Autor Thema: Gedanken zum Thema "Was ist gutes Rollenspiel?"  (Gelesen 2219 mal)

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Son_Goku

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Die folgende Theorie hab ich mir gestern ausgedacht, nachdem mir beim Joggen die Idee dazu kam.

Was haltet ihr davon?



Zieltheorie für „gutes Rollenspiel“:

Was gutes Rollenspiel ist, ist eine sehr schwierig zu beantwortende Frage, die letztendlich jeder für sich selbst beantworten muss.
Der eine mag Charakterrollenspiel lieber, der andere will lieber Action erleben. Ein dritter ist vielleicht bekennender Powergamer.

Verschiedene Spieler(innen) verfolgen beim Rollenspiel also unterschiedliche Ziele.
Wie sehr sie sich diesen Zielen annähren, bestimmt den Spass, den die Spieler im Laufe eines Spielabends haben.

„Gutes Rollenspiel“ kann man jetzt unter der folgenden Grundannahme definieren:

Rollenspiel ist dann „gut“, wenn alle beteiligten Personen(Spieler und SL) möglichst viel Spass dabei haben.


Aus diesen Gedanken folgt, dass Rollenspiel also dann „gut“ ist, wenn alle Spieler und der SL sich dabei ihren persönlichen Zielen möglichst weit annähren.
Da sich diese Ziele fast immer widersprechen, ist es notwendig, dass alle Beteiligten Kompromisse schließen, die keinen langfristig benachteiligen.(Ein SL hat i. d. R. andere Ziele als die Spieler und die Spieler haben auch unterschiedliche Vorlieben und Ziele.)

Die Ziele aller Beteiligten lassen sich in 2 Kategorien unterteilen:
Intime-Ziele und Outtime–Ziele.

Intime-Ziele sind die Ziele, die ein Spieler aus der Perspektive seines Charakters verfolgt. Z.B. den bösen Magier zu töten und die entführte Jungfrau zu retten.
Für den SL sind Intime-Ziele die Ziele seiner NSC´s.

Outtime-Ziele sind die Ziele, die man als Spieler oder SL in der realen Welt verfolgt.  Z.B. „eine spannende Athmospäre aufbauen“, „einen bestimmten Charakterzug ausspielen können“ oder„ein bestimmtes Talent steigern“. Ein Charakterrollenspieler, ein Actionliebhaber und ein Powergamer haben hier natürlich ganz unterschiedliche Ziele.


Dieser Theorie nach  entsteht „gutes“ Rollenspiel dadurch, dass sich alle Beteiligten gegenseitig helfen, ihre persönlichen Ziele bestmöglich zu erreichen.

(Dies bezieht sich insbesondere auf das Outtime-Verhalten. Wenn Intime alle immer nur kooperieren würden, könnte das Rsp. bald langweilig werden.)


Der erste Schritt um es den anderen zu ermöglichen, einem beim Erreichen der eigenen Ziele zu helfen, ist es sich der eigenen Intime- und Outtime-Ziele bewusst zu werden. Nur wenn man die eigenen Ziele genau benennen kann, kann man sie anderen auch so mitteilen, dass sie darauf eingen können.
Daher ist es hilfreich sich vor dem Rollenspiel folgende Fragen zu stellen:

Für die Outtime-Ziele:
Warum spiele ich Rollenspiel?

Welche Art von Rollenspiel macht mir Spass? Lege ich mehr Wert auf das ausspielen meines Charakters, auf das Erleben einer spannenden Geschichte oder auf andere Dinge?

Welches Spieltempo wünsche ich mir(Anteil der nicht plotrelevanten, rein athmospärischen Ereignisse an der Gesamtspielzeit)? Wie gefällt mir das Spieltempo, das wir bisher in der Spielgruppe hatten?

Welche Arten von Situationen haben mir in der Vergangenheit besonders gut gefallen und welche fand ich schlecht, langweilig, ungerecht, etc.?

Wie wichtig ist es mir Anerkennung von den anderen Spielern zu bekommen und in welchen Bereichen würde ich mir mehr Anerkennung wünschen?

Von wem würde ich mir wünschen Outtime anders behandelt zu werden?

