Autor Thema: Heldentum im (Fantasy) RPG  (Gelesen 5285 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Feuersänger

  • Stollentroll
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Deadly and Absurdly Handsome
  • Beiträge: 32.997
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Feuersänger
Heldentum im (Fantasy) RPG
« am: 18.09.2008 | 00:00 »
Im ursprünglichen Thread war das Offtopic, aber ich finde, da sollte man drüber reden. Was unterscheidet Hanswurste von Abenteurern und Abenteurer von Helden?

Vorweg, Heldentum hat natürlich etwas mit der Art der Taten zu tun. Wer seine Macht benutzt, um Unschuldige zu schützen und das Böse zu bekämpfen, ist ein Held; wer dagegen nur seine eigenen Interessen verfolgt und sich einen Dreck um Schutzbedürfte schert, wohl kaum. Das soll aber hier nicht Kern der Diskussion sein. Hier geht es eher um die Frage, welche Macht den Charakteren überhaupt gegeben ist, und inwiefern ihr Heldentum von dieser Macht abhängt.

Zitat von: Ayas
Auch dein HeldenTM finde ich persönlich wieder so eine Kiste die man immer wieder hört und die mMn ebenfalls falsch ist. Ich finde es nicht wirklich heldenhaft 100 niedrigstufige Gegner in DnD zu besiegen, da man im Prinzip nie wirklich in Gefahr ist.

Du als Spieler weisst, dass die Helden viel bessere Werte haben und deshalb kaum gefährdet sind, deshalb kommt es dir vor, als würden die "Helden" einem Kleinkind den Lolli wegnehmen. Ingame stellt sich das aber ganz anders dar, weil dort ein Beobachter eben nicht die Werte kennt, sondern nur sieht, dass eine Handvoll Abenteurer eine Übermacht von 100 bösen, brutalen, mordenden und plündernden Orks windelweich drischt. Gerade _weil_ sie das können, sind es Helden in Sperrdruck. Du siehst, dass die PCs Stufe 10 sind und Orks vielleicht Stufe 3, aber diese Information steht ingame keinem auf der Stirn geschrieben und ist einem Bewohner der Welt nicht bekannt. Sähe der Beobachter die Abenteurer dagegen sich an einer geringen Überzahl abmühen und nur mit knapper Not die Oberhand behalten, werden seine Ruhmeshymnen vermutlich etwas verhaltener ausfallen. Vielleicht sind es immer noch Helden, aber eben kleiner geschrieben.
Wenn die Abenteurer jedoch einen solchen Respekt vor einem kleinen Orkverband haben, dass sie einen Kampf aus Angst vor Blessuren wo immer möglich vermeiden, bleibt vom Heldentum nicht mehr viel übrig. Dann sind es eben nur bestenfalls Abenteurer, denen man keinen Strick daraus drehen soll, dass sie sich nicht in ein selbstmörderisches Gefecht stürzen.

Als Beispiel aus der Literatur fällt mir auf Anhieb der Herr der Ringe ein, wo bei der Schlacht um Minas Tirith von Rittern die Rede ist, von denen jeder im Kampf soviel Wert sei wie tausend (oder hundert?) normale Männer. Es sind trotzdem Menschen, sie haben keine übernatürlichen Fähigkeiten und keinen magischen Firlefanz, der sie unverwundbar macht. Für den internen Beobachter sind sie genauso verwundbar wie alle anderen auch, sie können lediglich aufgrund ihrer Erfahrung verdammt gut kämpfen.
Nur ein externer Beobachter, der sich ihre Charakterbögen anschaut, würde sehen, dass sie meinetwegen Level 20 sind und vom gemeinen Mordor-Ork nur mit einer natürlichen 20 überhaupt getroffen werden können, also im Laufe der Schlacht keine allzu große Gefahr laufen, draufzugehen. Helden sind sie trotzdem.

