Sundered Skies ist nicht gerade das, was man einem Steampunk-Fan empfehlen würde. - Es kommt nämlich das Steampunk-Element in WESENTLICH GERINGEREM Maße dort vor als z.B. in RunePunk.
Sundered Skies ist FANTASY. - Und zwar recht HARTE Fantasy mit ein wenig Feeling von Stormbringer/Elric, jedoch eben auf einer Welt, die auseinandergerissen wurde, bei der nur noch Schollen, Inseln aus Felsen oder Eis im Himmel treiben.
Echten "Luftkampf" gibt es nicht. - Es handelt sich um Schiffskampf, wie man ihn bei PotSM oder 50 Fathoms finden kann, ergänzt um Manöver des Steigens oder Sinkens gegenüber einem gegnerischen Himmelsschiff.
Daß die Himmelsschiffe alle so aussehen und auch so gefahren/geflogen werden wie Schiffe in einem Ozean hat seinen Grund. Der steht im Spielleiterteil und wird von mir hier nicht ausgeplaudert.
Man kann auch die schwebenden Inseln nicht direkt von oben oder unten anlaufen, sondern muß auf einer Art "Normal-Null"-Ebene anlanden. Auch aus gutem Grund (sogar aus zweien - einem in-game-Grund und einem aus praktischen Erwägungen; wird im Spielleiterteil erläutert).
Sundered Skies hat ein Oben und ein Unten. Fällt man über Bord, so fällt man nach Unten. Regen (oder Steinschläge von höheren Inseln) kommen von Oben. - Ganz oben wird es immer kälter, dort sind Eisinseln vorhanden. Noch höher erfriert man. - Ganz unten wird es immer heißer. Noch weiter unten verbrennt man in den ewigen Feuern des Unten.
Der gesamte Himmel ist NIE DUNKEL! - Es gibt ein diffuses Licht, das Glühen der Leere zwischen den Inseln (den Void-Glow). - Dieses orange-gelbe Glühen macht die Bewohner der Sundered Skies WAHNSINNIG!
Glowmadness ist ein KILLER (schlimmer noch als das neue Way-of-the-Brave-Nahkampfschadenssystem, was bei Sundered Skies aufgrund der oftmals reichlichen und verdammt hohe Schadenswürfel aufweisenden Gegner eh schon ordentlich reinknallt). - Gegen Kampfschaden kann man sich mit jeder Menge Edges und guter Taktik schützen und ggf. abhärten. Kampfschaden heilt auch von selbst ganz ordentlich. - Glowmadness bekommt man, hat es einen erst einmal erwischt, nicht so gut weg (Heilungs-Magie gegen Glowmadness ist extrem selten und erst ab Veteran Rank zugänglich - auch nur für wenige Priester-Richtungen).
Glowmadness hat drei Stufen, die eine HEFTIGERE Abwärtsspirale darstellen als die drei Wundstufen bei körperlichen Verletzungen. Vor allem: Ist man erst einmal auf einer Stufe, kommt man schlechter wieder weg und viel schneller in die nächste Stufe. - Auf der "vierten" Stufe MUTIERT man in die der jeweiligen Charakter-Rasse entsprechende Glowmad-Form (Menschen werden Blinded, Zwerge werden Earthbanes, Orks werden Oger, Elfen werden Blightwalker, usw.). - Jede dieser Glowmad-Formen ist ENDSTATION.
Der Charakter IST UND BLEIBT ein Monster in wilder, irrer Raserei. - Töten ist die einzige Tat zum Selbstschutz der Gruppemitglieder, die hier noch übrig bleibt.
Es gibt irre Kultisten, die sich bewußt mit dem Glow einlassen. Diese schleudern Bolts, Blasts usw., die statt Wunden an Schaden zu verursachen, gleich STUFEN GLOWMADNESS verursachen. - Wer erlebt hat, wie mit ein oder zwei Blasts eines Voider-Piratenschiffs die eigene Mannschaft in Blinded und andere Glowmad-Formen verwandelt wurde, der weiß, warum man sich über jeden "normalen" Piratenüberfall, der einen NUR umzubringen droht, freuen kann.
