Autor Thema: Rollenspiel - Teil meines Lebens  (Gelesen 7227 mal)

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Offline Sara Pink [DA]

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Rollenspiel - Teil meines Lebens
« am: 9.03.2003 | 17:11 »
Gestern erlebte ich eine Rollenspielerfahrung der ersten Klasse und sie hat mir mal wieder gezeigt, wie sehr ich an bestimmten Charakteren doch hänge...
Ich versuche mal die Geschichte so kurz wie möglich zusammen zu fassen...
[System : Space Gothic
Kampagnenlaufzeit : ca. 2 Jahre]

Vorgeschichte:
Ohne es zu merken wurde ich durch eine Energiewelle in die Zulunft geschleudert, wo mich mit einem mal ein Ehemann und eine Tochter erwarteten. Erst nach einiger Zeit verstand ich, was passiert war und wurde aber als bald in reichlich Konflikte verwickelt und eingesperrt. Ich versuchte meinem "Ehemann" zu erklären, was passiert war und warum ich unter allen Umständen wieder in meine Gegenwart zurück müsste, doch ich stieß nur auf Enttäuschung und Unverständnis, so dass ich am Ende, durch allerlei unglücklicher Zusammenspiele, meinen "Ehemann" erschiessen musste. Allerdings schaffte ich es dadurch mich aus dem Gefängnis zu befreien und in die Vergangenheit zurück zu kehren...

Die aktuellen Ereignisse:
Die Kreuzritter (unsere absoluten Gegner) hatten uns auf einer eigentlich neutralen Raumstation einen Hinterhalt gelegt, um endlich persönliche Rache an uns nehmen zu können. Während meine Kameraden sich auf dem Promenaden Deck amüsierten wollten, wollte ich in mein Quartier um mich auszuruhen. Ich steig also in den Fahrstuhl und dann sah ich SIE. (Mein SL nahm mich in diesem Moment bei der Hand, führte mich aus dem Zimmer und stellte mich im Flur vor einen riesigen Spiegel "Die siehst du!" Dann ging er zurück und ich trottete noch etwas verwirrt hinterher) Ich (Gini I) sah also mich selbst aus dem Fahrstuhl aussteigen und entschloss mich, nicht auf mein Quartier zu gehen, sondern mich (Gini II) zu verfolgen. Kurzerhand fand ich heraus, dass sie uns an die Kreuzritter verraten hatte um sich an mir zu rächen, weil ich unseren späteren Ehemann umgebracht hatte. Es kam, wie es kommen musste: der Zweikampf! Die Kreuzritter hatten mittlerweile ein Schild über die ganzen Station ausgefahren, der verhinderte, jegliche Arten von Projektilwaffen zu benutzen. Also standen wir uns gegenüber, Gini I und Gini II, jede bereit, die andere zu töten...

Das Ende vom Lied war, dass ich halb tot war und nur überleben konnte, weil einer meiner Kameraden mir zu Hilfe kam und wir beide dann Gini II töten konnten. Kurz danach haben wir gecuttet und ob ich wirklich überlebe steht noch buchstäblich in den Sternen

Trotzdem, zwischen durch sah es so aus, als ob ich keien Chance mehr hätte zu überleben, was mir die Tränen in die Augen trieb... Einmal mehr ist mir bewusst geworden, wie sehr ich an meinen Chars hänge, wenn ich sie lange genug spiele und dass sie irgendwo ein Teil von mir sind. Dass ich es vermisse, wenn ich sie seit einem längeren Zeitraum nicht spielen kann und dass ein Teil von mir stirbt, wenn meine Chars sterben. Hört sich fanatisch an? Ja, ist es auch. Aber ich habe sie nun einmal immer im Hinterkopf, wenn ich bei Freunden sitze, wenn ich einkaufen gehe, usw.
Rollenspiel und eine meine Charaktere helfen mir irgendwo, meine Realität zu bewältigen. In Situationen, bei denen ich mir nicht zu helfen wüsste, kere ich halt einfach mal die Gini raus. Oder ich gehe mit einem Mitspieler einkaufen und wir reden und verhalten uns so, wie es unsere Chars tun würden... Und wenn eben dieser Char stirbt, dann stirbt auch dieser Teil des Lebens :(

Offline Boba Fett

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #1 am: 9.03.2003 | 18:45 »
Hi Sara!!! 8)

Was soll man dazu sagen?

