Pen & Paper - Spielsysteme > D&D4E
Sinnhaftigkeit der 4e Preisliste?
Joe Dizzy:
--- Zitat von: Falcon am 28.08.2008 | 20:58 ---Aber du müsstest eben noch klären inwiefern die D&D Regeln als Werkzeug eine Hilfe sind anstatt ein Klotz am Bein, daß es umzukrempeln gilt um nicht aus Versehen in einer WoW Welt zu stehen, bzw inwiefern der "Standard" der Regeln eine vertrauenswürdige Grundlage sind, auf der man sich ausruhen kann.
--- Ende Zitat ---
Weil die Regeln nun mal die Welt nicht für den SL bauen. Der "Standard" ist allein für das Gleichgewicht der Spielressourcen (XP, Gold, Gegenstände, etc.) ausgelegt. Jedoch nicht für eine Spielwelt die einem bestimmten Modell entspricht. Diese Aufgabe übernehmen die Regeln ausdrücklich nicht. Das ist es, was bei OD&D und auch bei 4E, Spaß macht: das Vorstellen und damit Erschaffen einer Fantasiewelt mit ihren Eigenheiten und Besonderheiten. Die Regeln wirken nebenher und stellen lediglich eine Basis auf der man spielen kann.
Das ist auch keine "Transferarbeit". Zumindest nicht im Sinne einer Anpassung um den eigenen Ansprüchen der Spielbarkeit zu genügen. Ich spreche nicht davon, dass man das Regelwerk umschreiben soll, weil man es für die eigene Runde für unspielbar hält. Ich rede davon, dass man die Regeln in seine Spielwelt einfügt; sie in die eigene Vorstellung einfügt. Nicht meine Vorstellung des Settings muss sich den Regeln beugen, sondern die Regeln müssen sich meiner Vorstellung beugen. Das ist nicht nur mein Recht als SL, sondern bei D&D auch meine Pflicht.
Ein D&D-Spieler entscheidet doch auch eigenständig über das Verhalten seines Charakters und legt das nicht in die Hände irgendwelcher Regelwerke oder Hintergrundbücher. Es schlägt bei D&D doch auch niemand in einem Regelwerk nach, ob sein Charakter zuhaut oder wegläuft. Ob er kämpft oder aufgibt. Ob er handelt oder stiehlt. Das sind situationsbedingte Entscheidungen, die ein Spieler von Moment zu Moment fällen muss und an Hand des Wissens dass er über seinen Charakter und die Spielwelt besitzt.
Warum wird hier aber davon ausgegangen, dass der SL seine Welt so leiten soll? Warum soll der SL nachschlagen, würfeln oder Tabellenwerte unverändert benutzen, wenn die Situation das nicht hergibt? Warum soll man das tun? Vor allem wenn so ein Verhalten doch - wie hier immer wieder betont wird - zu einem brettspieligen oder WoW-lastigen Spielerlebnis führt? Das sind die Spielentscheidungen eines SLs bei D&D.
Deshalb ist auch "Vorstellungskraft" und "Einfallsreichtum" unverzichtbar in einem Rollenspiel. Ohne diese geht es nicht. Egal was für ein Rollenspiel man spielt. Ich rede nicht von kreativen Höhenflügen oder intellektuellen Glanzleistungen. Aber wer sich beschriebene Dinge nicht vorstellen kann oder will und eine beschriebene Situation nicht mit eigenen Ideen fortführen und weiterspinnen kann oder will... der spielt kein Rollenspiel. Schon gar nicht D&D.
Thalamus Grondak:
--- Zitat von: Georgios am 28.08.2008 | 21:46 ---Weil die Regeln nun mal die Welt nicht für den SL bauen. Der "Standard" ist allein für das Gleichgewicht der Spielressourcen (XP, Gold, Gegenstände, etc.) ausgelegt. Jedoch nicht für eine Spielwelt die einem bestimmten Modell entspricht. Diese Aufgabe übernehmen die Regeln ausdrücklich nicht. Das ist es, was bei OD&D und auch bei 4E, Spaß macht: das Vorstellen und damit Erschaffen einer Fantasiewelt mit ihren Eigenheiten und Besonderheiten. Die Regeln wirken nebenher und stellen lediglich eine Basis auf der man spielen kann.