Die Plot-Point-Kampagne ist HART. Sie beginnt mittel-hart (bei intelligentem Vorgehen der Spieler und bei einer nicht zu kleinen SC-Gruppe, die gut auf ÜBERLEBENSFÄHIGKEITEN abgestimmte Charaktere aufweist) ist der Einstieg zu bewältigen. - Wie man bei den Blutschwertern nachlesen kann, ist in einer Gruppe von drei Charakteren, die auch allesamt nicht auf Sword&Sorcery-ÜBERLEBENSKAMPF in einer brutalen Welt eingestellt waren, ein TPK nicht selten. Und es bleibt nicht nur bei einem TPK, wenn man seine Gruppe an Ersatz-Charakteren nicht gut genug auf wirklich knallhartes "englisches" Spiel einstellt.
Englisch: So nannten wir früher, als u.a. die UK-Module für D&D herauskamen und andere, englische Rollenspiele neben den US-Spielen zu erhalten waren, ein Rollenspiel, welches sich durch STRÖME VON BLUT auszeichnet. Durch eine enorme Härte der Kämpfe, der Gegner, der Welt an sich.
Sundered Skies ist das Produkt eines englischen Autors, der genau diese Art zu spielen gewohnt war, und sie in sein Savage Setting hat einfließen lassen.
50 Fathoms ist für Spielkinder, die ein wenig Risiko, aber mehr Spaß mit Frutti-Di-Mare-Rassen haben wollen. PotSM ist für den Disney-Club, wo man noch weniger Risiko, und mehr Freude an kinoreifer Action haben will. - Sundered Skies ist wie die Jungen Königreiche von Stormbringer NACH dem dort ja bevorstehenden Weltuntergang. Das trifft sogar die Vorgeschichte der Sundered Skies ziemlich gut: Eine Welt, die sich in aller Pracht entfaltet hatte, wo man sich aber mit Dingen eingelassen hatte, die "nicht gut" waren, hat es zerlegt. - Verdientermaßen zerlegt. - Und was davon übriggeblieben ist, das ist geprägt von WAHNSINN, Raserei, Brutalität, und einem "Jeder kämpft für sich allein"-Ethos der Bewohner. Der Kampf ums Überleben, darum sich irgendwie durchzuschlagen, das ist es, was so gut wie JEDES der dortigen Völker bestimmt. Und natürlich die normale Beschäftigung eines Durchschnittsbewohners dort ist (bis ihn irgendwann etwas umbringt oder er durch Glowmadness rasend seine Familie, Freunde, Nachbarn tötet und zur Strecke gebracht werden muß).
Sundered Skies ist Post-Apokalyptische Fantasy in weit stärkerem Maße als Steampunk.
Steampunk-Elemente gibt es nur bei Zwergen-Schiffen und bei Priestern des "Bastler-Gottes", Artificer, als Trapping für ihre normalen Weird-Science-Powers. - Wie gesagt: RunePunk IST Steampunk&Fantasy. Sundered Skies ist Post-Apoc-Fantasy-Horror mit einer Prise Steampunk.
Regeltechnik: Ist man in 50 Fathoms oft gezwungen sauber seine Handelsfahrten zu planen, sein Management des Schiffes ordentlich zu machen, wird einem das bei den Sundered Skies etwas erleichtert. Es ist kein Brennpunkt dessen, worum es in den Skies geht, ein "Handelsrollenspiel" daraus zu machen. - Die Skies sind ein ABENTEUER-Schauplatz, wo es STÄNDIG und kaum vermeidbar irgendwelchen Streß gibt, der gegenwärtig ist, mit dem man sich SOFORT befassen muß, und der somit die volle Aufmerksamkeit erfordert.
Daher sind die Handels- und Schatzsuch-Regeln entsprechend einfach gehalten.
