Autor Thema: "Polizei" im Mittelalter?  (Gelesen 23948 mal)

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Offline Alex

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"Polizei" im Mittelalter?
« am: 16.10.2009 | 09:46 »
Für ein nah dem Mittelalter angelegtes Setting würde ich gerne mehr über die "Polizei" des 15./16. Jahrunderts wissen.
Wer wurde bei Straftaten gerufen und wer kümmerte sich um die Ermittlungen?
Konkret habe ich einen Mord, der auf der Strecke zwischen zwei größeren Dörfern geschieht. Wenn diese Tat entdeckt wird, zu wem rannte man dann? Sicher nicht immer zum Vogt oder zum Fürst ...

Offline Timo

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #1 am: 16.10.2009 | 09:54 »
Kommt aufs Land drauf an.
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Offline Grey

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #2 am: 16.10.2009 | 09:56 »
Kommt drauf an, in welcher Kultur. Im Heiligen Römischen Reich wäre man vermutlich tatsächlich zum Vogt gerannt bzw. zu dem Ritter/Junker, dem das Stück Land gehört. Die Lehen des Kleinadels waren nicht besonders groß, teilweise umfaßten sie nur ein Dorf mit 50 Einwohnern, da war der Ritter auch nichts weiter als "Bürgermeister, Sheriff und Richter in einer Person" für die kleine Dorfgemeinde...
« Letzte Änderung: 16.10.2009 | 10:00 von Grey »
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jafrasch

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #3 am: 16.10.2009 | 09:57 »
die nächste autoritätsperson: der dorfälteste, der abt, der dorfvorstand, je nachdem...

Offline Alex

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #4 am: 16.10.2009 | 10:00 »
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Offline Elwin

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #5 am: 16.10.2009 | 10:10 »
Im Mittelalter und auch noch weit bis in den Absolutismus hinein waren Gardisten, Büttel, Nachtwächter und andere Bedienstete in erster Linie Ordnungshüter, die in erster Linie im Auftrage ihrer Herren für Ordnung und Sittlichkeit sorgten und weniger "Verbrechen aufklärten".
Im deutschsprachigen Raum ist z.B. für Nürnberg recht ausführlich belegt, unter welchen Maßgaben die Büttel in einer Stadt agierten. Sie achteten insbesondere auf die Einhaltung festgelegter Normen und Gesetze (z.B. die Überprüfung von Maßen) und wurden vor allem gegenüber all jenen Personen aktiv, die die Herrschaft des Patriziats gefährdeten, d.h. sie unterdrückten Aufruhr, zensierten Theateraufführungen oder beschlagnahmten Flugblätter und Bücher, vertrieben Obdachlose und Fahrende Volk und brachten Ehebruch und Prostitution zur Anzeige.

In der Regel rief man die Büttel bei einer Straftat, doch inwieweit diese dann als Ermittler tätig wurden, hing ganz davon ab, welchen Standes der Geschädigte war. Ein getöteter Landstreicher sorgte nicht für Tätigkeit, ein getöteter Stadtbürger schon eher. Und die Nürnberger konnten sich auf ein sehr ausgedehntes Hilfspolizisten- und Spitzelnetz verlassen, so dass viele Leute für ein paar Münzen gerne ihre Nachbarn usw. denunzierten.

Auf dem Dorf dürfte das natürlich nicht so weit institutionalisiert sein, dort, wo jeder jeden kennt, dürfte bei einem Verbrechen recht schnell ein Ortsfremder verdächtigt werden. Offiziell dürfte der Dorfvorsteher bzw. das Oberhaupt der Ordnungsmacht (ob das nun der Hauptmann einer Zollgarde, der Ober-Nachtwächter oder wer auch immer ist) diejenige Person sein, der eine Straftat zu melden ist. Und wenn etwas auf dem Weg zwischen den Dörfern passiert, meldet man die Straftat eben beim Eintreffen ins nächste Dorf. Dort wird dann dieselbe Maschine in Gang gesetzt (oder man wird zunächst befragt, ob der Tote auf dieser oder jener Seite des Grenzsteins lag).

Gruß
Chris
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Offline Benjamin

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #6 am: 16.10.2009 | 10:42 »
Klingt gut. Dann hie und da ein kleines Pogrom, fertig ist der Lack.
Ich empfehle die Reinmar-Trilogie von Sapkowski. Sehr anschaulich.

Offline Grey

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #7 am: 16.10.2009 | 10:45 »
In der Regel rief man die Büttel bei einer Straftat, doch inwieweit diese dann als Ermittler tätig wurden, hing ganz davon ab, welchen Standes der Geschädigte war. Ein getöteter Landstreicher sorgte nicht für Tätigkeit, ein getöteter Stadtbürger schon eher.
Irgendeine Form von Tätigkeit gab's immer. Und wenn es nur war, daß die Leiche weggeräumt werden mußte. ;D
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Offline Würfelsystem

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #8 am: 16.10.2009 | 11:25 »
Müsste bei diesen Überlegungen nicht auch die Leibeigenschaft eine Rolle spielen?
Also ich denke bei dem Tod eines eines Leibeigenen würde man es dem entsprechende "Besitzer" mitteilen, der dann entsprechende Maßnahmen einleiten würde - da er ja Vogt oder änliches wäre.

Bei freien Bauern würde sich da glaube ich niemand darum kümmern ausser die Familie selbst es gab einfach keine Polizisten auf dem Land und in welchem Ort der tote gefunden wurde interresiert warscheinlich auch keinen.

In der Stadt sieht das natürlich anders aus, wobei ein toter Landstreicher sicher niemanden interressiert hat. Ich denke hier würde es stark vom Stand und der Bekanntheit abhängen welche Maßnahmen eingeleitet werden würden.

