Autor Thema: Finales Ranking vom Gaukelmeister und Kurzbegründung  (Gelesen 3515 mal)

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Offline Gaukelmeister

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Wir haben uns intern darauf geeinigt, dass jeder Juror selbst entscheidet, ob und wie er weitere Anmerkungen beisteuert. Ich gebe hier erst einmal mein Ranking bekannt und begründe das Ganze dann kurz. Für Nachfragen bin ich hier oder in den Diaries natürlich immer zu haben.

Mein finales Ranking sah folgendermaßen aus:

1. Auf Staub gebaut

2. Dschahannam. Tausend und eine Sonne

3. Aurealis. Die Eroberung einer neuen Welt

4. Die Mondmission oder Wie tollkühne Missionare in ihren fliegenden Blechbüchsen den Mond eroberten

5. Nebenan

6. Stirb und Werde

7. Das große Erwachen / Mond-Meer


Es ist mir ganz und gar nicht leicht gefallen, hier eine Entscheidung zu treffen. Zahnschmerzen hat mir insbesondere bereitet, dass ich die beiden Settings, die mich von der Schreibe her und wegen ihrer evokativen Kraft am meisten fasziniert haben (Nebenan und Mondmission), in der Ausarbeitung für zu schwach ansehe. Die Mondmission erscheint mir als Sammelsurium schillernder Ideen, die sich aber nicht so recht zu einem bespielbaren Setting zusammenfügen (zwei andere Juroren haben das im Übrigen ganz anders gesehen). Da gibt es dann zwar beispielsweise eine packende Beschreibung von Flora und Fauna - aber was ich da als Charakter tun soll, erschließt sich mir nicht. Als gravierenden Fehler sehe ich die Sprachbarriere an: das taugt wahrscheinlich für einen humorvollen Roman, aber beim besten Willen nicht für ein Rollenspiel, bei dem man mit den anderen interagieren soll. Letztlich ist dies mein Eindruck gewesen: der Stil und  die Art der Ideen deuten eher auf literarische Ambitionen hin (sehr gelungen, wie ich finde), lassen mich aber etwas ratlos zurück, wenn ich mir vorstelle, wie man darin spielt.

Nebenan hat mir von der Idee am besten gefallen und mich beinahe dazu verführt, es nach ganz oben zu setzen: ich finde allein die Namen und Beschreibung der Kreaturen Nebenan zum Verlieben. Nachdem meine erste Euphorie abklungen war, habe ich dann aber mehr und mehr den Eindruck gewonnen, dass hier zu wenig Greifbares geboten wird. Letztlich bleibt es den Spielern überlassen, sich nahezu alles selbst auszudenken, was sich innerhalb der aufgebauten Stimmung  bewegt: einzelne Figuren, Fraktionen, Orte oder Konflikte fehlen vollständig - sieht man einmal von der Einführung eines großen, bösen Gegenspielers ab. Schweren Herzens habe ich deswegen meine Gefühle hinten angestellt und die drei Settings als Kandidaten für die ersten drei Plätze nach oben gesetzt, die mich in Punkto Bespielbarkeit und Tiefe der Ausarbeitung am meisten überzeugt haben: Auf Staub gebaut, Aurealis und Dschahannam.

Doch zuvor noch einige Worte zu den anderen drei Settings. Am meisten Probleme hatte ich mit dem Mond-Meer und dem Großen Erwachen. Beim Mond-Meer hat mich gleich zu Beginn die Geschichte abgetörnt, in der die Namensgebung des Gottes Blechbüchse beschrieben wird. Auch im weiteren Verlauf hat es nicht richtig klick gemacht. Selbstverständlich ist mit der Skizzierung von vier Parteien und der Vorstellung wichtiger Charaktere ein guter Ansatzpunkt gesetzt, um Charaktere in die Welt hineinzuwerfen. Aber auf mich machen die Fraktionen einen eher konventionellen Eindruck. Und ein echter Nachteil ist, dass die Konfliktlinienen zwischen den Fraktionen offen gelassen werden.

Beim Großen Erwachen bin ich aufgrund der ökologischen Thematik erst einmal zurückgeschreckt. Das klang mir alles ein wenig gestelzt. Aber gravierender ist, dass mich solche Sachen wie Kletterausrüstung beschaffen und Survival im Kaufhaus kalt lassen. Das Hineinbringen einer Traumebene, Magie und Elementarwesen beißt sich für meinen Geschmack zu sehr mit der Idee eines alltäglichen Überlebenskampfes. Das ergibt einen Mischmasch aus Ideenschnippseln, die mich einzeln nicht überzeugen und zusammen nichts Rundes ergeben (aber ein Juror hat das völlig anders gesehen).

Bei Stirb und Werde mag ich die Atmosphäre und selbstredend ist es eine enorme Leistung, so viele einzelne Organisationen etc. vorzustellen. Allerdings war mir das letztlich zu unübersichtlich. Um in dem Setting zu spielen, bräuchte ich nur einen Bruchteil der Informationen, die aufgeführt sind (außer ich mache ein wildes Länderhopping), müsste dann aber gleichzeitig die Orte und Gruppierungen, die ich mir raussuche, erst einmal mit Leben füllen. Wenn sich ein SL die Arbeit macht, kann ich mir vorstellen, dass es extrem Spaß macht, Stirb und Werde zu spielen - aber so wie es dasteht, zerfasert es zu sehr.