Es gibt jede Menge Magie-Krimskrams zu kaufen oder zu finden. Magische Waffen, Zaubertränke, Magische Segel für die Schiffe usw. - Mehr Magie als man in 50 Fathoms oder auch in Evernight gewohnt ist (was daran liegen mag, daß Sundered Skies ja eigentlich eine D&D 3.0-Kampagne von Dave Blewer war, die er erst nach Erscheinen von SW auf SW umgestellt hatte, und mit Erscheinen der SW:EX auf das WotB-Schadenssystem überarbeitet hatte).
Priester der unterschiedlichen verbliebenen Gottheiten sind die dominante Form des Übernatürlichen. Gottheiten: manche sind bei dem Weltuntergang, dem Sundering, verschwunden, umgekommen, isoliert worden, mutiert, oder was auch immer - es gibt jedenfalls aktuell wirkende Gottheiten in überschaubarer Anzahl und auf alle Bereiche des täglichen Lebens eines Bewohners der Skies bezogen (das ist z.B. eine sehr stimmige Umsetzung von Religion im Fantasy-Setting - es gibt viel zu viele Fantasy-Welten mit Gottheiten, die NIEMAND dort verehren würde, und mit LÜCKEN, wo die Bewohner eigentlich Gottheiten natürlicherweise brauchen würden). - Es gibt auch Magier und "Bastler" (Weird Scientists in zwei Geschmacksrichtungen: Bastler und Priester des Bastler-Gottes).
Eine ganze Reihe neuer Edges und Hindrances - davon recht viele Rassenspezifische Edges (ähnlich wie in RunePunk), die es erlauben innerhalb seiner Rasse gewissen Idealen zu folgen (z.B. können die "Drachenmenschen" sich nach und nach zu einem Echten Drachen auswachsen). - Elfen sind "creepy" (das hat seinen Grund und ist besonders spannend, da Elfen hier mal NICHT die Tree-Hugger sind, sondern echte Unsympathen - und das sind noch die "Guten" unter den Elfen).
Man wird hier OFT den Guts-Skill brauchen. - Man muß STÄNDIG Glowmadness-Würfe machen (somit ist Spirit eine der wichtigsten Charakteristiken für das Überleben hier).
Auf Nachfragen, wie oft und bei welchen Gelegenheiten man denn nun TATSÄCHLICH den laut "Papierform" TÄGLICH fälligen Glowmadness-Wurf machen soll, gab es im TAG-Forum eher schwammige, ausweichende Antworten auch vom Autor selbst. - Die Glowmadness-Regeln by the book angewandt machen eine SC-Gruppe binnen weniger Tage Himmelsreise ziemlich fertig. - Somit MUSS man hierfür Hausregeln einführen bzw. sich eine häusliche Auslegung der Anwendungshäufigkeit dieser Regeln überlegen.
Die Glowmadness-Regelungen - insbesondere die so schnell und so heftig wirkende Abwärtsspirale, die kaum irgendwelche Auswege, Heilungen oder "gute Vermeidungstaktiken" vorsieht - stellen für mich den stärksten Regelschwachpunkt bei Sundered Skies dar.
Hier ist wirklich Vorsicht geboten, wenn man nicht lange Gesichter bei den Spielern haben will (auf einer Con-Runde hatte ich den Fall, daß die Spieler tatsächlich (sogar wider Erwarten!) durch gute Taktik einen Stützpunkt von Voidern niedergemacht hatten. Dabei hatte sich einer 3 Stufen Glowmadness eingefangen. Der wurde gefesselt und ins Dunkele verfrachtet (was +2 auf den Glowmadness-Wurf gibt), doch gibt Stufe 3 einen Abzug von -4 auf den Wurf, so daß es ihm trotz mehrere Bennies nicht gelungen ist, seine Verwandlung in einen Blinded zu vermeiden. Die Folge: der SC mußte von den anderen SCs getötet werden. - Der Spieler war darob ziemlich ungehalten, obwohl ihm diese Abwärtsspirale nach den Glowmadness-Regeln bekannt war. - Ich hatte das by the book geleitet (weil ich normalerweise IMMER versuche so eng wie möglich am vorgegebenen Regeltext zu bleiben). Das war diesem Spieler zu hart. - In der Folge hatte ich auf dem TAG-Forum nachgefragt und eben die schwammigen, für mich enttäuschenden Antworten erhalten.