Kenne ich... Ging mir lange Zeit auch so. Geht mir ein bisschen immer noch so...?!
Es wird sich nicht ändern, es sei denn, Du änderst Dich (was nicht unbedingt wünschenswert wäre).

Der "Teil des Lebens", also der Aspekt stirbt nicht, sondern verliert nur den Bezug und die Möglichkeit der Kanalisierung. Für eine Weile, dann bildet sich oft ein neuer Bezug. Manchmal eben auch nicht. Die wichtigsten Charaktere habe ich irgendwann ad akta gelegt und mich über Stories weiter mit ihnen beschäftigt. So blieben sie am Leben und mir am Herzen... 8)
Es ist ein bisschen so, als wenn man einen sehr guten Freund hat und der gehen muss. Und alle Orte, die man gemeinsam hatte verlieren dann an Bedeutung. Für eine Weile.
Manchmal aber eben auch nicht, dann merkt man, dass der Ort teilweise eben auch ein Bestandteil ist, der selbst eine Bedeutung hat oder dass man ihn sogar braucht, um seine Erinnerungen zu leben. Dann kehrt man zurück.
Und manchmal finden sich eben neue Freunde, mit denen man irgendwann ähnliches gemeinsam hat. Es ist nie das gleiche, das "ALTE" wird auch nie ersetzt, aber manchmal eben ergänzt und so gewinnt eben ein verloren geglaubter Bezug wieder an Bedeutung.
Nicht so wie zuvor, sondern "ähnlich". Dann findet man "zurück" aber eben auf einem anderen Weg. Nicht immer...
Trotzdem ist es schwer und jedesmal geht etwas verloren. Aber das gehört zum Rollenspiel.
Und zum Leben! 8)
« Letzte Änderung: 10.03.2003 | 19:17 von Boba Fett »
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Offline Smendrik

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #2 am: 9.03.2003 | 18:49 »
@boba: Schön gesag!  :'( :)
Was nützt alle Magie der Welt, wenn man damit nicht mal ein Einhorn retten kann?

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Offline Dash Bannon

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #3 am: 9.03.2003 | 19:12 »
immer wenn ein liebgewonnener Charsein Leben aushaucht, ist das traurig. Dies Chars werden eben irgendwann mehr als eine Ansammlung von Werten und Eigenschaften in einem RPG-System.
Die werden ein 'Teil' des eigenen Wesens oder vielmehr sie werden ein eigenes Wesen, fast könnte man glauben der Char entwickelt Eigenleben, dass man nur noch bedingt beeinflussen kann (wenn ich da an meinen Jonas O'Toole denke).
Stirbt ein solcher Char, stirbt viel mehr als nur ein Char, ein Wesen stirbt, dass irgendwie 'gelebt' hat. Zumindest sehe ich das mal so.
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

Offline Lord Verminaard

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #4 am: 10.03.2003 | 00:10 »
Oh ja, Ihr sprecht mir aus der Seele! Ich erinnere mich noch an jedes einzelne Detail (IT und OT) jener fatalen Sitzung, als Jostik der Gaukler an einem vergifteten Dolch starb. Ich habe mich von diesem tragischen Ereignis allerdings nicht abhalten lassen, ihn in Geschichten und hier im Forum weiterleben zu lassen...

@ Sara: Sehr sehr geile Story, diese Space-Gothic-Geschichte, Kompliment an den SL!
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Offline Sara Pink [DA]

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #5 am: 10.03.2003 | 03:06 »
Zitat
Hi "Sara"!
glaubst du ich lege mir einen nick an, damit jeder meinen namen kennt?   ::)

Zitat
Es wird sich nicht ändern, es sei denn, Du änderst Dich (was nicht unbedingt wünschenswert wäre).