Meine Meinung. Wie seht ihr das?
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat

Eulenspiegel

  • Gast
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #1 am: 18.09.2008 | 00:22 »
Eine kleine Truppe, die sich durch 100e von Orks metzelt?

Das erinnert mich an einige britische Soldaten, die sich durch 100 von Indianer gekämpft haben und siegreich blieben. (Dass die Hälfte der Indianer aus Frauen, Kindern und Greisen bestand, wird im Bericht wohlweißlich verschwiegen.)

Oder es erinnert mich auch daran, wie ein Ritter in Gestechrüstung hoch zu Ross durch einen Bauernhaufen reitet, um einen Bauernaufstand niederzuschlagen.

Wenn einige wenige ohne nennenswerte Verluste eine Überzahl töten, ruft das bei mir eher negative Assoziationen hervor.

Imho ist es eher heldenhaft, wenn der Gegner ungefähr gleichstark ist und man sich eine gute Taktik überlegen muss, um den Feind zu besiegen. (z.B.: Schlacht der goldenen Sporen oder Schlacht am Morgarten oder Schlacht bei Sempach)
Als Helden sehe ich in meinen Augen dann auch eher Leute wie Arnold Winkelfried oder Wilhelm Tell.

Offline Chaos

  • Famous Hero
  • ******
  • Demokrator auf Lebenszeit
  • Beiträge: 3.668
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Chaos
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #2 am: 18.09.2008 | 00:22 »
Wenn ich dich richtig verstehe, ist deines Erachtens ein Held jemand, der etwas tut, das für die, für die er es tun, eine ungemein gefährliche oder hoffnungslos tödliche Aufgabe wäre, richtig?

In dem Fall gebe ich dir recht, dass es nicht darauf ankommt, wie gefährlich die Aufgabe intern oder extern gesehen für den Helden ist. Herkules, der das halbe Dutzend Schlägertypen auseinandernimmt, die ein Dorf terrorisieren, ist in diesem Moment genauso ein Held wie später, wenn er die praktisch unbesiegbare Hydra tötet.

Allerdings wird wahrscheinlich die Sache mit den Schlägertypen sich nicht so weit verbreiten wie die Sache mit der Hydra - die Nachfahren der Dorfbewohner werden sicher noch in Jahrhunderten davon erzählen, dass einst Herkules hier war und ihre Vorfahren gerettet hat, aber ein paar Dörfer weiter erzählt man sich nur von Herkules und der Hydra.

Deswegen sind, auch wenn sie irgendwie gleich heldenhaft sind, gefährlichere Aufgaben irgendwie, na ja, legendärer als weniger gefährliche Aufgaben.
Unordnung = Datenschutz
Was ich nicht finde, das findet auch kein Anderer!

Offline Feuersänger

  • Stollentroll
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Deadly and Absurdly Handsome
  • Beiträge: 32.997
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Feuersänger
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #3 am: 18.09.2008 | 00:47 »
Wenn einige wenige ohne nennenswerte Verluste eine Überzahl töten, ruft das bei mir eher negative Assoziationen hervor.

Da greift wiederum die Fallunterscheidung ganz am Anfang: für wen tut der Charakter das, und warum. Die Motive der britischen Soldaten waren sicher nicht heldenhaft, die der Ritter gegen den Bauernaufstand auch nicht, und so weiter. Da stellt sich die Frage also nicht. Im genannten LOTR-Beispiel suchen die Ritter ja auch kein wehrloses Orkendorf in Nurn heim, sondern kämpfen gegen mordlüsternde Horden, die alles killen was ihnen unter die Klauen kommt.

Vielmehr nehmen hier die Engländer die Rolle der Ork-Krieger ein, und die Indianer die der wehrlosen Dörfler. Da bräuchte man nun eine Heldengruppe, die den Tommies eins auf die Mütze gibt, weil die Indianer es selber nicht können. Im Wesentlichen das, was Chaos subsummiert hat.

