Autor Thema: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten  (Gelesen 4782 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #25 am: 15.04.2009 | 16:58 »
Ich schließe mich Imago, Waldviech und Nocturama an. :)
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Offline Bitpicker

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #26 am: 16.04.2009 | 09:20 »
Und wenn man diese Fremden dennoch als SC einführt, so steht man vor dem Moha-Problem bei DSA. Eben durch ihre Fremdheit sind sie nicht in den Handlungsraum eingebunden und stehen immer als Außenseiter am Rande.

Gefragt wäre also ein synkretisches Setting, dass die Kulturen entlehnt und so transformiert, dass sie zueinander in enger Verbindung und im Austausch stehen (wie bei der Globalisierung), dabei aber ihre Alleinstellungsmerkmale nicht verlieren (genau anders als bei der Globalisierung).


Das Problem dabei ist, dass die Gesellschaften, die sich in der Geschichte herausgebildet haben, ein Produkt ihrer Vergangenheit und ihrer Umwelt sind. Wenn du sie aus diesem Umfeld herausnimmst und anders anordnest, nimmst du ihnen ihre Identität und Plausibilität, und plötzlich wirken exakt dieselben Kulturen, die in unserer Geschichte stimmig wirken, plötzlich unrealistisch und deplatziert.

Das ist meines Erachtens der Gundfehler der meisten Fantasysettings: sie haben keine plausible Geschichte und fühlen sich an wie Collagen. Ein Beispiel aus der Fantasy-Literatur, das ich für sehr deutlich halte, ist die Welt von Conan. Da kombinieren sich Pseudohistorie, Vorurteil und schwache geographische Realsatire zu einem bunten, aber vollkommen beliebigen und unorganischen Gewirr. Demgegenüber ist Mittelerde eine gelungene Umsetzung, eben weil Tolkien sich sehr viele Gedanken über die Geschichte seiner Welt gemacht hat.

Ich spiele recht gerne mit historischen Settings, aber es ist viel Arbeit, sich eines selbst zu erschließen. Ein guter Ansatz ist vielleicht so eine Publikation wie das aktuelle GEO Epoche Sonderheft zum 1. Jahrtausendwechsel. Es stellt nämlich nicht eine Kultur in ihrer Tiefe dar, sondern gibt einen Überblick über die Kulturen um das Jahr 1000 weltweit. Es gibt Berührungspunkte zwischen den Kulturen, aber sie fallen relativ gering aus; da stolpern nicht plötzlich Touristen aus dem China der Song-Dynastie durch Köln, aber es kann durchaus Reisende geben. Und es gibt weit auseinander liegende Hochkulturen, die alle ihre Reiz haben. Würde man sie aber näher aneinander rücken, weiß ich nicht, wie man plausibel machen will, dass der erhöhte Austausch keine irgendwie geartete Assimilation auslösen soll.

Robin
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Eulenspiegel

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #27 am: 16.04.2009 | 13:34 »
Ich sehe nicht den Vorteil, wenn man eine Fantasy-Welt nimmt und dort reale Kulturen ansiedelt:
Wenn ich in einer Fantasy-Welt spiele, will ich auch Fantasy-Kulturen.

Wenn man mit realen Kulturen spielen will, empfiehlt sich die reale Erde. (evtl. mit einem mystischen Anstrich.)
Ich habe weiter oben ja schon ein paar Beispiele gebracht, welche Epochen bzw. Umbrüche sich dafür besonders gut eignen: Man hat dort viele verschiedene reale Kulturen auf der realen Welt. (Und man muss sich über Geschichte keine Gedanken machen, da man die reale Geschichte nimmt.)

Imago

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #28 am: 16.04.2009 | 13:56 »
Zitat
Ich sehe nicht den Vorteil, wenn man eine Fantasy-Welt nimmt und dort reale Kulturen ansiedelt:
Wenn ich in einer Fantasy-Welt spiele, will ich auch Fantasy-Kulturen.

This.
Zitat

Das Problem dabei ist, dass die Gesellschaften, die sich in der Geschichte herausgebildet haben, ein Produkt ihrer Vergangenheit und ihrer Umwelt sind. Wenn du sie aus diesem Umfeld herausnimmst und anders anordnest, nimmst du ihnen ihre Identität und Plausibilität, und plötzlich wirken exakt dieselben Kulturen, die in unserer Geschichte stimmig wirken, plötzlich unrealistisch und deplatziert.

