Autor Thema: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?  (Gelesen 20936 mal)

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Eulenspiegel

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #150 am: 13.11.2008 | 23:27 »
OK, man kann sich auch in eine Szene als ganzes hineinversetzen. Das ist auch möglich.

BTW:
Ob eine Szene immersionsfördernd oder immersionsstörend ist, sagt erstmal nichts darüber aus, ob ich diese Technik gut oder schlecht finde. Wenn eine Technik Immersion zerstört aber dafür einen anderen positiven Nebeneffekt hat, kann ich diese Technik trotzdem sehr gut finden.

BTW, die zweite.
Ich persönlich empfinde Bullet Time in den wenigsten Situationen immersiv. (Aber mich stört so etwas auch im Fernsehen, wenn der Regisseur diese Technik zu häufig bemüht.)

Offline Merlin Emrys

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #151 am: 13.11.2008 | 23:32 »
Alle Sachen, die also dafür sorgen, dass sich SC und Spieler ähnlicher werden, sorgen auch gleichzeitig dafür, dass man sich weniger konzentrieren muss.
Aber ein besoffener Mensch der Jetztzeit und ein besoffener Charakter innerhalb der Fiktion sind sich unter Umständen so unähnlich, daß das bisschen durch die Besoffenheit erreichte Ähnlichkeit nicht viel ausmacht und die durch die fehlende Selbstkontrolle verursachte Unähnlichkeit weit überwiegt, für den Spieler wie für die Runde. Das habe ich oben schon erwähnt: Auch im Suff werden kulturelle Unterschiede deutlich, weil Ängste, Wünsche und all so etwas ja kulturell überformt sind. Aus verschiedenen Hintergründen stammende Betrunkene sind sich ja nicht ähnlicher als aus verschiedenen Hintergründen stammende Nüchterne, es sei denn kurz vor dem Koma, wo sie tatsächlich alle mehr oder weniger sprachunfähig, bewegungsunfähig und denkunfähig werden. Aber im Rausch kann man sich nicht mehr auf die Rolle konzentrieren, wenn diese der eigenen unähnlich ist, sondern ist man nur "man selbst", man denkt in seinen eigenen Kategorien und nicht mehr in denen der Fiktion, denn dazu fehlt die Kontrolle. Deshalb ist ein berauschter Spieler notwendigerweise ein schlechter Spieler, sobald er einen Charakter darstellen sollte, der sich von seinem eigenen merklich unterscheidet.

Ich habe nur gesagt, dass das die Immersion fördert.
Aber genau das kann es nicht, denn Immersion setzt eine gewisse kognitive Transferleistung voraus. Und die ist im Rausch wie im Schmerz eingeschränkt. Man ist dem Charakter in irgendetwas vielleicht ähnlich - aber das ist dann keine Immersion in die Fiktion, weil die Fiktion eine zu denkende ist und das Denkvermögen ja eingeschränkt ist; und man ist ihn in weit stärkerem Maße unähnlich, weil man die Ähnlichkeit, die man nüchtern aufbauen kann, nun gerade nicht mehr aufbauen kann mangels klarer Gedanken. Man bezahlt also eine mangelhafte und insgesamt nur einen geringen Teil der Fiktion umfassende Ähnlichkeit (des Berauschtseins) mit der Unfähigkeit, weitergehende Ähnlichkeiten (etwa in der Wiedergabe dessen, wie ein Rausch sich in einer anderen Kultur darstellen würde) zu spielen: für mich ein denkbar schlechter Tausch, für die Runde, aber auch für den Einzelnen.

Beleidgte Leberwurst die Dritte. Brauchst DU das unbedingt so dringend?
Es ist schlechter Stil, Leute zu beleidigen. Vielleicht solltest Du damit aufhören. Dann müsste ich Dich auch nicht darauf hinweisen, wie unhöflich Du bist.

Aber wenn du jemanden hilfst, eine Immersion aufzubauen, dann machst du nunmal Schauspiel.
Nein. Ich kann die Immersion ja auch stärken, indem ich zeichne. Oder etwas erzähle. Oder vielleicht sogar Musik auflege, Räucherstäbchen anzünde oder sonstwas. Nichts davon ist "Schauspiel", aber jedes davon kann die Immersion der anderen unterstützen. Insofern habe ich den Eindruck, daß wohl Du etwas verwechselst.
« Letzte Änderung: 13.11.2008 | 23:34 von Merlin Emrys »

Eulenspiegel

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #152 am: 14.11.2008 | 00:14 »
Aber ein besoffener Mensch der Jetztzeit und ein besoffener Charakter innerhalb der Fiktion sind sich unter Umständen so unähnlich, daß das bisschen durch die Besoffenheit erreichte Ähnlichkeit nicht viel ausmacht und die durch die fehlende Selbstkontrolle verursachte Unähnlichkeit weit überwiegt,
Ja rein theoretisch ist es möglich, dass der Verlust an Konzentration den Gewinn an Ähnlichkeit überwiegt.