Wie wichtig sind mir die Werte und die Besitztümer meines Charakters? Was würde ich daran gern ändern?


Für die Intime-Ziele:
Was ist meinem Charakter wichtig?

Welche sozialen Beziehungen wünscht er sich?

Welche Besitztümer und Fertigkeiten würde er gerne erlangen?

Wie zufrieden ist er mit seinem gesellschaftlichen Status?

Wovor hat er Angst? Was möchte er unbedingt vermeiden?

In welchen Bereichen würde er gern das Verhalten seiner Mitmenschen ändern?

In welchen Bereichen würde er gern sein Verhalten ändern?

In welchen Bereichen wünscht er sich mehr Anerkennung?

Ist mein Charakter glücklich? Wenn nein, was könnte er tun um glücklicher zu werden?

Was sind die kleinen Freuden im Leben meines Charakters, die das Leben für ihn lebenswert machen?



Ein sehr wichtiges Mittel, um „gutes“ Rollenspiel zu fördern, ist Feedback. (z.B. in Form einer Feedback-Runde zu Beginn jedes Spielabends)
Feedback dient dazu die anderen über die eigenen Ziele zu informieren und ihnen Anregungen dafür zu geben, wie sie einem helfen können, diese Ziele zu erreichen.


Ein weiteres wichtiges Mittel um „gutes“ Rollenspiel zu erreichen ist das Annehmen von Vorschlägen.
Wenn ein Spieler einen Vorschlag, was man tun könnte oder was passieren könnte, dann sollte dieser angenommen werden, wenn er nicht im Widerspruch zu eigenen Zielen steht. Wenn ein Vorschlag im Widerspruch zu den eigenen Zielen steht, ist es notwendig gemeinsam ein Kompromis zu finden.
Natürlich kann man in vielen Situationen nicht immer einen Kompromiss aushandeln (dies würde  den Spielfluss stören oder wäre Intime unpassend). Daher ist manchmal notwendig bestimmte Vorschläge zu übergehen.
Hierbei ist es aber sinnvoll sich dessen bewusst zu sein und dem übergangenen Spieler zu einem späteren Zeitpunkt Möglichkeiten für das Verfolgen seiner Ziele zu lassen.

Das Annehmen von Vorschlägen bezieht sich auch auf die Vorgaben des SL. Was der SL festlegt, ist grundsätzlich zu akzeptieren.
Andererseits sollte auch der SL versuchen die Vorschläge der Spieler so oft wie möglich anzunehmen.


To be continued...

Offline Merlin Emrys

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Re: Gedanken zum Thema "Was ist gutes Rollenspiel?"
« Antwort #1 am: 15.03.2009 | 12:29 »
Joo... klingt nicht so unvertraut, aber schön, mal wieder davon zu lesen ;-) .
An ein paar Punkten (mehr, als unten angefügt) würde ich noch ein "z.B." einfügen oder die Formulierungen generelle etwas ändern, aber vom Gesamttenor her klingt es nicht schlecht.

Für den SL sind Intime-Ziele die Ziele seiner NSC´s.
Unter anderm, jedenfalls. Ich denke, man kann auch eine bestimmte personenübergreifende Handlungslinie oder eine angezielte allgemeine Entwicklung als "Intime-Ziel" des Spielleiters betrachten.

Lege ich mehr Wert...
Die Frage, so gestellt, halte ich für nahezu unbeantwortbar. Meine Frage wäre: "Welchen Wert..."

Offline Dr.Boomslang

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Re: Gedanken zum Thema "Was ist gutes Rollenspiel?"
« Antwort #2 am: 15.03.2009 | 13:38 »
Was da fehlt ist das Rollenspiel. Wo sind die Eigenschaften des Rollenspiels? Diese Theorie ist so allgemein dass sie auch "Sinn des Lebens" heißen könnte.
Das einzige rollenspielspezifische daran ist die Trennung in "In-Time" und "Out-Time" und die ist noch nichtmal hilfreich, sondern verursacht eher noch Widersprüche (Bewusstheit von Out-Time Zielen nötig? Kooperation bei In-Time Zielen nötig?).