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Offline Skele-Surtur

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #9 am: 16.10.2009 | 11:43 »
Im Zweifelsfall: Selbstjustitz. Die Familien waren damals mitunter recht groß und wenn man ein paar Cousins, Brüder und Schwager informiert hat, dann hat man auch schnell eine Truppe beisammen. Sollte halt nicht grade in der Erntezeit sein und Ausgebildet sind die auch alle nicht.
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Offline Grey

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #10 am: 16.10.2009 | 11:48 »
Bei freien Bauern würde sich da glaube ich niemand darum kümmern ausser die Familie selbst es gab einfach keine Polizisten auf dem Land und in welchem Ort der tote gefunden wurde interresiert warscheinlich auch keinen.
Auch ein freier Bauer war einem Herrn untertan, und der Nächsthöhere in der Lehenspyramide hätte sich sehr wohl dafür interessiert, warum ihm plötzlich die Arbeitskraft eines Gefolgsmanns resp. einer Gefolgsfrau genommen wurde. Je nachdem, wie wichtig ihm der/diejenige war (wirtschaftlich, militärisch oder persönlich), könnte er die Angelegenheit sogar wiederum an seinen Lehnsherrn eskalieren und von diesem Verstärkung erbitten... oder, falls ihm das zu teuer ist, unerwünschtes Aufsehen erregt o.ä., ein paar dahergelaufene Abenteurer unter Sold nehmen. ;) Die englischen "Thief Takers" des 18. Jahrhunderts waren im Grunde eine freiberufliche "Polizei", die sich ihren Lebensunterhalt mit Kopfgeld verdiente.

Problematisch wird die Sache natürlich, wenn der Tote ein völlig Fremder ist. Außer daß ein Priester gerufen wird, damit man den armen Teufel angemessen bestatten kann (wenn man ihn einfach auf den Müll schmeißt, könnte seine ruhelose Seele umgehen...), würden da wahrscheinlich keine weiteren Maßnahmen eingeleitet. Außer natürlich, es handelt sich offensichtlich um eine reiche/hochgestellte Person, und der örtliche Landesherr erhofft sich, er könne an der Überführung der Leiche in die Hände der Angehörigen etwas verdienen...
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ErikErikson

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #11 am: 16.10.2009 | 11:58 »
Die Thief Takers waren also ne Art Abenteurer? Oder eher Kopfgeldjäger?

Offline SeelenJägerTee

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #12 am: 16.10.2009 | 12:10 »
Im 15./16. Jhdt wäre ich vorsichtig, wenn ich ein Reisender wäre und man die Leiche hätte irgendwie übersehen können, würde ich nix sagen.
Sonst war das ein Ortsansässiger und für die Bevölkerung ist klar wer das war, der Reisende natürlich von uns war's ja bestimmt keiner.

Offline Grey

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #13 am: 16.10.2009 | 12:15 »
Die Thief Takers waren also ne Art Abenteurer? Oder eher Kopfgeldjäger?
Am ehesten noch Kopfgeldjäger. Sie ließen sich gegen Honorar von Privatpersonen anheuern, um Diebe zu jagen und das Diebesgut zurückzubringen.

In der Praxis arbeiteten sie nicht selten mit den Dieben zusammen, um sich nach der Rückgabe des Diebesguts an den erfreuten Besitzer das Honorar mit dem Dieb zu teilen. ("Den Täter konnte ich leider nicht fassen.") Für ein besonders prominentes Exemplar, siehe hier. Für den "Beruf" allgemein siehe hier (Englisch).

Im 15./16. Jhdt wäre ich vorsichtig, wenn ich ein Reisender wäre und man die Leiche hätte irgendwie übersehen können, würde ich nix sagen.
Sonst war das ein Ortsansässiger und für die Bevölkerung ist klar wer das war, der Reisende natürlich von uns war's ja bestimmt keiner.
Stimmt, das wäre so die übliche Denke gewesen...
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Offline tartex

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #14 am: 16.10.2009 | 17:40 »
Im 15./16. Jhdt wäre ich vorsichtig, wenn ich ein Reisender wäre und man die Leiche hätte irgendwie übersehen können, würde ich nix sagen.
Sonst war das ein Ortsansässiger und für die Bevölkerung ist klar wer das war, der Reisende natürlich von uns war's ja bestimmt keiner.

Deshalb am besten Morde ausführen, wenn gerade Fremde oder andere Sündenböcke in der Nähe sind. Und schon haben wir wieder einen Grund für einen Pogrom. Ist irgenwie ein Zirkelschluss.
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Offline Skele-Surtur

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #15 am: 18.10.2009 | 02:13 »
Ja und alle sind glücklich: Der Mörder ist ungeschoren davon gekommen, die Dörfler haben ihren Sündenbock... gut das Mordopfer und der gelynchte Fremde sind vielleicht nicht ganz so glücklich, aber die sind tot und können sich nicht mehr beschweren.
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Offline Bad Horse

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #16 am: 18.10.2009 | 02:36 »
Ne einsame Leiche auf dem Weg? Ein Typ, den man nicht kennt? Naja, es könnte sein, dass jemand besonders religiös ist und das Kerlchen zur nächsten Kirche bringt, damit er da begraben werden kann, aber ansonsten? Kreuz schlagen und liegen lassen. Irgendein Vieh wird den armen Teufel schon fressen. Wenn es dem nächsten Dorf keiner fehlt, werden die sich für eine Leiche auf dem Weg wahrscheinlich auch nicht wahnsinnig interessieren. Nachher war der Kerl noch krank.