Aber aus meiner LARP-Erfahrung kann ich sagen, dass dies in der Praxis nicht vorkommt. In der Praxis überwiegt der Gewinn an Ähnlichkeit immer den Verlust an Konzentration.

Zitat
Deshalb ist ein berauschter Spieler notwendigerweise ein schlechter Spieler, sobald er einen Charakter darstellen sollte, der sich von seinem eigenen merklich unterscheidet.
Ich würde nicht von schlechten und guten Spielern sprechen. Das klingt immer so belehrend und die Suche nach dem Heiligen Gral und wahren Rollenspiel(tm).

Ich würde eher von immersiven und nicht-immersiven Spielern sprechen. Welche der beiden Parteien nun der bessere Rollenspieler ist, kann man gerne in einen anderen Thread ausdiskutieren.

BTW:
Es ist schlechter Stil jemanden andauernd Beleidigungen zu unterstellen, obwohl er keine getätigt hat.
Oder wie würdest du dich fühlen, wenn ich dir plötzlich vorwerfen würde, du hättest mich beleidigt?

Zitat
Nein. Ich kann die Immersion ja auch stärken, indem ich zeichne. Oder etwas erzähle. Oder vielleicht sogar Musik auflege, Räucherstäbchen anzünde oder sonstwas.
Deswegen habe ich im nächsten Satz ja auch noch eine Klammer eingefügt:
Du musst nicht unbedingt Schauspiel betreiben, um einem anderen bei seiner Immersion zu unterstützen. Es gibt auch andere immersionsfördernde Sachen. (Zeichnen oder Musik hast du ja genannt.)

Aber zwischen "Immersion eines Anderen fördern" und "selber immersiv sein", liegen nunmal Welten.
Jemand, der hervorragend die Immersion von anderen fördern kann, hat vielleicht selber Probleme, immersiv zu sein. Und dann gibt es andererseits Träumer, die selber beliebig einfach immersiv sein können, aber nicht unbedingt die Immersion von Anderen fördern können.

Desweiteren fördert alles die Immersion, das dem Spieler Vorstellungskraft abnimmt: Wenn man ein Bild der Person hat, muss sich der Spieler die Person nicht mehr vorstellen, sondern sieht sie. Wenn passende Hintergrundgeräusche laufen, muss sich der Spieler diese nicht mehr vorstellen, sondern hört sie.
Und wenn man dem Spieler Zeitdruck bereitet, dann muss sich der Spieler diesen nicht mehr vorstellen, sondern erlebt ihn.

Offline Merlin Emrys

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #153 am: 14.11.2008 | 21:07 »
Ach, Du redest die ganze Zeit von LARP? Das war ein Mißverständnis, ich war natürlich von P&P ausgegangen, ohne das deutlich dazuzusagen. Aber dann ist es klar, denn im LARP kann man ja praktisch keine Rollen spielen, die dem eigenen Selbst wirklich unähnlich sind. Und wenn man eh sich selbst spielt, ist man sich selbst besoffen natürlich auch besoffen am ähnlichsten.

Das Problem ist, daß das auf P&P halt so nicht zutrifft, wenn man Rollen übernimmt, denen man nicht sehr ähnlich ist. Dann wirkt jede Störung der Konzentration so kontraproduktiv, daß weder die eigene Immersion noch die Immersion der Gruppe lange überlebt, wenn man anfängt, zu trinken. Der Konzentrationsaspekt ist einfach viel wesentlicher als im LARP und betrifft in ganz anderem Umfang auch die zu denkende Umgebung und Beziehungen und vieles mehr - wie gesagt vor allem, wenn die Fiktion der vorfindlichen Wirklichkeit sehr unähnlich ist. Darum fördert Zeitdruck zwar im LARP die Immersion, aber nicht im P&P: Die Bedingungen sind einfach grundverschieden, deshalb kann man nicht von einem auf's andere übertragen. Für's LARP wirst Du wohl recht haben.

Ich würde nicht von schlechten und guten Spielern sprechen.
Ein Spieler, der die anderen stört, ist ein schlechter Spieler. Kein bösartiger vielleicht, aber jedenfalls schlecht für die Gruppe. Da muß man mE auch nicht drumreden. Solange er nicht bösartig ist und sich bemüht, kommt man ja auch damit zurecht.

Es ist schlechter Stil jemanden andauernd Beleidigungen zu unterstellen, obwohl er keine getätigt hat.
Wenn Du keine Beleidigungen schreiben würdest, würde ich mich auch nicht beschweren.

Aber zwischen "Immersion eines Anderen fördern" und "selber immersiv sein", liegen nunmal Welten.
Nur, wenn man sie als Gegensätze betrachtet. Wenn man von einer Gruppe ausgeht, die sich gegenseitig unterstützt und "zuspielt", können sie sich gegenseitig fördern, ein Stück sogar bedingen. Deshalb auch mein Verweis darauf, daß ich Rollenspiel (womit ich eigentlich immer P&P meine) grundsätzlich als Gruppenangelegenheit betrachte. Und dann ist die Immersion eines Einzelnen immer nur etwas in bezug auf die Immersion der Gruppe.

