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D&D 4 - Wo liegt der Spaß und die Herausforderung?

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wjassula:
Kaum ist man mal eine Woche weg, geht hier alles drunter und drüber...Vorweg: Ich denke,  dass Settembrini grundsätzlich Recht hat. Ich finde sein Argument auch so einfach, dass man es eigentlich nicht seitenlang bestürmen muss. Durch das strenge Fassen des Spielgeschehens in vollkommen quantifizierbare Handlungsoptionen ist das Spiel in der 4Ed im Prinzip genau so berechenbar wie Schach - hat man hinreichend Zeit und Kenntnis aller verfügbaren Optionen, wird man mit dem optimalen Vorgehen herauskommen. Und es gibt auch immer -theoretisch- ein optimales Vorgehen. Das war in früheren D&D-Versionen nicht so, weil sowohl der Situationsrahmen als auch die Handlungsoptionen viel vager formuliert waren, sodass mit einer endlichen Anzahl an Regelelementen eine unendliche Anzahl von Situationen erzeugt werden konnte. Das alles erscheint mir doch aber recht klar und keiner Auseinandersetzung wert. Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass dieses ganze Thema eine Scheindiskussion ist, die das konkrete Spiel ziemlich vernachlässigt. Ebenso wie beim Schach nur hoch spezialisierte Programme und eine kleine Gruppe von Spitzenspielern in den Bereich vordringen, wo der Begriff "endliche Optionen" eine andere als nur theoretische Bedeutung hat, werden die meisten Leute bei D&D4 vielleicht auch nie in der Lage sein, in einer gegebenen Situation aus der Vielfalt der Optionen die ideale zu filtern.

Ok, was aber wichtiger ist: Der Streit darüber klärt auch die Frage nicht, was genau an D&D4 Spaß macht. In welchem Sinn ein Spiel Taktik erlaubt, ist ja nicht zwangsläufig ausschlaggebend für den Spaßfaktor. Man mag entscheiden, dass man Schach oder Eurogames aus diesem Grund geringer schätzt als andere Spiele; nichtsdesdotrotz spielen doch eine ganze Menge Leute mit großem Gewinn diese Spiele.

Klar scheint mir übrigens auch, dass 4Ed den Spielinhalt durch sein Regelkorsett ziemlich steuert, man wird eben nicht genau das machen, was man in anderen Rollenspielen macht. Organisch wachsende Spielhandlung lässt sich eben schlecht in Encounter und Skill Challenges pressen, nur umgekehrt wird ein Schuh draus: Man spielt dann eben eine Reihe von Encountern und Challenges, egal wie man das erzählerisch verbrämt. Das 4Ed vorzuwerfen finde ich unsinnig, genau so unsinnig, wie Siedler vorzuwerfen, dass es da keine Initative gibt. Aber zu sagen, dass man mit 4Ed genau so spielen könnte wie mit 3E oder DSA ist doch auch Quatsch - mit der Verzahnung der verfügbaren Handlungsoptionen mit der Encounter-Abfolge ist doch auch ganz wesentlich diktiert, was und wie man überhaupt spielen kann. Aber das ist bei Primetime Adventures oder Pendragon ja auch so und kein Argument für oder gegen Spielspaß - nur liegt der Spaß jeweils woanders.

Ich wiederhole also meine Ausgangsfrage nach konkreten Beispielen aus der Spielpraxis, die dafür stehen, was euch an D&D4 Spaß macht und auf welche Weise ihr euch als Spieler und Spielleiter herausgefordert fühlt.

Enpeze:

--- Zitat von: Dirk Remmecke am 29.03.2009 | 17:38 ---Das steht nirgends, das ist wahr.

Wobei ich sage: Wenn man D&D4 im Old-School-Sinne spielt, spielt man kein D&D 4 mehr, weil es einen Haufen Grundannahmen, um die 4e herumgebaut ist, in der Alten Schule nicht gab. Der balancierte "Encounter" als x%-Ressourcen-verbrauchender Teil eines Abenteuers; das Battlemap-gestützte Kampfsystem, das direkten Einfluss darauf hat, welche Powers man nutzen kann, "General Utility" Zauber als langwierige Rituale, wenn überhaupt...