*schnief* danke  :-*

naja, was soll ich sagen. natürlich lebt gini weiter. noch hat sie ja auch eine überlebenschance, wenn auch nur eine geringe... ich habe mir auch schon einmal überlegt eine art buch zu schreiben über ihr leben und über das, was vielleicht noch kommen könnte. aber selbst wenn ich sowas nicht in schriftlicher form niederlege, selbst dann wird sie in meinen erinnerungen weiter leben. als meine sara pink starb (das hab ich immer noch nich richtig "verarbeitet") ging es mir ähnlich und ich merke ja, dass sie heute noch gesprächsthema in meiner gruppe ist und es bleiben halt schöne erinnerungen.

@ Boba:
ich muss dir für deinen vergleich danken, der ist sehr passend gewählt! natürlich habe ich die chance sie weiter am leben zu lassen, aber trotzdem wird es halt nicht das gleiche sein. aber mit sicherheit ist es ein trost, dass ich nicht alleine soetwas empfinde! bin halt doch nur eine normale rollenspielerin  ;)
das schlimme sind dann nur die runden danach. wieder das selbe system zu spielen und nicht automatisch in eine alte (tote) rolle zu verfallen. wieder neu anfangen eben. die gruppe neu kennen zu lernen, aus einer anderen perspektive und sich selbst neu kennen lernen, bzw. den neuen charakter... ganz schön hart  :-[
naja, den kampf mit mir selbst werde ich wohl nie vergessen, in all seinen einzelheiten... ich hab sogar davon geträumt
 :o

Zitat
@ Sara: Sehr sehr geile Story, diese Space-Gothic-Geschichte, Kompliment an den SL!
JA! auf den lasse ich auch kein schlechtes wort kommen! der hat meistens sehr geniale ideen und wenn man eine wirklich eigene story bekommt, dann kann man sich immer sicher sein, voll in action zu sein und immer um eine erfahrung reicher die sitzung zu verlassen  :D aber ich werds weiter geben  :)

Edit von Selganor: "Sara" korrigiert...
« Letzte Änderung: 10.03.2003 | 19:34 von Selganor »

Offline Boba Fett

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #6 am: 10.03.2003 | 19:29 »
@Sara: Nick entsprechend geändert... 8)

Natürlich bist Du mit diesem Problem nicht die Einzige. Ich habe meinen wichtigsten Charakter 12 Jahre lang (davon mehrere Jahre im wöchentlichen Turnus) gespielt und wurde mehrfach "fast" mit diesem Problem konfrontiert.
Der Charakter war so "bedeutend", dass man mich mit seinem Namen in einem ganzen Fandom (Star Wars & Star Trek) kannte, wo es heute noch etliche gibt, die mich nur unter diesem Nick und nicht unter meinem richtigen Namen kennen...
Am Ende habe ich ihn in Rente geschickt. Und danach musste ich natürlich auch ständig mit dem Vergleich zu vorher leben und auch mit dem Problem mich nie ganz trennen zu können. Am Ende habe ich dem Fandom den Rücken gekehrt, weil es einfach nicht das Gleiche war...
(Ich habe auch sehr lange überlegen müssen, ob ich seinen Namen nicht hier im Forum als Nickname benutze... Ich habe mich dann dagegen entschieden.)
Nach 12 Jahren auf einen Teil seines Lebens zu verzichten, der wirklich ein Bestandteil auch im wahren Leben wurde, ist schon echt hart...
Ich weiß deswegen genau, wie Du Dich da fühlst.
Und ich weiß auch, das es etliche andere gibt, denen das genauso geht / ging...

P.S.: Bei Interesse IM ich Dir gern mehr... 8)
« Letzte Änderung: 10.03.2003 | 19:31 von Boba Fett »
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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #7 am: 10.03.2003 | 19:55 »
Zitat
aber mit sicherheit ist es ein trost, dass ich nicht alleine soetwas empfinde! bin halt doch nur eine normale rollenspielerin  ;)

Sind wir das nicht alle ;)...
Aber um mal den krassen Gegenpol darzustellen (in einer Demokratie muss es immer eine Opposition geben): Für mich sind Charaktere Spielfiguren, ich könnte jeden einzelnen von ihnen ohne mit der Wimper zu zucken über den Jordan schicken.