Eulenspiegel

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #154 am: 15.11.2008 | 15:07 »
Ich rede eigentlich nicht von LARP. Ich rede von Rollenspielen. Und die können sowohl Pen&Paper als auch LARP sein.
Vor allem, da der Übergang von einem zum anderen doch recht fließend sein kann:
Sei es die Runde, die in Gewandung am Tisch sitzt oder die Gruppe, wo einige Talente ausgespielt und andere ausgewürfelt werden. Oder die Gruppe, die durch den Wald läuft, aber wo der SL halt nur erzählt, was passiert und die Spieler größtenteils nicht handelnd, sondern erzählend antworten, wie sie darauf regieren.

Ab wo fängt da das LARP an und hört das Pen&Paper auf? Bis zu welchen Grad sind deiner Meinung nach die von mir erwähnten Sachen immersionsfördernd und ab wann immersionsschwächend?

Und ich denke, dass Sachen, die beim LARP die Immersion fördern, auch beim Pen&Paper die Immersion fördern.

Nur, wenn man sie als Gegensätze betrachtet. Wenn man von einer Gruppe ausgeht, die sich gegenseitig unterstützt und "zuspielt", können sie sich gegenseitig fördern, ein Stück sogar bedingen.
Nein.
Es gibt natürlich viele Spieler, die in zweierlei Hinsicht begabt sind: Sie können sowohl selber schnell immersiv werden und besitzen auch Techniken (sei es Zeichnen, Schauspiel, Rhetorik sonstwas), mit denen sie anderen Spielern die Immersion erleichtern können.
Und sicherlich können diese Spieler auch beides gleichzeitig machen. Also einerseits durch Immersion sich selber in die Szene hineinversetzen und gleichzeitig durch Schauspiel oder zeichnen den anderen helfen, sich ebenfalls in die Szene hineinzuversetzen.

Es sind dennoch zwei verschiedene Dinger.
Sie es wie kochen und essen.
"Eine Mahlzeit kochen" ist etwas vollkommen anderes als "eine Mahlzeit essen".
Natürlich kann man sich mit Freunden treffen, gemeinsam kochen und anschließend gemeinsam essen. Oder man kann auch während des Kochens essen. Und man kann natürlich auch sowohl am Kochen als auch am Essen mit Freunden zusammen Spaß haben. Trotzdem sind das zwei vollkommen verschiedene Sachen. Und der eine mag ein wahrer Gourmet sein, der alleine vom Geschmack her sagen kann, aus welchem Jahrgang der Wein kommt und der andere mag ein Meisterkoch sein, der die herrlichsten Gänge zubereiten kann. Und dann gibt es noch die Leute, die Meisterköche und Gourmets in einem sind.
Aber nichtsdestotrotz sind kochen und essen zwei unterschiedliche Dinge. Und genau so ist es mit immersiv sein und jemand anderen helfen, in die Immersion zu gelangen.

Und wenn ich jetzt sage: Man sollte alle Nahrungsmittel möglichst frisch zubereiten und nur auf heißen Stein kochen, dann mag es das kochen erschweren, aber der Genuß der Nahrungsmittel wird anschließend gefördert.

Offline Merlin Emrys

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #155 am: 15.11.2008 | 18:06 »
Vor allem, da der Übergang von einem zum anderen doch recht fließend sein kann
Ich gehe davon aus, daß der Charakter dem Spieler unähnlich sein können soll, das heißt aber notwendigerweise, daß der Mensch des Spielers weitgehend ausgeblendet werden muß. Wenn Du es gern so haben willst: Alles wird sitzend ausgewürfelt und anschließend via verbalem Ausspielen in die Fiktion eingebracht. Das hat keinen Übergang zum LARP: praktisch keine Bewegung, keine besondere Kleidung, keine besondere Einrichtung des Raums oder der Umgebung, keine Einschränkung auf die eigenen Fähigkeiten und Beschränktheiten.

Und ich denke, dass Sachen, die beim LARP die Immersion fördern, auch beim Pen&Paper die Immersion fördern.
Nein, wie sollten sich auch? Wenn ich mich bewege, ist das etwas völlig anderes als wenn ich stillsitze und mir die Bewegung denke. Wenn ich mir irgendwas anziehe und damit in irgendwelchen gestalteten Räumen herumhänge und das 1:1 in die Fiktion übertrage, ist das etwas anderes, als wenn ich in bequemer Alltagskleidung in normalen Räumen herumhänge und mir anders gekleidete Wesen in anders gestalteten Räumen denke. Das eine erfordert Wahrnehmung, das andere Phantasie; LARP braucht körperliche Beteiligung, P&P in dieser Form braucht Konzentration. Entsprechend sind die Anforderungen völlig andere. Oder anders ausgedrückt: Ich würde mit Blinden und Lahmen eher P&P spielen, mit geistig Behinderten eher LARP.