--- Ende Zitat ---
Das ist alles soweit richtig, aber wenn das Gleichgewicht der Regeln dem Gleichgewicht der Spielwelt zu sehr widerspricht, dann sollte man doch in Erwägung ziehen, das das Ressourcensystem des Spiels broken ist (das war es bei D&D schon immer). Es gibt keine Welt, nichtmal die ganzen D&D-Welten in dem das Ressourcenmanagment und das Resssourcengleichgewicht der Spielwelt zusammenpassen, und das ist mit D&D4 nicht besser geworden.
Es stellt sich halt schon die Frage was man mit einem System soll, das alles auf Gleichgewicht gemünzt hat, wenn man dann das Ressourcenmanagment über Bord wirft, damit also auch die ganzen Bemühungen des Systems ausgeglichen zu sein.
Falcon:
@Georgios: Ich spiele RPG mit sehr starker Wechselwirkung Regeln<->Spielwelt, deswegen habe ich sowohl mit dem Nebeneinander Probleme, als auch mit dem Einfügen oder Beugen. Das heisst nicht, daß ich richtiger spiele, ich erwarte wahrscheinlich nur mehr von den Regeln.
Deswegen kann ich mit Regeln, die keiner Spielwelt entsprechen auch nur bedingt etwas anfangen. Wie Thalamus sehe ich darin keinen Nutzen.
Diese Spielweltentsprechung muss nicht nach unseren Gesetzen laufen (kann auch wie ein Actionfilm funktionieren und Regeln mit Stuntpunkten oder sowas) aber es muss irgendeine Form von Interpretation möglich sein, damit ich die Regeln ernst nehmen kann. Bei D&D4 ist das nicht immer der Fall. Mein PC funktioniert "so nebenher" auch einwandfrei aber hilft mir nicht bei der Vorstellung und das die Regeln helfen ist das Mindeste, daß ich erwarte. D&D4 spiele ich also aus Anderen Gründen [1]
Wenn es dagegen eine Interpretation auf die Spielwelt gibt, kann ich die Regeln auch so ähnlich nutzen, wie du das tust. Dann, wenn sie modular sind. Mit Savage Worlds geht das Besonders gut, weil es auch nur Bausteine zur Verfügung stellt, die aber alle Spielweltinterpretierbar sind. Mit vielen Regeln von D&D kann ich das auch, aber eben nicht mit Allen. Das sind all die, die man ingorieren muss (du nennst es nebenherwirken) um in der Vorstellung nicht gestört zu werden.
Ich würde eher ein System wechseln als Regeln regelmäßig zu beugen, denn das ist auf jeden Fall Zusatzaufwand, weil es eine Ebene ist, über die ich mir keine Gedanken machen muss, wenn die Regeln alle ihren Zweck erfüllen.
Georgios schrieb:
--- Zitat ---Ich spreche nicht davon, dass man das Regelwerk umschreiben soll, weil man es für die eigene Runde für unspielbar hält. Ich rede davon, dass man die Regeln in seine Spielwelt einfügt; sie in die eigene Vorstellung einfügt. Nicht meine Vorstellung des Settings muss sich den Regeln beugen, sondern die Regeln müssen sich meiner Vorstellung beugen.
--- Ende Zitat ---
Das hört sich ja gut an, aber wo ist der Unterschied zum Beugen gegenüber dem Umschreiben? Von alleine tun die Regeln gar nichts. Das einzige, was einem Beugen gleichkäme, das ich mir vorstellen kann, ist ein Ignorieren, also das nebenher Wirken der Regeln, ohne das es großartig Einfluss auf die Vorstellung hat.