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #8 am: 10.03.2003 | 19:59 »
Ich schliesse mich Marcels Meinung an. Charaktere sind auch für mich reine Spielfiguren. Wenn einer draufgeht, dann (hoffentlich) mit einem Paukenschlag. Wenn nicht, dann auch gut.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Boba Fett

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #9 am: 10.03.2003 | 20:06 »
Inzwischen sehe ich das auch so, aber manchmal ist ein Charakter eben doch was besonderes... Eine Frage der Identifikation.
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Eye Of Gruumsh

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #10 am: 10.03.2003 | 20:06 »
Dann bin ich wohl die Mitte, ich halte mich halt an Aristoteles. ;)
Mir geht der Tod eines Charakters schon nahe, aber wenn er stirbt, dann akzeptiere ich das, vor allem natürlich, wenn es meine Schuld war. Das Rollenspiel geht schließlich weiter...

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #11 am: 10.03.2003 | 21:16 »
Manchmal wünsche ich mir, ich könnte mich so sehr mit meinen Chars identifizieren, aber meistens bin ich ganz froh drum, dass es bei mir nicht so extrem emotional ist. Natürlich habe ich ein starkes Interesse an meinen Charakteren (zumindest an den "gelungenen", manchmal springt der Funke einfach nicht über, dann wird er/sie halt schnell wieder aufgegeben), das auch über reine Spielfiguren hinausgeht, aber ich sehe sie nicht als einen Teil von mir selbst. Es lässt sich sicher nicht vermeiden, dass jeder Char auch einen Teil des Spielers in sich trägt, aber es ist bei mir eher so, dass ich diesen Teil meiner Persönlichkeit "kopiere" und versuche darauf etwas neues aufzubauen, als dass ich ihn komplett "auslagere" so dass er verloren geht wenn der Char stirbt.
Und manchmal muss ein Char auch einfach sterben, weil das für ihn das einzige ist was in der Situation Sinn macht. Ich meine damit nicht so sehr äußere Zwänge, eher Prinzipen, die ihn zu Handlungen zwingen von denen Char und Spieler wissen, wie es ausgehen muss. Da wäre es mMn sogar schlimmer, den Charakter des Charakters  :) plötzlich und völlig ohne Grund zu ändern, da man ihn damit mMn kaputt macht. Wenn er stirbt, kann man ihn wenigstens so wie er war in Erinnerung behalten.

Offline Lord Verminaard

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #12 am: 10.03.2003 | 23:47 »
Die Identifikation mit einem Charakter hängt sicherlich zunächst mal davon ab, wie lange man diesen regelmäßig spielt. Irgendwann hat er einfach so viel erlebt, dass allein die Erinnerung an all diese denkwürdigen Ereignisse (auch wenn sie Teil eines Spiels waren) den Charakter zu etwas besonderem macht. Genau wie man vielleicht an einem Auto oder einer Jacke hängt, wenn man viele Erinnerungen damit verbindet.

Wenn man aber ein intensives, charakterbetontes Rollenspiel betreibt, kommt noch mehr hinzu: man investiert in den Charakter, man macht ihn zum Ausdruck der eigenen Kreativität, vollzieht an ihm einen schöpferischen Prozess, lässt ihn sich weiterentwickeln, formt seine Persönlichkeit. Deswegen ist es auch nicht so schlimm, wenn der Tod des Charakters quasi einen würdigen Abschluss dieses Prozesses darstellt. Wenn der Prozess aber vorzeitig abgebrochen ist, ist das traurig.

Darüber hinaus kommt es, wenn man ein atmosphärebetontes Rollenspiel betreibt, zwangsläufig zu einer Identifikation mit dem Charakter. Es gehört dann ja gerade zum Spiel dazu, sich in den Charakter hineinzuversetzen, seine Eindrücke und Empfindungen für sich selbst möglichst greifbar und real zu machen. Ich kenne dieses Gefühl der Identifikation gut und kann Sara und Boba daher absolut nachfühlen. Gerade das ist es in meinen Augen, was Rollenspiel so besonders macht und es von allen anderen Spielen unterscheidet.