Das ist meines Erachtens der Gundfehler der meisten Fantasysettings: sie haben keine plausible Geschichte und fühlen sich an wie Collagen. Ein Beispiel aus der Fantasy-Literatur, das ich für sehr deutlich halte, ist die Welt von Conan. Da kombinieren sich Pseudohistorie, Vorurteil und schwache geographische Realsatire zu einem bunten, aber vollkommen beliebigen und unorganischen Gewirr. Demgegenüber ist Mittelerde eine gelungene Umsetzung, eben weil Tolkien sich sehr viele Gedanken über die Geschichte seiner Welt gemacht hat.

Jein. Einerseits wäre ich ja schön blöd gegen historisch wachsende Fantasywelten zu argumentieren weil genau das habe ich mir ja momentan zum Projekt gemacht. Andererseits ... ich denke, dass man diverse kulturelle Elemente schon verstehen und mit ein bisschen Gespür auch plausibel in ein anderes Umfeld verpflanzen kann. Wenn ich rituellen Kannibalismus betreibende Wikinger oder Feuerwerk zündende Griechen will ist das ein leichtes da hin zu kommen auch wenn es dafür keine historischen Beispiele gibt. Abgesehen davon ist es halt immer eine Frage des Geschmacks.
Der eine wird auf Collagen vom Stil Conans stehen (ich übernehme das jetzt mal mutmasslich ich kenne Hyperborea nicht so) während der andere mehr auf Mittelerde abfährt. Da spielt nicht nur die gewachsende Historie sondern auch die Grundstimmung der Welt rein. Fürs Rollenspiel ist es natürlich schon klasse wenn jeder Ort seine eigene Backstory hat ... desto mehr Ansätze gibt es die man fürs eigene Spiel verwursten kann.
« Letzte Änderung: 16.04.2009 | 15:00 von Imago »

Offline Lord Verminaard

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #29 am: 16.04.2009 | 14:58 »
Einerseits wäre ich ja schön blöd gegen historisch wachsende Fantasywelten zu argumentieren weil genau das habe ich mir ja momentan zum Projekt gemacht.

Ich werde neugierig. Link? :)
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Imago

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #30 am: 16.04.2009 | 14:59 »
Zitat
Ich werde neugierig. Link? Smiley

Siehe Sig. :)

Offline Lord Verminaard

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #31 am: 16.04.2009 | 17:40 »
Wiewas? Oh, äh, ja. Ich muss weg. ;D
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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #32 am: 16.04.2009 | 18:26 »
...Feuerwerk zündende Griechen will ist das ein leichtes da hin zu kommen auch wenn es dafür keine historischen Beispiele gibt.

Äh, was? Griechisches Feuer? Gab´s sogar in schicken Handfeuerwerfern.  ;)

Und die Wikinger hatten ja wenigstens mal Menschenopfer.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #33 am: 16.04.2009 | 18:32 »
Zitat
Wiewas? Oh, äh, ja. Ich muss weg.
öö

Zitat
Äh, was? Griechisches Feuer? Gab´s sogar in schicken Handfeuerwerfern.  Wink

Und die Wikinger hatten ja wenigstens mal Menschenopfer.
Ich dachte jetzt an sowas mit bunten Lichtern und Explosionen am Himmel und Geister der Ahnen in sich aufnehmen ... aber ich erhebe auch ausdrücklich keinen Anspruch auf Allwissenheit. ;)

Zu den Wikinger-Menschenopfern hab ich mir grad ein wenig was ergoogelt, interessante Sache. Danke. ^^

Offline Lord Verminaard

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #34 am: 16.04.2009 | 20:08 »
Zur germanischen Kultur kann ich bei Bedarf ein sehr informatives und unterhaltsames Buch empfehlen.
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Offline WeepingElf

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #35 am: 16.04.2009 | 20:49 »

Das Problem dabei ist, dass die Gesellschaften, die sich in der Geschichte herausgebildet haben, ein Produkt ihrer Vergangenheit und ihrer Umwelt sind. Wenn du sie aus diesem Umfeld herausnimmst und anders anordnest, nimmst du ihnen ihre Identität und Plausibilität, und plötzlich wirken exakt dieselben Kulturen, die in unserer Geschichte stimmig wirken, plötzlich unrealistisch und deplatziert.

Ja, jede Kultur ist Resultat von Kontakten zwischen verschiedenen anderen, früheren Kulturen und natürlichen Gegebenheiten - wenn man sie aus ihrem Kontext reißt, verliert sie ihre Historizität und "hängt in der Luft", macht keinen Sinn mehr.