--- Ende Zitat ---

Seh ich auch so. 4e as written ist nicht sonderlich old-school. Ein  Beispiel ist das "5min. Pausenbrot" nach dem man innerhalb eines Augenzwinkerns und Ausgabe einer äußerst abstrakten Resource (healing surges) von "tot" auf "vollkommen unverletzt" kommt. Das ist ein guter Regeltrick der zum Zweck hat, das kurz darauffolgende Encounter für Moduldesigner mathematisch besser kalkulierbar zu machen.

So ist die Spielfigur in der Lage das von WotC für 4e angedachte nächste 2 seitige Serienencounter ohne größere Unwägbarkeiten durchzuspielen. Find ich also ziemlich unkonventionell und alles andere als "old-school". Ein ähnlicher Trick wird oft in Computerspielen verwendet wie z.B. in WoW in dem der Held zwischen den Kämpfen geschwind ein Resource-Brötchen zu sich nimmt und dadurch seine Hitpoints schneller regeneriert.

Was wäre wenn man 4e OHNE 5min. Pausenbrot spielen würde wie es früher in D&D1-3 der Fall gewesen ist. Richtig. Die Wotcies könnten den selbstgewählten Balanceanspruch und die Zusammenbauphilosophie ihrer Encounter nicht aufrechterhalten. Permanente Pausen zur Regeneration von hunderten Hitpoints der einzelnen Spielfiguren wären normal und das Spiel (für mich das "Brettspiel" - für andere wahrscheinlich das "Rollenspiel") würde vieles an modern/modischer Rasanz verlieren. 

Dr.Boomslang:

--- Zitat von: Jasper am 29.03.2009 | 22:13 ---Durch das strenge Fassen des Spielgeschehens in vollkommen quantifizierbare Handlungsoptionen ist das Spiel in der 4Ed im Prinzip genau so berechenbar wie Schach - hat man hinreichend Zeit und Kenntnis aller verfügbaren Optionen, wird man mit dem optimalen Vorgehen herauskommen. Und es gibt auch immer -theoretisch- ein optimales Vorgehen. Das war in früheren D&D-Versionen nicht so, weil sowohl der Situationsrahmen als auch die Handlungsoptionen viel vager formuliert waren, sodass mit einer endlichen Anzahl an Regelelementen eine unendliche Anzahl von Situationen erzeugt werden konnte.

--- Ende Zitat ---
Das finde ich gar nicht so selbstverständlich. Ist das nicht nur eine Illusion bzw. eine Implikation die vielleicht gar nicht nötig ist?
Ist es nicht schon immer so gewesen dass die Regelmechanik einen abzählbaren Raum von Optionen aufspannt den man nicht wirklich verlassen kann? In alten Spielen waren diese Optionen immer nur dermaßen trivial, beschränkt oder abstrakt, dass man einfach auch ein extrem beschränktes Spiel erhielt wenn man daran nichts geändert hat. Der Anreiz war also schlicht größer, diesen Raum durch eigene kreative Ideen zu erweitern, oder auf dem Wege über die Fiktion geschickt "zu umgehen".
Ob diese Implikation nun von Autoren gewollt war oder ist, darüber kann man ewig streiten. Tatsache ist dass die Oldschooler sie heute als gegeben ansehen. Genauso ist es aber eine Tastache, dass es immer schon Leute gab die das anders gesehen haben (bzw. es aus Sicht der Oldschooler schon immer "falsch" verstanden haben). Dirk hat oben ja ein Beispiel genannt. Auch bei D&D1 oder was auch immer kann jemand durchaus darauf bestehen alles nur über normale Attacken (und Rettungswürfe) zu machen, weil das alles ist was das System zulässt. Ich finde es durchaus nicht offensichtlich das solche Systeme es eher "erlaubt", oder aktiv befördert haben auf dieser Grundlage zu improvisieren, oder die Systeme selbst zu erweitern, es war schlicht und ergreifend nur leichter und gleichzeitig notwendiger, deswegen wurde es gemacht.

