Gefängnis und du bekommst davon Wind.)
Egal, für welche Seite du dich entscheidest. - Es ist weder richtig noch falsch. Aber die Würfelmechanik zwingt dich dazu, für eine Seite Stellung zu beziehen und deine Entscheidung zu begründen.

2) Bei sehr hohem FallOut kann es passieren, dass deinem Char negative Konsequenzen widerfahren. Du kannst zwar etwas erreichen, aber dafür riskierst du auch zu sterben.
Du hast also die Wahl: Mein Char ist mir wichtig. Ich gehe auf Nummer Sicher und verliere den Streit.
Oder aber: Der Ausgang des Streits ist mir wichtig. Ich fahre volles Risiko und riskiere das Leben meines Chars, um den Streit zu gewinnen.

Das sind so die beiden Spielmechaniken, die wir bei DitV hatten. - Inwiefern sie vom Autoren geplant waren und inwiefern unser SL (der die Regeln als einziger wirklich kannte) sie sich selber ausgedacht hat, weiß ich jedoch nicht.

Pyromancer

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #23 am: 9.06.2008 | 17:58 »
2) Bei sehr hohem FallOut kann es passieren, dass deinem Char negative Konsequenzen widerfahren. Du kannst zwar etwas erreichen, aber dafür riskierst du auch zu sterben.
Du hast also die Wahl: Mein Char ist mir wichtig. Ich gehe auf Nummer Sicher und verliere den Streit.
Oder aber: Der Ausgang des Streits ist mir wichtig. Ich fahre volles Risiko und riskiere das Leben meines Chars, um den Streit zu gewinnen.

Na ja, wenn mal auf Schußwaffen eskaliert wurde, dann kann es gefährlich werden, vorher nicht. Und so weit kommt es nicht sehr oft. Und davor ist Fallout entweder "Hurra, ich krieg ein Trait dazu" oder "Hmph, setz ich halt eine Runde aus."
In sofern tragen die Regeln nur sehr bedingt zum Spielgeschehen bei - und sind darüber hinaus auch noch ziemlich sperrig.

Dogs ist kein Spiel, in dem die Mechanik die Story trägt (wie das andere Forge-Spiele z.T. tun).

Offline Lord Verminaard

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Re: [DitV]Hilfe, ich kann kein Dogs!
« Antwort #24 am: 9.06.2008 | 19:45 »
Ich frage mich übrigens ernsthaft, wie Dogs-Konflikte über Skype gehen. Also ich muss dabei die Würfel meines Gegenspielers auf dem Tisch liegen sehen...
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