Die einzige Chance, die der Tote überhaupt auf ein Begräbnis hat, ist a) ein paar Mönche, die ihre Christenpflicht tun müssen, oder b) der Vogt mit ein paar Reisigen, der ihn findet. Und auch hier werden die Ermittlungen eher einfach sein - er liegt im Wald, man hat ihm den Schädel eingeschlagen, 's werden wohl die Räuber gewesen sein. Es sei denn natürlich, man gerät an einen besonders eifrigen Menschen, der partout die Nase in Sachen stecken möchte, die ihn nichts angehen. Soll es ja auch geben.  ;)
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Offline Nelly

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #17 am: 18.10.2009 | 02:54 »
Polizei kommt doch von "Ius Politiae" oder nicht?

Je nachdem wie weit die nächste Stadt entfernt ist wäre damit wohl ein Rat von Beamten dafür zuständig...
Dann spielte ja auch die Kirche noch eine sehr große Rolle die selbst sehr gerne auch schon mal die Nase in diverse Angelegenheiten gesteckt hatte...
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Offline Nelly

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #18 am: 18.10.2009 | 02:57 »
Der war aber nicht mehr als ein Hilfspolizist. Kann mir also nicht vorstellen das der einen Mord aufklären würde...

Und dann kommt noch dazu "WER" ermordet wurde.
« Letzte Änderung: 18.10.2009 | 02:59 von Nelly »
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Offline Skyrock

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #19 am: 18.10.2009 | 13:27 »
Vergesst das mit der neutralen Schuldfeststellung, nach dem Untergang der römischen Republik gab es die Unschuldsvermutung erst wieder mit dem Code Napoleon, und bis sie sich außerhalb Frankreichs verbreitete musste man auch noch ein paar Jährchen warten.
Bis dahin war ein Schuldiger erst mal schuldig, bis er selbst seine Unschuld beweisen konnte. Womit wir wieder beim obigen Verfahren sind, ein Verbrechen erst mal einem Sündenbock in die Schuhe zu schieben und ihm dann gleich auch noch alle anderen Probleme anzuhängen, die gerade in der Gegend ungeklärt sind.

Allenfalls die katholische Inquisition bot so etwas wie ein reguliertes Verfahren zur Feststellung der Schuld (wenn auch nicht gerade eine fortschrittlichere Rechtsauffassung), so dass man da etwas bessere Karten hatte als bei weltlicher Gerichtsbarkeit.
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Ein freier Mensch muss es ertragen können, dass seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muss es sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
- Ludwig von Mises

Offline Nelly

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #20 am: 18.10.2009 | 13:32 »
Yep und dann kam es auch noch darauf an was für ein Stand man innerhalb der Gesellschaft hatte.

Und das mit "Schuldig solange die Unschuld nicht bewiesen ist" gibts ja heute noch in einigen Ländern...
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Offline Peekaboo

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #21 am: 18.10.2009 | 14:26 »
Für die Richtigkeit der Angaben keine Gewähr, das Studium ist schon etwas her ;)

Soweit ich weiß lagen im Mittelalter die "Polizeibefugnisse" bei den Dörfern etc. Wenn sich zwei Bauern um einen Acker gestritten haben, dann hat das Dorf entschieden, in welcher Form auch immer (Dorfvorsteher, die Ältesten, Vollversammlung, da bin ich nicht sattelfest). Die werden sich wohl auch um Mord und Totschlag gekümmert haben.

An der Schwelle zum 16. Jahrhundert haben dann die Fürsten festgestellt, dass das ja mal garnicht geht. Da wurde langsam die Konsolidierung und Vereinheitlichung von Machtbereichen modern und dann kann man nicht jedes Dorf selbst Recht sprechen lassen. Außerdem haben sich die hohen Herren ihre Rechtsprechung bezahlen lassen und wo ich mir sicher bin, mancherorts gab es herrschaftliche Verbote, Streiterein gütlich beizulegen - weil friedlich ist unrentabel. Diese Einmischung der Fürsten in die Belange des Volkes und die damit verbundenen finanziellen Belastungen waren einer der Gründe, warum es Anfang des 16. Jahrhunderts zu den Bauernkriegen kam.

Je nach Gegend und Zeit könnten Deine Spieler es also mit der örtlichen Obrigkeit, der fürstlichen oder vielleicht sogar beiden zu tun bekommen - und vermutlich sind die sich dann gegenseitig garnicht grün...
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Offline mat-in

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #22 am: 18.10.2009 | 15:08 »
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Um welche art "vergehen" geht es denn?

Offline SeelenJägerTee

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #23 am: 18.10.2009 | 18:55 »
Zitat von: Eingangspost
Konkret habe ich einen Mord, der auf der Strecke zwischen zwei größeren Dörfern geschieht. Wenn diese Tat entdeckt wird, zu wem rannte man dann? Sicher nicht immer zum Vogt oder zum Fürst ...

Offline mat-in

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #24 am: 19.10.2009 | 08:05 »
Und wer wird ermordet?

Offline Alex

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #25 am: 19.10.2009 | 10:29 »
Und wer wird ermordet?
Ein Händler, der zur falschen Zeitpunkt am falschen Ort war ...
Die Charaktere kommen dort an, als sich schon eine Menschenmenge um den Toten gebildet hatte. Heute würde man sagen, dass die Polizei schon vor Ort ist, aber ich wollte wissen, wer das Äquivalent dazu ist, damit die Charaktere wissen, an wen sie sich (für eigene Ermittlungen) wenden können.