Zitat
Das ist meines Erachtens der Gundfehler der meisten Fantasysettings: sie haben keine plausible Geschichte und fühlen sich an wie Collagen. Ein Beispiel aus der Fantasy-Literatur, das ich für sehr deutlich halte, ist die Welt von Conan. Da kombinieren sich Pseudohistorie, Vorurteil und schwache geographische Realsatire zu einem bunten, aber vollkommen beliebigen und unorganischen Gewirr. Demgegenüber ist Mittelerde eine gelungene Umsetzung, eben weil Tolkien sich sehr viele Gedanken über die Geschichte seiner Welt gemacht hat.

Ganz genau.  Mittelerde ist gut durchdacht, und übrigens ist keine der Kulturen Mittelerdes ein Abklatsch irgendeiner realen historischen Kultur - selbst die Kulturen der Menschen nicht.  Kann ja auch nicht, weil Mittelerde eben seine eigene Geschichte hat.

Ein anderes gutes Beispiel: Verduria, von Mark Rosenfelder (auch ursprünglich als Rollenspielsetting entstanden).  Da hat auch alles seine eigene Geschichte, und keine Kultur ist ein Abklatsch irgendeiner irdischen Kultur (und Tolkieneske Rassen gibt es auch nicht, auch wenn die Elcari schon deutlich an Zwerge erinnern).  Dabei sind einige hübsche Sachen herausgekommen, unter anderem ein Land, das von einer Kunstakademie(!) regiert wird.  Aber es hat eben alles seine Geschichte und ergibt Sinn!

Zitat
Ich spiele recht gerne mit historischen Settings, aber es ist viel Arbeit, sich eines selbst zu erschließen. Ein guter Ansatz ist vielleicht so eine Publikation wie das aktuelle GEO Epoche Sonderheft zum 1. Jahrtausendwechsel. Es stellt nämlich nicht eine Kultur in ihrer Tiefe dar, sondern gibt einen Überblick über die Kulturen um das Jahr 1000 weltweit. Es gibt Berührungspunkte zwischen den Kulturen, aber sie fallen relativ gering aus; da stolpern nicht plötzlich Touristen aus dem China der Song-Dynastie durch Köln, aber es kann durchaus Reisende geben. Und es gibt weit auseinander liegende Hochkulturen, die alle ihre Reiz haben. Würde man sie aber näher aneinander rücken, weiß ich nicht, wie man plausibel machen will, dass der erhöhte Austausch keine irgendwie geartete Assimilation auslösen soll.

Ja, historische Settings sind sehr reizvoll - wenn sie gut gemacht sind und nicht einfach darin bestehen, Klischee auf Klischee zu stapeln.  Wenn man letzteres will, kann man gleich zu einer Fantasy-Welt greifen.  Natürlich muss man, wenn man so was machen will, gründlich recherchieren, aber das macht die Sache erst so richtig interessant - mir macht das Spaß.

Der Punkt ist: bevor ich etwas kopiere, nehme ich lieber das Original.  Eigene Welten sind dazu da, etwas zu machen, das man so noch nicht gesehen hat - weder in der realen Geschichte noch in irgendeiner anderen phantastischen Welt.
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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #36 am: 17.04.2009 | 10:33 »
Zitat
Zur germanischen Kultur kann ich bei Bedarf ein sehr informatives und unterhaltsames Buch empfehlen.

*dafür*
Geschichte in informativ UND unterhaltsam gibts wirklich selten...

Ein

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #37 am: 17.04.2009 | 10:37 »
"Die Germanen" evtl.?

Offline Lord Verminaard

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #38 am: 17.04.2009 | 11:21 »
Die Geschichte der Germanen von Arnulf Krause.
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Offline Maarzan

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #39 am: 17.04.2009 | 21:04 »
Steht da auch was an Alltagskultur drin (Hartwurst :)) oder werden da nur die tollen Schlachten und Größen in Form von Helden, Herrschern, Göttern gefeiert wie im Geschichtsunterricht.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Lord Verminaard

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #40 am: 17.04.2009 | 22:17 »
Es steht was zur Religion und den Ritualen, zum Aufbau einer typischen Siedlung, zur Kleidung, und noch ein paar andere Sachen. Hätte für meinen Geschmack noch mehr sein können, fand ich aber schon nicht schlecht. Sooo viel ist wohl auch gar nicht darüber bekannt, jedenfalls hinsichtlich der Ur-Germanen. Das ist ja pure Archäologie. Der Autor entwickelt aber insgesamt ein sehr plastisches Bild, auch mit Fantasie. Ich fand es sehr mitreißend. Vereint m.E. die positiven Eigenschaften deutscher und amerikanischer Sachbücher und vermeidet die negativen.
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