Georgios schrieb:
--- Zitat ---Warum wird hier aber davon ausgegangen, dass der SL seine Welt so leiten soll?
--- Ende Zitat ---
Vermutlich liegt das einfach am Vorhandensein solcher Regeln. Da es keine Regeln gibt wann man angreifen soll MUSS man das selber entscheiden. Der SL hat aber viele Regeln, die er by the book spielen kann (mit allen Konsequenzen). Die Situation ist also eine leicht andere.
Und natürlich gibt es andere Systeme, bei dem ein Spieler wirklich nicht mehr selber entscheiden kann, wann er angreift, auch beim alten D&D (Battle Rage). Und da hinterfragt auch niemand wieso ein Spieler per Mechanismus eine Entscheidung für seinen SC fällt. Jetzt kann man den Spiess umdrehen: Warum sollte der SL nicht so leiten wie es im Buch steht? Das heisst allgemein gesprochen, im Falle von D&D ist der Fall natürlich so daß der SL alle Rechte und Pflichten hat.
Das sind dann auch die Bereiche der goldenen Regel, in der keine Regel mehr wirklich gilt, wenn sie dem SL nicht nutzt. So eine Art Revival, war ja lange still darum.
Man muss dann nämlich auch fragen, ob es überhaupt D&D Regeln gibt, an die sich der SL halten muss. Ich sage ja, konsequenterweise müsste die Aussage von D&D4 des Beugens aber auch beinhalten, daß sich der SL selbst um sowas wie den Grundmechanismus oder die Fähigkeiten der SCs hinwegsetzen kann, wenn es ihm dienlich ist.
[1]
Das tolle an Regeln ist ja, daß sie für alle gelten, deswegen spiele ich auch so. Mit WoW-Stil habe ich prinzipielle keine Probleme und lasse mich drauf ein, das macht Spass, vor Allem wenn man es nicht ganz ernst nimmt. Eben wie ein Spiel. D&D4 Spiele ich NUR weil ich Spass an den Regeln habe, aus keinem anderen Grund. Ausserdem habe ich noch eine andere, zweite Runde.
p.s.:
Georgios schrieb:
--- Zitat ---Aber wer sich beschriebene Dinge nicht vorstellen kann oder will und eine beschriebene Situation nicht mit eigenen Ideen fortführen und weiterspinnen kann oder will... der spielt kein Rollenspiel. Schon gar nicht D&D.
--- Ende Zitat ---
Das ist für mich, wie gesagt, ne andere Hausaddresse. Völlig andere Diskussion. Aber Recht hast du natürlich. Das ist die Basis des Rollenspiels (Wobei ja gerne alles Mögliche als Rollenspiel bezeichnet wird). Die sagt aber nicht aus "Beuge die Regeln deiner Vorstellung", daß ist eine Frage des Spielstils.
Joe Dizzy:
Ich heiße übrigens immer noch Georgios.
--- Zitat von: Falcon am 28.08.2008 | 22:35 ---Das sind all die, die man ingorieren muss (du nennst es nebenherwirken) um in der Vorstellung nicht gestört zu werden.