Und genau so ist es mit immersiv sein und jemand anderen helfen, in die Immersion zu gelangen.
Unter den Umständen gehe ich wohl von einer Situation aus, in der man beim Kochen kontinuierlich ißt und beim Essen weiterkocht, so daß man ständig am Geschmack noch etwas verändern, verbessern oder, wenn man Pech hat, auch verschlechtern kann. So wie beim Grillen oder bei Fondue, bei denen man um Kochstellen sitzt und gemeinsam oder jeder für sich nimmt und zubereitet, was man im nächsten Moment essen möchte und auch mit den anderen teilt, wenn man einen exquisiten Geschmack erreicht hat: Es nimmt ständig das eine Einfluß auf das andere, bis beides im Grunde nicht mehr zu trennen ist.
Und ebenso bei der Immersion: Beides fließt zusammen, bis es untrennbar wird. Was meine Immersion fördert, fördert zugleich die der anderen; wenn irgendwo einer die Immersion verliert, ist die ganze Gruppe betroffen - und nicht nur in bezug auf "besonders begabte" Spieler, sondern auf alle (vermutlich weil sie alle irgendwo begabt sind, wenn man die Begabung nur ein bisschen aus der Reserve lockt ;-) ).
« Letzte Änderung: 15.11.2008 | 18:10 von Merlin Emrys »

Eulenspiegel

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #156 am: 15.11.2008 | 19:12 »
Ich gehe davon aus, daß der Charakter dem Spieler unähnlich sein können soll, das heißt aber notwendigerweise, daß der Mensch des Spielers weitgehend ausgeblendet werden muß. Wenn Du es gern so haben willst: Alles wird sitzend ausgewürfelt und anschließend via verbalem Ausspielen in die Fiktion eingebracht. Das hat keinen Übergang zum LARP: praktisch keine Bewegung, keine besondere Kleidung, keine besondere Einrichtung des Raums oder der Umgebung, keine Einschränkung auf die eigenen Fähigkeiten und Beschränktheiten.
Ja, das wäre 100% Pen&Paper.
Aber in so einer Reinkultur habe ich es noch nie erlebt:
Was ist, wenn der Spieler es nicht auswürfeln möchte, sondern ausspielen? Dann haben wir schon den ersten Übergang zum LARP.
Was ist, wenn der SL im Hintergrund Tavernengeräusche einspielt, wenn die SCs ingame in der Taverne sitzen?
Was ist, wenn der Spieler sich ein mittelalterliches Gewand angezogen hat, weil er meint, dass ihm das hilft, in seine Rolle zu kommen?

Und so verschwimmt dann nach und nach die Grenze zum LARP.

Zitat
Nein, wie sollten sich auch? Wenn ich mich bewege, ist das etwas völlig anderes als wenn ich stillsitze und mir die Bewegung denke. Wenn ich mir irgendwas anziehe und damit in irgendwelchen gestalteten Räumen herumhänge und das 1:1 in die Fiktion übertrage, ist das etwas anderes, als wenn ich in bequemer Alltagskleidung in normalen Räumen herumhänge und mir anders gekleidete Wesen in anders gestalteten Räumen denke.
Natürlich ist das etwas anderes.
Aber darum geht es ja: Jede Aktion, die dazu führt, dass der Spieler dem SC ähnlicherw ird, fördertd ie Immersion:
- Wenn du herumsitzt, musst du dir vorstellen, wie dein SC völlig erschöpft entlanggelaufen ist. Wenn du selber herumrennst, musst du dir das nicht vorstellen, sondern erlebst es hautnah.
- Wenn dir der bärtige Typ neben dir erzählt, dass er eine wunderschöne Elfe ist, brauchstd ud afür eine ganze Menge Vorstellungskraft.
Wenn neben dir aber eine wunderschöne Frau sitzt, brauchst du dafür weniger Vorstellungskraft.
Und wenn sie aufgeklebte Ohren hat, noch weniger.
Und wenn sie elfische Kleidung trägt noch weniger.
- Wenn der Barde sagt, dass er ein Lied singt, dann brauchst du dafür Vorstellungskraft. Wenn der Kerl aber wirklich eine Laute herausholt und etwas vorspielt, dann erlebst du das quasi life.
- Wenn du einfach nur erzählst, dass dein SC einen kühlen Humpen Bier trinkt, dann brauchst du dafür Vorstellungskraft. Wenn du jedoch auch als Spieler einen kühlen Humpen Bier trinkst, dann erlebst du es direkt.
- Wenn der SL erzählt, wie ihr durch die Arktis marschiert, müsst ihr euch das frieren eurer SCs vorstellen. Wenn der SL dagegen die Heizung runterdreht, erlebt man das Frieren der SCs life.
- Wenn der SL sagt, dass die SCs unter Zeitdruck stehen, dann benötigt man Vorstellungskraft. Wenn man jedoch auch als Spieler unter Zeitdruck steht, dann benötigt man diese nicht.

Wenn man sich alles selber vorstellen muss und nichts direkt erlebt, dann ist das 100% Pen&Paper.
Wenn man dagegen alles life erlebt und nichts der Vorstellung überlassen muss, ist das 100% LARP.

