Pen & Paper - Spielsysteme > Reign & One-Roll-Engine (ORE)

[Reign] Das Zusammenspiel von Charakter- und Company-Ebene

(1/1)

Lord Verminaard:
Das wesentliche Verkaufsargument, mit dem Reign angepriesen wird, sind ja die Company-Regeln. An diesen ist teilweise kritisiert worden, dass sie nicht hinreichend mit der Charakter-Ebene interagieren, man also quasi zwei Spiele spielt, die keine wirklichen Berührungspunkte haben. Nachdem ich neulich während einer Zugfahrt die Gelegenheit hatte, mir diese Regeln noch mal genau durchzulesen und mit meiner bisherigen Spielerfahrung zu vergleichen, muss ich sagen: Stimmt nicht!

Reign nennt sich „a role-playing game of lords and leaders“, und das ist auch zutreffend. Zunächst ist dabei zu beachten, dass es nicht zwei, sondern drei Ebenen gibt: Charaktere, Mooks, und Companies. Auch auf der Mook-Ebene gibt es im Kampf interessante Varianten: Lässt du dich eher selbst verwunden, oder opferst du eher einen deiner Leute? Durch Command+Inspire kann ggf. der Threat Level der eigenen Gefolgsleute erhöht werden, wenn sie nicht ohnehin motiviert sind. Durch Morale Attacks kann ein Charakter feindliche Mooks in die Flucht schlagen und so das Blatt wenden. Und mehrere Esoteric Disciplines erlauben es dem Befehlshaber, die Effektivität seiner Mooks im Kampf erheblich zu erhöhen (besonders krass jener, durch den der Aufspaltungszwang bei Sets mit mehr als Width 3 aufgehoben wird). Die Company kommt auch hier bereits ins Spiel, da man einerseits aus der Sovereignty ablesen kann, wie motiviert die Mooks sind, und andererseits aus der Might, wie zahlreich und gut ausgerüstet Mooks verfügbar sind.

Zur Company selber zunächst ein bisschen Regel-Auslegung. Was nicht sooo klar im Regelwerk steht, und mir auch anfangs nicht klar war: Die Beispiele zu den Temporary Raises bei den einzelnen Qualities (S. ## ff.[1]) muss man zusammen mit der Tabelle auf S. ##[1] lesen, wo die Boni für Erfolg und Misserfolg von -3d bis +2+MD erläutert sind. Gleichzeitig versteht es sich, dass diese Dinge auf der Charakterebene ausgespielt werden müssen. Wenn ich also für einen Temporary Raise of Might den gegnerischen Befehlshaber am Vorabend der Schlacht ermorden will, dann wird das ausgespielt, und wenn es mir gelingt, schaue ich auf der Tabelle nach und werte das vielleicht als „spectacular coup“, der mir +3d[1] auf den Company Roll gibt. (Ist doch logisch, werden jetzt einige sagen, aber mir ist das wie gesagt erst beim zweiten Mal Lesen aufgegangen.)

Nur ausnahmsweise wird die Tabelle nicht zu Rate gezogen, wenn bei den Temporary Raises bereits Genaueres steht (z.B. der Knowledge+Tactics-Wurf der Befehlshaber in der Schlacht, der dem Sieger stets +1d gibt).

Wenn man bedenkt, dass die Qualities maximal 6 und in der Regel bei SC-Companies eher 1-3 sind, dann erkennt man schnell, dass „Heldentaten“ der Charaktere eminent wichtig sind (im Übrigen können NSCs sowas auch versuchen). Hier zählt Genre-Treue vor Realismus: Das Schwert eines einzelnen Mannes kann das Schicksal von Schlachten wenden, buchstäblich.

Man kann das spielen, indem die Spieler einfach sagen, was sie machen wollen, und der SL dann die Company-Regeln anwendet, aber es hilft schon, wenn die Spieler mit den Regeln vertraut sind und diese selbst im Hinterkopf haben, wenn sie Pläne schmieden. In diesem Zusammenhang gefällt mir auch der Vorschlag im Regelwerk, die Werte der Company festzulegen, indem man jedem Spieler 1-3 Punkte gibt, die er verteilen kann. Dadurch können die Spieler selbst bestimmen, wo die Company ihre Stärken haben soll.

Bei den wichtigen Company-Würfen kann man dann zweigleisig fahren: Einerseits Boni durch Aktionen auf der Charakterebene sammeln, und andererseits auf der Company-Ebene durch Aktionen der Company (sh. „what companies do“, S. xx ff.[1]), die die Werte zusätzlich erhöhen. Ein so wichtiger Company Roll ist wahrscheinlich auch ein dynamischer Konflikt (nämlich, machen wir uns doch nichts vor, eine Schlacht), sodass zwischen den Würfen Zeit für weitere Heldentaten bleibt. Ferner ist zu beachten, dass jede Aktion der Company auch die beteiligten Werte für diesen Monat um 1 senkt. So kann man (auf der Company-Ebene) z.B. auch einen stärkeren Feind zermürben, indem nacheinander mehrere kleinere Companies gegen ihn vorgehen. Es muss nicht zwingend besser sein, sich zusammen zu tun.

