Autor Thema: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung  (Gelesen 3113 mal)

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Offline Jed Clayton

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Achtung, das wird ein langer Text! Ich kann's nicht kurz machen.
Wer keine langen Buchbesprechungen mag, muss sich irgendwo sonst die Infos holen.

Das Folgende ist eine Systemvorstellung, keine Rezension.  ;)

BASH! Ultimate Edition, von Chris Rutkowsky,
Basic Action Games, copyright 2009, 137 S. / Farbe.
Erhältlich als PDF, Buchversion folgt in Kürze.

(Frühere Edition: BASH! – Basic Action Super Heroes, copyright 2004)


Da ich auf meiner Reise quer durch die verschiedenen Rollenspiele immer noch nicht das komplett zufrieden stellende, glücklich machende Regelwerk für Comic-Superhelden gefunden zu haben scheine, ein Spiel, das sich sowohl zum schnellen Gleich-Losspielen eignet als auch umfassend und vielseitig ist, habe ich mir neulich das Spiel „Basic Action Super Heroes“ (BASH) von Chris Rutkowsky zugelegt. Ich war bereits geringfügig über die Vorgängeredition informiert, zu der ein kurzes Spiel-Demo auf Rutkowskys Homepage stand. Außerdem hat der Autor in den letzten Monaten in mindestens zwei bekannten Podcast-Sendungen Interviews über seine Arbeit an BASH gegeben. Diese Interviews hatte ich zwischen August und Oktober mit großem Interesse gehört und wusste daher auch, dass die neue „Ultimate Edition“, also das ganz große Update zu BASH, noch diesen Herbst herauskommen sollte. Vor etwa 9 Tagen war es dann plötzlich soweit und die Ultimate Edition stand bei RPGNow und DriveThruRPG auf der Startseite. Dort entwickelte es sich rasend schnell zum bestverkauften Superheldensystem. Außerdem bekam jeder Kunde, der sich die gedruckte Buchfassung von „BASH! Ultimate Edition“ vorbestellt hatte, auch das PDF gratis zugeschickt. Ich selbst war einer dieser Kunden und kann bestätigen, dass das auch geklappt hat.

BASH hat auf jeden Fall einige Dinge mit den meisten vorher erhältlichen Superhelden-Rollenspielen gemeinsam. Wer zum Beispiel das Hero System in irgendeiner Edition einmal gelesen hat, wird vieles wieder erkennen. Im Gegensatz zu den von mir ebenfalls getesteten Spielen Hearts & Souls und Truth & Justice erlaubt es BASH aber nicht, Superkräfte und Fähigkeiten komplett neu zu gestalten oder frei Fähigkeiten hinzuzuerfinden, die man dann nur noch mit einem Zahlenwert versieht. Die Superkräfte werden hier eher klassisch aus einer vorgegebenen Liste ausgewählt. Ebenso teilt es nicht das „nach oben offene“ und nicht durch Punkte begrenzte Charaktererschaffungssystem von Hearts & Souls, das ich ja dieses Jahr besonders oft geleitet habe. Wie in den klassischen Systemen der 80er und 90er Jahre beginnt in BASH jeder Spieler mit einem streng vorgegebenen Punktekonto für Attribute und Superkräfte. Wenn alle diese Punkte ausgegeben sind, ist auch wirklich Schluss. Der große Unterschied zu den Spielsystemen Hero und GURPS ist hier, dass BASH die Punktekosten ziemlich niedrig hält. Die meisten Fähigkeiten können maximal eine einstellige Zahl als Punktekosten erreichen. Dazu ist es durchaus üblich, für einen Spielercharakter mit 20 oder 25 Punkten zu beginnen, die wirklich für alles ausreichen müssen, was der Charakter können soll. Mit Hearts & Souls oder auch Truth & Justice hat das System von BASH gemeinsam, dass es allein für das Comicgenre geschrieben wurde und die Terminologie an diese Materie angeglichen hat: Die Kampagne ist der „Comic“, der einzelne Spielabend die „issue“ (Ausgabe), und statt Runden gibt es wieder einmal nur „panels“ (Bilder) und „pages“ (Seiten). Alle Regeln, sobald es um Kampf, Schaden, mehrere kurze Aktionen, Erholungsraten und andere Dinge geht, verwenden die Begriffe „panel“, „page“ und „issue“, oft auch „scene“ für eine Ansammlung aufeinander folgender „pages“. Genauso ist die Benennung von Spieler- und Nichtspielercharakteren an Comics ausgerichtet und der Realismusgrad erreicht in der Regel eine bunte und spektakuläre Comic-Realität, sicherlich keine „realistische Realität“ (aber damit hätte wohl auch kein Leser gerechnet, hm?).

Man beginnt bei der Charaktererschaffung üblicherweise mit den Attributen. Davon gibt es in BASH drei: Brawn, Agility, Mind. Von „Brawn“ hängt alles mit Kraft und Ausdauer ab, alles, das nur auf rohe Muskelkraft geht. „Agility“ ist die Allzweck-Geschicklichkeitseigenschaft für Schnelligkeit, Reaktion, Balance, Wendigkeit, Körperbeherrschung, sportliche Aktivitäten und Nahkampf. „Mind“ steht für die Intelligenz, den Verstand, die Wahrnehmungsfähigkeiten, die Lerngeschwindigkeit, Strategien, Planung, Konzentration, überhaupt alles Geistige. Interessanterweise braucht man Mind zum Beispiel auch für den Fernkampf. Von jedem der drei Attribute hängt noch ein abgeleiteter Spielwert ab: Von Brawn der „Soak“ (Schaden einstecken), von Agility die „Defense“ und von Mind letztlich die „Mental Defense“. Alle Attribute können Werte zwischen 0 bis 5 haben, wobei 0 aber ein schweres Defizit oder eine dauerhafte Behinderung darstellt und 5 die oberste Stufe von Superkräften. Ein Spielercharakter kann ein Attribut auch auf 0 setzen, aber das ist nicht gerade zu empfehlen (außer es passt wirklich zur Geschichte, wie bei Professor Xavier, der nicht gehen kann und bekanntlich Rollstuhlfahrer ist). Im Grunde braucht man schon mindestens eine 1. Jeder Punkt in einem Attribut kostet allerdings 2 Charakterpunkte: die 3 verbraucht also 6 Punkte, die 5 verbraucht 10 Punkte.