Deine Beispiele erinnern mich da grad an ne Strophe aus "Come out ye Black and Tans" - das dürfte wohl etwa treffen, was du meinst:

Come tell us how you slew them auld Arabs two by two
Like the Zulus they had spears and bows and arrows
How you bravely faced each one with your sixteen pounder gun
And you frightened them damn natives to the marrow

Come out ye black and tans, come out and fight me like a man
Show your wife how you won medals down in Flanders
Tell her how the IRA made you run like hell away
from the green and lovely lanes of Killeshandra


Thema Winkelried: Selbstopferung ist ja schön und gut, aber ist im Rollenspielkontext halt doch meistens kein probates Mittel zum Heldenruhm, weil man ja nicht alle 2 Wochen nen neuen Char machen will. ;)
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat

Chiungalla

  • Gast
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #4 am: 18.09.2008 | 01:07 »
Ich denke es kommt auf die Beschreibung der Spielwelt an.

In einer Welt in der es viele Abenteuer mit phantastischen Fähigkeiten und heldenhafter Gesinnung gibt (Forgotten Realms, Earthdawn, u.s.w.) muss man sich halt etwas mehr strecken, um einen Heldenstatus zu bekommen.

In einer Welt wo viele Leute eher egoistisch sind, und Abenteurer eher Fähigkeiten wie jeder Normalsterbliche inne haben, wird sehr viel weniger ausreichen, um ein Held zu werden.

In den Forgotten Realsm wird ja auf jeden Fall bekannt sein, dass es immer mal wieder und recht regelmäßig Heldengruppen gibt, die es alleine mit hunderten Orks aufnehmen, dem entsprechend wird dem vermutlich sehr viel weniger Gewicht beigemessen, als hätte man es auf Yrth getan (Welt von GURPS Banestorm).

Offline Uthruban

  • Bloody Beginner
  • *
  • Boh - ich leuchte!
  • Beiträge: 30
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Uthruban
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #5 am: 18.09.2008 | 01:29 »
Nun, Chiungalla, auch der älteste Theaterbeobachter ist Deiner Meinung: Die Gesinnung ist entscheidend. Das hat auch schon Aristoteles in seiner Poetik festgestellt (vgl. http://www.digbib.org/Aristoteles_384vChr/De_Poetik). Denn inneraventurisch gesehen ist kein Schicksal vorhersehbar: Woher will man wissen, dass die Schmiedin aus dem Nachbardorf in einigen Jahren berühmt sein wird ob ihrer Taten? Helden sind bereits Auserwählte, keine Otto-Normal-Aventurier, aber das müssen sie sich erst erarbeiten. Aristoteles spricht von „sittlicher Größe“ und „hervorragendem Gerechtigkeitsstreben.“ Das ist der Punkt. Je mehr Ansehen ein Aventurier gewinnt, desto heldenhafter wird er. Und wenn über ihn Sagen und Legenden kursieren, die Barden von ihm Lieder singen, dann ist er erst ein Held. Der entscheidende Begriff ist hier der der Fallhöhe. Und für das Rollenspiel gilt: Die Helden muss sich seine Fallhöhe erst erarbeiten: Durch heroische Taten, beispiellosen Mut, Initiative, Wunsch nach Veränderung.
Wenn der geliebte Held dann stirbt, ist das für den Spieler und Aventurien ein herber Verlust - eine Katastrophe - das bewirkt Katharsis.

Liebe Grüße
Uthruban
Besser ein gleichmäßig ungleichmäßiger, als ein ungleichmäßig gleichmäßiger ... Pudding. nach Aristoteles

Offline Adanos

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.819
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Adanos
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #6 am: 18.09.2008 | 01:41 »
Eine Handvoll ausgebildeter Soldaten bzw. hochstufiger Helden gegen eine große Menge Schwertfutter? Passt schon.