Offline mat-in

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #26 am: 19.10.2009 | 21:59 »
Wenn es ein Kloster in der nähe gibt dann wohl ein "ermittler" von dort. Nachtwächter, Dorfwache und Co sind für solche Aufgaben eher ungeeignet.

Offline Darius

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #27 am: 21.10.2009 | 07:39 »
Das grundsätzliche Problem der damaligen Zeit liegt auch darin, dass es kein einheitliches Strafgesetzbuch und die dazugehörende Strafprozessordnung gab, die die Zuständigkeit und die Befugnisse einer "Polizei" regeln. Insofern gab es auch keine einheitlich Polizei.

Eine wirkliche Polizei gab es erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts. In Bayern zumindest. Und auch da gab es dann noch die einzelnen Stadtpolizeien. Nürnberg hatte vollkommen andere Aufgabenbereiche als z.B. München oder Würzburg.

Wie bereits schon erwähnt, war das "Polizeisystem" im 15./16. Jahrhundert von eher willkürlicher Natur. Jede Grafschaft und Baronie hatte im Einzelfall für jeweilige "Straftaten" andere Regelungen. Zumal auch der Bergriff Straftat eine andere war.
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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #28 am: 21.10.2009 | 09:26 »
Wenn es ein Kloster in der nähe gibt dann wohl ein "ermittler" von dort.
Bruder Cadfael? ;)

Zitat
Wie bereits schon erwähnt, war das "Polizeisystem" im 15./16. Jahrhundert von eher willkürlicher Natur. Jede Grafschaft und Baronie hatte im Einzelfall für jeweilige "Straftaten" andere Regelungen. Zumal auch der Bergriff Straftat eine andere war.
Ich bin mir nicht sicher, ob das so pauschal stimmt. Im Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber ist ein Gesetzbuch aus dem 13.(?) Jahrhundert ausgestellt, das für das Herrschaftsgebiet der deutschen Könige (also vermutlich HRR ohne Italien) einheitliche Regelungen für Gerichtsverfahren usw. festlegt. Natürlich kann von einer reichsweit einheitlichen Gesetzgebung keine Rede sein - die wäre damals von der Infrastruktur her gar nicht durchsetzbar gewesen -, aber zumindest einheitliche Richtlinien scheint es gegeben zu haben.

Daß die gerade um 1500, als das HRR in den berüchtigten "Flickenteppich" von Klein- und Kleinststaaten zerfiel und die Territorialfürsten immer unabhängiger wurden, wohl nicht mehr viel galt, steht dann wieder auf einem anderen Blatt.
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Offline Heddaclin

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #29 am: 24.10.2009 | 17:19 »
Wachen Wachen??

Ob es damals schon so eine gute Trennung zwischen Polizei und Militär gab?
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Offline Nelly

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #30 am: 25.10.2009 | 23:39 »
Bruder Cadfael? ;)
Ich bin mir nicht sicher, ob das so pauschal stimmt. Im Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber ist ein Gesetzbuch aus dem 13.(?) Jahrhundert ausgestellt, das für das Herrschaftsgebiet der deutschen Könige (also vermutlich HRR ohne Italien) einheitliche Regelungen für Gerichtsverfahren usw. festlegt. Natürlich kann von einer reichsweit einheitlichen Gesetzgebung keine Rede sein - die wäre damals von der Infrastruktur her gar nicht durchsetzbar gewesen -, aber zumindest einheitliche Richtlinien scheint es gegeben zu haben.

Daß die gerade um 1500, als das HRR in den berüchtigten "Flickenteppich" von Klein- und Kleinststaaten zerfiel und die Territorialfürsten immer unabhängiger wurden, wohl nicht mehr viel galt, steht dann wieder auf einem anderen Blatt.

Das es sowas gibt/gab glaube ich dir gerne, die Frage ist nur inwiefern das durchgesetzt wurde, die Kirche mitgemischt hat und wieviel es wert war wenn es um jemand priviligierten ging und inwiefern man eben die Schuld und Unschuld anhand von Kriminalistik, welche es ja erst seid relativ kurzer Zeit existiert, beweisen konnte.  ;)



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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #31 am: 26.10.2009 | 10:59 »
Das es sowas gibt/gab glaube ich dir gerne, die Frage ist nur inwiefern das durchgesetzt wurde, die Kirche mitgemischt hat und wieviel es wert war wenn es um jemand priviligierten ging und inwiefern man eben die Schuld und Unschuld anhand von Kriminalistik, welche es ja erst seid relativ kurzer Zeit existiert, beweisen konnte.  ;)

Inwiefern es durchgesetzt wurde: stark abhängig von der (lokal-)politischen Großwetterlage. Welche Gruppierung hat wieviel Einfluß und welche Motive etc.? Unter einem Landesherrn mit Gerechtigkeitssinn, der fest im Sattel sitzt, sind da die Voraussetzungen ganz andere als unter einem willkürlichen Tyrannen oder einem zwar wohlmeinenden, aber schwachen Herrscher, der sich gegen die Kirche/die Kaufleute/die Gesetzlosen in seinem Land nicht durchsetzen kann. Wieviel die Gerechtigkeit in einem Feudalsystem wert ist, hängt sehr stark an der Person des höchstrangigen beteiligten Herrschers. Als SL hat man da jede Menge Spielraum.

Wenn es um jemand privilegierten ging: ich glaube nicht, daß es da großartig anders zuging als heute. Sprich: manchmal wurden auch die Privilegierten gerichtet, meistens aber kamen sie glimpflich davon.