Das interessante „Neue“ an BASH ist bei den Attributen sicherlich der Umstand, dass die Werte in den Attributen jeweils als Multiplikatoren verwendet werden. Gewürfelt wird stets mit den gleichen Würfeln: 2W6. Der Attributswert ist das, womit das Würfelergebnis multipliziert werden muss. Würfelt man aber einen Pasch, wird ein weiterer W6 dazugewürfelt. Ist das Ergebnis dieses W6-Wurfs die gleiche Zahl wie die Zahlen in dem jeweiligen Pasch, wird es dazuaddiert und dann mit 1W6 so lange weitergewürfelt, bis eine andere Augenzahl kommt! Ist das Ergebnis etwas anderes als die Pasch-Zahl, wird eben nur dieses Ergebnis addiert. Das höhere Ergebnis schlägt immer das niedrigere. Eine Würfelprobe mit einem Attribut 0 geht anders: Hier würfelt der Spieler nur mit 1W6, der nur dann „explodiert“, wenn er eine 6 würfelt. Im Übrigen wird jedes unentschiedene Zahlenergebnis als Sieg oder Vorteil für die Seite der Helden gewertet, nicht für ihre Gegner. Die Tatsache, dass man in diesem Spiel ständig multipliziert und daher mindestens das kleine Einmaleins draufhaben muss, hat einen kuriosen Grund: Chris Rutkowsky entwickelte sein Rollenspiel nämlich als Spiel für Kinder einer Grundschule in seiner Nähe, als Beschäftigung in einem freiwilligen Nachmittagsbetreuungsprogramm für die dortigen Schüler. Damit die Lehrerschaft und die zuständigen Schulbehörden ihn das Rollenspiel in den Nachmittagsangeboten verwenden ließen, musste er ihnen beweisen können, dass es zumindest einen pädagogischen Nutzen für junge Kinder haben würde. Weil er erklären konnte, dass man dazu Addition, Subtraktion und Multiplikation lernen musste und beim Spielen weiterübte, ließen sie ihn gewähren. Der andere pädagogische Vorteil soll ein moralischer sein: Die Kinder sollen lernen, in der Rolle von Superhelden bewusst Gutes zu tun und sich für hilflose Mitmenschen einzusetzen. Rutkowsky war der Ansicht, dass dies mit den anderen schon bestehenden Rollenspielen nicht möglich war: Horror, Cthulhu oder Gothic-Themen – undenkbar für eine Grundschule; Fantasy-Spiele gingen auch nicht, weil man dort nur lerne, Fremde zu erschlagen und ihre Schätze und Wertgegenstände zu rauben; Cyberpunk-Spiele natürlich schon gar nicht. Also boten sich als einziges dankbares Thema nur die Abenteuer mit Superhelden an. Für Spieler, die auch die Multiplikation auf die Dauer beschwerlich finden, ist bei der Ultimate Edition die Tabelle der Rechenergebnisse bereits als farbige Tabelle auf den Rückumschlag gedruckt (beim PDF auf die zweite Seite gesetzt).

Zu jedem Spielercharakter kann der Spieler sich auch eine Schwäche (Weakness) auswählen: Das klassische Kryptonit-Problem, oder Aquamans Bindung an das Meer, oder der alte Nachteil von Green Lantern, dass sein grüner Energiering nichts beeinflussen konnte, das die Farbe Gelb hatte. Diese besonderen Schwächen, wenn sie wirklich Einfluss auf die gespielten Abenteuer besitzen, bringen zwischen 2 und 4 zusätzliche Charakterpunkte. Abgesehen von einer physischen Schwäche braucht jeder Superheld aber auf jeden Fall eine kleine psychische Besonderheit, den so genannten „Mental Quirk“. Diese Besonderheit ist nicht verhandelbar und bringt auch keine Punkte. Sie dient nur dem charaktergerechten Rollenspiel. Der Mental Quirk ist deswegen Zwang, weil niemand, der sich eine Maske und ein Cape anzieht, um damit auf Verbrecherjagd zu gehen, noch normal tickt. Man kann also durchaus einen durchgeknallten verrückten Helden oder einen von inneren Konflikten Zerrissenen als Spielercharakter spielen. In der Regel ist jedoch mit Mental Quirk gemeint, dass der Held zum Beispiel den ständigen Drang verspürt, der perfekte „gute Junge“ oder „Pfadfinder“ sein zu müssen (Superman), von amerikanischem Patriotismus getrieben wird (Captain America), oder von dem krankhaften Zwang, unbedingt alle Straßenkriminellen und Drogendealer aus seiner Stadt zu verjagen, über die er wie ein dunkler Ritter wacht (Batman).

Gleich danach kommt das Buch zu den Powers, also den allseits beliebten Superkräften. Diese sind in Form einer genau durchdachten Liste präsentiert, dabei unterteilt in sieben Kategorien. In BASH heißen die rein der Übersichtlichkeit halber verwendeten Kategorien der Superkräfte so: Movement Powers (Rennen, Fliegen, Schwingen, Teleportieren, An-der-Wand-Kleben und andere), Combat Powers (Dinge, die im physischen Kampf hilfreich sind, Schaden verursachen oder Schaden stoppen), Mastery Powers (z.B. etwas Herbeizaubern oder Beschwören), Intense Training Powers (Kampffähigkeiten, die durch intensives und langjähriges Studium der Kampfkünste erworben werden können: mit zwei Waffen zugleich kämpfen, die Balance halten, immer die empfindlichen Körperstellen treffen u.a.), Perception Powers (Supersinne oder auch die berühmten „Röntgenaugen“), Bio-Manipulation Powers (Kräfte, die den eigenen Körper verändern oder verformen, Attribute erhöhen u.a.) und Mental Powers (geistige Kräfte, darunter fallen Hellsehen, Verwirren, Illusionen erzeugen, Hypnotisieren, aber auch „alle Sprachen sprechen“ und „alle Texte lesen können“).