Ich denke ein System sollte das zumindest Regeltechnisch ermöglichen, dass die Helden eine ordentliche Chance auf den Sieg haben. Gefährlich wird es für die Helden dann durch den Umstand, dass die zehnfache Menge an Gegnern eben auch theoretisch die zehnfache Menge an Treffern bedeutet, das heisst, es kommt wohl mehr durch. 

Ob man dann diese Situation einsetzt ist einem selbst überlassen. Nimmt man eine Überzahl von nicht ganz unfähigen Gegnern, dann ist es für die Helden wieder weniger leicht. Von daher kann man diesbezütlich die Weichen stellen.

Ein System, dass dies aber nicht ermöglicht, aber gleichzeitig schon vom Heldentum beeinflusst ist (bzw. das vorgibt) erscheint mir eher unvollkommen. Dann sollte man ehrlicherweise auch angeben, dass die Spielfiguren hier eher Normalos auf Abenteuerfahrt sind.

Offline sir_paul

  • Muffin-Fanboy
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 4.750
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: sir_paul
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #7 am: 18.09.2008 | 09:18 »
Held ist man immer nur für einen bestimmten Kreis, durch den man erst zum Held (ernannt) wird.

Dem kann ich nur zustimmen. Ich würde hier zusätztlich noch ganz klar unterscheiden.

Jemand wird als Held angesehen Er hat etwas gutes für eine Gruppe (Dorf, Stadt, Land, ...) getan und sich dabei in Gefahren begeben in welche sich der Normalbürger/-soldat nicht begeben oder darin umkommen würde. Diese Person würde zumindestens in dieser Gruppe als Held angesehen werden. Ob nun das Nachbardorf/-stadt/-land das genauso sieht steht auf einem anderen Blatt. Ebenso ob er eventuell nur aus egoistischen Gründen gehandelt hat oder ob er wirklich in Gefahr war (Stufe 20 Gruppe gegen Stufe 1 Gegnerhorde).

Jemand ist ein Held Dies ist für mich jemand der sich uneigennützig in eine für ihn gefärliche Situation begibt. Ob das von der Aussenwelt wargenommen wird steht auf einen anderen Blatt. So, denke ich, kann es auch Helden geben welche von Ihrer Umwelt nicht als Held angesehen werden da niemand ihre Heldentat beobachtet hat.

Gruß
sir_paul

Offline Lord Verminaard

  • Gentleman der alten Schule
  • Titan
  • *********
  • Dreiäugiger Milfstiefel
  • Beiträge: 14.357
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Lord Verminaard
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #8 am: 18.09.2008 | 09:33 »
Siegfried, der im deutschsprachigen Raum lange als Inbegriff des Helden galt, ist im Nibelungenlied eigentlich ein ziemlich arrogantes, selbstsüchtiges Arschloch.
We are all just prisoners here, of our own device
Danger Zone Blog - Vermi bloggt über Rollenspiel und Blood Bowl

Ein

  • Gast
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #9 am: 18.09.2008 | 09:45 »
Abgesehen davon ist der Held im Rollenspiel zuerst einmal eher ein Held im literarischen Sinne (also umgangssprachlich für Protagonist) und weniger ein Held im sozialen Sinne. Hinzukommt, dass Fantasy auf einfachen Schwarzweiß-Vorstellungen basiert, in denen es die Guten und die Bösen gibt. Und die Guten dürfen die Böse vermöbeln, denn das ist nur Notwehr. Daher werden auch in kaum einer Geschichte erwähnt, ob Orks (oder Kommunisten) Familie haben.