Moderne Kriminalistik: hat in einem mittelalterlichen Szenario an sich nichts verloren. Wer aber z.B. Ellis Peters aufmerksam liest, wird feststellen, daß Bruder Cadfael sich immer nur der Kenntnisse bedient, die ihm auch im Mittelalter schon zur Verfügung standen. Als alter Kämpfer und Heiler kann er an einer Leiche eine Menge ablesen, selbst ohne daß ihm der Begriff "Fingerabdrücke" was sagt, und anhand von Erde und Pflanzen an den Stiefeln eines Menschen herauszufinden, wo er zuletzt war, erfordert keine Kenntnis moderner Wissenschaft.
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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #32 am: 26.10.2009 | 11:38 »
Ich erinnere mich da an den Geschichtsunterich.
Für Mord musste man der Familie des getöteten "Entschädigung" zahlen (in Abhängigkeit des Standes des getöteten).
Für einen Tagelöhner haben Frau und Kinder ein paar Handschuhe, Socken und ich glaube bin mir aber nicht sicher, einen Satz Klamotten bekommen.
Wenn du privilegiert warst konntest du die armen einfach töten und sagen "Ja ich war's!", das Wehrgeld aus der Portokasse zahlen und gehen.

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #33 am: 26.10.2009 | 11:39 »
Ich glaube, du verwechselst das Früh- mit dem Spätmittelalter.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #34 am: 26.10.2009 | 11:43 »
Das kann schon sein, ich würde ja noch mal nachschlagen, aber die Bücher sind nicht zur Hand.

Edit: Aber mal im Ernst, ich glaube wenn Herr A seinen eigenen Leibeigenen erschlug war das sein Problem.
Und wenn Herr A den Leibeigenen von Herrn B erschlug, dann musste er Zahlen und hat im Extremfall nen Rüffel vom Lehnsherren bekommen.
Das war damals ja eher Sachbeschädigung.

Ich denke da schenkt sich Früh-, Hoch- und Spätmittelalter wenig. Wenn du zu den privilegierten gehört hast konntest du mit den untersten der Gesellschaft machen was du wolltest - so lange dir dein Seelenheil egal war.
« Letzte Änderung: 26.10.2009 | 11:49 von SeelenJägerTee »

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #35 am: 26.10.2009 | 12:20 »
Ich denke da schenkt sich Früh-, Hoch- und Spätmittelalter wenig. Wenn du zu den privilegierten gehört hast konntest du mit den untersten der Gesellschaft machen was du wolltest - so lange dir dein Seelenheil egal war.

Einspruch, Euer Ehren.

Erstens: das Wergeld für einen Pächter entsprach nicht "Handschuhen und einem Paar Socken", sondern laut "Sachsenspiegel" (Gesetzesammlung aus dem 13. Jahrhundert) dem Gegenwert von zehn Pferden.

Zweitens: nur um ein Beispiel zu nennen, noch Kaiser Maximillian I. im 16. Jahrhundert, als das Feudalsystem schon langsam aus den Fugen geriet und in die flächendeckende Willkür überging, die es letztlich zu Fall brachte, wurde mitsamt seinem Heer von den Herbergswirten seines eigenen Reiches rausgeschmissen, als er die Zeche nicht bezahlen konnte. Soviel dazu, daß die Privilegierten sich herausnehmen konnten, was sie wollten.

Daß der Adel im Mittelalter, egal ob Früh-, Hoch- oder Spät-, mit dem einfachen Volk machen konnte, was er wollte, ist PURE! FIKTION! Das Feudalsystem war ein System auf Gegenseitigkeit: das Volk gestand dem Adel seine Macht zu, solange der Adel seinen Aufgaben als Beschützer, Richter etc. nachkam. Das Mißbrauchspotential der damaligen Machtpositionen war zwar ungleich größer als in unserer heutigen, demokratisierten Gesellschaft; dafür aber war das Volk bei weitem weniger zimperlich, wenn es darum ging, "die da oben" [TM] für ihren Regierungsstil abzustrafen. Ein Feudalherr, der den Bogen überspannte, konnte sich sehr schnell von den eigenen Bauern am nächsten Baum aufgeknüpft wiederfinden, wenn seine Wachen der Lage nicht mehr Herr wurden. (Auf diese Weise sind viele freie Reichsstädte entstanden.)
« Letzte Änderung: 26.10.2009 | 12:21 von Grey »
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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #36 am: 26.10.2009 | 13:12 »
Nicht zu vergessen: Da Verhältnis des geringen Adels zu seinen Leibeigenen war teilweise extrem solidarisch. Immer abhängig davon, wie sehr der Herr darauf angewiesen war, dass wirklich jeder seiner (wenigen) Leute nicht nur gehorcht, sonder kooperiert. Was zuweilen auch damit zusammenhing, dass die ständige Militärmacht aus ein paar Nachtwächtern bestand, welche wiederum aus dem Kreis der Leibeigenen rekrutiert wurden, die für die Feldarbeit zu alt/krank/schwach waren.

Das Leben im Mittelalter war in Friedenszeiten viel entspannter, als es einem Filme glauben machen wollten. In Kriegszeiten war es dafür häufig härter, als es Filme zeigen können.
Nicht vergessen: Das Mittelalter empfand sich selbst nicht als solches, sondern als die Krönung aller Epochen, die vorangegangen waren. Die Struktur im Detail begünstigte zwar Machtmissbrauch, aber nominell gab es strenge Regeln, wer wie mit wem umzugehen hatte.
Wichtig: Leibeigene gehörten in erster Linie zum Lehen und damit dem Lehnsherrn, erst in zweiter Linie dem Lehnsmann. Wenn der es zu heftig trieb, konnte man auch als menschliches Eigentum immer noch über den Klerus oder Kraft eigener Arroganz Beschwerde bei der nächsthöheren Instanz einlegen. Und dieser ging der praktische Landfrieden zumeist über den theoretischen Privilegien des Adels.
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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #37 am: 26.10.2009 | 17:17 »
@Grey
Da bin ich mir ZIEMLICH sicher, dass das im Geschichtsbuch so stand. Ich fand das nämlich ziemlich fies, dass die Familie damit nicht ma annähernd den Wegfall des Ernährers auch nur auf mittelfristige Zeit überbrücken konnte.

