Ob es nun DSA, D&D, Shadowrun oder WoD ist: neue Editionen großer Rollenspielsysteme werden sehr ambivalent aufgenommen.
Auffällig ist dabei, dass viele SpielerInnen die neue Edition mit hohem Aufwand und starker emotionaler Beteiligung abgrundtief verdammen, von einem Umsteigen dringlichst abraten, von desaströsen Erfahrungen berichten, den Weltuntergang herbeizitieren, kurzum: vollkommen irrational austicken.
Meine Frage nun: warum ist das so? Weshalb meldet sich in jedem D&D4-Thread irgendeine Pappnase und weist darauf hin, dass das System vollkommen scheiße ist? Wieso ist das auch bei Vampire, Shadowrun und DSA so?
Bitte geht in etwaigen Antworten NICHT auf inhaltliche Argumente zu einem speziellen System ein.
Bisherige Erklärungsvorschläge:
- Weil man mit einer neuen Edition sein angestammtes, vielgespieltes und möglicherweise sogar gemochtes System in Gefahr sieht. Wer ne enge Bindung an ein System hat tut sich eben schwer sich zu trennen.
- Es gibt keine neuen Quellenbücher mehr und, schlimmer, der Verlag gesteht sich damit doch ein das die alte Edition verbesserungsbedürftig war.
- Mit jeder neuen Edition wird der Fokus eines Spiels neu gesetzt und "Heilige Kühe" von Spielgruppen geschlachtet.
- Die meisten regen sich einfach darüber auf, dass ihre ganzen angesammelten Quellen- und Abenterbände plötzlich völlig inkompatibel mit dem neuen System sind und man - wenn man auf den "neue Edition"-Zug aufspringen will - ALLES neu kaufen muss.
- Konservativismus Marke Adenauer: keine Experimente. Wenn alles einigermaßen gut läuft, warum sollte man dann etwas neues wollen?
- Davon abgesehen sind manche Änderungen auch sehr heftig. Je heftiger die Änderungen, desto mehr Geschrei.
- Veränderungen bedeuten Mühe. Die Ablehnung von Veränderung dürfte im Kern darauf zurückzuführen sein, dass man einfach keinen Bock darauf hat, sich diese Mühe zu machen. Die Argumente, die dann gegen die neuen Editionen vorgebracht werden, sind vermutlich größtenteils Rationalisierungen dieser emotionalen Abneigung.
- Alte Hasen, die Neuauflagen von Systemen spielen, versuchen (was eigentlich auch klar ist) das neue Spiel mit der alten Herangehensweise zu spielen, denn die liegt ihnen im Blut. Das funktioniert bei D&D4 nicht, das funktioniert bei nWoD nicht. Und das wiederum führt zur Frustration.
1. Das ist kein gültiges Argument. Ich geh da an anderer Stelle mal drauf ein.
2. Und genau DAS ist nicht der Fall, aber Verlage zerstören sich gern mal die Möglichkeit, eine Kampagnenlinie aufzubauen, und zerhauen sich generell mit Retcons ALLES. Siehe D&D 4.0 und SR 4.0
3. Genau DAS ist das Problem der Verlage, sie legen sich NICHT fest und arbeiten darauf zu, NEIN, sie torkeln aufgrund der PR-Arbeit von irgendwelchen Marketingpfeifen umher.
4. Und auch das ist ein legitimes Argument. Ich sag nur "Forgotten Realms" und "Eladrin" und "Duergar", und alles ist gesagt.
5. Experimente gern, wenn sie gut gemacht sind. Ich will KEINE Betaphase kaufen, also auch KEIN SR 4.0 oder D&D 4.0.
6. EBEN. Ich hätte mir liebend gern sowohl D&D 4.0 als auch SR zugelegt, aber SO wie man mich da als Kunde verschreckt hat, wurde ich noch nie brüskiert...
7. Wenn ich ein gut spielbares System wie bei SR 3.0 habe, dann erwarte ich, dass dies weiter geführt wird, und man nicht aus heiterem Himmel einen neuen komplett neuen Regelmechanismus reinbringt, und das alte System komplett kippt. Das geht nicht, und der drastische Rückgang an SR 4.0 Runden auf Cons die ich besuche geben mir Recht. Und wenn ich dann noch von einem Bekannten mitbekomme, dass sich SR 4.0 nicht so wirklich verkauft, dann wundert mich das nicht.
8. Ich will D&D oder SR mit einem Flair spielen, das ICH festlege, ich will doch ein Spiel, das auf MICH, den Kunden zugeschnitten ist, und nicht anders herum. Ist das zuviel erwartet? Ich will kein Brettspiel-D&D, mit dem ich kein einziges meiner Charakterkonzepte verwirklichen kann, weil das System verkrüppelt wurde! Ich will kein **** SR 4.01, in dem Cyberware per W-LAN wegen irgendwelcher scheiss SOTA-Regeln, die schon bei 3.01 D jedem den ich kenne verhasst waren, gehackt werden kann! Das ist NICHT Cyberpunk, das ist kein Spiel im Stile von Bladerunner und Neuromancer, das ist DREK, den ich so nicht kaufen oder spielen will, Chummer! Und da ist es mir völlig egal, ob du das engstirnig nennst, oder nicht!
Ich will Neuauflagen sehen, die TAUGLICH und gern auch INNOVATIV sind, die aber nicht etwas als "Name von Spiel X einsetzen" anpreisen, was es weder
a) vom Flair
b) den Regeln
c) den Termini
her ist.
Wenn ich bei D&D von Strikern, Controllern und dergleichen lese kommt mir das kalte Kotzen, da ist der Ofen aus, MMORPG-Fachtermini haben NICHTS in einem Pen&Paper-RPG zu suchen. Und wenn sies doch tun, dann freu ich mich wie Schneekönig, wenn sie mit diesem Mindset gegen die Wand fahren, so wie sie es mit D&D 4.0 und SR 4.0 wohl tun werden.
AMEN