Natürlich mag ein "Außenstehender", der dies liest, sich in dem Vorurteil bestätigt fühlen, Rollenspieler seien weltfremde Träumer. Aber ich denke, es schadet nichts, solange man sich dessen bewusst ist, dass all dies nur Fantasie ist. Ich bedaure jene, die das Träumen verlernt haben.
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Offline Sara Pink [DA]

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #13 am: 11.03.2003 | 02:10 »
Zitat
Aber um mal den krassen Gegenpol darzustellen (in einer Demokratie muss es immer eine Opposition geben): Für mich sind Charaktere Spielfiguren, ich könnte jeden einzelnen von ihnen ohne mit der Wimper zu zucken über den Jordan schicken.

Demokratie ist eine selbstgewählte Diktatur, sagte mal ein weiser Mensch  ;)
Also mit Sicherheit habe ich auch Charaktere, um die es mir leid tut, weil sie sterben, aber was mich nicht großartig berührt. Das sind dann aber allerdings auch nur solche, die nur noch nicht lange genug lebten, um mit mir "emotional zu verwachsen"
Wenn ich in meinen Char eine Menge Zeit investiere, eine Hintergrund Geschichte zusammen baue, ihm eine Vergangenheit, Stärken und Schwächen gebe, dann ist das ja noch nicht das Ende. Im Verlauf einer Runde fange ich allmählich an, mich in den Char wirklich rein zu versetzten, so dass ich, bei Spielbeginn aus mir raus schlüpfe und in diesem Char stecke. Irgendwann hat dann dieser Char und mein Ich eine Vergangenheit, vieles, was man zusammen im RPG erlebt hat und womit man sich dann auch am Ende irgenwie identifizieren kann und dann geht natürlich das Theater los, wenn der Tod nahe steht.
Selbstverständlich gibt es da Situationen, bei denen ich weiss "Ok, mein Char muss jetzt sterben, oder den Tod riskieren, weil es einfach seinem Wesen entspricht!" Und in so einer Situation sein Wesen zu verändern wäre auch für mich unbefriedigend, dann tut es aber trotzdem weh, auch wenn ich weiss, dass es das Beste war, was einen gewissen Trost darstellt...

Zitat
Mir geht der Tod eines Charakters schon nahe, aber wenn er stirbt, dann akzeptiere ich das, vor allem natürlich, wenn es meine Schuld war. Das Rollenspiel geht schließlich weiter...

Den Tod eines Chars akzeptiere ich immer, das hat aber weniger damit zu tun, ob es mir nicht doch weh tut, oder eben nicht (wenn der Funke nicht überspringt). Und dass das Rollenspiel weiter geht ist auch klar, nur ist es eben dann etwas andere, nichts schlechteres, aber doch anders ...

Ansonsten kann ich Lord Verminaard im Grossen und Ganzen nur zustimmen! Mit der einzigen Erweiterung, dass es natürlich auch wichtig ist, wie emotional der Spieler ist. Ich weiss von mir, dass ich nunmal ziemlich emotional bin und mir RPG einfach wichtig ist und von daher ist es für mich "ein Leichtes" mich mit meinen Chars zu identifizieren.
Wobei ich immer noch nicht zu einem persönlichem Fazit gekommen bin, wie gut, oder schlecht, das nun ist ...