Einspruch, Euer Ehren.

Erstens: das Wergeld für einen Pächter entsprach nicht "Handschuhen und einem Paar Socken", sondern laut "Sachsenspiegel" (Gesetzesammlung aus dem 13. Jahrhundert) dem Gegenwert von zehn Pferden. [...]
Ich habe von einem TAGELÖHNER geredet, das sind die Leute, die morgens versuchen Arbeit für den Tag zu finden und die Glücklich sein können wenn es heißt man habe die nächste Woche was für sie zu tun.
Da ist noch ne gewisse soziale Entfernung zum Pächter gegeben.

Zitat
[...]Zweitens: nur um ein Beispiel zu nennen, noch Kaiser Maximillian I. im 16. Jahrhundert, als das Feudalsystem schon langsam aus den Fugen geriet und in die flächendeckende Willkür überging, die es letztlich zu Fall brachte, wurde mitsamt seinem Heer von den Herbergswirten seines eigenen Reiches rausgeschmissen, als er die Zeche nicht bezahlen konnte. Soviel dazu, daß die Privilegierten sich herausnehmen konnten, was sie wollten.[...]
Waren die Herbergswirte ganz sicher Leibeigene oder vlt Freie?

Zitat
[...]Daß der Adel im Mittelalter, egal ob Früh-, Hoch- oder Spät-, mit dem einfachen Volk machen konnte, was er wollte, ist PURE! FIKTION! Das Feudalsystem war ein System auf Gegenseitigkeit: das Volk gestand dem Adel seine Macht zu, solange der Adel seinen Aufgaben als Beschützer, Richter etc. nachkam. Das Mißbrauchspotential der damaligen Machtpositionen war zwar ungleich größer als in unserer heutigen, demokratisierten Gesellschaft; dafür aber war das Volk bei weitem weniger zimperlich, wenn es darum ging, "die da oben" [TM] für ihren Regierungsstil abzustrafen. Ein Feudalherr, der den Bogen überspannte, konnte sich sehr schnell von den eigenen Bauern am nächsten Baum aufgeknüpft wiederfinden, wenn seine Wachen der Lage nicht mehr Herr wurden. (Auf diese Weise sind viele freie Reichsstädte entstanden.)
Oh klar, kann der Herr nicht schlachtend unter seinen Untertanen wüten.
Aber wenn er MAL EINEN umbringt, dann wird ihm deswegen nichts passieren.
Wenn ihm gerade der Lieblingsgaul verreckt ist, die Angetraute Stress macht und seine Scheune abgebrannt ist und er dann im Zorn deinen Herrn Vater umnietet hast du als Angehöriger aber verdammt miese Karten gehabt.

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #38 am: 26.10.2009 | 21:38 »
Ich habe von einem TAGELÖHNER geredet, das sind die Leute, die morgens versuchen Arbeit für den Tag zu finden und die Glücklich sein können wenn es heißt man habe die nächste Woche was für sie zu tun.

Egal. Wenn es Freie sind, genießen sie Rechte. Wenn es Unfreie sind, genießen sie den Schutz durch ihren Herrn. Welchen Standes sie sind, wirkt sich vielleicht auf das Strafmaß aus, ändert aber nichts daran, dass auf jeden Fall Strafe verlangt wird. Ausnahme: Der Tagelöhner stammt nicht aus der Gegend und die für ihn zuständige Obrigkeit hat keine Ahnung, wo er verstorben ist/wurde. Wo kein Kläger, da auch kein Richter.

Übrigens kann man sich als Edelmann mit dem Wergeld für einen getöteten Leibeigenen zufrieden geben, kann aber auch Genugtuung verlangen, weil die Tötung die Fähigkeit zur Schutzpflicht in Frage stellt, also eine schwere Beleidigung ist. In einem solchen Fall kann dann nur noch der Lehnsherr beider Beteiligten anordnen, dass ein Zweikampf zu unterlassen ist.

Zitat
Waren die Herbergswirte ganz sicher Leibeigene oder vlt Freie?

Vermutlich Freie. Aber wie bereits erläutert, Leibeigene gehören nicht in erster Linie ihrem Herrn, sondern dessen Lehnsherrn. Und die Chance, dass der mal eben mit Mordslaune vorbei kommt und - dann natürlich tatsächlich (nach weltlichem Recht) ungestraft - einen Leibeigenen erschlägt, ist doch eher gering.

Was sicher richtig ist: Als Herr hätte man ungleich mehr Möglichkeiten, recht kommod aus der Sache herauszukommen. Ganz einfach, weil man die Mittel für Entschädigungen hätte, auf welche die Verhandlungen hinauslaufen werden, weil Haft oder gar Hinrichtung beim Stand des Beklagten als Strafmaß nicht in Frage kommen. Und natürlich hätte man mehr Möglichkeiten, Druck auf potentielle Kläger oder - wenn das nicht klappt - auf Zeugen auszuüben. Aber wenn der Wille der Geschädigten da war, kam es auf jeden Fall zu einer Klage vor irgend einer Instanz.