Offline Adanos

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.819
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Adanos
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #10 am: 18.09.2008 | 09:48 »
Held ist man immer nur für einen bestimmten Kreis, durch den man erst zum Held (ernannt) wird.
Wenn jemand Leute umbringt um ein Held zu werden, dann ist er nur in den Augen derer ein Held, die seine Opfer tot sehen wollten. Für die Hinterbliebenen ist er wahrscheinlich einfach nur ein Riesen-Arschloch.
Um zu einem universellen Held zu werden muss man etwas Großartiges oder Scheiß-Gefährliches oder Fatales im Sinne einer universellen Ethik tun. Mal ein paar Leute oder Monster niedermetzeln gehört sicher nicht dazu.
Aus diesem Grund finde ich, dass der Heldenbegriff im Rollenspiel (mit wenigen Ausnahmen) überstrapaziert bzw. meistens schlicht falsch verwendet wird.
Einen Anfangscharakter als Held zu bezeichnen finde ich im Sinne des Wortes ziemlich einfältig.
Zudem ich der Ansicht bin, dass die meisten Spiele damit einen der coolsten erreichbaren Titel einfach verschenken. Zum Held zu werden ist der Stoff aus dem die größten Geschichten der Menschheit gemacht sind. Von vornherein einer zu sein ist lahm. Das Wort verkommt dadurch zur Bedeutungslosigkeit.

In einer Rollenspielrunde wurde die gesamte Gruppe mal von einem Markgraf mit dem Orden "Heldenkreuz von Meyburg" ausgezeichnet, weil sie einen verletzten Ritter (und ein magisches Artefakt) vor einer Horde Goblins gerettet hatten.
Interessant fand ich die Reaktion der Spieler. Einer war richtig stolz, zwei fanden das ganz nett und zwei fanden es ziemlich doof ("Wie, bekommen wir keine Belohnung?").


Der Gedanke ist unnötig, wenn das Spiel bereits die Spielfiguren als Helden bezeichnet und einem immer nahelegt, man solle sich heldenhaft verhalten und große Taten vollbringen. Da muss man keine Gedanken anstellen, wer einem vom Bauern zum Helden "ernannt" hat. Das ist das Spielziel.

Die von dir gennante Situation ist recht allgemein und bringt in den Heldentumsbegriff eine moralische Wertung. Natürlich ist es nicht heldenhaft eine Gruppe niederzumetzeln. Es wäre eher Heldenhaft eine Gruppe von bösen Angreifern niederzumetzeln, die die armen harmlosen Bauern bedrohen.  
Für den Begriff des Heldentums und damit Verbunden der Machtskala der Spielfiguren sollte es aber eher darauf ankommen, ob diese überhaupt in der Lage sind 100 Gegner niederzumetzeln (dann sind sie Helden, da wir davon ausgehen, dass das nicht jede Gruppe kann) oder ob das System es ihnen unmöglich macht (dann sind sie Normalos).

Der Begriff des Charakters erscheint im Gegenzug als bewusste Abgrenzung vom Helden, so dass die Spielfigur bewusst nur "normal" ist. Das ist in gewissen Kreisen (zB DSA-Spielerschaft) erwünscht, stellt aber eine starke Einschränkung von Seiten des Systems dar.
Ob man Normalo oder Held sein will sollte man schon frei entscheiden können. Die Mittel sollten aber eher die Abenteuersituationen des Meisters sein und nicht die Regeln.


Online Dash Bannon

  • Sultan des Cave of Wonders
  • Titan
  • *********
  • Was würde Dash Bannon tun?
  • Beiträge: 14.072
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Dorin
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #11 am: 18.09.2008 | 10:32 »
Helden werden gemacht.

Wenn keiner die ruhmreichen Taten besingt/verbreitet wird man auch nicht zum Helden und wenn man besungen wird kommt es nur auf den Inhalt des Liedes an.

Also:
alle sagen das der oder der ein Held ist, also ist er ein Held (in der Welt)
sagt hingegen keiner das er ein Held ist, ist er auch keiner.

