Ich habe mit eine Sammlung von etwa 35 bis 40 kurzen Notizen zu Turmalin und Umgebung begonnen, quasi ein Turmalin: A bis Z. Nach Fertigstellung werden ich die gesammelt und sortiert auch wieder ins Gesamtdokument einfügen und im Eingangspost zum Download stellen.
Turmalin von A bis Z: Die Gärten des Amundara
Zu den erstaunlichsten Sehenswürdigen von Turmalin gehören zweifellos die Gärten des Amundara. Dieses Areal von circa 75.000 qm liegt in unmittelbarer Nachbarschaft des Schwebendes Palastes und wird von einer hohen Mauer geschützt, auf der zu jeder Zeit Wachen patrouillieren. Besucher können die Gärten auf befestigten Wegen erkunden, die über weite Strecken von kunstvollen Bauwerken aus Talzum und weißem Marmor überdacht wurden. Filigrane Pavillons, sprudelnde Brunnen und bequeme Ruhebänke sind überall zu finden. Tagsüber - und nur dann, wenn der Amundara oder seine seltenen Gäste sich dort nicht aufhalten - sorgen von Wachen begleitete Gärtner für Sauberkeit und Passierbarkeit der Wege. Die Bewachung dient dabei dem Schutz der Arbeiter, denn die Gärten führen ein sehr eigenes und eigentümliches Leben.
Niemand kennt den Grund, doch die Pflanzenwelt unterliegt hier ständiger, fließender Veränderung. Innerhalb weniger Tage kann aus einer Wiese betörend duftender Blumen ein Wald weitreichender, dornenrankiger Büsche entstehen. Ein auf Aurealis noch nie gesehener Baum ist heute ein Schößling, morgen ein kräftiger Jährling, trägt übermorgen erstaunliche Früchte – und einen Tag später steht an seiner Stelle ein fremdartiges Pilzgewächs, das sich von Vögeln ernährt. Haine vergehen über Nacht und tauchen an anderer Stelle wieder auf, und fantastische Pflanzen, die noch gar keine Namen tragen, können binnen Tagesfrist ein ganzes Feld für sich beanspruchen. Es ist still in den Gärten, denn Tiere findet man hier selten.
In der Tat sind die Gärten so alt wie Turmalin selbst, vielleicht sogar noch älter. Das Wissen darüber, wer sie angelegt hat und warum, ist der Vergessenheit anheim gefallen.
Der Amundara nutzt die Gartenanlagen sowohl zur Entspannung als auch für wichtige Gespräche. Wenn er, allein oder mit Gästen, unterwegs ist, werden die Mauerwachen verstärkt und die üblichen Leibwächter folgen in gebührendem Abstand.
Turmalin von A bis Z: Die Katakomben
Am Nordrand der Stadt liegen die Katakomben von Turmalin. Priesterschaft und Adel sowie wohlhabende Familien begraben ihre Toten in Mausoleen innerhalb der Stadtgrenzen. Weniger privilegierte Maruun nutzen außerhalb liegende Friedhöfe und Familiengräber. Alle anderen – gewöhnliche Bürger, Arme, Verbrecher, Unerwünschte und Fremde – begräbt man in den Katakomben.
In einem Gebiet von etwa 500 Schritt Länge und 150 Schritt Breite ist durch ständiges Graben ein enormer Abgrund entstanden. Viele der künstlichen Hügel in Turmalin bestehen zu großen Teilen aus dem Aushub der Katakomben und auch vor der Stadt legt man Felder oft mit der überschüssigen Erde an. Es gibt keine zuverlässigen Angaben mehr darüber, in welche Tiefen sich die Totenstätte bereits erstreckt. Säulen aus Holz und Stein ragen aus der ewigen Dunkelheit empor und tragen ein Gewirr aus Treppen, Brücken und Leitern, über die man in die Tiefen gelangen kann. Dort betritt man riesige Gewölbe und zahllose Kammern, verbunden durch ein komplexes und verwinkeltes System aus Korridoren und Schächten.
Die Zata sind die Hüter der Toten und der Katakomben. Sie tragen tiefviolette Gewänder und grobe, kupferne Halsketten, die sie als Vertreter ihrer Profession ausweisen. In ihrem umfangreichen Archiv besitzen sie Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, wer wo begraben liegt. Diese Informationen sind aufgrund der schieren Masse kaum noch überschaubar. Die Zata konzentrieren sich deshalb hauptsächlich darauf, freie Ruhestätten schnell zu ermitteln. Durch ein kompliziertes Zeichensystem können die Hüter ein bestimmtes Grab mit großer Sicherheit finden und einen Besucher dort hin führen, wenn dieser die entsprechende Kennzeichnung zur Verfügung stellen kann. Dabei tragen sie brennende Ritualöle, die den Geruch der Katakomben in den Tiefen überdecken sollen. Doch je tiefer das Ziel liegt, desto höher ist der Preis, den die Zata verlangen, und auch sie wagen sich nicht überall hin.
Vor fast 1500 Jahren entschied der amtierende Amundara, dass Verrückte, Verkrüppelte und ähnlich beeinträchtige Maruun seinen Sinn für Ästhetik und die Schönheit der Stadt stören würden. Da diese Geschöpfe ohnehin dem Tode geweiht seien, wäre es im Sinne ihrer Bestimmung, sie in der Nähe der Toten anzusiedeln. Effektiv wurden diese „Schandflecken“ auf dem Antlitz der Stadt, sofern sie keine wohlhabenden oder einflussreichen Familien besaßen, in die Katakomben hinuntergelassen und dort ausgesetzt. Regelmäßig schickte man dann, vielleicht in einem Anflug von schlechtem Gewissen, Nahrungsmittel und Wasser in die Tiefe. Vor 900 Jahren wurde diese Anordnung wieder aufgehoben. Doch das „Totenexil“ wird inoffiziell immer noch als geeignet betrachtet, die Unbequemen, Lästigen oder auch Gefährlichen heimlich loszuwerden – wenn man die entsprechenden Mittel besitzt.
Über das, was in den Schatten der Katakomben vorgeht, gibt es zahllose Geschichten und Schauermärchen. Die Grabbeigaben, so sagt man, könnten furcht- und skrupellosen Abenteurer zu Reichtum verhelfen. Die Ausgesetzten im Totenexil klettern bei Dunkelheit aus ihrem Gefängnis und rauben Bewohner der Stadt für unausprechliche Zwecke. Ein Fluch oder eine Krankheit bringt die Toten dazu, mit unnatürlichem Leben erfüllt die Finsternis unsicher zu machen, knurrend, geifernd und beißend wie wilder Tiere. Und in den tiefsten Tiefen sind die Totengräber in Gewölbe vorgestoßen, die gar nicht zu Turmalin gehören.