Ganz oben war es schwierig. Letztlich habe ich Aurealis auf Platz drei gesehen, weil es zwar eine exzellente Ausarbeitung der alten Welt gibt, die von der Durchführung vorbildhaft dafür ist, wie man auf knappem Raum eine dynamische und facettenreiche Konstellation mit einer handvoll Fraktionen schildert. Aber letztlich verfehlt das Setting damit das, was es eigentlich anbieten möchte: eine neue Welt, die man erorbert. Das Setting ist von der Gewichtung her völlig falsch angelegt. Wenn man sich einmal genau anschaut, welche Infos man über die neue Welt bekommt, in der das Spiel ja letztlich stattfinden soll, ist man erst einmal entsetzt. Deswegen für mich trotz der sehr guten Ausarbeitung der Fraktionen kein Kandidat für ganz oben (aber das ist ja jetzt auch egal).

Dschahannam hat mich aufgrund der sehr coolen Idee mit den gläsernen Städten, Schiffen und Monstern in seinen Bann gezogen. Die Grundidee wird in alle Richtungen stimmig ausgearbeitet. Nahezu jeder Abschnitt gibt Infos, die die Idee der Tausend Sonnen und ihrer Folgen aufnehmen und ausbauen, so dass nach und nach ein Setting aus einem Guss entsteht. Ich kann mir sofort vorstellen, wie es sich anfühlt und was man erlebt, wenn man in Dschahannam spielt. Die Hinweise zu Savage Worlds runden das Ganze dann hervorragend ab.

Ein bisschen besser hat es nur Auf Staub gebaut gemacht. Das Layout haut mich um - und ich musste mir von Anfang an Mühe geben, meine Einschätzung davon nicht verunklaren zu lassen. Aber hier stimmt nicht nur das Erscheinungsbild. Die pseudoagäyptische Atmosphäre wird hervorragend eingefangen und mit der Idee des spiceartigen Staubs verwoben. Dabei bekommt man nicht nur (unter anderem) in wenigen Pinselstrichen einen nützlichen historischen Abriss, sondern insbesondere auch Rassen, die erstklassig dazu beitragen, das Setting im Detail auszuarbeiten und gleichzeitig jede Menge Aufhänger fürs Spiel liefern. Alles in allem ist Auf Staub gebaut das beste Setting (dachte ich jedenfalls, bis ich gemerkt habe, dass die anderen das anders sehen - so kann's gehen).


(Soweit erst einmal meine kurze Begründung. Sollten einzelne von euch daran interessiert sein, sich weiter über ihre Settings auszutauschen und ein bisschen mehr von mir zu hören als diese kursorischen Bemerkungen, bin ich gerne bereit, in den jeweiligen Diaries weiter zu diskutieren.)
« Letzte Änderung: 3.08.2009 | 20:01 von Gaukelmeister »
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Offline kirilow

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Re: Finales Ranking vom Gaukelmeister und Kurzbegründung
« Antwort #1 am: 3.08.2009 | 20:04 »
Vielen Dank für Deine ausführlcihe Begründung Deiner Entscheidung.
So etwas habe ich mir immer gewünscht (und von jedem Juror)!  :d
Der Kummerkasten von Dr. Sommer-kirilow ist im rsp-blog Forum. Hier ist sein Postfach voll.

Callisto

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Re: Finales Ranking vom Gaukelmeister und Kurzbegründung
« Antwort #2 am: 3.08.2009 | 20:05 »
 :d

Offline Gaukelmeister

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Re: Finales Ranking vom Gaukelmeister und Kurzbegründung
« Antwort #3 am: 3.08.2009 | 20:06 »
Die anderen schießen auch noch Sachen nach - Enkidi hat bereits in jedes Diary einzeln eine ausführliche Einschätzung reingeschrieben.
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Offline sir_paul

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Re: Finales Ranking vom Gaukelmeister und Kurzbegründung
« Antwort #4 am: 3.08.2009 | 20:53 »
Auch von mir vielen Dank für dieses ausführliche Feedback  :d

Und natürlich auch für den 2. Platz in deinem Ranking ;)

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Re: Finales Ranking vom Gaukelmeister und Kurzbegründung
« Antwort #5 am: 3.08.2009 | 21:01 »
Ja, auf jeden Fall danke für die Einstufung. Ich hab keine Ahnung ob ich das jetzt objektiv verdient hab, aber da es objektiv nicht gibt freut es mich doch sehr das meine Arbeit jemandes Geschmack trifft. ^^
Muss auf jeden Fall verdammt schwer gewesen sein sich zu entscheiden.

Falls du aber noch Kritikpunkte (Anregungen, Wünsche) an dem Setting hast würde es mich freuen die auch zu hören.