Offline Edward Fu

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #14 am: 11.03.2003 | 23:53 »
Zitat
Ansonsten kann ich Lord Verminaard im Grossen und Ganzen nur zustimmen! Mit der einzigen Erweiterung, dass es natürlich auch wichtig ist, wie emotional der Spieler ist. Ich weiss von mir, dass ich nunmal ziemlich emotional bin und mir RPG einfach wichtig ist und von daher ist es für mich "ein Leichtes" mich mit meinen Chars zu identifizieren.
Wobei ich immer noch nicht zu einem persönlichem Fazit gekommen bin, wie gut, oder schlecht, das nun ist ...
Es ist immer schmerzlich einen liebgewonnen Charakter zu verlieren. Ein Charakter ist immer auch ein Teil von mir. Da ist es ganz natürlich, daß Teile meiner emotionen mit einfliesen. Gerade das macht denn Charakter zu etwas besonderen, ermöglicht es die wirklich heroischen Geschichten hervorzubringen.
Ich geh zwar nicht soweit, daß ich um jeden Charakter trauere, der stirb, aber ich finde es zum Teil auch wichtig, wie ein Charakter stirbt. Wenn es ein banaler Tod ist, dann regt mich das schon auf. Wenn es allerdings ein grandioser Kampf war, in dem der Charakter das Zeitliche gesegnet hat, fällt es mir leichter "loszu lassen". Dann weiß ich, es war eine grandiose Geschichte, die auf Cons weitererzählt werden kann. Durch diese Art "Legenden" lebt dan der Charakter weiter (Zumindest der Geist den er verkörpert hat).
« Letzte Änderung: 12.03.2003 | 00:10 von Slobo »
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Offline Lord Verminaard

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #15 am: 12.03.2003 | 01:05 »
@ Slobo:
Zitat
Wenn es ein banaler Tod ist, dann regt mich das schon auf.
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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #16 am: 12.03.2003 | 02:18 »
Hmm, manchmal kann auch ein banaler Tod regt mich nicht auf oder lässt mich leichter los lassen, sondern ermutigt mich eher, beim Würfeln zu schummeln ;D
Und das Erzählen auf den Cons erfüllt das Herz sowieso immer mit Stolz *schwelg*

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #17 am: 12.03.2003 | 02:28 »
Eigentlich sollten ja banale Tode überhaupt nicht vorkommen. Jedenfalls nicht solange der Spieler es nicht durch dämliches Verhalten provoziert und der SL einigermaßen was taugt. Schließlich sind die SCs ja die Hauptdarsteller der Geschichte. So jemand stirbt nicht einfach so ohne Grund!

Offline Sara Pink [DA]

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #18 am: 12.03.2003 | 02:35 »
Oooch, also PCs können schon sehr banal sterben, wenn die Würfel versagen zum Beispiel, der Spieler sich blöde anstellt und und und ... da ist schon einiges Vorgekommen und nicht umsonst gibt es die berühmten letzten Worte ;)

Und ich muss noch beifügen, dass in meinen Augen nicht nur die PCs sondern auch einige NPCs Hauptdarsteller einer Geschichte sind/sein können. (Falls da Diskussions Interesse besteht eröffne ich gerne morgen einen neuen Thread ;) )

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #19 am: 12.03.2003 | 17:37 »
Also wenn nur durch Würfelpech in einer absolut belanglosen Situation ein Charakter sterben würde, ist das meiner Meinung nach eine Situation, in der der Spielleiter eine der Grundregeln jedes Rollenspiels anwenden sollte:
"Pfeif auf die Regeln, wenn sie gerade nicht passen!"

Stellt euch mal vor, Frodo wäre auf dem Weg zum Schicksalsberg ohne besonderen Grund irgendwo im nirgendwo gestolpert, einen Hang runtergestürzt und hätte sich das Genick gebrochen.
Ihr hättet doch Tolkien für bekloppt erklärt das zu schreiben, also warum sollte ein Spielleiter sowas in seiner Geschichte zulassen?

Offline Lord Verminaard

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #20 am: 12.03.2003 | 21:50 »
@ Frederic: Der geschickte SL schafft es, solche Situationen zu vermeiden. Wenn es doch dazu kommt, sollte er erst versuchen, es durch verdeckte Würfe und Schummeleien zu verhindern. Da gibt es dann noch die berühmte "allerletzte Chance" (noch mal würfeln), die "allerallerletzte Chance" etc. So was ist aber deshalb blöd, weil es, einmal geschehen, den Spielern den Eindruck vermittelt, ihren Charakteren könne sowieso nichts passieren.

Andererseits: Meine Spieler z.B. wissen auch, dass ihre Charaktere nicht durch einen blöden Würfelpatzer sterben werden, und das nimmt dem Spiel nicht die Faszination. Schließlich wissen sie auch, dass die SCs am dramatischen Höhepunkt des Abenteuers, durch eigene Dummheit oder durch ihre bewusste Entscheidung sehr wohl das Zeitliche segnen können. Was sagen eigentlich die 7te-See-Spieler dazu?