(Fortsetzung siehe unten...)
« Letzte Änderung: 7.12.2009 | 21:53 von Jed Clayton »
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... Die meisten der Superkräfte sind in Levels aufgeteilt, das Maximum liegt aber stets bei fünf Stufen. Die geringste Kostenstufe liegt immer bei 1 Punkt. Für eine typische Comic-Kraft wie richtig gutes Fliegen, Glieder ausdehnen (Stretching), Riesenwuchs oder Schrumpfen, seltsame Energiestrahlen verschießen oder einen Gegner bewegungslos machen, muss man schon 4 oder 5 Punkte hinlegen. Das An-der-Wand-Kleben von Spider-Man gibt es aber beispielsweise schon für 1 Punkt, genauso wie kleinere Vorteile wie „Zwei Ziele auf einmal treffen“, verbesserte Balance, verbesserte Initiative oder ein Gefahrenwarnsinn, der in kritischen Situationen anspringt. Etwas schwierig beim ersten Lesen, und ungewohnt im Vergleich zu den anderen Systemen: Bevor man zu den Powers vorstoßen kann, listet das Buch die Nachteile (Power Limitations) und Verstärkungen (Power Enhancements) auf. Das ist aber nichts, das das System als Ganzes unübersichtlich macht: Jede Limitation zieht konsequent 1 Punkt von einer Power ab und ein Enhancement kostet fast immer 1 Punkt mehr. Damit kann man die einzelnen Powers allerdings sehr gut maßschneidern und nach den Wünschen der Spieler differenzieren. Bei den Limitations gibt es auch einige Feinheiten zu beachten, die BASH von ähnlichen Systemen klar unterscheiden: Natürlich gibt es keine Superkräfte gratis hinterher geschmissen, daher kann per Definition keine Power 0 Punkte kosten oder etwa eine negative Zahl von Punkten. Dazu sagt aber BASH, zu jeder Power darf nur maximal eine Limitation (-1) hinzugefügt werden, die einen Punkt einspart. Wenn man also beispielsweise zu einer Power - aus Storygründen - sowohl den Nachteil „Gadget“, als auch den Nachteil „Charges“ nehmen möchte, zieht nur einer dieser beiden Nachteile vom Preis der Power 1 Punkt ab. Der andere Nachteil kann ebenso gelten, bewirkt aber keinen Punkteabzug. Man kann von einer Power, die allein nur 1 Punkt gekostet hätte, zwar nicht 1 Punkt abziehen, aber man kann zwei dieser 1-Punkt-Powers den gleichen Nachteil zuordnen und damit immer noch 1 Punkt sparen: z.B. bei einem Paar Super-Schuhe, das sowohl eine erhöhte Renngeschwindigkeit verleiht, als auch Geräuschlosigkeit beim Auftreten. Wenn man beide dieser Fähigkeiten auf einer Stufe von 1 Punkt Kosten wählt, kann man bei einer von beiden 1 Punkt für „Gadget“ abziehen. Einige der Limitations haben erstaunlicherweise sehr ähnliche Wirkungen. Für Kräfte, die man nicht unentwegt oder ohne Begrenzung weiterverwenden kann, bietet das System gleich fünf Möglichkeiten an: Ehrlich gesagt fand ich es beim ersten Durchlesen etwas knifflig, zwischen den sehr ähnlichen „Burn-Out“, „Charges“, „Fading“, „Finite“ und „Ammunition“ zu unterscheiden. Den verschiedenen Limitations steht eine etwa ebenso lange Liste von möglichen Enhancements gegenüber. Verschiedene davon sind natürlich nur für bestimmte Powers sinnvoll und viele Limitations und Enhancements schließen sich aus Gründen der Logik gegenseitig aus. Anders als bei den Limitations kann die gleiche Power gegebenenfalls ruhig mehrere Enhancements haben.

Nach den Attributen und Powers verwendet BASH auch noch Skills und Vorteile. Was mich bei ein paar der großen Superheldensysteme immer gestört hat, wiederholt sich in BASH zum Glück nicht: Wenn ich mir zum Beispiel Mutants & Masterminds, ein relativ solides und schön aufgemachtes System, ansehe, stört mich immer, dass ich für Attribute, Talente, Skills, Powers und Power Feats jeweils Punkte berechnen muss und mir dann immer in der einen oder anderen Kategorie noch Punkte fehlen. Ich habe entweder einen Skills-basierten Charakter oder einen Powers-basierten Charakter. Dann stellt sich dort auch jedes Mal wieder die Frage, wie hoch ich die Attribute oder Grundeigenschaften ansetzen sollte. Ich muss also in vier oder fünf verschiedenen Bereichen Punkte ausgeben, dann durch Nachteile ausgleichen, bevor der Charakter endlich fertig ist. Bei BASH geht das zum Glück ein bisschen leichter. Es gibt zwar eine reiche Auswahlliste von Skills, aber Punkte werden nur für die Attribute und Powers verlangt. Ich kann sogar überhaupt keine Punkte in Skills investieren, sogar wenn ich das sehr möchte. Die Skills sind zu 100% an die bereits gekauften Attributswerte gebunden. Ich bekomme exakt so viele Skills wie ich Stufen in dem Attribut „Agility“ oder „Mind“ habe. Zu „Brawn“ gibt es keine Skills. Wenn ich zum Beispiel einen Charakter mit Agility 4 und Mind 2 spiele, dürfte ich nur 4 körperliche Skills wählen und 2 geistige Skills. Auch diverse mögliche Spezialisierungen, also Unterbereiche eines Skills, zählen dabei wie komplette Skills. Ich kann also keine Charaktere mit vielen Skills, aber relativ niedrigen Attributen spielen, oder bei hohen Attributen auf Skills verzichten, da die Wahl der Skills eine ziemliche Selbstverständlichkeit darstellt. Ich sehe ein, dass das bestimmt ein strittiger Punkt sein wird und vielen Spielern möglicherweise nicht gefällt, aber ich finde es gar nicht mal so schlecht. Es spart Zeit und ist einfach zu merken. Außerdem behauptet BASH ja nicht, ein System zu sein, in dem man ohne Weiteres komplette Lebensläufe mit Schulbildung, Uni und Berufskenntnissen darstellen kann. Es beschränkt sich ganz auf das absolut Notwendige beziehungsweise auf eine kleine Handvoll typischer „Heldenfertigkeiten“, nicht auf Skills, die bloß den Werdegang und den Alltag des Helden repräsentieren sollen. Was kümmert es mich schon, ob ein Spielercharakter in seiner Privatidentität Versicherungsangestellter oder Steuergehilfin ist, wenn das nie in den Abenteuern vorkommt und keine Auswirkungen auf seine Heldenfähigkeiten hat? Wenn jemand zum Beispiel einen Charakter der Marke „unglaublich hochtrainierter Kung-Fu-Meister“ spielen möchte und anhand der Knappheit der Skills zu verzweifeln droht, kann man diesen Spieler leicht dadurch beruhigen, ihm den Zugang zu mehreren kleinen Powers aus der Kategorie „Combat“ und „Intense Training“ zu ermöglichen, die quasi die Stelle von Fertigkeiten einnehmen oder als solche erklärt werden können, auch wenn das System sie technisch gesehen „Powers“ nennt und nicht „Skills“. Dann bleiben noch die Vorteile: Hier hat BASH auch ein wunderbar einfaches System durchgesetzt, immer nach dem Motto „Geschenkt gibt’s nix!“ Man darf zwar generelle Vorteile für den Charakter erwerben, zum Beispiel „Alter Ego“, „Celebrity“, „Gadgeteer“, „Never Surrender“, „Police Powers“ und vieles mehr, aber diese Dinge erfordern genauso wie die Skills kein Ausgeben von Punkten. Stattdessen darf ich mir jeden Vorteil nur dann krallen, wenn ich zugleich auch einen Nachteil dazu nehme. Vor- und Nachteile müssen also völlig ausgeglichen sein. Eine brillante Idee, denn so wird verhindert, dass irgendein Charakter mit Nachteilen zugeschmissen wird, ohne auch etwas Positives mitzubekommen, und die Schlaumeier und Min-Maxer bekommen kein buntes Sortiment von Vorteilen (z.B. „Multimillionär“, „Berühmt“, „Diplomatische Immunität“, „Fotografisches Gedächtnis“ und „Sidekick“), ohne eine ebenso schillernde Liste von Nachteilen auf ihrem Charakterblatt (sagen wir mal, „Besonders alt“, „Erzfeind“, „Geheimnis“, „Empfindlichkeit gegen eine Substanz“ und „Von der Polizei gejagt“). Vor- und Nachteile sind zudem immer optional und ändern durch die oben genannte Regel nichts am Punktewert des Charakters.

