Spielbericht zu unserer Runde
Der Meister und sein Plan
Professor Philomenus Kervenec
Aspekt: Brain
Typ: Sammler (Collector)
Fear: 2
Reason: 3
Wants: Will in den inneren Zirkel der Geheimgesellschaft aufgenommen werden. Dazu will er beweisen, dass er sich selbst perfektionieren kann, ohne seine Eigenschaften wieder zu verlieren.
Needs: Eigenschaften, Charakterzüge, Fertigkeiten, Lebensenergie etc. der Dorfbevölkerung
Der Professor sammelt menschliche Eigenschaften, Charakterzüge, Fähigkeiten, Lebensenergie und Seelen, die er mittels magisch-alchemistischer Rituale auf sich selbst übergehen lässt. Die Opfer verlieren die geklauten Teile ihrer Persönlichkeit, sind also beispielsweise taub, wenn ihr Gehör geklaut worden ist. Sie können ihr Lachen, ihre Musikalität, ihre Kinderliebe etc. verlieren. Das Problem des Professors besteht darin, dass er die geklauten Eigenschaften nach und nach wieder verliert. Er arbeitet unter Hochdruck daran, sich zu perfektionieren und die Transformation auf Dauer zu stellen. Perfektionismus und Stabilität will er erreichen, um die Outsider zu beeindrucken und in den inneren Zirkel einer Geheimgesellschaft aufgenommen zu werden, in der alle Mitglieder einzelne Eigenschaften in Vollendung besitzen.
Die Schergen
Sophia (Barbara): 12-jähriges Mädchen
MtH: Kann Gefühle deuten und orten, außer sie betreffen sie selbst.
LtH: Kann nicht sprechen, außer sie singt.
Connections:
Anne, die Tochter des Wirts; eine Kindheitsfreundin
Jacques, der Organist
Thomas (Boba): verkrachter Student; unterernährt-hager; ordentlich-pedantisch
MtH: Weiß alles, außer man fragt ihn.
LtH: Kann keine Bitten oder Wünsche äußern – außer bei Nacht.
Connections:
Seine Mutter Agnes
Marie, das intelligenteste Mädchen des Dorfes
Sarah (Niniane): 16-Jährige; groß, dürr; zerzauste, strohige Haare
MtH: Sie kann mit Sprache wahre Wunder wirken, außer sie wird angeschaut.
LtH: Menschen fürchten sich vor ihr, außer sie wird ins Haus gebeten.
Connections:
Guillaume, ihr jüngerer Stiefbruder
die alte Frau Nadelle
Olympia (Patti): hölzerne, menschengroße Puppe; hergestellt vom Meister
MtH: Ist übermenschlich stark, außer wenn sie nicht aufgezogen ist.
LtH: Kann Gefühle nicht erkennen/deuten, außer sie sieht sie.
Connections:
Pierre, ein kleiner Junge, der unvoreingenommen mit ihr umgeht
Amondine, die blinde Mutter des Jungen
Handlungsstränge/Szenen
Die folgende Auflistung entspricht nicht ganz der Szenefolge unseres Spiels. Teilweise habe ich zusammengehörige Szenen direkt nacheinander angeführt.
Befehlsszene
Der Meister ruft Sarah und Thomas. Sie sollen Jacques, den Organisten (Connection von Sophia), holen. Er will dessen musikalische Fähigkeiten klauen, um die Gäste, die er am Wochenende erwartet, mit einer Kostprobe seines Könnens zu beeindrucken.
Befehlsszene
Der Meister befiehlt Sophia, die blinde Frau Amondine (Connection von Olympia) herzubringen. Um seine musikalische Darbietung zu perfektionieren, will er das feine Gehör der Blinden stehlen. (Sophia kann dem Befehl widerstehen.) Sophia entschließt sich, Amondine zu warnen.
Zwischenszene
Sophia läuft aufgeregt zu Olympia, da sie weiß, dass die hölzerne Puppe sich in Amondines Nähe besonders wohl fühlt. Doch Amondine versteht nicht, was das Problem sein soll, wenn der Meister der blinden Frau auch noch das Gehör raubt (LtH). Verzweifelt bricht Sophia in die Stadt auf.