@ Sara:
Zitat
Falls da Diskussions Interesse besteht eröffne ich gerne morgen einen neuen Thread
NSCs als wichtige Pro- oder Antagonisten? Wird sicher ein übler Poserthread... *gg* Nur zu!
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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #21 am: 13.03.2003 | 01:49 »
@ Sara:
Zitat
Falls da Diskussions Interesse besteht eröffne ich gerne morgen einen neuen Thread
NSCs als wichtige Pro- oder Antagonisten? Wird sicher ein übler Poserthread... *gg* Nur zu!

Hier lang
 bitte  ;) Ist ja mehr ein Thema für SLs als für Spieler...
P.S. ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht weiss, wie man das kürzer verpackt  ???
« Letzte Änderung: 13.03.2003 | 15:01 von Sara Pink »

Offline Lord Verminaard

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #22 am: 13.03.2003 | 11:30 »
OT:
Zitat
P.S. ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht weiss, wie man das kürzer verpackt
Du schreibst (url=http usw.), dann den Text, der erscheinen soll, und dann machst Dus's (/url) wieder zu, nur mit eckigen Klammen.
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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #23 am: 13.03.2003 | 15:01 »
Ist editiert, ich danke dir :)

Offline Edward Fu

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #24 am: 13.03.2003 | 22:31 »
Zitat

Andererseits: Meine Spieler z.B. wissen auch, dass ihre Charaktere nicht durch einen blöden Würfelpatzer sterben werden, und das nimmt dem Spiel nicht die Faszination. Schließlich wissen sie auch, dass die SCs am dramatischen Höhepunkt des Abenteuers, durch eigene Dummheit oder durch ihre bewusste Entscheidung sehr wohl das Zeitliche segnen können. Was sagen eigentlich die 7te-See-Spieler dazu?

Bei 7te-See muß man sich schon sehr anstrengen, um den eigenen Charkter tod zu kriegen. Deswegen mag ich das System auch so. Ich muß mir keine Gedanken machen, ob die Charaktere bei einem Kampg gegen 20 Gegner drauf gehen. Sie kriegen zwar ein Paar Wunden , aber das können sie im normalfall wegstecken.
Aber auch in 7te See kann man Charaktere bauen, die mit ein wenig Pech relativ schnell draufgehen.
Gefährlich wirds ja erst, wenn ein Gegner sich mit der ganzen Gruppe anlegt. Charakter die bei so einem Kampf sterben, sind garantiert nicht Sinnlos gestorben. Die Spieler können sich sicher sein, daß ihre Charakter jemand Bedeutenden bekämpft haben.
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Offline Bad Horse

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Re:Rollenspiel - Teil meines Lebens
« Antwort #25 am: 14.03.2003 | 18:47 »
Ich hänge auch ziemlich an meinen Charakteren. Glücklicherweise ist noch nie ein Char, der mir irgendwie wichtig war, draufgegangen. Statt dessen haben die Runden aufgehört zu existieren, was in gewisser Weise noch frustrierender ist - die Geschichte ist einfach nicht fertigerzählt worden.
Vor einigen Jahren habe ich einen Krieger gespielt, der ziemlich viel erreicht hat und der mir seeehr viel Spaß gemacht hat... und dann ist unser SL nach Hamburg gezogen. So hatte der Charakter nie die Chance, im heldenhaften Kampf auf angemessene Art und Weise zu sterben... seufz.

Allerdings kann ich es verstehen, wenn jemandem beim Tod seines Charakters die Tränen kommen - wenn im Film eine Figur auf tragische Weise stirbt (siehe Leo diCaprio in "Titanic"), geht es vielen Leuten nicht anders. Aber auch da handelt es sich um einen fiktiven Charakter - und die Beziehung, die ein Spieler zu seinem Charakter aufgebaut hat, ist ja meistens doch intensiver als die eines Zuschauers zu einem Leinwandhelden...
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?