Letztlich wird der Spielercharakter noch abgerundet durch den Gebrauch von Setbacks und Hero Points. Die Setbacks sind allein Story-Entscheidungen des Spielleiters, die gegen den Charakter gerichtet sind oder eben sein Leben plötzlich schwieriger und damit interessanter machen. Mit Setbacks kann der Spielleiter einzelne Punkte vom Würfelergebnis des betreffenden Spielers abziehen (nach dem Multiplizieren), um ihn vorübergehend scheitern zu lassen. Genauso können Hero Points dazu eingesetzt werden, die Würfelergebnisse von Helden nach oben zu verändern, um in einer brenzligen Situation eben doch noch einen Sieg herauszuholen. Eine wichtige Nebenregel: Alle bei der Charaktererschaffung nicht ausgegebenen Punkte werden in Hero Points für das erste Spiel konvertiert. Dementsprechend kann ein Spieler das Punktekonto seines neuen Spielercharakters auch gern ein bisschen überziehen – und sämtliche Punkte „zu viel“, also über dem gewählten Kampagnenlimit, werden kurzerhand zu Setbacks. So kann man zum Beispiel wenn man unbedingt möchte einen Charakter für 30 Punkte in eine Kampagne mit einem 25-Punkte-Limit schicken: Dieser hätte in BASH genau genommen 30 Punkte, aber auch 5 Setbacks. Ein Held mit 23 Punkten für Attribute und Powers bekommt bei Spielbeginn entsprechend 2 Hero Points.

Da diese Heldenpunkte zugleich noch als die universellen Gummipunkte des Regelsystems herhalten, kann man damit im Verlauf des Spiels noch besonders coole Dinge machen. Da diese Dinge vorrangig die Story betreffen und weniger die Zahlenwerte beim Würfeln, möchte ich sie hier einmal der Reihe nach aus dem Buch zitieren. Jeweils 5 Hero Points, welche man natürlich auch während des Spiels für Heldentaten und gutes Rollenspiel dazuverdienen kann (also als „Fan Mail“ dieses Systems), kann man in einen so genannten Hero Die umwandeln. Zusätzlich startet ohnehin jeder Held mit einem Hero Die gratis. Ein Hero Die kann folgende Effekte erzielen:

1. „Ich arbeite besonders gut unter Druck.“: soll heißen, der Charakter hat automatisch mit einer Fertigkeitsprobe Erfolg, oder darf automatisch das Ergebnis 20 für eine Probe wählen, bei der er für die Aufgabe eigentlich nicht trainiert oder ausgebildet ist.
2. „Gib niemals auf!“: Ein bewusstloser, benommener, gefesselter, hypnotisierter usw. Charakter kommt frisch in die Szene zurück und hat sofort wieder mindestens 20 Trefferpunkte, falls er welche verloren hatte (die Standardzahl für Spielercharaktere beträgt übrigens 100 Trefferpunkte, egal wie hoch ihre Attribute sind!).
3. „Hey, das war knapp!“: Man darf eine Superkraft als blitzschnelle Reaktion auf ein anderes Ereignis einschalten, selbst dann, wenn man in der Situation gerade kein „Panel“ für den eigenen Charakter gehabt hätte oder seine Aktion für das Panel bereits aufgebraucht hatte. Das eignet sich z.B. besonders gut zum Kontern von gegnerischen Superkräften: beispielsweise ein Tarnfeld gegen Superblick, oder ein Eisschild gegen Hitzestrahlen.
4. „Ihr wollt diese Party doch nicht etwa ohne mich beginnen, oder?“: Man benutzt den Hero Die dazu, mitten in eine Szene hineinzuplatzen, in der der Charakter vorher eigentlich gar nicht anwesend war. Der Charakter kracht plötzlich durch eine Wand oder war ja „in Wirklichkeit“ die ganze Zeit schon da, weil er sich zum Beispiel unter dem Tisch versteckt oder geschickt verkleidet hatte. Das kann man sogar dazu verwenden, seinen Sidekick gerade im rechten Augenblick auftauchen zu lassen (Robin schneidet Batmans Fesseln auf) oder sein Superfahrzeug zu rufen (K.I.T.T. rettet Michael Knight!).
5. „Du solltest mich nie unterschätzen!“: Man würfelt noch einmal einen W6 und addiert das Ergebnis zu dem regulären Wurf mit 2W6. Wenn das Ergebnis auf dem Bonus-W6 mit einem der beiden anderen Würfel übereinstimmt, zählt das Ganze wie ein Pasch (vgl. oben) und man darf wieder einen W6 addieren und weiterwürfeln, solange die gleiche Augenzahl gewürfelt wird. (Ich sehe schon vor mir, wie der Charakter damit oft gerade im entscheidenden Moment noch einen Erfolg landet, wenn er eigentlich nicht den richtigen Skill dafür hätte und alle Chancen gegen ihn standen. Eine sehr interessante Regel.)
6. „Power Stunt!“: Man bekommt vorübergehend eine scheinbar neue Superkraft, indem man eine seiner bestehenden Kräfte einfach kreativ verwendet… Der superschnelle Charakter wie der Flash kann seinen Körper so schnell vibrieren lassen, dass er widerstandslos wie ein Gespenst aus seinen Fesseln gleitet, oder er rennt so schnell im Kreis, dass er damit einen Tornado erzeugt. (Der Spieler muss bei diesem Einsatz eines Heldenwürfels trotzdem selber beschreiben, was genau er mit seiner alten Fähigkeit zu tun gedenkt. Nach dem Ausgeben des Hero Die darf er die neue Power für den Rest der Szene verwenden.)
7. „Ich könnte den ganzen Tag so weitermachen!“: Man tauscht den Hero Die wieder gegen 5 Hero Points.