Befehlsszene
Olympia bekommt den Befehl, wertvolle religiöse Symbole einer eingewanderten religiösen Gruppe zu stehlen. Auch mit den Prunkgegenständen will er seine Gäste beeindrucken.
Konfliktszene
Sarah und Thomas finden sich in der Kirche ein, während Jacques Orgelstücke einstudiert. Ein Junge, der Sarah erblickt, rennt schreiend aus der Kirche. Jacques hält mit dem Spiel inne und wendet sich den beiden zu. Auch er ist von Angst erfüllt, als er Sarah erblickt (LtH), und fordert die beiden auf, die Kirche zu verlassen. Mit zitternder Stimme versichert er, keine Angst zu haben: „Der Herr ist mit mir. Ich fürchte euch nicht.“ Als er aus der Kirche flieht, schlägt Sarah ihn von hinten mit einem Kerzenleuchter nieder. Doch mit einer blutigen Kopfwunde kann der Organist entkommen.
Zwischenszene
Sophia, die auf dem Weg zu der blinden Frau ist, trifft den Organisten auf der Straße. Mit wütender Stimme schreit Jacques das Mädchen an, die am Boden zerstört ist, weil ihr Freund sie mit Wut und Verachtung angeht.
Annäherungsszene
Thomas klaut einige der Kerzen aus der Kirche und legt sie seiner Mutter (Connection von Thomas) vor die Tür. Er zündet sie an und formt ein Kreuz daraus. Dann klopft er und rennt schnell weg. Als seine Mutter die Tür öffnet, schreit sie entsetzt auf und tritt die Kerzen beiseite. Sie hat nur gesehen, dass ihr Sohn ein umgedrehtes Kreuz, das Zeichen des Teufels, an ihre Schwelle gelegt hat.
Konfliktszene
Sarah will ihr Versagen in der Kirche wieder gut machen und folgt Jacques zu dessen Wohnung. Unterwegs sieht sie noch, wie der Organist sich mit der kleinen Sophia unterhält, die völlig aufgelöst weiter zieht. Ein kurzer Moment des Zweifels, ob sie nicht vielleicht um Sophia willen den Organisten verschonen sollte, verstreicht rasch. Sarah klopft an der Tür des Organisten, der – gepackt von einer wahnsinnigen Angst (LtH) – zurück taumelt, als er Sarah erblickt. Sie weiß nicht recht, wie sie ihn dazu bringen kann mitzukommen, als Jacques die Angst nicht mehr aushält und aus dem Fenster springt. Schwer verletzt und Blut überströmt schlägt er ein Stockwerk tiefer auf der Straße auf. Als Sophia ihn voller Verzweiflung bittet, ihr zu folgen, wehrt er sich, so gut er kann. Ein zweites Mal scheitert sie beim Versuch, den Befehl ihres Meisters auszuführen.
Annäherungsszene
Sarah hat Jacques, dem sie zweimal so schwer zugesetzt hat, auf eigentümliche Weise in ihr Herz geschlossen. Wie kann sie ihm zeigen, dass sie ihn mag? Er ist Musiker. Singvögel machen schöne Musik. Also schenkt sie ihm einen Singvogel. Aufgeregt fängt sie einen Vogel, dreht ihm den Hals um, und legt den Kadaver zusammen mit einer kurzen Nachricht auf die Schwelle der Organistenwohnung. Ein kurzes Klopfen – dann verschwindet sie um die Ecke. Jacques öffnet die Tür – und als er die Nachricht und den Vogel erblickt, ist er tatsächlich ergriffen. „Wir sind beide nur Opfer dieses bösen Menschen“, schluchzt er und wischt sich eine Träne von der Wange.
Annäherungsszene
Sophia trifft die blinde Frau auf einer kleiner Wiese, die einem Park gleich gepflegt ist. An einem kleinen Gewässer sitzt Amondine auf einer Bank. Neben ihr ein Hund. Sophia streichelt den Hund, als die Blinde sie bemerkt. Die Annäherung gelingt. Sophia singt ihre Warnung (LtH) und fordert die alte Frau zur Flucht auf.
