Guten Rutsch ins neue Jahr für alle, die heut noch lesen,
ich komme jetzt von einer halben Woche bei meinen Eltern heim, wo ich Gelegenheit hatte, zwischen den Jahren die alte Gang wieder zu sehen und ein paar Mal zu zocken. Entgegen meines ursprünglichen Vorhabens habe ich die zwei anberaumten RSP-treffen doch nicht für Warhammer 2nd genutzt, sondern mich auf der Fahrt in die Pfalz spontan entschlossen, die vorher grob abgesprochenen Charaktere in 3E zu konvertieren.
Über die eigentlichen Spieltreffen schreibe ich evtl. in der Diary of Sessions noch was in den kommenden Tagen, aber hier wollte ich mal meine neuen Eindrücke nach den ersten Spielerfahrungen posten. (Die Eindrücke sind wieder völlig unsystematisch.)
Das Würfelsystem: Es ist tatsächlich eingängig, wenn auch nicht so simpel wie d20 ohne Bonusberechnen. Die Hauptschwierigkeit ist bisher, dass nicht jeder Spieler seinen eigenen Satz Würfel hat (wer erinnert sich noch an die 80er, wo man wochenlang nur einen W20 für die ganze Gruppe hatte?). Die Boons (Adler), der Chaosstern und die Banes (Totenschädel) wurden tatsächlich von mir gelegentlich genutzt, um spontane (im Fall des Chaossterns und der Schädel "nachteilige") Nebenhandlungen auszulösen. Nebeneffekte werden so unabhängig vom eigentlichen Ziel einer Handlung/eines Würfelwurfes. Gefällt mir besser als die >klassische< Variante vieler Rollenspiele, die Nachteile an den Misserfolg der Handlung bindet ("kritischer Fehlschlag"). Regt auch außerdem zum Weiterentwickeln der Handlung an, und wenn einem nichts einfällt, kann man immer noch den Standardnachteil (1 Stress oder Fatigue) nehmen. Insofern hat sich das Würfelsystem für mich bewährt. (Mag sein, dass das nicht mehr die innovativste Idee ist, aber da ich meistens "alte" Rollenspiele spiele, war das für mich eine angenehme Neuerung.)
Der Kampf: Da bin ich etwas ernüchtert worden. Wir haben an einem Treffen 3 mal gekämpft und sind nach anfänglichen Schwierigkeiten schnell in die Kampfregeln hneingekommen. Die Kartenverwaltung war für die drei "Magic"-erprobten Spieler kein Problem, und ich als D&D4E Spieler konnte mit den Monsterpowers auch einigermaßen umgehen. Das Kampfsystem ist nicht mehr so zufallsabhängig wie in der 2nd edition, da Ulrics Wut wegfällt und der Schaden keine astronomischen Höhen mehr annehmen kann. Die Kämpfe verliefen im ersten Abenteuer (ich habe die Reise durch den Drakenwald konvertiert) sehr schnell und waren gefährlich - was allerdings auch daran lag, dass die Charaktere eben Anfängerausrüstung trugen (alle Charaktere begannen "poor", da gabs nur Brigandine Armour und `nen kleinen Schild). Im zweiten Abentuer (Kapitel 1 von "Aus der Asche Middenheims") haben die Charaktere schon Mailshirts getragen (und der Priester einen besseren Schild), wodurch der Kampf mit den Klansratten recht einfach wurde.
Generell befürchte ich, dass sich die Kämpfe zwischen gut ausgerüsteten Charakteren und Monstern am Ende wieder sehr in die Länge ziehen werden, da Schadensspitzen fast unmöglich sind. Ein Charakter mit Damage Reduction 10 ist z.B. von vielen Monstern so gut wie garnicht mehr zu verwunden, außer eben durch die eine Mindestwunde. Das bringt mich zum nächsten Punkt,
Die Gegner/NSCs: Hier haben die Entwickler anscheinend mitten in der Spielentwicklung aufgehört. Das ganze System schreit diesbezüglich geradezu nach Hausregeln. Die Verwaltung von A/C/E (Agression/Cunning/Expertise) ist umständlicher und unnötiger Kram. Da hätte man den NSCs lieber ein paar feste weiße oder gelbe Würfel zuschreiben können (und daran erinnern sollen, dass auch NSCs parieren, ausweichen und blocken können). Dass NSCs/Monster keine Stress- bzw. Fatiguepunkte bekommen, erleichtert dann zwar die Buchhaltung für den SL, macht aber einige Powerkarten der Charaktere witzlos und schwächt zusätzlich die Monster zu stark (für jedes Manöver nach dem ersten eine Wunde? HAllo? Dann brauchen die Chars sich ja immer nur ein paar Schritte zurück zu bewegen...). Außerdem sind die Regeln unklar, ab wann viele Monster kritische Treffer verursachen (Hausregel: ab 3 Boons, wie wenn sie Standardwaffen tragen würden) - und völlig unsinnig scheint es mir für die Chars zu sein, ihren Gegnern kritische Wunden zu verursachen... denn das zahlt sich einfach nicht aus.