Die Sache mit den Widersprüchlichkeiten und Kompromissen bei den Zielen impliziert auch ganz bestimmte spieltheoretische Voraussetzungen, die glaube ich nicht durchdacht sind. Gehst du davon aus dass der Spaßfunktion ein Nullsummenspiel zugrunde liegt?
Kurz gesagt: Das wichtigste was fehlt ist eine korrekte Analyse und Bewertung der Interaktion im Rollenspiel.

Aber für eine Idee beim Joggen ist es schon ganz gut ;)

Offline Beral

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Re: Gedanken zum Thema "Was ist gutes Rollenspiel?"
« Antwort #3 am: 15.03.2009 | 15:23 »
Das einzige rollenspielspezifische daran ist die Trennung in "In-Time" und "Out-Time" und die ist noch nichtmal hilfreich, sondern verursacht eher noch Widersprüche (Bewusstheit von Out-Time Zielen nötig? Kooperation bei In-Time Zielen nötig?).
Ich halte diese Trennung für theoretisch sauber und elementar. Die Nichttrennung dieser beiden Ebenen in der Praxis halte ich für eine der häufigsten und schlimmsten Störquellen im Rollenspiel.

Was sind Eigenschaften des Rollenspiels?
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Son_Goku

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Re: Gedanken zum Thema "Was ist gutes Rollenspiel?"
« Antwort #4 am: 15.03.2009 | 15:27 »
Die Bewusstheit von Outtime-Zielen finde ich schon sehr wichtig. Das ist, finde ich, sogar der zentrale Punkt dieser Theorie.

Meiner Ansicht nach sind es nämlich meist unterschiedliche Outtime-Ziele, die zu Problemen führen.

Wenn sich z.B. 2 Spieler nicht mögen, sich dies aber nicht eingestehen, sondern stattdessen immer nur Intime subtil gegeneinander arbeiten.

Oder wenn der eine auf Immersion steht, aber der andere einfach nur einen spannenden Abend mit vielen Plotszenen und aufregender Musik erleben möchte. Wenn beiden das bewusst ist, können sie (z.B. in einer Feedbackrunde) darüber reden.
Wenn ihnen diese unterschiede nicht bewusst sind werden sie einfach drauf los spielen und sich am Ende des Abends feststellen, dass es dem einen viel und dem anderen wenig Spass gemacht hat. (Passiert in unserer Gruppe immer wieder, obwohl wir schon seit längerem nach den ursachen suchen)

Auch wenn das jetzt die reine Rollenspielthematik verlässt, glaube ich, dass soziale Outtime-Faktoren wie z.B. Selbstreflexion, private Beziehungen der Beteiligten untereinander, Kritikfähigkeit, Kompromissbereitschaft, Bedürfnis nach Anerkennung, etc.  viel relevanter für einen gelungenen Spielabend sind, als die meisten Intime-Faktoren.

Daher kam mir die Idee der expliziten Trennung von Intime- und Outtime-Zielen.

...
Ein Nullsummen-Spiel muss RSP natürlich nicht sein. Meiner Erfahrung nach haben unterschiedliche Spieler aber oft unterschiedliche Interessen. Gerade bei größeren Gruppen (6 Spieler +) kann es daher zu einem Nullsummenspiel (oder sowas ähnlichem) werden. Gerade daher sollten sich alle Beteiligten darüber klar sein, was ihnen Spass macht und  was sie erleben wollen, damit sie etwas finden können, was allen möglichst viel Spass macht.
« Letzte Änderung: 15.03.2009 | 15:29 von Son_Goku »

Offline Merlin Emrys

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Re: Gedanken zum Thema "Was ist gutes Rollenspiel?"
« Antwort #5 am: 15.03.2009 | 16:46 »
Wo sind die Eigenschaften des Rollenspiels?
In den Fragen. Oder wo beim Joggen stellt sich die Frage: "Ist mein Charakter glücklich? Wenn nein, was könnte er tun um glücklicher zu werden?" Zu unspezifisch in bezug auf Rollenspiel kann man den Beitrag mE in der Tat überhaupt nicht nennen.

Ob er theoretisch unanfechtbar ist, steht dann wieder auf einem anderen Blatt.