Konfliktszene
Olympia dringt in das Haus ein, in dem die zugereiste Gemeinschaft ihre religiösen Feste abhält. Die Tür kann sie mit ihrer übermenschlichen Kraft problemlos öffnen (MtH). In einem Raum erblickt sie auf einem Altar die sakralen Gegenstände. Vor dem Altar ist eine junge Frau im Gebet versunken. Olympia schaut sich dies einige Minuten an. Als die Betende sich erhebt, erkundigt sich Olympia danach, was die junge Frau gemacht hat. Es entspinnt sich ein Dialog, in dem es ums Beten geht und darum, dass eine hölzerne Puppe nie beten könne, weil sie keine Seele hat. Olympia ist schwer erschüttert.
Der eigentlich vorgesehene Konflikt kommt dann durch das Auftauchen eines alten Mannes in Gang, der Olympia wegschicken will, und ihr ebenfalls vorhält, ein seelenloses Monster zu sein. Beiläufig bricht Olympia ihm die Hand. Doch den beiden gelingt die Flucht, weil Olympias Mechanismus neu aufgezogen werden muss.
Zwischenszene
Auf dem Weg zurück zum Meister treffen Olympia und Sophia sich auf der Straße. Sarah und Thomas stoßen auch dazu. Olympia wird wieder aufgezogen. Sarah und Thomas streiten sich über die Ereignisse in der Kirche. Sophia versucht Olympia klar zu machen, dass sie Amondine gewarnt hat. Olympia erkundigt sich, ob sie eine Seele hat.
Annäherungsszene
Olympia findet sich erneut im Haus der jungen Frau ein, die sie im Gebet beobachtet hat. Sie versucht mit der Frau darüber zu reden, wie es ist zu beten und eine Seele zu haben. Olympias Verzweiflung wird spürbar. Doch die Frau flieht erneut verängstigt vor der seelenlosen Holzpuppe.
Befehlsszene
Der Meister ist rasend vor Wut darüber, dass seine Schergen auf der ganzen Linie gescheitert sind. Einzeln knöpft sich die verängstigen Versager vor, bedroht sie, beschimpft sie und erteilt ihnen neue Befehle. Olympia erkundigt sich ausführlich, ob sie eine Seele hat. Und als der Meister ihr verachtend mitteilt, sie habe selbstverständlich keine richtige Seele, bittet sie darum, eine Seele zu bekommen.
Der Meister lässt sich auf ein bösartiges Spiel ein. Olympia soll zur Bestrafung Sarahs den kleinen Bruder von Sarah, Guillaume, (Connection von Sarah) herbeischaffen. Der Meister stellt ihr in Aussicht, dass sie seine Seele bekommen wird.
Sarah fleht den Meister an, Guillaume zu verschonen. Sie bekommt den Befehl, Pierre zu holen (Connection von Olympia). Vielleicht werde er dann dessen Seele für Olympia nutzen.
Thomas soll den Organisten bringen, den Sarah zweimal hat davonkommen lassen.
Sophia soll ein kleines Mädchen bringen, das der Meister an ihrer statt quälen will. Als stellvertretende Bestrafung. Gegenüber Sophia, die er beinahe mit einem glühenden Eisen foltert, wird die sadistisch-ambivalente Einstellung des Meisters besonders deutlich. Er spricht davon, dass die beiden später heiraten werden. Gleichzeitig erniedrigt er sie nach besten Kräften.
Konfliktszene
Sarah findet Pierre, den Sohn der blinden Amondine, an dem kleinen Gewässer mit der Bank, wo Sophia vorher bereits auf linkische Weise eine Beziehung zu Amondine hergestellt hat. Die blinde Frau sitzt erneut auf der Bank, ihr Hund neben ihr. Pierre spielt am Wasser. Sarah packt den Jungen, um ihn fortzuschleppen. Aber der Hund springt sie um und verjagt sie.
