Wenn in dem Abenteuer nun gestanden hätte: "Die Spieler können die Tatsache, dass am nächsten Morgen ein Erdbeben stattfindet, dass große Teile der Stadt verwüstet. Das Erdbeben findet in jedem Fall statt."
...würde jeder davon ausgehen, dass die Spielercharaktere auf solche Naturereignisse keinen Einfluss haben.
Das wäre also kein Railroading, sondern lediglich eine Ereigniskette, die ausserhalb der Beeinflussungsmöglichkeiten der Spieler liegt.
Der eine oder andere könnte jetzt noch einwerfen "Wenn aber die Charaktere gottgleiche Macht hätten..." und irgendwelche Ausnahmen konstruieren.
In jeder Spielerunde haben Spieler und Spielleiter irgendwo eine Vorstellung von den Einflussmöglichkeiten die die Spielercharaktere besitzen. Das kann genau verhandelt worden sein, oft spricht man ja vom Gruppenvertrag, es kann aber auch nur eine vage Idee sein, oder die Abmachung "was der Spielleiter erlaubt, gilt". Oder so...
Railroading es es dann, wenn etwas durch eine getroffene Entscheidung (Spielleiter entscheidet, oder es steht halt so im Abenteuer drin, oder oder) ausserhalb der Beeinflussungsmöglichkeiten der Spielercharaktere gesetzt wird,
dass eigentlich (!) von den Spielercharakteren beeinflusst werden können sollte.
Genau da liegt die Schwierigkeit in der Entscheidung, wann etwas Railroading ist - denn da die Vorstellung, was sich im Einflussbereich der SCs befindet, sehr oft nur vage besteht, herrscht da eben sehr häufig Uneinigkeit.
Unterschiedliche Spielrunden werden da zu unterschiedlichen Vorstellungen kommen. Selbst in der einzelnen Gruppe, wo das der Vorstellung des einzelnen Spielers überlassen wurde, kann es zu unterschiedlichen Auffassungen kommen.
Bei der Frage: "Können die Spielercharaktere den Ausgang einer Konfrontation zweier äußerst mächtiger NSCs beeinflussen?" wird also die Gegenfrage laut: "Welchen Einfluss haben die Charaktere denn?" Was wurde vereinbart? Was stellt sich der einzelne vor? Was entscheidet der Spielleiter üblicherweise?
Wenn den Spielercharakteren früher schon andere ähnliche Einflussnahmen zugestanden wurde, werden die Spieler es sicherlich als Beeinträchtigung wahrnehmen, wenn sie da jetzt nichts am Ausgang des Konflikten ändern können.
Wenn die Charaktere als "kleine Lichter" unterwegs waren, die nur in den Schatten solcher großen Ereignisse ihre Erlebnisse gemacht haben, dann wird das als ähnlich "gottgegeben" wahrgenommen, wie eben auch die Tatsache, dass ein Erdbeben stattfindet und man das kaum verhindern kann.
Eine andere Frage wäre das sogenannte "Powerlevel" der Charaktere. Wieder eine andere wäre die unmittelbare Relevanz dieses Konfliktes - je wichtiger ein Ereignis für die Spielercharaktere ist, desto mehr sollte man ihnen auch eine Beeinflussungsmöglichkeit zugestehen.
Da liegen Vorstellungen einfach zu sehr auseinander, deswegen kann es nur ein "kommt drauf an" als Antwort geben.
Ich kann mir nur in einer Situation eine klare Antwort vorstellen:
Wenn dieser Konflikt essentieller Bestandteil des Abenteuerinhaltes darstellt (also Komponente dessen ist, was die SCs im Abenteuer als Aufgabe zu erledigen haben) dann sollte es auch beeinflussbar sein. Und dann wäre ein vorgeschriebener Ausgang eindeutig als Railroading zu bewerten.
Ansonsten halte ich den zu bewertenden Satz als gutes Beispiel für etwas, das man so (!) nicht in ein Abenteuer schreiben sollte.
Denn diese Aussage ist so unterschiedlich interpretierebar, dass es nach weiteren Erläuterungen schreit - oder nach der simplen Frage: Warum?
Denn wenn man nicht weiss, warum der Konflikt und sein Ausgang nicht beeinflussbar sein darf, kann man als Spielleiter nicht wissen, wie man auf Ideen und Wünsche von Spielern reagieren soll.
Dann bleibt nur blinder Gehorsam oder das Ignorieren des Passus oder die Hoffnung, dass der Spielverlauf diesbezüglich keine Anstrengungen erfordert - nur, wenn das der (geplante) Fall sein sollte, warum wird es dann explizit erwähnt? Es scheint ja doch wichtig zu sein.
Insofern also ein gutes Beispiel für ein schlechtes Beispiel.