Und die meisten Rollenspielgruppen, die ich kenne, befinden sich halt irgendwo dazwischen. (100% P&P oder 100% LARP habe ich noch nie erlebt.)

Aber jeder einzelne Punkt sorgt dafür, dass man sich weniger vorstellen muss und etwas mehr selber erlebt.

Zitat
Unter den Umständen gehe ich wohl von einer Situation aus, in der man beim Kochen kontinuierlich ißt und beim Essen weiterkocht, so daß man ständig am Geschmack noch etwas verändern, verbessern oder, wenn man Pech hat, auch verschlechtern kann. So wie beim Grillen oder bei Fondue, bei denen man um Kochstellen sitzt und gemeinsam oder jeder für sich nimmt und zubereitet, was man im nächsten Moment essen möchte und auch mit den anderen teilt, wenn man einen exquisiten Geschmack erreicht hat: Es nimmt ständig das eine Einfluß auf das andere, bis beides im Grunde nicht mehr zu trennen ist.
Nein. Auch beim Fondue ist es zu trennen:
"Ich nehme das Stück Fleisch und Stecke es in die Brühe" --> kochen.
"Ich nehme das Stück Fleisch aus der Brühe und stecke es in meinen Mund" --> essen

Und auch hier gibt es Techniken, die das essen, aber nicht das kochen erleichtern: z.B. das heiße Fleischstück erstmal anpusten, damit es etwas kälter wird --> erleichtert essen.

Oder aber: "Das Stück mehrmals rausnehmen und begutachten, um sicherzustellen, dass es nicht anbrennt. --> verbessert das kochen.

Und um das ganze jetzt mal aufs RPG zurück zu übertragen:
"Pusten schadet dem essen, weil wenn du pustest, kannst du nicht auf das restliche Fleisch in der Brühe achten und es könnte verkohlen."
würde zurückübersetzt ins RPG bedeuten:
"Zeitdruck schadet der Immersion, weil, wenn du unter Zeitdruck stehst, dann hast du nicht mehr genügend Zeit, den anderen Spielern etwas vorzuschauspielern."

Zitat
Und ebenso bei der Immersion: Beides fließt zusammen, bis es untrennbar wird. Was meine Immersion fördert, fördert zugleich die der anderen;
Nein. Kennst du paranoide oder schizophrene Leute? Diese haben eine extrem hohe Immersion, aber sie fördern damit sicherlich nicht deine Immersion.
Oder stelle dir einen querschnittsgelähmten und stummen Mitspieler vor: Er kann sicherlich Immersion haben. Aber wie soll er deine Immersion dadurch fördern? Du weißt ja nichtmal, ob er gerade immersiv ist oder nicht.

Andererseits stelle dir einen guten Schauspieler vor: Er ist theoretisch so gut, dass du ihm glaubst, dass er immersiv ist. Aber in Wirklichkeit hat er dir nur etwas vorgespielt.

Zitat
wenn irgendwo einer die Immersion verliert, ist die ganze Gruppe betroffen
Wieso?
Erst in dem Augenblick, wo er aufhört zu schauspielern, ist die ganze Gruppe betroffen.

Offline Feuersänger

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #157 am: 15.11.2008 | 19:25 »
Findet ihr nicht, dass die Fondue-Analogie langsam etwas überreizt ist? ^^
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

Kleine Rechtschreibhilfe: Galerie, Standard, tolerant, "seit bei Zeit", tot/Tod, Stegreif, Rückgrat

ChristophDolge

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #158 am: 15.11.2008 | 19:41 »
Boah. Hier haben sich ja zwei gefunden ;-)

Offline Merlin Emrys

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #159 am: 15.11.2008 | 20:24 »
Ja, das wäre 100% Pen&Paper.
Ausspielen ist Teil des P&P, der Rest ist optional; geh einfach mal davon aus, daß es nicht stattfindet. Das ist der Fall, den ich mir zur Betrachtung ausgewählt habe, weil er für mich der Regelfall ist. (Du spielst bekanntlich anders, ohne Würfel und so, d.h. grundsätzlich näher am LARP und damit auch unter grundsätzlich anderen Bedingungen.)
Und nun nimm konzentrierte vs. unkonzentrierte Leute. Die unkonzentrierten werden den konzentrierten nichts voraushaben. Die konzentrierten werden eine Fiktion aufbauen, die sie austauschen, in der Dinge aufeinander bezug nehmen - was sich eben mit einer gewissen Konzentration durchaus machen läßt. Aber nicht, wenn die Spieler unkonzentriert werden, z.B. weil sie Schmerzen, Angst oder Streß haben.
Und die konzentrierten werden sehr viel mehr Möglichkeiten haben. Da kann einer als sein Charakter ein Lied singen und von allen Anerkennung und Applaus bekommen, der keine Singstimme hat und lieber gar nicht erst ansetzt. LARP-mäßig kann er so einen Charakter gar nicht spielen, weil es ja die Immersion brechen würde, wenn man von den anderen verlangen würde, zu "hören", daß er "ausgezeichnet singt". Ebenso kann jemand, der keinen Alkohol trinkt, im Spiel an einem Humpen Bier durchaus "Gefallen finden". Die Charaktere können den Spielern in jeder Hinsicht unähnlich sein - echte Rollen eben, nicht nur man selbst in einer zufällig anderen Umgebung.

