Meiner Meinung nach liegen das Ausufern solcher Diskussionen sowie die inflationäre Verwendung von täglich schwammiger werdenden Begriffen wie „Railroading“ oder „Spielleiterwillkür“ an einem schleichenden Erstarken einer Fraktion von Rollenspielern, denen jegliche auch nur im Ansatz erkennbare Autorität des Spielleiters ein absoluter Dorn im Auge ist und die sich auf einem Kreuzzug für die geknechtete und geistig entmündigte Spielerschaft befinden, die zwingend vom Joch der Unterdrückung durch die satanischen Werkzeuge der Finsternis befreit werden muss, ob sie es nun will oder nicht. Für diese Ritter der Gerechtigkeit ist es undenkbar, dass jemand unter der Autorität eines Spielleiters (widerlich allein schon der Begriff, wie kann er sich anmaßen, das Spiel leiten zu wollen? Alle Macht geht vom Spielervolk aus, nieder mit den Bonzen!) Spaß haben kann. Der Widersacher spielt allein zu seinem eigenen Vergnügen, um seine imperialistischen Machtansprüche gegenüber der entrechteten Spielerkaste durchzudrücken.
Und es gibt genug Werkzeuge, mit deren Hilfe der alte Feind seine Willkür unters Volk streuen kann, allen voran Old-School-Systeme, welche die „Goldenen Regel“, eine geheimnisvolle Zauberformel zur Durchsetzung des illegitimen Herrschaftsanspruchs, propagieren. Und am schändlichsten unter ihnen ist Das Schwarze Auge, das als erstes Rollenspielsystem dem „Meister“ (noch schlimmer als Spielleiter, wir haben hier auf der einen Seite den sadistischen Meister und auf der anderen Seite des Spielleiterschirms seine devoten Sklaven) eine Maske an die Hand gab, um seine diabolischen Ränke besser verbergen zu können.
Genug der Ironie. Solche Debatten führen zu nichts. Lasst die Leute spielen, wie sie wollen. Falls ihr Euch dazu berufen fühlt, gebt in freundlicher Weise ein paar Anregungen, damit sie auch mal über ihren Tellerrand hinaus in Eure Suppenschüssel blicken können, aber vermeidet den Einsatz von Kampfbegriffen und Totschlagargumenten, denn das hier ist nicht die Oktoberrevolution. Es gibt Leute, glaubt es oder nicht, die sich gerne ab und zu im Stuhl zurücklehnen, das Gehirn verschnaufen lassen und dem lieben alten Erzählonkel, der auch gerne mal seine Würfe verdeckt machen darf, zuhören. Und die ihm Autorität über den Handlungsrahmen zugestehen, weil sie wissen – oder hoffen – dass er in der Lage ist, ihnen auch ohne 180% Player Empowerment einen angenehmen und vielleicht sogar unvergesslichen Abend zu bescheren. Und solche Leute hören es mitunter nicht allzu gerne, wenn man ihre Spielleiter, Meister, Moderatoren oder eben Erzählonkel als garstige Willkürmaschinen und Diener der Finsternis tituliert und dazu irgendwelche schäbig klingenden Fremdworte benutzt.