--- Ende Zitat ---
Nein. Das meine ich überhaupt nicht mit "nebenher wirken". Ich sprach davon, dass die Tabellenwerte (wie etwa die Treasure Parcels) nicht auf ihre Spielwelteinbindung hin formuliert sind, sondern auf die Ressourcenkreisläufe des Spiels. Diese Kreisläufe gehorchen jedoch nicht den gleichen Gesetzmässigkeiten, wie die Dinge, die sie in der Spielwelt darstellen. Das ist das nebenher von dem ich rede. Nehmen wir Gold, zum Beispiel. In den meisten Fantasywelten ist Gold ein edeles und seltenes Metall, welches in großen Massen Reichtum darstellt. Für das Spiel D&D funktioniert es als Spielressource mit der man den Einfluß und die Handlungsmacht der Charaktere verändert. (Bei OD&D sogar noch direkter, da Gold auch Erfahrungspunkte lieferte.) Die Regeln (bzw. Preislisten) bei D&D sind eben nicht darauf ausgelegt, die ökonomischen Verhältnisse der Spielwelt darzulegen. Sie dienen allein dafür dem SL zu zeigen welche Spielressourcen einen flüssigen Spielablauf liefern. In diesem Fall ein Spielablauf, in dem Charaktere regelmässig und parallel zum Levelanstieg im Besitz mächtiger Ausrüstung sind. Der SL muss wissen welche Ressourcen er verteilen muss, um das Spiel flüssig zu halten. Wie die Welt funktioniert, das entscheidet er selbst. Die Regeln schreiben ihm nicht vor, wie er die Situationen im Spiel darstellen soll. Sie sind ganz einfach nicht dafür gemacht.
Wenn ich also von "Beugen" spreche, meine ich damit dass man die Regeln nicht die Spielsituation derart verändern lässt, dass sie keinen Sinn mehr ergibt. Das Argument, dass du die ganze Zeit versuchst einzubringen, ist doch genau das was mit der Aufgabe des SLs bei D&D mehr als ausreichend abgedeckt wird. Es geht nicht darum Regeln zu ignorieren oder sie nicht anzuwenden. Es geht darum ihren Bezug zur Spielsituation anzupassen, je nachdem was die Spielsituation verlangt.
Eine Regel kann keinen "Sinn" ergeben. Das könnte sie nur, wenn sie sich aus der internen Logik der Spielwelt ergeben und legitimieren würde. Wenn also die Regeln die Spielwelt ausdrücken würden. Aber genau das ist die falsche Herangehensweise an 4E. Die Regeln haben Anknüpfpunkte an die Spielwelt, ja. Dieser sollte man sich bedienen um die Regeln fließend in die Spielsituation einzufügen. Der Irrtum besteht darin, diese Anknüpfpunkte als Ausdruck einer Spielweltlogik zu verstehen. Dabei ist es doch gerade so, dass die überlegten Entscheidungen des SLs und seine klare Vorstellung der Spielwelt zwingend braucht, damit die Spielwelt Sinn ergibt. Denn der größte Fehler den man bei 4E machen kann, ist sich nach den Regeln zu richten um seine Spielwelt zu leiten.
Die Regeln bei 4E sind keine Abstraktion einer internen Spielweltlogik. Es sind die Regeln eines Spiels. Die Spielwelt, in die dieses Spiel gebettet werden soll, musst du selbst erschaffen. Der große Unterschied zu einem Brettspiel, wie Monopoly (in dem man ja ebenfalls eine Welt erschaffen kann, in der die Straßen einer großen Stadt alle im Kreis laufen), besteht darin, dass die Regeln sich der Spielwelt unterordnen müssen. Dann erst macht man aus D&D ein Rollenspiel. Erst wenn man die Regeln benutzt um eine Fantasywelt in ein Spiel umzuführen, statt eine Fantasywelt aus den Spielregeln abzuleiten, hat man es mit einem D&D-Rollenspiel zu tun.
Ein:
Damit hier auch noch was sinnvolles geschrieben wird:
--- Zitat ---Sagt mal, diese Treasure parcels, steht da eigentlich drin, dass die Spieler auf einer bestimmten Stufe das Gold in bar bekommen sollen oder kann man den Spielern das "Gold" (im Einklang mit den Spielregeln) auch in Form von magischen Gegenständen zukommen lassen ?
--- Ende Zitat ---
Die treasure parcels sind exakt vorgeschrieben und sehen dann so aus, dass dort für einen Level gesagt wird: x-mal so-und-soviele Euro*, x-mal so-und-soviele Tränke und x magische Gegenstände der Stufen y bis z.
* Gold ist nur die Währungseinheit, mehr nicht.
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