Das Kampfsystem in BASH finde ich ausgesprochen detailliert und reizvoll. Es enthält neben dem üblichen Attackieren, Verteidigen, Ausweichen, Abwarten, Position wechseln und Umrennen auch eigene Regeln für Gerangel auf engem Raum, Teamwork, Schusswaffen, Kampf mit Fahrzeugen und andere interessante Späße mehr. Eine auffällige Eigenheit im gesamten System von BASH ist aber auch, dass alle Abstände, Distanzen und Wirkungsflächen nur in der fiktionalen Maßeinheit „Squares“, also quadratischen Feldern, angegeben werden, auch wenn das Spiel ansonsten keine großen Anstalten macht, auch als Miniaturenspiel zu funktionieren. Die Squares stehen überall: In den Beschreibungen der Powers und ihrer „Verzierungen“ und im Kampfkapitel, bei den Reichweiten von Waffen und Attacken, bei der Geschwindigkeiten von Fahr- und Flugzeugen. Das ist aber auch nicht weiter schlimm. Das Buch definiert 1 square als 5x5 feet, also ein Quadrat von etwa 1,5 m x 1,5 m. Wenn man also eine Spielfläche mit quadratischen Feldern zur Hand hat und unbedingt visuell mit Superhelden-Miniaturen spielen möchte, geht selbst das. Auf die Kapitel zu Charaktererschaffung und Kampf folgen noch weitere sehr nützliche Ausführungen, zum Beispiel sehr sorgfältige Kapitel zum Leiten einer echten Superheldenkampagne. Dabei gibt der Autor Tipps zu dem Aufbau von Ausgaben und Serien, dem Verwenden von Subplots und sogar (sehr praktisch!) ein paar Zufallstabellen zum Generieren zufälliger Ereignisse, um ganz schnell mit ein paar W6-Würfeln ein Abenteuer zu kreieren. Daran schließt ein ebenfalls ausführliches Kapitel zu den verschiedenen Comic-Genres an, die Rutkowsky ebenfalls sehr gut beleuchtet hat. Darunter fallen sowohl Epochen als auch Subgenres. BASH unterteilt sie in Modern Age (mehr oder weniger die Gegenwart), Pulp Heroes, Golden Age, Silver Age, Bronze Age, Iron Age, Super Teens, Science Fiction, Fantasy, Cosmic und Crossovers. Besonders hat mich auch gefreut, dass es im Anhang zu jeder der empfohlenen Power-Stufen etliche voll ausgearbeitete Beispielcharaktere gibt. So kann man selbst mit Spielern ohne jegliche eigene Comic-Ideen recht gut loslegen. Ähnlich wie in Mutants & Masterminds basiert nahezu jeder Beispielcharakter auf einer realen Marvel- oder DC-Comicfigur.
« Letzte Änderung: 10.08.2010 | 18:45 von Jed Clayton »
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Was mir recht gut an BASH! gefällt, gerade im Vergleich zu den anderen Systemen für Superhelden:

Durch die vier vorgeschlagenen Power-Stufen behält der Spielleiter eine recht gute Kontrolle darüber, was ein einzelner Charakter haben kann und was nicht. Es ist ein sehr solides Kaufsystem. Die vier Stufen heißen übrigens: Mystery Men (20 Punkte), Street Level (25 Pkt.), World Class (40 Pkt.) und Cosmic (60+ Pkt.). Ich empfehle das Street Level!

Kein Würfelchaos: Bei Hero habe ich das Problem, dass die "effect dice" wie v.a. Schaden schnell ansteigen und irgendwann acht, zehn oder sogar zwanzig W6 auf dem Tisch liegen. Da muss man immerhin noch die Würfelergebnisse zusammenzählen. Bei Hearts & Souls, einem völlig anderen Konzept, muss ich immer am Start eines neuen Spiels den neuen Leuten erklären, warum es drei verschiedene Würfelarten gibt (W4, W8, W12) und was sie bedeuten.
Die Variante "2W6 für alle" mit den gelegentlichen explodierenden Extrawürfeln kenne ich bisher nur von diesem Spiel. Das ist einfach ein guter Mittelweg. (Der Anhang zu BASH! enthält übrigens sogar "Konvertierungsanweisungen" für W12, W10 und würfelloses Spiel. Genauso kann man statt Square Mats auch Hex Mats verwenden.)

Der dritte Anreiz für mich: Die Zeichnungen!! Das Cover und nahezu alle Interior Illustrations stammen von Danilo Moretti. Sein Stil erinnert mich sehr stark an die JLU-Fernsehserie und die dazugehörigen Actionfiguren. Es ist eine Art vereinfachter Kinder-Comicstil. Ein besonderer Kniff dieses Zeichners: Die meisten Figuren haben keine Gesichter, da ihre Gesichter von Helmen, riesigen Schutzbrillen, Masken, Kapuzen oder Hüten verdeckt werden.
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Offline Jed Clayton

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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #3 am: 14.12.2009 | 21:15 »
Ich denke, das hier wird wieder ein "Solo-Thread", oder?

Aber ich wollte hier schnell noch eine kleine Sache selber hinzufügen:
Anhand des oben beschriebenen (neuen) Systems für die Charaktererschaffung hatte ich mir schon überlegt, ob so wenige Skills für einen Charakter tatsächlich wünschenswert oder im Sinne der Spieler sein könnten. Immerhin ist ja der Wert Agility/Brains 5 schon das Maximum. Das System ist nicht nach oben offen. Mit Brains 5 also doch nur 5 Skills? Dazu kommt noch, das "normale" Charaktere ohne Superkräfte quasi nur 1 oder 2 in einem Attribut haben sollen.