Wenn man einen Helden will, muss man an einen glauben. Was er letztendlich getan hat ist schon fast irrelevant.
Jemand die Fireflyfolge "Jaynestown" gesehen?
Jayne ist ein Held!

und Wilhelm Tell war btw. ein feiger Mörder.
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

Offline Thalamus Grondak

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 9.220
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Thalamus Grondak
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #12 am: 18.09.2008 | 11:00 »
Ob man ein Held ist oder nicht kommt zu aller erst mal auf die Ethik an in der man sich bewegt. Legt man z.B. unsere heutige Ethik zugrunde ist überhaupt niemand ein Held, der Leute niedermetzelt. Ein Held wäre jemand der Schwache beschützt ohne dabei selbst Böses zu tun.
In der fiktiven Ethik die den meisten Fantasy-Rollenspielen zugrunde liegt ist es völlig legitim die Bösen niederzumetzeln, ohne überhaupt über andere Lösungswege nachzudenken.
Dann gibt es allerdings 3 verschiedene Heldentypen.

-Den heimlichen Helden
Er ist ein Held allein ob der Grundlagen seiner Ethik und seiner Taten. Seine Taten müssen niemandem bekannt sein.
In der Fanatasyethik wäre z.B. ein Charakter ein solcher Held, der als Attentäter Böse Leute niederstreckt die von der Gerichtbarkeit nicht zu fassen sind.

-Den ernannten echten Helden
Er ist ein Held, weil andere ihn als solchen sehen. Solch ein Held kann auch zufällig zum Helden werden oder eben durch aktives streben.

-Den ernannten falschen Helden
Er wird als Held gesehen ist aber nicht wirklich einer. Er kann sogar ein selbstsüchtiges Arschloch sein (wie Siegfried). Er wird allein dadurch zum Helden, das die Masse ihn in diesem Licht sieht.
IMHO ist der größte Anteil an Helden von diesem Typus(Wenn man die künstliche aufgetragene Farbe abkratzt komtm eine hässliche Fratze zum Vorschein).

Im Rollenspiel sind die Helden meistens Helden des 2ten Typus. Sie streben mesit explizit nach diesem Status. Dadurch das sie von der "Gnade" der Allgemeinheit abhängig sind, neigen sie natürlich zu sichtbaren Heldentaten.
Ein abgeschlachtetes Orkheer ist da schon deutlicher als ein nicht erfolgter Angriff des Orkheers.
Even if you win the Rat race, you´re still a Rat

Ein

  • Gast
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #13 am: 18.09.2008 | 11:12 »
@Dorin
In Earthdawn werden Adepten ganz automatisch Helden, dank der magischen Struktur, die sie durch ihre Heldentaten ausformen. Selbst wenn kein Schwein davon mitbekommt. ;)

Georg

  • Gast
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #14 am: 18.09.2008 | 11:23 »
Ein System, dass dies aber nicht ermöglicht, aber gleichzeitig schon vom Heldentum beeinflusst ist (bzw. das vorgibt) erscheint mir eher unvollkommen. Dann sollte man ehrlicherweise auch angeben, dass die Spielfiguren hier eher Normalos auf Abenteuerfahrt sind.

Ein Held wird man nicht dadurch, dass man Dinge tut, die einfach sind, sondern dadurch, dass man Dinge tut, die schwer sind.

Sich bei D&D durch niedrigstufige Monsterhorden zu metzeln mag zwar in der Spielwelt heldenhaft sein, es fühlt sich aber für mich als Spieler nicht heldenhaft an.

Wenn ich bei Warhammer in der Kanalisation von Kemperbad meinen 2000XP-Charakter ohne Fate-Points einer Skaven-Mutter samt Horde in den Weg stelle, um meinen Kameraden den Rückzug zu ermöglichen, mit der Möglichkeit oder fast schon der Gewissheit, dass der jetzt draufgeht, und er überlebt (offen ausgewürfelt, ohne Spielleiter-Pfusch), dann wird der Charakter zwar nicht als Held angesehen, weil außer der Gruppe nie jemand davon erfahren wird, aber es fühlt sich verdammt heldenhaft an!

