Merlin schrieb:
Dabei ist vom Ausgang her kaum etwas so "monoton" wie ein Kampf. Im Grunde liegen alle möglichen Ausgänge auf einer einzigen Linie, deren Endpunkt "Sieg" und "Niederlage" sind. Irgendwo dazwischen ist "Unentschieden", allenfalls "Flucht" kann man noch als Ausweg von der Linie betrachten. In dieser Betrachtungsweise ist es damit so, daß der Kampf (von seinen möglichen Ergebnissen her) binär ist, während z.B. soziale Interaktionen viel komplexer sind. Man kann vielleicht sein eigentliches Anliegen durchsetzen, aber auf Kosten von sozialer Akzeptanz usw.; man hat eine Vielzahl von Beziehungen, die in Betracht gezogen sein wollen.
Andererseits eignet sich damit genau der Kampf offenbar am besten für eine Abstraktion. Er ist überschaubar, man kann ihn fein in separate Elemente zerlegen, denen weitgehend situationsunabhängig immer dieselben Effekte zugewiesen werden können, jeweils den Ausgang bestimmen und darüber am Ende zu einem einzelnen Ergebnis kommen, das dann eben auf der Linie zwischen "gewonnen" und "verloren" liegt.
Und da ist es auch schon, das prophezeite Argument
Augenscheinlich leuchtet das ein und unter dieser Prämisse wurden die ganzen Kampfregelmonstren sicher auch gebastelt.
Dennoch ist das imho ein Trugschluss, denn offenbar geht das Bedürfnis vieler Rollenspieler eben doch weiter als die Kampfregeln anbieten. Dann wollen sie Stunts und all die tollen Dinge tun, die man aus Filmen kennt, die zeigen, ein Kampf ist NICHT weniger komplex, man ist es nur gewöhnt in dieser binären, linearen Schiene zu denken.
Aber die hohen Ansprüche an Kampf lassen sich eben nicht erfüllen ohne in die Willkür normaler Attributs- oder Fertigkeitsprobe zu verfallen.
Und dort will niemand hin, also will auch niemand auf die Regeln verzichten, denn nur im Kampf gibt es häufig das Gefühl als Charakter (durch die vielen Proben) wirklich etwas erreicht zu haben, ohne auf das Handwedeln des SLs angewiesen zu sein.
Die Szenen mit normalen Attributs und Fertikgeitsproben werden dann meist als Ausgleich genommen um dort die Spielatmosphäre zu schaffen, die im Kampf häufig untergeht, nur ist diese eben meist herausforderungslos und bedeutungslos.
Da greifen also zwei Aspekte zusammen (soziales/Kampf) um ein einziges Gesamtspielerlebnis zu schaffen (viele Rollenspieler würden einen Abend als gescheitert ansehen wenn eines von beiden fehlt), was sie alleine aber nicht vollbringen können.
Ironischweise erwartet aber jeder Rollenspieler das beide Einzelaspekte (sozial/Kampf) so unterschiedlich sie auch sind für sich genommen ein vollständiges, identisches Spielerlebnis liefern. Und das geht NIE auf.
Das bezieht sich jetzt alles auf Rollenspielrunden, die mit komplexen, stark unausgewogenen (90%Kampf/10%sozial) Regelsystemen spielen, und NICHT auf alle die Superindierollenspieler mit ihren perfekten, aufgeklärten Mitspielern.
Ich denke, wer sich lange mit solchen klassischen Runden beschäftigt hat, wird das Muster immer wieder erkennen können.
Entweder gleicht man die Regelteile also an oder fokussiert seinen Spielstil (90%Kampf, also wird auch zu 90% gekämpft). Vor alledem sollte man aber klären was beide Einzelaspekte (sozial/Kampf) in der klassischen Form überhaupt bieten können und für welchen PREIS sie das erreichen (bei simplen Proben z.b.: Identitätsverlust mit dem Charakter, Zufall, Willkür...). Und es hat sich eben eingebürgert bei beiden Spielanteilen auf bestimmte Dinge, zugunsten Anderer Dinge zu verzichten. Aber in den Extremen erfüllen sie ihre Aufgaben eben SEHR gut. Gleicht man sie an (siehe z.b. diverse Indikonfliktsysteme) geht auf jedenfall etwas verloren, denn im klassischen Rollenspiel herrschen beide Extreme vor (Freeform/Atmosphäre und Willkür vs. Taktik,Konsistenz z.b.), daß kein System erreichen kann, daß alles gleich behandelt.
Man kann nunmal nicht alles gleichzeitig haben im Rollenspiel und in klassischen Systemen wurden die Teile einfach verpflückt und getrennt untergebracht.
@EvilDM: nach den alten links zu gucken fehlt mir im Moment leider die Zeit. Ausserdem funktioniert die Suchmaschine im Forum nicht wie sie sollte.