Aber dazu gibt es zum Glück noch einen kleinen Kunstgriff in den Regeln. Im Grunde behilft man sich da genauso wie in BESM 2nd Ed.: Es gibt unter den "Intense Training Powers" auch eine Power namens Skillful:

Skillful
1-5 pts; Personal
You have 2 extra skill selections per point in this power.

Damit geht's gut.
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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #4 am: 17.12.2009 | 21:27 »
Seit heute werden von Bashman, dem Hersteller, auch die vorbestellten Exemplare von BASH! Ultimate Edition als Buch verschickt.

Ich habe ihm meinen Porto-Beitrag gerade überwiesen.

Ab jetzt kann man also die neue Edition sowohl als PDF, als auch als gedrucktes Buch beziehen. In der neuesten Folge von Dragons Landing Inn nannte übrigens jemand dieses Regelwerk einen "Retro-Clone" des alten Marvel Super Heroes. Ein Lob, das Chris Rutkowsky bestimmt sehr gerne hört. Aber meiner Meinung nach kann BASH! etwas mehr leisten als MSH.
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Offline carthinius

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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #5 am: 17.12.2009 | 22:09 »
Auch wenn ich nicht konstruktives beitragen kann, wollte ich mich an dieser Stelle dafür bedanken, dass du dein Steckenpferd, die Superhelden-RPGs, so ausführlich besprichst. Finde ich sehr nett zu lesen, auch wenn es vermutlich auf längere Sicht nichts ist, was ich mit meinen Leuten werde spielen können (Banausen allesamt!), so finde ich es doch erfrischend, wenn ich sehe, wie du die verschiedenen Systeme promotest! Danke dafür!  :d
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Offline Jed Clayton

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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #6 am: 17.12.2009 | 22:42 »
Danke, carthinius.
Das ist auch sehr freundlich von dir. Dann weiß ich, dass noch jemand das hier alles liest.

BASH! ist echt toll, wie gesagt eine Art Mittelding zwischen Freiform-Indie-Spiel und einem großen Regelbaukasten wie dem Hero System.

Wenn du es mal mitspielen möchtest, kommst du eben zum Tanelorn-Treffen, zu einem unserer Nürnberg-Treffen, zum Cat-Con, oder wir spielen es doch mal online über Skype (aber dafür fehlt meinen anderen Bekannten auch meistens Zeit und Lust  :().

Zum gleichen Thema: Heute habe ich formell mit dem Playtesting zu einem weiteren Superheldenspiel begonnen, das "Omlevex" heißen wird. So langsam entwickelt sich mein Heim zu einer Superhelden-Bibliothek.  :)
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Offline pharyon

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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #7 am: 17.12.2009 | 23:45 »
Momentan, habe ich leider nicht die Zeit, mich dem Spiel zu widmen. So wie du es beschreibst, klingt es toll und ich überlege mir ernsthaft den Kauf vor Weihnachten. Als Skype-Spiel... hmmm... leider arbeite ich bis 23.12. und bin dann erst mal froh, wenn ich meine Ruhe hab.

Aber vielen dank für deine ausführliche und hilfreiche Beschreibung auch von mir.

Gruß, p^^
"Natürlich werden sie ihn foltern - es sind PRAIOS-Geweihte!" (vielen Dank, Kristin ^^)

"Lassen Sie uns die leichten Raumanzüge anziehen - schließlich wollen wir ja nicht ins All." (Danke, Bob Miller und Koloth, Sohn des Rodoth)

Offline Jed Clayton

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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #8 am: 18.12.2009 | 00:05 »
Klar, danke.

Also, zur Erklärung: Vor Weihnachten mache ich wahrscheinlich gar nichts mit Skype. Ich brauche das Programm fast nie, finde es aber sehr praktisch.

Ich habe bloß neulich mal in der Podcast-Sendung The Gutter Skypes gehört, wie die Spieler das dort machen (das sind Amerikaner, die sehr weit voneinander entfernt in verschiedenen Bundesstaaten leben und nie face-to-face miteinander spielen könnten). Das fand ich so stark, dass mich das Verfahren neugierig gemacht hat.
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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #9 am: 30.01.2010 | 23:47 »
So, ich bin's mal wieder.

In meinem Bestreben, bei Cons und Vereinstreffen dieses Jahr möglichst viel Boden mit meinem Lieblingsthema Superhelden abzudecken, habe ich heute Nachmittag bei den Spielertagen in Erlangen zum ersten Mal BASH! geleitet.

Hier nun meine Eindrücke von heute:

Unsere tatsächliche Spielzeit betrug nur 2 Stunden und 20 Minuten. Nach der Charaktergenerierung, gegen die zum Glück niemand etwas einzuwenden hatte, spielte ich mit 4 Spielern praktisch von 16.00 Uhr bis 18.20 Uhr. Zwei der Spieler mussten dann dringend weg, weil sie irgendwo außerhalb der Veranstaltung noch Termine hatten. Da war dann einfach nicht mehr herauszuholen. Natürlich war das mit neuen Spielern und neuen Charakteren nicht genug Zeit zum Ausspielen einer ordentlichen Abenteuerhandlung oder eines Plots mit vielen Überraschungen, Wendungen und Nebenfiguren. Es hat allenfalls für ein kurzes "Demo" gelangt, aber dafür hatten wir alle doch noch viel Spaß.

Bei der Kürze des Zeitfensters konnte ich auch gleich den Plan vergessen, mit meiner Battlemat und Miniaturen oder Markern zu spielen. Das hat aber zum Glück gar nichts weiter ausgemacht, da die Tabletop-artigen Regeln mit "squares" meinem eigenen Spielleiterstil alles andere als entgegenkommen. Zudem hat das BASH-System auch ohne Battlemat immer noch genug Pep und Ideen.

