Ich sehe den Unterschied in etwa vergleichbar mit dem zwischen einem geilen Actionfilm und einem Drama über Großstadtgewalt.
Okay. Sowas in der Art hatte ich mir auch erhofft. Und mit PtA habe ich sowas auch schon als Rollenspiel erlebt, inklusive der "Urgs, ist das fies"-Momente. Ich kann und mag also so spielen, und meine Mitspieler auch. Gerade darum hat es mich ja so überrascht und enttäuscht, dass es mit Dogs gar nicht ging.
Ist auch eine interessante Frage, wo da die Unterschiede sind. Bei PtA habe ich nicht das Gefühl, dass ich zur Identifikation mit dem Charakter aufgerufen bin. Ich betrachte ihn eher wirklich wie eine Figur in einer Fernsehserie, deren Entwicklung ich beeinflussen kann, indem ich sie in schwierige Sitautionen bringe. Das Überaschungspotential kommt aus der Beteiligung der Mitspieler und aus der mechanischen Auflösung. Das Figurenensemble entwickelt sich tatsächlich unvorhergesehen, ich bin aber trotzdem emotional beteiligt - eben wie ein Zuschauer bei einer sehr guten Serie.
Bei Dogs fühlte ich mich eher zur Identifikation mit der Figur gedrängt (was anderes kann ich ja nicht kontrollieren) - zugleich sehe ich aber gar nicht, wie ich mit dieser Figur was interessantes machen soll. Es gibt keine mechanischen Anreize, irgendwie eine Geschichte um Richtig und Falsch zu erzeugen. A propos:
Die Regeln belohnen Gewalt, aber Gewalt ist auch immer gefährlich.
Das habe ich nicht gemerkt. In welcher Hinsicht?
Aber weiter im Text:
Erst wenn man die Trennung zwischen "der Charakter würde X tun" und "der Spieler findet X aber so richtig scheiße"
Darin versteckt ist die Idee, dass man genug Mitgefühl mit den Charakteren und der Situation hat, um halt nicht alles zu akzeptieren, so lange es Erfolge bringt.
Wer für die Story spielen will, dem sollte die Story schon wichtig sein. Sonst knödelt das ganze eher so vor sich hin.
Dieses selbdritt bringt mein Unbehagen an dem Spiel ziemlich deutlich auf den Punkt, wie ich oben ja ausführlich erläutert habe. Das passt doch alles nicht zusammen. Einerseits wird davon ausgegangen, dass mein Charakter irgendwie unabhängig von mir existiert und sich verhält - sonst käme die angesprochene Spannung zwischen "mir" und "ihm" ja gar nicht auf. Die Regeln eröffnen gewisse Möglichkeiten und steuern das Spiel in eine bestimmte Richtung - ich bekomme Vorteile für bestimmte Handlungen. Diesen Regelsatz darf ich aber gerade nicht benutzen, weil das Spiel sonst schnell öde wird, sprich: die Tschars voll krass alles wegballern, ohne dass sich ihnen etwas in den Weg stellt. Wenn ich von dem Spiel was haben will, muss ich mich dieser Mechanik verweigern, also sagen: "Ich könnte jetzt zwar X machen - tue ich aber nicht, weil mir als Spieler das zu krass ist und ich so jemanden nicht verkörpern möchte."
Mein erstes Problem damit ist, dass ich diese Entscheidung schon treffen kann, bevor das Spiel überhaupt los geht. Dass ein religiöser Fanatiker, der mit komplexen zwischenmenschlichen Problemen konfrontiert wird, im günstigsten Fall die Beschränktheit seiner Weltsicht erkennt und im schlechtesten zum Monster wird, ist doch trivial. Da muss ich doch keinen ganzen Spielabend drangeben, um das zu erkennen.
Problem zwei, und das finde ich viel interessanter, wenn man den Ruf des Spiels bedenkt: Das ist doch übelstes DSA-Stimmungsspiel. "Mein Elf hat spitze Ohren und mag keine Zwerge" ist genau so starr wie "Mein Dog ist ständig im Konflikt zwischen seiner religiösen Erziehung und Problemen, die sich mit diesen Instrumenten nicht lösen lassen." Interessant könte es sein, wenn das Spiel Mechaniken bieten würde, mit denen sich dieser Konflikt entwickeln und auflösen lassen würde. Aber das passiert ja nicht! Mein Spielerlebnis deckt sich mit dem, was ich in diesem Thread höre. Ich als Spieler muss halt irgendwann (als ob irgendwann nicht sofort wäre, aber ok) entscheiden, dass es jetzt reicht und dass der Charakter sich ändert. Es gibt dafür keinerlei mechanische Abstützung, ergo bin aufgefordert mich erst darin zu suhlen, wie verblendet und fanatisch mein Dog ist, und dann gefühlig auszuspielen, wie er sich bekehrt.
Das sind doch des Kaisers neue Kleider - das Spiel hat gar nichts an. Ich bestätige nur im Spielverlauf die Moral, die ich und alle anderen sowieso schon haben - "Heijei, jetzt machen wir was Böses" (zwinker, zwinker)..."und noch böser" (zwinker, zwinker)...na, ist schon halb zehn, jetzt muss mal die Erlösung kommen (mit -Zwinkern - aufhör). Die Moral, die behauptet wird, könnte doch flacher nicht sein und die angeblichen Erkenntnisse sind gar keine. Man erzählt sich halt gegenseitig so vor, was man so falsch findet. Schlimm ist, dass es ein paar Stunden dauert.
Ist halt ein System für Kampagnenspiel. Da gibts auch Tipps zu, wie man das richtig macht, sogar im Buch!
Ok, das könnte ich mir noch vorstellen. Erst tief fallen, dann dramatische Veränderungen. Aber Voraussetzung wäre auch da wieder, dass es Mechaniken gäbe, die eine wirklich unvorhergesehene Veränderung am Charakter erzeugen. Wenn ich einfach nur selber irgendwann sage: So, jetzt reicht´s - dann kann ich mir das Spielen sparen, ich weiß das doch alles vorher schon.
Ich gebe gerne zu, dass das vielleicht auch alles nur an mir liegt, dass mir das Thema Religion eh nicht liegt usw. Da ich bisher aber immer angenommen habe, dass thematisches Rollenspiel mir Spaß macht und das Dogs in diese Schiene gehört, war ich jetzt doch arg überrascht - gerade weil ich überhaupt nicht erkennen konnte, wo hier thematische Entscheidungen gefragt sind. Ich möchte ehrlich wissen, was euch an Dogs Spaß gemacht hat, damit ich eine Vorstellung davon bekomme, wie das Spiel anders funktionieren könnte. Vermi, vielleicht hast du recht und das ist nix für mich. Aber eine PtA-Serie vor dem gleichen Background kann ich mir sehr gut vorstellen. Es geht mir hier um das Spiel, die Mechanik, die Regeln - nicht den Hintergrund.
@Hexenmale/Leberflecke: Die haben wir uns ausgedacht. ich war auch überrascht, weil ich dachte, da kommt ein Konflikt, aber wir haben gesagt, da wären welche und dann waren da welche. Na, was sollten wir da machen.