Der Knackpunkt aber ist, und deshalb verwende ich den Konjunktiv: Es ist historisch aus dem europäischen Mittelalter nicht überliefert, wo dass Herren aus Willkür ihre Unfreien erschlagen hätten. Das kann natürlich an den guten Verschleierungsmöglichkeiten oder dem Unwillen der Chronisten gelegen haben, womöglich aber auch daran, dass ein Wehradel seine Affekte normalerweise gut im Griff hatte (Militärisches Training und vor allem Standesräson: Man kann schlecht über Andere herrschen, wenn man sich selbst nicht beherrschen kann ...) und zudem genug andere Optionen hatte, um Dampf abzulassen, statt ins nächstgelegene Dorf zu rennen und dort jemanden umzunieten, der ja immerhin einen Wert darstellte und dessen Tod Konsequenzen haben würde. Sie hatten mehr und bessere Gründe, keinen Gemeinen oder Unfreien umzubringen, als diese gegen Morde untereinander.

Ach ja, neben der weltlichen Gerichtsbarkeit gab es auch noch das Kirchenrecht, welches selbst zur Sanktionierung die Tötung eines Unfreien die Exkommunikation vorsah. Das war für einen Edelmann schlimmer als für einen Unfreien, weil sie für einen solchen bereits Auswirkungen auf das Diesseits hatte. Und die Exkommunikation wurde nur aufgehoben, wenn die Angelegenheit auch bereinigt wurde.
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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #39 am: 26.10.2009 | 22:49 »
Wenn ich mich nicht vertue hat Karl der Große schon ein paar Leutchen - nicht in Notwehr - in eine bessere Welt geschickt.

Und klar, ein Adliger muss halt auch mit Rache rechnen.
Ich erinnere mich da an einen Ritter? der auf dem Recht zur ersten Nacht beharrt hat und dafür von den Bauern in den Rhein gejagt wurde.

Außerdem ist es logisch, dass der niedere Adel, der u.U. sogar noch selber mit aufs Feld musst um die Ernte rein zu bringen, sich wohl gehütet hat seine wertvolle Arbeitskraft zu verschwenden.
Aber WENN denn mal einer hat, dann brauchen wir uns gar nicht den Illusionen hingeben, dass da mit großartigen Sanktionierungen zu rechnen war, wenn nicht
- das am Laufenden Band vorgekommen ist
- ein anderer Adeliger oder ein Kirchenmann politisches Kapital aus der Sache schlagen wollte
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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #40 am: 27.10.2009 | 09:36 »
Wenn ich mich nicht vertue hat Karl der Große schon ein paar Leutchen - nicht in Notwehr - in eine bessere Welt geschickt.
Karl der Große hatte diesen Namen nicht ganz umsonst: er war einfach zu groß, als daß sich noch jemand an ihn rantraute.

Wie gesagt, die Machtpositionen des Feudalsystems boten hohes Mißbrauchspotential. Das heißt aber nicht automatisch, daß alle Regeln und Gesetze nur den Wert von Klopapier hatten, sobald sie auch mal auf einen Adligen angewandt werden sollten.

Zitat
Und klar, ein Adliger muss halt auch mit Rache rechnen.
Ich erinnere mich da an einen Ritter? der auf dem Recht zur ersten Nacht beharrt hat und dafür von den Bauern in den Rhein gejagt wurde.
Wie mir mehrere befreundete hauptberufliche Historiker versichert haben, hat es das Recht der ersten Nacht höchstwahrscheinlich nie gegeben. Es gab Zeiten, in denen du als Leibeigene sowieso in den Arsch gekniffen warst und die Beine breit machen mußtest, wenn der Herr kam, unabhängig von einer anstehenden Hochzeit. Es gab aber auch Zeiten, in denen ein Adliger dann gut auf seine Eier aufpassen mußte. Das Mittelalter hat rund 1000 Jahre gedauert, und die Durchsetzungsfähigkeit der einzelnen Stände war ständigen Schwankungen ausgesetzt.

Zitat
Außerdem ist es logisch, dass der niedere Adel, der u.U. sogar noch selber mit aufs Feld musst um die Ernte rein zu bringen, sich wohl gehütet hat seine wertvolle Arbeitskraft zu verschwenden.
Aber WENN denn mal einer hat, dann brauchen wir uns gar nicht den Illusionen hingeben, dass da mit großartigen Sanktionierungen zu rechnen war, wenn nicht
- das am Laufenden Band vorgekommen ist
- ein anderer Adeliger oder ein Kirchenmann politisches Kapital aus der Sache schlagen wollte
- er's so weit übertrieben hat dass ihn das Volk aufgeknöpft hat
Glaubst du im Ernst, die 50 Bewohner eines Bauerndorfes - aus denen sich auch seine Gefolgsleute rekrutierten, wenn sie nicht gerade auf dem Feld standen - hätten es ihrem Ritter durchgehen lassen, wenn er willkürlichen Totschlag an einem aus ihrer Mitte geübt hätte? Auch nur ein einziges Mal?

Je höher du in der Lehenspyramide standest, desto geringer war natürlich die Wahrscheinlichkeit, daß man dich für die Tötung eines Gemeinen oder Leibeigenen zur Rechenschaft zog. Das "finstere Mittelalter" aber, in dem der Adel nach Belieben metzeln konnte und das einfache Volk quasi rechtlos war, ist eine genauso realitätsferne Fiktion wie das romantisierte Mittelalter mit den edlen Recken in schimmernder Rüstung ohne Fehl und Tadel.
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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #41 am: 27.10.2009 | 10:52 »
Zitat
Glaubst du im Ernst, die 50 Bewohner eines Bauerndorfes - aus denen sich auch seine Gefolgsleute rekrutierten, wenn sie nicht gerade auf dem Feld standen - hätten es ihrem Ritter durchgehen lassen, wenn er willkürlichen Totschlag an einem aus ihrer Mitte geübt hätte? Auch nur ein einziges Mal?