Ein größeres Problem war dagegen, dass ich in der Nacht vorher wieder mal zu lange wach geblieben war und mich nicht mehr gezielt in die Regeln eingelesen hatte. Ein Fehler, der mir auch nach Jahren noch passiert. Man möge ihn mir nachsehen. Nächstes Mal komme ich wohl doch besser nur mit einem Regelsystem zu einem Con, das ich wirklich auswendig kann. Sobald man in einem Buch Regeltext, Powers-Beschreibungen oder Sonderregeln nachschlagen muss (und solche Sonderregeln und Optionen gibt es in BASH! eigentlich zuhauf), bremst das jede Spielrunde merklich aus. Aber ich wollte eben unbedingt mal BASH! spielen und da ich vier nette Leute am Tisch sitzen hatte, die das auch wollten, musste ich das natürlich noch durchziehen.

Die vier Spieler, auch wenn drei davon Templates aus dem Abschnitt für "Street Level Heroes" aus dem Buch übernahmen, dachten sich sehr interessante Charaktere aus. So war z.B. heute unser Brick der Golem von Prag, aber aus Stein anstatt aus Ton. Ein anderer Spieler spielte einen ehemaligen Philosophen und Strategen aus dem antiken Griechenland, der sich von den Göttern des Olymps Unsterblichkeit gewünscht hatte, kurz bevor die Römer Griechenland erobert hatten. Der Gimmick oder "Knacks" dieses Charakters rührte daher, dass er lange Zeit in seine Einzelteile zerlegt und unter der Erde konserviert verbracht hatte (zählt als todesähnlicher Schlaf) und mitten in einer modernen amerikanischen Großstadt wieder zum Leben erwacht war, nämlich als Exponat in einem archäologischen Museum. Daher glaubte dieser Charakter, alles, was er in der modernen Welt vorfand, sei nur durch einen historischen Fehler entstanden. Hätte er vor rund 2300 Jahren im Kampf gegen die Römer überlebt, hätte Hellas mit seiner Kultur den Krieg natürlich gewonnen und es wäre eine andere, aufgeklärte hellenistische Leitkultur entstanden, die später die gesamte Welt erobert und geordnet hätte (so glaubte zumindest dieser Charakter). Das oberste Ziel dieses Charakters war insgeheim, einen Zauber oder eine Maschine zu finden, die ihn in seine eigene Zeit zurückbringen könnte, um den historischen Fehler zu korrigieren. Wenn man solche Charaktere einmal längere Zeit in einer Kampagne dabei hätte, würde mich das sehr freuen. Ich merke immer wieder, wenn ich Superhelden-Runden leite: Meine Spieler haben von sich aus die besten Ideen für neue Charaktere. Deshalb lasse ich auch so gut wie jedes Mal neue Charaktere erstellen.

Da unsere eigentliche Spielhandlung so knapp und so geradlinig blieb, werde ich sie hier vorerst weglassen. Stattdessen möchte ich nur weitergeben, was ich heute als Feedback mitnehmen konnte:

Da das gesamte System auf den Multiplikatoren basiert (x1, x2, x3 usw.), stellte sich nach recht kurzer Zeit heraus, dass Charaktere mit dem Wert 1 in einem Attribut leider nie erfolgreich waren. Die 1 ist der normale Wert für normalsterbliche Menschen. Wenn man nicht über eine Fertigkeit oder eine Power verfügt, die den Wert verbessert, ist man mit dem Multiplikator x1 "gestraft".

Das wiederum bedeutete zum Beispiel, dass unser Brick (Brawn 5, Agility 1, Mind 1) dieses Mal keinen einzigen Gegner traf. Agility 1 ist dafür einfach zu schlapp. Einmal wollte der Brick (Golem) einem niedrig fliegenden Hubschrauber hinterherspringen und ihn festhalten, aber er sprang natürlich daneben. Spätestens da merkten wir: In den BASH!-Regeln klappen einige Dinge nicht, die in anderen Superheldenspielen in der Regel schon klappen. Weil ich Mind als den Spielwert für Aufmerksamkeit oder Wahrnehmung verwende, sah es da auch nicht rosig aus: Immer wenn ich sagte, "Würfle doch mal, ob du etwas Besonderes in der Umgebung siehst. Das ist eine Probe auf Mind", hatte der betreffende Spieler leider das Pech, Mind 1 zu haben und kam nicht weiter.

(Anmerkung: Wahrnehmungswürfe bringen in Superheldenrunden dieser Couleur in der Regel wenig. Ich sollte sie ab jetzt weglassen. Für eine Comic-Handlung konfrontiert man die Spieler lieber von vornherein mit dem Holzhammer mit den richtigen Spuren und Hinweisen oder ein Schurke plaudert alles Wichtige irgendwann aus, weil Schurken immer prahlen müssen. Herumsuchen mit Wahrnehmungsproben ist eine alte, schlechte Angewohnheit aus Fantasy-Spielrunden.)

Eine andere Schwachstelle, wenn man es überhaupt als solche bezeichnen kann, ist das System zum Attackieren: Wenn man ein hohes Würfelergebnis bei der Agility-Probe bekommen hat, bedeutet das nicht auch automatisch "hohen Schaden". Attacken und Schaden muss man immer noch separat auswürfeln. Das kenne ich von einigen Systemen schon anders. Es wirkt fast oldschool-mäßig, fast D&D-artig.

Auch im Kampf bemerkt: Hohe Soaks rocken! Hat ein Charakter Soak 5, Soak 6 oder gar mehr (der Golem hatte Soak 8, wie im Buch vorgeschlagen), steckt er alles Mögliche weg. Dann kann er auch freiwillig in eine Explosion hineinlaufen oder jemand kann ein Haus auf den Charakter werfen und es passiert ihm nichts. In einem Nicht-Comic-System wäre das natürlich etwas übermächtig, aber in BASH! gibt dir diese Regel genau das, was du eben auch laufend in Superheldencomics siehst. Wenn ich einen Panzer auf den Hulk schmeiße, lacht der Hulk höchstens darüber und zerkloppt die Hülle des Panzers, als ob sie aus Pappmaschee bestünde.

Ich muss BASH! einfach noch mal intensiver lesen und drei- oder viermal mehr leiten, um mir ein besseres Urteil darüber zu bilden. Schlecht ist es auf keinen Fall. Auch wünsche ich mir ein Szenario, das zumindest lange genug dauert, damit die Spieler ihre Effekte von Hero Dice einsetzen können. Diese Effekte sind nämlich eine meiner liebsten Stellen im BASH!-Regelbuch. Heute kamen wir noch gar nicht dazu.
« Letzte Änderung: 1.02.2010 | 00:39 von Jed Clayton »
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Offline Horatio

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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #10 am: 31.01.2010 | 00:49 »
Ich wollte mich einfach mal für die ganzen Rezis bedanken. Ich selbst bin noch auf der Suche nach einem Superhelden System und immer noch ein wenig verloren. Vom lesen deiner Rezis her gefällt mir bisher denke ich tatsächlich Hearts and Souls am besten. Da aber im Haiti Bundle auch BASH drin war, werde ich da wohl auch mal reinschauen^^.