Greg Stolze erwähnt dann auf S. xx[1] noch zwei weitere wichtige Anwendungen der Company-Regeln: Zum einen kann man sie als eine Art Zeitraffer verwenden. D.h. über einen Zeitraum von mehreren Monaten passiert vielleicht nichts Wichtiges, aber man bewegt sich da trotzdem nicht im regelfreien Raum, sondern klärt kurz, was die Company in dieser Zeit macht, und würfelt dann eben. Hier bieten sich insbesondere Aktionen an, die den Versuch erlauben, eine Quality dauerhaft zu steigern (z.B. „train and levy troops“ oder „improve the culture“[1]). Diese Würfe werden zwar oft keinen Erfolg haben, sonst wäre es auch zu einfach, aber man kann ja auch mal Glück haben. Man kann auch gegen andere Companies vorgehen (Espionage, Raid etc.), das würde ich in diesem Zusammenhang aber bei Zeitraffer als statischen Konflikt würfeln (= nur ein Wurf).

Zum anderen kann es auch umgekehrt laufen, dass man ein Abenteuer spielt, das seinen Höhepunkt auf der Charakter-Ebene hat, sich vielleicht überhaupt nicht um die Ziele der Company dreht, die Company aber den Charakteren hilft. Der Autor schlägt vor, die Company könne diejenigen Dinge übernehmen, auf die die Spieler keine Lust haben. Du magst keine langen Ermittlungen? Dann nimm eine Company mit hoher Influence, und dein Sekretär besorgt dir alle Infos, die du brauchst, mit einem Fingerschnippen! Und natürlich kann die Company auch Mooks für die Charaktere zum Verheizen abstellen. Wenn die Anführer allerdings die Company zu schamlos für ihre privaten Zwecke missbrauchen, muss man sich irgendwann mal Gedanken über Sovereignty machen.

Zusammenfassend: Die Interaktion zwischen Charakter- und Company-Ebene ist da und ist auch erheblich, aber sie findet nicht von alleine statt, sondern die Spieler müssen sich schon ein bisschen anstrengen, um sie sich zunutze zu machen. Was ich gut finde! :d

   
[1] Muss ich später nachschlagen, da ich das Buch gerade nicht da habe.

oliof:
Hin und wieder vergessen die Leute, dass das Spielgeschehen, also "was die Charaktere tun" eben auch wichtig ist. Wenn man das im Kopf hat, erkennt man die Brücke direkt.

Ansonsten empfehle ich noch einen Blick in die Supplements, eines der ersten hatte qualifizierte Vor- und Nachteile für Companies, die ihnen in gewissen Situationen zustehen, bzw. sie hemmen (in Form von Bonuswürfeln oder eben Abzügen). Ändert nix an dem hier geschriebenen, gibt aber dem SL – bzw. gut informierten Charakteren – nochmal Ansätze, wie genau man gegen eine gegnerische Company vorgibt.

An einer anderen Stelle im Buch wird auch erwähnt, wie die Dynamik zwischen starken und schwachen Charakteren und ihren Companies läuft, ich bin aber auf dem falschen Kontinent, um das schnell nachschlagen zu können.

Joerg.D:
Hm, ich hatte auf wirklich neues gehofft, als Du von der Verbindung der Company Rolls mit dem Rollenspiel geredet hast und das Du es gefunden hast, wie man es besser mach als wir in der alten Runde, wo du es nicht gesehen hast.

Ich lasse ja erst die Gruppe ihre Heldentaten vollbringen (Kämpfen und machen und tun) und würfel anschließend die Company Rolls wobei ich für einen Sieg Champion gegen Champion (Timos Char besiegt den Champion der Atremis) Bonuswürfel vergeben habe und für erfolgreiche Aktionen wie Spionage (Robin hat sich den gegnerischen Palast eingeschlichen und Euch die Türen geöffnet, als er seinen Kampf am, Tor gewonnen hat) einen weiteren Würfel. Dadurch das Der Chef der Atremis dann Timos Charakter umgelegt und den anderen verjagt hat, haben die anschließend einen Bonuswürfel auf die Company Rolls bekommen.

In einem anderen Fall hat Timos Char die Nahrungsmittel der gegnerischen Company verknappt und denen so einen Strafwürfel auf Ihren Zusammenhalt reingewürgt. Martins Charakter einer Company vor dem Überfall besonders potenten Wein gegeben um sie in den frühen Morgenstunden zu überfallen, wo sie alle Strunzbesoffen waren.

Was siehst Du denn jetzt so als Unterschied, oder warum siehst du bei mir den Zusammenhang nicht, den du bei den anderen Sachen erkennst? Für mich ist dies das gleiche in Grün.

Ich häng mal was an, was die Macht und sonstigen Verhältnisse besser verdeutlicht.


[gelöscht durch Administrator]

oliof:
Hey Jörg: Frank sagt doch, dass er es bisher nicht gesehen und jetzt erkannt hat.

Deine Beispiele sind aber sehr schön, weil sie genau zeigen, worum es geht.

Joerg.D:
So, nach nochmaligen Lesen kann ich nur sagen schöne Beschreibung. Ich muss das Ganze einfach mal von meiner Kampagne trennen uns sehen, das es sehr gut für Leute ist, die Reign noch nicht gespielt haben, oder die den Übergang des Rollenspiels zu den Company Rolls bisher nicht gesehen haben.

Ich hoffe mal, das ich die Verkettung deshalb in Zukunft klarer darstellen kann.

Navigation

[0] Themen-Index

Zur normalen Ansicht wechseln