Mit wachsender Dichte der Verregelung und der sinkenden Zahl offener Enden die in Richtung Vorstellung und Fiktion weisen, sind Spieler verständlicherweise immer weniger geneigt selbst zu improvisieren, aber in erster Linie weil sie es nicht mehr brauchen. Dadurch kann der Eindruck entstehen das System erlaube dies auch nicht mehr. Tatsächlich wird es ja auch schwieriger Folgen von Improvisation unter Umgehung der Mechanik abzusehen. Der Weg des geringsten Widerstandes ist also nichts zu verändern und sich im vorgegebenen Rahmen zu bewegen, das kann man natürlich durchaus als Zwang in die eine oder andere Richtung verstehen. Allerdings kann man es auch genauso einfach als Erweiterung der vorgegebenen Möglichkeiten begreifen und nicht als Einschränkung der nicht vorgegebenen.

Der Spaß eines abgeschlossenen Optionssystems nach Art von Schach ist natürlich dass allgemeine Optimierungsproblem unter bekannten Optionen. Das gefällt manchem nun mal besser als die Optimierung unter größtenteils verdeckten und unbekannten Optionen. Wenn es um Taktik im militärischen Sinne geht, dann geht es ja immer um letzteres. Ein taktisches Genie schafft sich seine konkreten Optionen aus den unendlichen Möglichkeiten selbst, am besten ohne dass der Gegner sie überhaupt erahnen konnte.
Ein Spiel funktioniert als solches aber eher besser mit endlichen Zuständen und offenen taktischen Optionen. Die Frage ist natürlich wie viel das mit den Wurzeln des Rollenspiels in der Fiktion zu tun hat.

PS: Ich hasse Schach, und ich mochte auch nie D&D bzw. ich habe es bisher nie richtig verstanden. ;)

Meister Analion:
Ich finde das klar begrenzte Optionen lebenswichtig zur Gestaltung guter Abenteuer sind. Gerade bei 3.x konnte man doch kaum eine nicht-kämpferrische Herausforderung einbauen, ohne das irgend jemand einen Spruch oder Gegengstnd aus dem Ärmel geschüttelt hat um es sofort zu trivialisieren.

Ausserdem sind nicht alle RPler hardcore Wargames-Fanatiker. Und ich will Ehrlich gesagt auch nicht mit solchen Spielen. Klar ist es für mich und anscheinend Settimbrini recht einfach den optimalen Weg zu finden. Meine Frau dagegen ist manchmal überfordert.

D&D4 ist taktisch genug um auch manche Wargamer anzusprechen, ist aber auch übersichtlich genug für Leute die nicht gerne Regelwerke lesen.

1of3:

--- Zitat von: Enpeze am 29.03.2009 | 22:20 ---Seh ich auch so. 4e as written ist nicht sonderlich old-school. Ein  Beispiel ist das "5min. Pausenbrot" nach dem man innerhalb eines Augenzwinkerns und Ausgabe einer äußerst abstrakten Resource (healing surges) von "tot" auf "vollkommen unverletzt" kommt. Das ist ein guter Regeltrick der zum Zweck hat, das kurz darauffolgende Encounter für Moduldesigner mathematisch besser kalkulierbar zu machen.

So ist die Spielfigur in der Lage das von WotC für 4e angedachte nächste 2 seitige Serienencounter ohne größere Unwägbarkeiten durchzuspielen. Find ich also ziemlich unkonventionell und alles andere als "old-school". Ein ähnlicher Trick wird oft in Computerspielen verwendet wie z.B. in WoW in dem der Held zwischen den Kämpfen geschwind ein Resource-Brötchen zu sich nimmt und dadurch seine Hitpoints schneller regeneriert.
--- Ende Zitat ---

Diese Pausenbrötchen (geile Bezeichnung!) gabs allerdings in der dritten Edition auch schon. Sind da dünn und länglich und nennen sich Wands of Lesser Vigor (oder Wands of Cure Light Wounds).

Funktionieren technisch genauso, nur der organisatorische Aufwand ist höher.

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