Konfliktszene
Sophia begibt sich zu einer Wiese, auf der die Dorfkinder sich häufig treffen und spielen. Das Mädchen Lara spielt dort allein. Lara freut sich darüber, dass Sophia mit ihr spielen möchte. Die beiden beginnen, ausgelassen Fangen zu spielen. Doch Sophia will ihren Befehl ausführen. Nach und nach versucht sie, Lara in Richtung des meisterlichen Anwesens zu locken. Aber Lara ist nicht bereit, ihr dorthin zu folgen. Wütend wirft Sophia die Altersgenossin zu Boden, die weinend davon laufen kann.
Annäherungsszene
Thomas sucht den Priester in der Kirche auf. Gemeinsam sitzen sie im Beichtstuhl und verwickeln sich in ein Gespräch darüber, welchem Herrn man bedingungslos zu gehorchen hat, wie Gott aus Lehm einen Menschen geformt hat, indem er ihm eine Seele eingehaucht hat, und ob es Erlösung für die Schergen des Meisters geben kann, wenn sie sich Gott zuwenden. Am Ende fordert der Priester den jungen Mann auf, um Vergebung zu bitten. Nichts würde Thomas lieber tun, als ehrlich um Vergebung zu bitten – aber er kann es nicht (LtH). Durch eine geschickte Formulierung erhält er gleichwohl den Segen des Priesters.
Befehlsszene/Einleiten des Endspiels/Tot des Meisters
Der Meister hat abermals seine Untergebenen zu sich gerufen. Dieses Mal treffen sie sich in den unterirdischen Katakomben, in denen Philonemus Kervenec seine alchemistischen Rituale durchführt. Der Meister ist außer sich vor Wut darüber, dass seine Befehle abermals nicht befolgt worden sind. Insbesondere Olympias Flehen nach einer Seele bringt ihn zur Weißglut. Er befiehlt Thomas, Olympia ein für allemal abzuschalten. Thomas widersteht diesem Befehl und greift den Meister an. Die anderen Schergen überwinden ihre Furcht und schließen sich dem Angriff auf ihren verhassten Meister an. Es gelingt ihnen nicht sofort, ihn niederzuringen. Der Professor kann die hölzerne Puppe noch mit Säure verletzen. Doch nach einigem Hin und Her, überwältigen die geschundenen Schergen ihren Peiniger und setzen seinem Wahnsinn ein Ende
Epiloge
Sophia wird von Jacques und seiner Frau adoptiert. Der Organist gibt sich alle erdenkliche Mühe, dem verstörten Mädchen ein liebevolles Zuhause zu bereiten. Er singt mit ihr und auch das Cellospiel erlernt sie nach und nach. Sophia findet ihren Platz in der Dorfgemeinschaft.
Sarah flieht von dem Anwesen und vor der Dorfbevölkerung, die ihr stets nur mit Angst und Abneigung begegnet ist. Tagelang irrt sie durch die Wälder, bis sie schließlich mit zerschlissener Kleidung, verdreckt und fast wahnsinnig vor Hunger an das große hölzerne Tor eines riesigen Klosters klopft. Die Nonne, die das Tor öffnet, schreckt verängstigt zurück, als sie Sarah erblickt. Aber wie es den Regeln des Klosters entspricht, bittet sie Sarah hinein (LtH). Von an kann Sarah hier leben, ohne dass jeder, der sie erblickt, fast wahnsinnig wird vor Furcht.
Olympia verfolgt nun selbst einen Plan: sie will vollständig zum Menschen werden – mit einer vollständigen Seele und einem menschlichen Körper. Sie flieht vor der Dorfbevölkerung und beginnt dann ihre Wanderschaft. Überall, wo sie vorbeikommt, hinterlässt sie Leichen, denen die Haut abgezogen worden ist oder Gliedmaßen fehlen. Sie selbst hüllt sich in die Gewänder, die sie aus den Leichenteilen angefertigt ein.
Thomas folgt Olympia heimlich. Und immer, wenn sie wieder aufgezogen werden muss, kümmert er sich um sie. Auf eigentümliche Weise hat er eine neue Meisterin gefunden, der er einen Dienst erweisen kann.