Zur Immersion selbst:
Man kann sicher das eine und das andere Extrem haben, also Immersion nur bei den anderen fördern oder nur Immersion für sich selbst haben. Der Normalfall ist das mE sowenig wie Paranoide und Schizophrene. Der Normall, mit dem ich vertraut bin, ist, daß beides ineinander übergeht, sich gegenseitig bedingt und stabilisiert und faktisch untrennbar ist. Das ist, denke ich, der Fall, wenn eine Gruppe zusammenspielt und nicht nur ein paar Leute jeder um sich selber kreisen. Aber dann ist die Trennung für die Betrachtung eben auch sinnlos.
« Letzte Änderung: 15.11.2008 | 20:27 von Merlin Emrys »

Offline scrandy

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #160 am: 20.11.2008 | 00:24 »
Also an sich finde ich die Szene klasse, bisher scheint es hier jedoch wenige narrative Ansätze zu geben, sondern reichlich Sanduhren, Würfel und Zeiteinheiten.
Doch was die Stärke der Szene meiner Meinung nach ist, ist die schlummernde Dramatik darin, die nur richtig rausgelassen werden muss. Ob die Spieler dabei sterben oder ob die Situation gerecht oder realistisch wirkt ist mir dabei primär eher egal. (Narrativer Stil eben).

Wie ich mir das vorstelle:
In meinem eigenen Spielsystem (Mystix-rpg.de) besteht eine Szene zunächst aus Herausforderungen(Quests) und der zu erzeugenden Wirkung(Athmosphäre) auf die Gruppe. Die Herausforderungen sind von der Vorgabe schon klar definiert:

- klettere den Gletscher hoch.
- Rette deinen Kameraden.
- Finde den Zufluchtsort und erreiche ihn rechtzeitig.

Was die Wirkungen betrifft muss man einen Spannungsbogen generieren.

- Vor der Szene berichtet ein alter, erfahrener Bergsteiger vom Tod seines Kameraden an der unberechenbaren Gletcherwand. (Bevor die Gruppe nicht einen gewisse Ehrfurcht vor dem Gletcher hat, beginnt erst garnicht der aufstieg)
- Erschöpfung: Der Gruppe werden ihre Grenzen vorgeführt indem sie regelmäßig mit ihrer Erschöpfung konfrontiert wird. (Hier eignen sich konkrete Wirkungen wie: Blaue Zehen, schwerer Atem und langsame Bewegungen eher als Würfelproben und Werteskalen)
- Ist der Gletscher endlich erreicht kommt ein Satz wie: "Endlich erreicht ihr den Gletscher und sofort hört ihr wieder die zitternde Stimme des alten: 'Hütet euch vor den tückigem Eis, schon viele gute Männer haben wir an den alten Zacken verloren, als sie durchbrachen...'.
- Begehen sie dann langsam das Eis, dann werden sie sich von ganz alleine sichern wollen, und wenn nicht spätestens jetzt jeder Spieler schweigend da sitzt und versucht nach leisem knacken zu lauschen, dann tauchen plötzlich Risse auf und immer wieder ertönt das Knacken des Eises (Selbst mit mund simulieren oder einfach beschreiben - Tonaufzeichnungen sind mir persönlich zu aufwendig).
- Ist dann die Gruppe dabei, vorsichtig über den Gletcher zu navigieren, dann kommt was kommen musste: Mit einem lauten schlag auf den Tisch (vom Meister) bricht das Eis unter einem der Gruppe entzwei (wer ist egal - wird nicht geopfert). Alle schreien auf. Und sofort geht der Spielleiter dazu über die Wirkungen des Einbruchs zu simulieren. Der eingebrochene steht unter Shock und wirft eine Orientierungs oder Selbstbeherrschungs Probe (je nach System). Die übrigen werden darauf sensibilisiert, dass jetzt jede Bewegung Konsequenzen hat. In der ferne hören die Charaktere ein grollen um schonmal die nächste Gefahr anzukündigen.
- Jetzt haben die Spieler die freie Wahl wie sie den Kollegen retten. Jedoch kann das übrige Eis noch brechen und immer wieder schaben die scharfen Kanten des Eises am Seil (was nur der gefallene Spieler weiß). Wichtig ist es hier die Spieler zur vorsicht zu mahnen und die Gefahr über eine gewisse Zeit aufrecht zu erhalten. Immer wieder rutscht der Charakter ab, es knirsch, das Grollen in der Ferne.
- Dann haben sie ihn endlich wieder oben. Wenn es passt, dann kann auch in der letzten Sekunde das Seil reißen und er wird nur an bloßen Händen das letzte Stück gezogen. Wichtig für die Spieler ist hier, dass es bei einer Herausforderung bleibt. Lavine und Einsturz zusammen sind wirklich zu überladen und verschwendung an guten Ideen.
- Jetzt zu Lavine. Sie bietet den zweiten Höhepunkt der wahrscheinlich jedoch etwas schwächer ausfällt: Als alle wieder oben sind. Hört man das Grollen jetzt deutlicher. Dann sieht jemand die Lavine in der Ferne. Die Spieler rennen los. Auch wenn das Eis unter ihnen nachzugeben scheint, sie müssen das Gefühl haben, dass die Lavine absolute Priorität hat. immer wieder rutschen sie weg, oder sie stoppen abruppt vor wegbrechendem Eis (kann man gut mit einem Blatt Papier simulieren, dass schon auf dem Tisch liegt und auf dass der Spielleiter immer neue sichtbare Risse im Gletscher durch Haken einzeichnet - hier kommt es nicht auf Korrektheit an, sondern auf die Wirkung auf die Spieler. Die Karte die sie zuvor zum vorsichtigen vorantasten über den Gletscher genutzt haben muss von den Strichen nur so zerfetzt werden)
- Dann stehen sie vor einem 1m breiten Abgrund. Und die Spieler springen in die Rettung. (hier können je nach Gefühl Springen-Proben genutzt werden - aber ich vermute eher, dass nach dem Eiseinbruch die Lavine eher unspektakulärer sein sollte und deswegen der Sprung eher wie ein Sprung in die Freiheit präsentiert werden sollte um in die rettende Höhle zu gelangen und die Gefahren hinter sich zu lassen.
- Dann sollte man der Gruppe genügend Zeit zum aufatmen geben und dann durch eine 3m dicke Eisschicht über der Höhle die Macht der Lavine demonstrieren (neue Herausforderung).