Offline Wawoozle

  • Sultan des Unterwasser-Kingdoms
  • TechSupport
  • Mythos
  • *****
  • would you kindly
  • Beiträge: 10.620
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Wawoozle
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #15 am: 18.09.2008 | 11:30 »
Super...

Schwere Gegner kannst Du auch in D&D haben, genauso wie Du in Warhammer einfache Gegner haben kannst (du darfst halt nur das Lederschädelkäppchen nicht vergessen :) )

Kurz: Kern der Aussage stimmt (schwere Dinge tun und so), Beispiel ist Mumpitz
« Letzte Änderung: 18.09.2008 | 11:35 von Wawoozle »
Ihr wollt doch alle den Nachtisch zuerst !

Offline Jens

  • Mimimi-chaelit
  • TechSupport
  • Mythos
  • *****
  • Beiträge: 10.750
  • Username: Jens
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #16 am: 18.09.2008 | 11:47 »
-Den ernannten falschen Helden
Er wird als Held gesehen ist aber nicht wirklich einer. Er kann sogar ein selbstsüchtiges Arschloch sein (wie Siegfried). Er wird allein dadurch zum Helden, das die Masse ihn in diesem Licht sieht.
IMHO ist der größte Anteil an Helden von diesem Typus(Wenn man die künstliche aufgetragene Farbe abkratzt komtm eine hässliche Fratze zum Vorschein).
Hey im Grunde ist das ne beliebte Vorlage für viele Fantasyabenteuer und -romane und damit meist auch Gegenspieler klassischer Spielerhelden. Das müsste sich also die Waage halten, denn der siebte Antiheld ist ein Gipfel der Langweiligkeit und Heldengruppen sind selten mal größer...

Georg

  • Gast
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #17 am: 18.09.2008 | 11:59 »
Kurz: Kern der Aussage stimmt (schwere Dinge tun und so), Beispiel ist Mumpitz

Ich finde das Beispiel schon passend:
D&D hat mit seinen Challenge Ratings (gibts die in 4.0 noch?) einen Mechanismus, Begegnungen "schaffbar" zu halten. Und das schaffen "schaffbarer" Dinge fühlt sich nunmal (zumindest für mich) nicht sehr heldenhaft an; das mag in der Spielwelt aussehen, wie es will.

Ein

  • Gast
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #18 am: 18.09.2008 | 12:01 »
Nein, Monster haben in 4 nur noch einen Level. Und schaffbar heisst nicht, dass man es auch schaffen muss. ;)

Offline Wawoozle

  • Sultan des Unterwasser-Kingdoms
  • TechSupport
  • Mythos
  • *****
  • would you kindly
  • Beiträge: 10.620
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Wawoozle
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #19 am: 18.09.2008 | 12:02 »
@Georg
<OT>
Dann hast Du vermutlich noch nie einen D&D Abenteuerpfad gespielt.
</OT>
Ihr wollt doch alle den Nachtisch zuerst !

Offline Falcon

  • HvD
  • Titan
  • *********
  • Raise Your DICE !
  • Beiträge: 12.009
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Tiamat
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #20 am: 18.09.2008 | 13:07 »
wenn ich jetzt an die Heroen der griechischen Mythologie denke, quasi die Definition von Held, waren das auch häufig Arschlöcher. Diese definierten sich dann tatsächlich nur über das Powerlevel (z.b. Halbgott).

und niemand wäre auf die Idee gekommen zu sagen Achilles wäre kein Held obwohl er doch eigentlich nie wirklich in Gefahr schwebte. Naja, ausser zum Schluss eben.

an dieser Definition orientieren sich wohl eher die Fantasyhelden.
« Letzte Änderung: 18.09.2008 | 16:57 von Falcon »
Roll and ROCK! GetSavaged!
             still counting: "... dieses EINE Mal stimme ich Falcon zu..."
hoch ist gut Sowas wie'n Blog

Offline Adanos

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.819
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Adanos
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #21 am: 18.09.2008 | 16:15 »
Zitat von: Georg
Sich bei D&D durch niedrigstufige Monsterhorden zu metzeln mag zwar in der Spielwelt heldenhaft sein, es fühlt sich aber für mich als Spieler nicht heldenhaft an.