Zitat von: mir
Und klar, ein Adliger muss halt auch mit Rache rechnen.
Ich glaube das sollte die Frage beantworten oder?
Aber der nächst höhere in der Lehnspyramide, den hätte das mit guter Wahrscheinlichkeit nicht interessiert wenn der Ritter MAL einen Bauern umnietet - wird schon seinen Grund gehabt haben!

Zitat
Je höher du in der Lehenspyramide standest, desto geringer war natürlich die Wahrscheinlichkeit, daß man dich für die Tötung eines Gemeinen oder Leibeigenen zur Rechenschaft zog. Das "finstere Mittelalter" aber, in dem der Adel nach Belieben metzeln konnte und das einfache Volk quasi rechtlos war, ist eine genauso realitätsferne Fiktion wie das romantisierte Mittelalter mit den edlen Recken in schimmernder Rüstung ohne Fehl und Tadel.
Schon klar. Ich bin mir durchaus bewusst dass das Volk im Lehnswesen auch Rechte hatte - aber es hatte es ungleich schwerer diese Rechte auch einzufordern.

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #42 am: 27.10.2009 | 13:15 »
Wenn ich mich nicht vertue hat Karl der Große schon ein paar Leutchen - nicht in Notwehr - in eine bessere Welt geschickt.

Schon, aber eben nicht seine Leute, sondern bevorzugt solche, die zu lange gezögert haben, seine Leute zu werden. ;)

Das Mittelalter hat rund 1000 Jahre gedauert, und die Durchsetzungsfähigkeit der einzelnen Stände war ständigen Schwankungen ausgesetzt.

Und das nicht nur zeitlich, sondern auch örtlich. Was zur gleichen Zeit in Region A keine Konsequenzen hatte, hatte in Region B durchaus welche und kam in Region C gar nicht erst zur Ausführung, weil dort das Holzauge besonders wachsam war.

Aber der nächst höhere in der Lehnspyramide, den hätte das mit guter Wahrscheinlichkeit nicht interessiert wenn der Ritter MAL einen Bauern umnietet - wird schon seinen Grund gehabt haben!

Möglich. Aber stell' Dir einfach vor, Du besitzt einen Wald, und Dein Förster erschießt den einen Tag einen Fuchs. Da fragst (ökologische Gedanken mal außen vor) Du nicht weiter, war halt ein Fuchs und damit anzunehmenderweise ein Schädling. Am nächsten Tag erschießt er aber einen Hirsch, und dann möchtest Du schon wissen, ob das Tier vielleicht krank war, oder es irgend einen anderen triftigen Grund gab, nicht wahr? Und wehe dem Förster, wenn nicht ...

Der Eigentümer des Waldes entspricht dem Lehnsherrn, der Förster dem Lehnsmann.
Der Fuchs ist ein allgemein bekannter Dieb, der Hirsch ein produktiver Knecht.
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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #43 am: 27.10.2009 | 23:37 »
Wenn ich mich nicht vertue hat Karl der Große schon ein paar Leutchen - nicht in Notwehr - in eine bessere Welt geschickt.
Ja, Sachsen, Awaren, Langobarden  - das er aber sein Volk gemordet hätte ist mir unbekannt.
Zitat
Ich erinnere mich da an einen Ritter? der auf dem Recht zur ersten Nacht beharrt hat und dafür von den Bauern in den Rhein gejagt wurde.
Welches Recht der ersten Nacht?

Kannst du mir EINEN, nur EINEN Beleg geben, das es existierte?

“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #44 am: 27.10.2009 | 23:56 »
Es wurde oft genug eingefordert als dass es defakto existiert hat. (laut Terra-X wenn ich mich gerade nicht vertue)

Und zu Karl dem Großen.
Ich hab da mal gehört, dass wenn er selbst nach den Gesetzen die er erlassen hat gerichtet worden wäre, dann wäre er für diverse Vergewaltigungen und ein paar Morde zur Rechenschaft gezogen worden.

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Re: "Polizei" im Mittelalter?
« Antwort #45 am: 28.10.2009 | 10:10 »
hätte ist mir unbekannt.Welches Recht der ersten Nacht?

Kannst du mir EINEN, nur EINEN Beleg geben, das es existierte?

Ja, das gab es tatsächlich, ist auch vielfach dokumentiert, war aber im Grunde kein "jus", sondern eine Erscheinung feudalen Lokalrechts. Es wurde aber in aller Regel nicht als, ähem, Sachleistung eingefordert, sondern diente eher zur theoretischen Legitimation einer Heiratsabgabe - auf Deutsch, der Herr ließ sich für den Verzicht auf ein Recht bezahlen, dass er sowieso nicht ausgeübt hätte, weil ihm dann entweder seine Bauern oder die Kirche (Stichwort: Ehebruch) oder beide aufs Dach gestiegen wären.

Die Wurzel des Ganzen liegt in vorchristlicher Zeit und wurde selbst dort bereits als Inhalt theoretischer Machtfülle betrachtet, aber da lag die Sache noch einfacher: Es wäre niemandem eingefallen, die Frau eines freien Gefolgsmanns zu fordern - es reichte zur Definition des Herrschaftsanspruchs, das man es hätte tun können, und das gab kein böses Blut. Und statt der sehr komplexen Leibeigenschaft gab es die ganz simple Unfreiheit oder Sklaverei, und da brauchte der Herr nun wirklich kein Gesetz, um sich mit seinem Besitz zu verlustieren.
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