Hier scheint mir dringender Überarbeitungsbedarf zu bestehen.
Das Skillsystem: Nach anfänglichen Bedenken (siehe meine alte Eindrucksliste) finde ich es nach dem Test sehr erfreulich. Skills wurden enorm aufgewertet. Viele Skills haben einen gewaltigen Nutzen, vor allem Disciline, Resilience und First Aid sowie die Waffenfertigkeiten. Der gelbe Trainings-Würfel erleichtert Proben gewaltig, wodurch es sich lohnt, die sauer verdienten Vorteile in Skills zu investieren. Das relativiert die Bedeutung der Karten. Es wird sich wohl nicht so entwickeln, dass jeder Spieler seinen Charakter nur mit Actionkarten zuschaufelt.
Heilung: Wie bei Kampf und Skillsystem schon angedeutet, hat der Skill Resilience (wahrscheinlich falsch geschrieben, sorry) eine enorme Bedeutung, denn durch einen morgendlichen Resilience Check wird entschieden, ob über Nacht kritische Wunden geheilt werden konnten. Glücklich ist also jeder, der eine Karriere mit diesem Skill als Grundfertigkeit hat. First Aid ist außerdem sehr stark, und die Heilzauber bringen auch einiges. Nach meinem Eindruck vielleicht sogar ein Bisschen viel, denn Wunden gehen sehr rasch weg (bis eben auf kritische Wunden). Ohne die kritischen Wunden, so mein Eindruck, hat man fast eine D&D-Situation, wo nach einer Nacht erquickenden Schlafes alle Verwundungen weg sind. Nicht unbedingt das, was ich in der Alten Welt spielen möchte. (Die Heilmagie der Priester kommt mir auch zu stark vor, allerdings sind meine persönlichen Heilerfahrungen bei Warhammer sehr relativ, weil wir während der heftigsten Warhammersessions keinen magischen Heiler dabei hatten und alles über Chirurgie lösten.)
Zeitmanagement und Erfolgsmeter: Nach mehrmaligem Lesen habe ich das Zeitmanagement jetzt doch noch einigermaßen auf Reihe bekommen, ich sehe auch teilweise den Sinn hinter dem Rally Step (auch wenn ich die Anwendungsmöglichkeit von First Aid viel zu krass finde, da will ich hausregeln...
). Das Erfolgsmeter habe ich nach dem Vorbild der Skillchallenges aus D&D4 genutzt, und dann kam es mir nicht mehr so unnütz vor. Hilfreich gerade bei tendenziellen Erzählspielern, die eine soziale Situation ausspielen wollen, um trotzdem einen letzten Rest an Spannung zu erzeugen und das Würfeln zu rechtfertigen. So können social encounters mal wieder Spaß machen.
Zaubern: Ich konnte leider nur die Priesterklasse testen, aber die Grundidee der Mechanik gefällt mir - oder würde mir für ein anderes System gefallen. Leider besteht bei Sigmarpriestern fast keine Chance auf Chaoseffekte, Göttlicher Zorn oder Wahnsinn, wodurch es nicht mehr so ein Abwägen ist, ob man zaubert oder lieber auf seine Waffen/Fertigkeiten vertraut. Heilzauber werden so natürlich verlockend, denn was soll einem schon passieren, wenn man exzessiv betet/segnet? Die Ideen sind nicht schlecht, aber es reicht nicht an 2nd ed. heran.
Konvertieren: Erschien mir bislang nicht schwer, aber ich habe ja nur bis Kapitel 1 Path of the Damned konvertieren müssen (und ja, ich bin mir einiger schwächen dieser Kampagne bewusst, werde mich aber nochmal genauer damit beschäftigen müssen). Da es keine Ritualmagie mehr gibt, habe ich das Ritual im Drakenwald ohne Regelgrundlage gespielt und einfach den Erfolgsmeter benutzt, um zu signalisieren, wie weit die Oma mit ihrem Zauber ist.
Ich hadere noch damit, dass es keine Regelungen für Mutationen gibt (was ja sehr wichtig werden kann). Die Insanity-Regeln habe ich auch noch nicht getestet, so dass ich noch nicht weiß, wie man den schleichenden Verfall der geistigen Gesundheit auf 3E darstellen kann. Wenn sich das neue System nicht bewährt, bleibe ich vielleicht bei einem Discipline Test nach 6 Wahnsinnspunkten, evtl. erschwert um die Stärke der gezogenen Geisteskrankheit.
Fazit: Mein Eindruck ist mittlerweile auch eher
Potential ist auf jeden Fall vorhanden. Das Kampfsystem steht und fällt für mich mit der Frage, ob man es auch mit schwer gerüsteten SCs in der 3. Karriere spielen kann, ohne einen ganzen Abend für einen einzigen Kampf zu brauchen. Bei den Monstern und NSCs werde ich wohl einige "Bosse" nach den Regeln für PCs erschaffen (und auch sonst an einigem `rumbasteln). Außerdem lase ich mich überraschen, wie die groß angekündigte "Sturm des Chaos"-Kampagne aussehen wird.