Nochmals: VORSICHT bei der Anwendung von Glowmadness-Regeln. - Manche Glowmadness-Würfe lassen sich nicht vermeiden, wie z.B. die durch das Aufflackern eines Madness-Hulks, eines Schiffes der Voider-Piraten, das konzentrierten Glow auf andere Schiffe projizieren kann - wodurch deren Mannschaften wahnsinnig werden und mutieren. Oder durch die Void-Priest-Bolts und -Blasts, die statt Wunden Glowmadness-Stufen erzeugen. - VORSICHT, da The Glow wirklich eine schlimme Sache ist, die nicht ansatzweise so gut "abgepolstert" werden kann, wie körperlicher Schaden.
Insgesamt ist Sundered Skies ein interessantes Setting mit mehr Sword&Sorcery-Feeling als mit D&D-like-Fantasy-Feeling. - Steampunk-Fantasy ist es definitiv nur in homöopathischen Dosen. Mehr Post-Apokalyptische Horror-Fantasy. (Horror: es gibt VIER Abwärtsspiralen - Körperlich Wundstufen und Fatigue-Stufen, Psychisch die Effekte von nicht gelungenen Guts-Würfen, sowie Glowmadness. - Mit den Charakteren geht es schneller bergab, wenn die Spieler nicht aufpassen oder manchmal nur Würfelpech haben, als man denkt. Das fördert ein Gefühl der ANGST um seinen Charakter und der Angst vor Begegnungen in den Skies - man weiß ja nie, was einem jetzt wieder auf welche Art ans Leder will.)
Wer Elric/Stormbringer vom Gefühl her mag, wer dort die See-Abenteuer zu schätzen wußte, der wird sich in den Skies schnell heimisch fühlen. - Man braucht nur eine Gruppe POWERGAMER dafür, die in der Lage sind "Survivor"-Charaktere in einer gut abgestimmten Gruppe zu spielen. Stimmungsvolle Low-Performer werden von diesem Setting gnadenlos zermahlen. Spieler, die mal wirklich knackige rollenspielerische Herausforderungen angehen wollen, werden hier gut bedient (längst nicht nur mit Kampf-Herausforderungen, sogar ganz im Gegenteil: die wahre Herausforderung ist, den scheiß-gefährlichen Kämpfen trickreich zu entgehen und sich mit so wenig Kampf wie möglich und so wenig Wahnsinn wie möglich zu behaupten).
Ich finde die Sundered Skies sind eine Welt der oberen Schwierigkeitsstufe, was die Herausforderungen anbetriff. Mit meinen häuslichen Runden habe ich GUTE Erfahrungen mit den Skies auch stark "by the book" gemacht. Aber meine Spieler in den häuslichen Runden sind ja auch nicht zimperlich, sondern eben POWERGAMER.
Ich bin sicher, daß die Sundered Skies NICHT FÜR JEDEN das geeignete Setting sind. - Sword&Sorcery-Fans kommen jedenfalls eher auf ihre Kosten als D&D-Dungeon-Crawl-Fans (zumal die "Schaffbarkeit" einer Begegnung in den Skies NIE garantiert ist - hier gilt es als Spieler URTEILSKRAFT zu besitzen und zu erkennen, wann die "Live to fight another day"-Vorgehensweise angesagt ist).
Es gibt inzwischen auch mehrere zusätzliche Nur-PDF-Publikationen mit längeren, für sich stehenden Abenteuern, die auch sehr interessant sind. Eine davon wurde von "Honoratioren" diese Forums
HIER als Spielbericht niedergelegt.