Soviel zum Thema Spannungsbogen. Ich denke der Kern eines guten Narrativen Abenteuers liegt in klaren Herausforderungen, freier Lösungsmöglichkeit durch die Gruppe und intensiven angepassten Wirkungsbeschreibungen. Es kommt in punkto Spannung meiner meinung nach nicht so sehr darauf an, wie gut die Hilfsmittel sind oder wie gut die Proben etc. abgestimmt sind, sondern eher darauf wie gut man die Spieler mitreißen kann. Gestik, Mimik, das Spielen der Situation und das anfeuern und animieren der Spieler läßt diese eintauchen und die Szene erleben. Auch das Vorbereiten der Szene ("der Alte"), angekündigte Gefahren und ein gut gewählter Spannungsbogen sind extrem wichtig. Ich versuche das jedenfalls in meinem Spiel Mystix so umzusetzen um ein narratives aber nicht werteloses Abenteuerspiel zun haben, bei dem die Geschichte im Vordergrund ist ohne die Spieler zu entmündigen.

So dass war meine narrative Sicht auf die Lavine...
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Eulenspiegel

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #161 am: 20.11.2008 | 01:10 »
Die übrigen werden darauf sensibilisiert, dass jetzt jede Bewegung Konsequenzen hat.
Sehr schön. Aber was bedeutet das outtime für die Spieler?

Offline Foul Ole Ron

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #162 am: 20.11.2008 | 09:13 »
@scrandy:
Ob die Spieler sterben / sterben können, finde ich schon eine wichtige Frage! "Gerecht" sollte es bei der Aktion aber auch zugehen - wobei ich da mit "gerecht" einfach nur meine, das die Spieler über ihre SCs angemessenen Einfluss auf die Szene nehmen können. Was mich gleich zur Kritik an "Deiner" Szene bringt: Ich sehe diese Einflussmöglichkeiten nicht! Oder zumindest nicht genug davon.
Das die Szene vor dramaturgischen Möglichkeiten nahezu platzt ist ja offensichtlich - wie man diese nun aufgreift und spielerisch / mechanisch umsetzt ist die Frage. Und da fehlt mir etwas Beteiligung der Spieler an "Deiner" Szene.
Ich übertreibe absichtlich: Du hast die Szene dramatisch schön erzählt, aber wie holst Du die Spieler mit ins Boot? Wie können Sie die Szene beeinflussen?
Wenn Du eben erzählerisch an die Sache ´rangehst, lägen in meinen Augen auch erzählerische Mittel für die Spieler nahe. Player Empowerment?
Wenn Du das "mechanische" der Szene noch etwas näher ausführen würdest, könnte ich es vielleicht besser nachvollziehen...
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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #163 am: 20.11.2008 | 09:16 »
Boah. Hier haben sich ja zwei gefunden ;-)
Yupp. In solchen Fällen vermisst man die gute alte Arena aus dem :G: ::)
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Offline scrandy

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #164 am: 20.11.2008 | 11:53 »
Prinzipiell habt ihr alle recht: aus meiner beschreibung geht wenig hervor, was für möglichkeiten die Spieler haben. Das liegt daran, dass bei solch einer Beschreibung des Spannungsbogens der Spieler natürlich noch nicht berücksichtigt ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine solche vorgehensweise den Spieler entmachtet, sondern lediglich dass der Spielleiter mehr Anpassung betreiben muss. Wie funktioniert das ganze:

Dadurch das der Spielleiter nicht mit klassischen Vorlesepassagen und einem Chronologischen Ablauf arbeitet, sondern mit Herausforderungen und Wirkungen, können diese auch sehr leicht auf die konkreten Aktionen der Spieler angepasst werden. Einen Spannungsbogen so zu Planen bedeutet nämlich noch nicht das es so passieren wird. So können die Spieler zum Beispiel den Alten sehr ernst genommen haben und haben sich eine Skizze des Gletschers zeichnen lasen. Kein Problem - dann nutzen sie natürlich die Skizze. Legen sie stattdessen viel wert auf die Ausrüstung, dann dreht sich natürlich alles um das korrekte anseilen und Spieler planen sorgfältig ihre Absicherungen. Ist es eher eine Aktion-Gruppe und die Leute machen einen auf Free-Climbing, dann gibt es haufenweise Stärke und Klettern Proben und die Beschreibung der Erschöpfung wird ausgebaut um ihnen zu zeigen was sie denn schon alles geleistet haben (Körperlich). Ihr seht also das die selbe Passage durchaus unterschedlich gespielt werden kann (wobei ich hier die Exoten bewust weggelassen habe, denn in meinem Steamfantasy System könnte der Cubiker durchaus auf die Idee kommen einen Eisdicken-Messer zu konstruieren das wie eine Einparkhilfe Piepst wenn das Eis zu dünn ist - Wenn er die nötigen Bauteile findet, warum denn nicht?)

Was man natürlich dazu wissen muss ist das es sich wirklich um ein narratives System handelt, dass diese Spielweise unterstützt. Das bedeutet nicht, dass die Spieler weniger Handlungsmöglichkeiten haben oder ungerecht behandelt werden, sondern dass nicht der Zufall sondern die Entscheidungen des Spielers für Fatalitäten sorgen. Einen Spieler durch eine Probe sterben zu lassen gibt es praktisch nicht und wird auch nicht gewünscht. Wenn die Spieler jedoch falsche Entscheidungen treffen, dann kann es sie durchaus schonmal was kosten (muss natürlich stets plausibel bleiben - Angekündigte Gefahr). Aber ihr glaubt garnicht wie viel ungeplante, kreative Handluingen der Spieler entstehen können, wenn sie nur die Herausforderungen und die Stimmung der Situation genau erfasst haben. Wenn man dann noch bereit ist bei entsprechendem Spielverhalten die Geschichte anzupassen, dann werden auch die Spieler zum Erzähler der Geschichte.
Der Waldfürst gibt, der Waldfürst nimmt.

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Offline scrandy

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Re: Wie würdet ihr folgende Szene leiten?
« Antwort #165 am: 20.11.2008 | 12:19 »
Sehr schön. Aber was bedeutet das outtime für die Spieler?
Ich nehme jetzt einfach mal an das Gram, Bogus und Fienne die Charaktere sind, dann ergibt sich nachdem ich auf den Tisch geklopft habe und in den Raum brülle: "Einsturz! Gram ist abgestürzt" folgende Situation:

- Die Spieler sind nach der eher ruhigen spielweise zuvor aufgewühlt, erschreckt vielleicht sogar aufgebracht weil jetzt doch jemand abgestürzt ist. Das bedeutet ich brauche eine neue Herausforderung und eine kurze Beschreibung: "Gram ist hinabgestürzt doch er hängt noch am Sicherungsseil, dass ihr angebracht habt. Fiennne: Du spürst wie sich das Seil immer mehr strafft und schließlich einen Ruck der dich erstmal einen Meter fortreist. Was tust du:" Fienne:" Ich springe ein Stück ab und versuche an einem solideren Stück so aufzukommen dass ich mich dagegen stemmen kann." Bogus: "Ich werfe mich ebenfalls auf das Seil und ramme meinen Kletterhammer in den Boden um uns halt zu verschaffen." "Nach ein paar Meter, die ihr durch das Eis gezogen wurdet kommt ihr zum stehen." Dann schaue ich die spieler eindringlich an und sage: "Leute, es kommt jetzt auf jede Bewegung an, euer Freund hängt unten im Schacht, ihr steht auf unberchenbarem Eis, und das Grollen in der Ferne verheißt nichts gutes. Was tut ihr?"
- Durch diesen Satz bekommen die Spieler neue Herausforderungen und werden vorsichtiger handeln als sonst. Vielleicht werden sie sich kurz beraten, oder aber sie beginnen langsam sich vorzutasten und ihre Grenzen auszutesten (wie gefährlich ist das Eis noch). In jedem fall können sie jetzt wieder kreativ werden und überlegen wie sie am geschicktesten ihren Freund retten ohne dabei zu lange zu brauchen und ohne das Eis weiter zu zerbrechen. Das können jetzt durchaus noch einige Spielzüge sein.
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