Das ist ja auch nicht das einzige was man tut, man kann sich auch, durch hochstufige Monsterhorden metzeln, wenn man will.
Bei niedrigstufigen Monsterhorden ergibt sich allerdings eine gewisse Erwartungshaltung, das eine Heldengruppe damit auch fertig wird, wenn sie nicht gerade viel Pech und sonstige Ungüstnige Umstände hat.

Das sollte das System auch darstellen können. Hier ergibt sich das Problem, dass es DSA4 etwa eben nicht kann.
DSA3 konnte es noch einigermaßen, da man noch eine hohe LE hatte und die Monsterwerte früher auch teilw. deutlich schlechter waren (DSA3 Basisbuch Ork mit AT 11 PA 7 und 15 LE).
In DSA4 ist es aber schon so gut wie der sichere Tod, wenn man sich einem Überzahlkampf stellt.
Dies liegt im wesentlichen an zwei Faktoren, der niedrigen LE und nur einer PA. Dadurch ist man den meisten Angriffen schutzlos ausgeliefert.

Hier hat DnD den Vorteil, dass es zumindest in dieser Situation besser funktioniert, da der Verteidigungswert gegen alle Angriffe gilt.

Warhammer Fantasy RPG kenne ich nicht.

Schwere Kämpfe will ich natürlich auch. Allerdings ziehe ich da einen Kampf gegen einen wirklich schweren Gegner vor oder gegen eine etwa gleichstarke "Anti-Heldengruppe" die mit ähnlichen Mitteln kämpft. Das alles glaubhaft verpackt.

Eulenspiegel

  • Gast
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #22 am: 18.09.2008 | 16:40 »
Ein System, dass dies aber nicht ermöglicht, aber gleichzeitig schon vom Heldentum beeinflusst ist (bzw. das vorgibt) erscheint mir eher unvollkommen. Dann sollte man ehrlicherweise auch angeben, dass die Spielfiguren hier eher Normalos auf Abenteuerfahrt sind.
Naja zwischen "Halbgott aus der griechischen Saga" und "Normalo" gibt es dann ja doch schon feinere Abstufungen:

So war der Rote Baron ja in gewisser Weise auch ein Held:
Der Rote Baron war vom Powerlevel her weit besser als ein Normalo.
Aber er war gleichzeitig auch wesentlich schlechter als ein griechischer Held.

Oder wenn du Warcraft 3 spielst: Die Helden auf Stufe 1-4 sind zwar wesentlich besser als normale Einheiten, aber weit davon entfernt, sich durch Gegnerhorden metzeln zu können.

Und so sehe ich halt auch die DSA Helden: Sie sind besser als Normalos, aber noch lange nicht so gut, wie griechische Helden. (Wenn ich Normalos spielen will, spiele ich Cthulhu. ;))

Online Maarzan

  • Mythos
  • ********
  • Beiträge: 8.741
  • Username: Maarzan
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #23 am: 18.09.2008 | 18:27 »
Wenn sich etwas selbst den Titel "Held" zuweist, drängt sich mir immer das Gefühl auf, derjenige will genau den Prozess umgehen, der zu dem Held werden geführt hat - was diesen Begriff wiederum vollständig entwertet.

Held ist das, was gegebenenfalls nach dem Spiel am Ende herauskommt.

Alles andere ist Selbstüberhöhung, Hochstapelei oder Propaganda.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Feuersänger

  • Stollentroll
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Deadly and Absurdly Handsome
  • Beiträge: 32.997
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Feuersänger
Re: Heldentum im (Fantasy) RPG
« Antwort #24 am: 18.09.2008 | 18:49 »
Held wird man, indem man 1000 Beiträge in  :T: postet. ^^
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat