Pen & Paper - Spielsysteme > Fading Suns
Victory Point System
Eulenspiegel:
Da haben sich ja einige Posts angesammelt. Ich werde mal versuchen, sie alle auf einmal zu beantworten.
bzgl. VPS und "W20+Talent"
Man muss zwischen Würfelsystem und Regelsystem unterscheiden.
So haben Fading Suns und Infinity vollkommen unterschiedliche Regeln. Aber sie verwenden beide das gleiche Würfelsystem: Nämlich VPS.
D&D 3.x und D&D4 haben auch vollkommen unterschiedliche Regeln. Aber sie haben beide das gleiche Würfelsystem: Nämlich W20+Talent.
Shadowrun 4 und nWoD haben auch unterschiedliche Regelsysteme. Aber sie haben das gleiche Würfelsystem. Nämlich "variabler Würfelpool mit festem Mindestwurf".
Und da es in diesem Thread nicht um Fading Suns, sondern um VPS ging, habe ich auch nicht Fading Sun mit D&D 3.x verglichen, sondern ich habe VPS mit "W20+Talent" verglichen. (Wobei Infinity und Fadings Suns zwei Beispiele von Regelsystemen wären, die auf VPS aufbauen. Und D&D 3.x und D&D 4 wären zwei Beispiele von Regelsystemen, die auf W20+Talent aufbauen.)
bzgl. Erschwernisse vor dem Würfeln festlegen
Ja, rein theoretisch wird die Erschwernis vor dem Würfeln festgelegt. In der Praxis habe ich jedoch oft erlebt, dass man erstmal würfelt und bloß, wenn das Ergebnis nicht eindeutig ist, fängt man an, die genauen Boni und Mali zu berechnen.
Beispiel 1:
Spieler1: "Ich würfel mal auf Fernkampf. Ich habe Geschicklichkeit 4 und Fernkampf 6. Außerdem besitze ich noch eine gute Waffe, also +1 und nehme mir eine Runde Zeit zum zielen, nochmal +1."
SL: "Das Ziel bewegt sich allerdings, also -1. Außerdem rennt es extra Zickzack, nochmal -1. Und es ist auch auch weit entfernt. Das macht dann nochmal -3."
Spieler1: "Allerdings habe ich ein Zielfernrohr. Das senkt den Malus nochmal um 1. Also nur Entfernungsmalus -2."
SL: "OK, es ist aber auch stockdunkle Nacht (Neumond um genau zus ein), macht -3, dann rennt Spieler2 direkt auf das Ziel zu und ist halb in deiner Schusslinie. Das heißt, das Ziel hat halb Deckung, macht nochmal -2."
Spieler1: "Ich habe ein Infrarot Nachtsichtgerät. Das negiert den Nachtmalus."
Spieler2: "Und ich bin sicherlich nicht so blöd und laufe direkt in der Schusslinie. Ich laufe schon etwas versetzt. Das macht höchstens einen Malus von -1."
SL: "In der Nähe eures Gegners sind zig verschiedene Wärmequellen. Da helfen die Infrarotgeräte nicht wirklich etwas. Außerdem kommt er gerade aus dem Wasser und ist unterkühlt."
Spieler1: "OK, das Infrarotgerät ist vielleicht nicht 100% optimal für diese Bedingung. Aber es hilft mir doch sicherlich, den Malus von -3 auf -2 oder -1 zu drücken."
SL: ...
Und solche Diskussionen werden halt extrem abgekürzt, wenn der Spieler einfach würfelt. Meistens sieht man dem Würfelwurf dann an, ob man getroffen hat oder daneben geschossen hat. Und in den wenigen Fällen, wo der genaue Bonus und Malus dann doch noch eine Rolle spielen, kann sich dann SL und Spieler immernoch überlegen, wie groß der Bonus nun genau ist.
Beispiel 2:
Spieler1 und Spieler2 sind sich uneinig:
Spieler1: "Ich schieße auf Spieler2. Da er halb in Deckung ist, bekomme ich -2 auf meinen Wurf."
Spieler2: "Nichts da, ich bin in Volldeckung. Das macht eine -3."
Spieler1: "Du kannst mich sehen und hast in dieser Runde auf mich geschossen. Das heißt, du kannst höchstens in Halbdeckung sein."
Spieler2: "Ich habe meine freie Aktion zum in Deckung gehen benutzt, das heißt, ich bin Volldeckung."
Spieler1: "Ich benutze aber eine verzögerte Handlung. Das heißt, ich schieße in dem Augenblick, wo du schießt und noch bevor du deine freie Handlung einsetzen kannst."
Spieler2: ...
Und auch hier kann man die Diskussion abkürzen, indem man einfach erstmal würfeln lässt und erst, wenn es auf den 1 Punkt ankommt, nochmal genauer diskutiert.
Beispiel 3:
Der SL schätzt die Erschwernis einfach Pi mal Daumen. ("Das ist ein mittelschwerer Baum, auf den er klettern will: Wenn er eine +5 Probe schafft, dann hat er es geschafft. Wenn er maximal eine +2 Probe schafft, dann hat er es nicht geschafft. Bei +3 und +4 muss ich nochmal genauer nachdenken.")
Erst wenn der Würfelwurf so fällt, dass es wirklich darauf ankommt, muss also der SL genau nachdenken und sich überlegen, wie gut oder schlecht das ganze war.
Alles Beispiele, wo das Spielgeschehen extrem beschleunigt wird, wenn man einfach erstmal würfeln lässt und die genauen Erschwernisse höchstens anschließend erst berechnet. (Nämlich nur dann, wenn sie relevant sind. Ansonsten muss man die Erschwernisse nicht berechnen.)
killedcat:
Lieber Eulenspiegel,
vielen Dank für die ausführliche Antwort. Jetzt verstehe ich das auch, was du mit w20 gemeint hast. Okay. rechnerisch gesehen hast du da vollkommen recht und einige von uns spielen das VPS je bereits als W20-plus-Bonus-gegen-Zielwert-Variante. Ich habe dich hier falsch verstanden und W20 mit dem D20-System gleichgesetzt. Ein Missverständnis.
Nun zu dem eigentlichen Kern:
Ihr würfelt also tatsächlich zuerst und dann erst wird nachgesehen, wie die Umstände sind. Das wäre nichts für mich. Die Gründe möchte ich im Folgenden auflisten.
a) wir spielen ganz anders und ich finde diese Spielweise etwas befremdlich. Okay, das ist kein Argument, nur eine Feststellung. ;)
b) Beim VPS führt das Verrechnen nach dem Wurf aufgrund der Möglichkeit des Akzentuierens zu ganz eigenen Problemen. Entweder müssen Akzente vorher angesagt werden, dann hast du aber Modifikatoren VOR und NACH dem Wurf. Das ist etwas chaotisch. Die Alternative: Akzente werden ebenfalls hinterher angesagt. Das ist völlig ausgeschlossen, da sonst die Akzente so angepasst werden können, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit einen kritischen Erfolg gibt. Ich rate beim VPS dringend davon ab Boni und Mali hinterher abzurechnen, wenn akzentuiert werden soll!
c) Bei Verwendung von Erfolgsgraden sind die exakten Umstände immer bei Erfolgen wichtig. IMMER wenn ich treffe, muss ich den exakten Wert kennen, sonst gehen wichtige Punkte durch die Lappen. Beim VPS gibt es eine Granulierung von 1 bis 3 Punkten. Das ist genau genug, dass jeder einzelne Punkt zählt. Auf jedem Fall im Kampf, meistens auch bei der Anwendung von Fähigkeiten und Zaubern. "So ungefähr +5 Erfolge" kann ja wohl nicht die Antwort auf die Frage nach dem Ergebnis sein, oder?
d) Das Anwenden von Boni und Mali hinterher führt zu weiteren Problemen: so wird, wenn es knapp wird, plötzlich um jeden Punkt geschachert, damit es doch noch reicht. Außerdem (und das schreckt mich als SL besonders ab) bekommt es ein Geschmäckle, wenn ein eigentlich gelungener Wurf vom Spielleiter kaputtkorrigiert wird.
Spieler: "Zielwert 12, ich würfle eine 10. Suuuuper! Das macht dann an Schaden..."
SL: "Moment, der Gegner ist außerordentlich schnell und weicht gut aus. -3 auf den Zielwert. Reicht leider nicht".
Das kommt nicht gut oder der SL muss anpassen.
e) Das Spannungsmoment ist ein ganz anderes, wenn zuerst die Boni und Mali kommen und danach gewürfelt wird. Der Zielwert steht fest, die Umstände sind bekannt. Der Gegner ist schnell und in Deckung. Aber ich habe akzentuiert. Geht meine Rechnung auf? Der Würfel fällt und ... Oooooohh!!! Das ist doch etwas ganz ander als Würfeln und dann ... verhandeln.
f) "Wenn ich das gewusst hätte...". Ich würfle und greife an. Hinterher erfahre ich, dass der Gegner stark gepanzert ist und hinter einer Ecke steht. Aber ich habe schon gewürfelt. Kann ich jetzt noch vom Laser auf die panzerbrechende Gyrojet-Waffe umsteigen? Wenn der Wurf gefallen ist, ist es vorbei (wenn nicht wäre es noch schlimmer). Natürlich sagt ein Spielleiter solche Dinge vorher. Aber welche Informationen sind vorher bekannt, welche werden hinterher als Boni und Mali verhackstückt? Ich persönlich finde das schwammig (siehe Punkt b).
Uff... das war glaube ich eine ausführliche Antwort, warum ich Boni und Mali nicht im Nachhinein verrechnen wollte.
Xemides:
Moin,
ich fasse mich mit meiner Antwort kurz:
In 25 Jahren Rollenspiel und zig verschiedenen Systemen habe ich ein solches Verfahren wie Eulenspiegel es beschreibt noch nie erlebt. Immer, ob Cthulhu, Runequest, Midgard, Fading Suns, DnD, Traveller, DSA, Shadowrun etc. pp. wurden alle Modifikatoren vorher vom SL festgelegt und dann gewürfelt.
Vash the stampede:
--- Zitat von: Xemides am 27.12.2008 | 10:25 ---In 25 Jahren Rollenspiel und zig verschiedenen Systemen habe ich ein solches Verfahren wie Eulenspiegel es beschreibt noch nie erlebt. Immer, ob Cthulhu, Runequest, Midgard, Fading Suns, DnD, Traveller, DSA, Shadowrun etc. pp. wurden alle Modifikatoren vorher vom SL festgelegt und dann gewürfelt.
--- Ende Zitat ---
Wenn auch nicht in 25 Jahren, aber dennoch geht es mir ebenso. Boni und Mali werden genannt, verrechnet und dann wird gewürfelt. Kein nachreichen von Boni oder Mali. Hat bis jetzt immer funktioniert. Und ist in meinen Augen auch dem Spiel zuträglicher.
Und VPS ist sicherlich ein gutes, schnelles System, das man nur für die 3te Edition etwas überarbeiten und von ein paar Kinderkrankheiten entlasten müsste. Wobei das auch settingspezifische Probleme sein könnten. ;)
Enkidi Li Halan (N.A.):
--- Zitat von: Vash the stampede am 27.12.2008 | 11:01 ---Boni und Mali werden genannt, verrechnet und dann wird gewürfelt. Kein nachreichen von Boni oder Mali.
--- Ende Zitat ---
Richtig. Wie bereits erwähnt, so steht es in den Regeln. Boni und Mali werden vor dem Wurf auf den Zielwert angerechnet.
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