Naja mein Problem ist so ein wenig, dass ich immer das Gefühl habe, dass mir ein klassisches System bereits sehr viel durch die Vorgabe der Kräfte vorkaut und ich wenig Möglichkeit habe meine Vorstellungen umzusetzten, sondern mich mit dem System arrangieren muss.. plus als jemand der jahrelang jede Serie mit einem X im Titel gelesen hat, brauche ich auch Raum für ein wenig Drama :D..
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken,
and the players believed in the story more than mere setting facts. Whatever the story would be in genre and message,
that would be revealed after the fact, not before.
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Offline Jed Clayton

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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #11 am: 31.01.2010 | 01:23 »
Ich wollte mich einfach mal für die ganzen Rezis bedanken. Ich selbst bin noch auf der Suche nach einem Superhelden System und immer noch ein wenig verloren. Vom lesen deiner Rezis her gefällt mir bisher denke ich tatsächlich Hearts and Souls am besten. Da aber im Haiti Bundle auch BASH drin war, werde ich da wohl auch mal reinschauen^^.

Klar, tu' das. Das BASH-Buch (PDF natürlich) im Haiti-Wohltätigkeitspaket ist eben die 1. Edition. Wir haben schon 2. Edition gespielt.

BASH 1. Edition hat nahezu die gleichen Grundregeln. Ich glaube, so wie ich das bisher mitbekommen habe, ist einer der Hauptunterschiede, dass in der 1. Edition noch jede einzelne Verwendung von Superkräften Ausdauer kostet. Deshalb musst du in fast jeder Runde/Szene Ausdauerpunkte abstreichen und wissen, wann du diese Punkte zurückbekommst.

Zitat
Naja mein Problem ist so ein wenig, dass ich immer das Gefühl habe, dass mir ein klassisches System bereits sehr viel durch die Vorgabe der Kräfte vorkaut und ich wenig Möglichkeit habe meine Vorstellungen umzusetzten, sondern mich mit dem System arrangieren muss.. plus als jemand der jahrelang jede Serie mit einem X im Titel gelesen hat, brauche ich auch Raum für ein wenig Drama :D..

Das kann ich echt nachvollziehen. Gerade gestern habe ich mir wieder gedacht: "Mensch, wie wäre jetzt wohl diese Spielrunde verlaufen, mit denselben Leuten und denselben Charakteren, wenn wir H&S genommen hätten?" ;)

BASH hat den gleichen Nachteil wie Hero System und Mutants & Masterminds: Anstatt sagen zu können, "Ich will einfach einen Helden mit X", musst du praktisch die Effekte der Kräfte im Voraus kennen und dann die Kräfte passend zu deinem Konzept auswählen.

Bsp.: In Hearts & Souls sagst du eben von vornherein "Ich bin Maulwurf-Man und kann mich beliebig durch den Boden buddeln." In BASH würdest du unter Movement Powers nachlesen und dort keine Tunnelgrabefähigkeit vorfinden. Stattdessen baut man das Tunneln in BASH so, dass man die Fähigkeit Super Swimming aus der Liste wählt und dann so definiert, dass sie nicht für Wasser gilt, sondern für Erde/Geröll. Der Charakter kann dann "durch den Erdboden schwimmen". Es ist alles eine Frage der Präferenz.

Inzwischen kann ich bei den Superheldenspielen eine "ältere Schule" und eine "jüngere Schule" erkennen, wobei ich die narrativen Freeform-Spiele die "jüngere Schule" nennen möchte.

Systeme der älteren Schule: Hero System (einschließlich Champions), Silver Age Sentinels, Superworld, Mutants & Masterminds, Villains & Vigilantes, Blood of Heroes, GURPS Supers bzw. GURPS Powers, Savage Worlds, Fuzion, Heroes Unlimited*, Wild Talents, BASH!

Systeme der jüngeren Schule: Truth & Justice, Hearts & Souls, CAH: Season 2 sowie auch das gerade im Entstehen befindliche Omlevex RPG (das teste ich morgen).


(* Heroes Unlimited von Palladium ist ein AD&D-Klon und lässt dir mit seinem Klassen- und Stufensystem ohnehin sehr wenig Freiraum. Ich habe es vor etlichen Jahren ausprobiert, bevor ich andere Superheldensysteme entdeckte.)
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Offline Jed Clayton

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Re: [BASH] BASH! Ultimate Edition ... Meine Systembeschreibung
« Antwort #12 am: 1.02.2010 | 00:36 »
Da das gesamte System auf den Multiplikatoren basiert (x1, x2, x3 usw.), stellte sich nach recht kurzer Zeit heraus, dass Charaktere mit dem Wert 1 in einem Attribut leider nie erfolgreich waren [...]
Das wiederum bedeutete zum Beispiel, dass unser Brick (Brawn 5, Agility 1, Mind 1) dieses Mal keinen einzigen Gegner traf. Agility 1 ist dafür einfach zu schlapp. Einmal wollte der Brick (Golem) einem niedrig fliegenden Hubschrauber hinterherspringen und ihn festhalten, aber er sprang natürlich daneben. Spätestens da merkten wir: In den BASH!-Regeln klappen einige Dinge nicht, die in anderen Superheldenspielen in der Regel schon klappen.

Nachtrag hierzu: Ich hatte natürlich etwas übersehen oder nicht bedacht. Der Autor von BASH, Chris Rutkowsky, hat mir heute geschrieben, für die Aktion mit dem fliegenden Hubschrauber hätte der Brick auch einfach die Wrestling-Regeln nehmen können.

Nein, hier ist nicht Wrestling als "Sports Entertainment" gemeint, sondern wirklich die gesonderten Ringkampf-/Nahkampf-Regeln aus BASH. Damit hätte zum Beispiel der dicke Brick auch einfach Brawn als Attributswert (x5) verwenden können.

Das System hat noch andere kleine Finessen und Tricks, die sich so auswirken, dass Charaktere mit einem x1 Multiplikator nicht immer gänzlich aufgeschmissen sind. Skills und Special Attacks wirken hier richtig gut.
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