... Die meisten der Superkräfte sind in Levels aufgeteilt, das Maximum liegt aber stets bei fünf Stufen. Die geringste Kostenstufe liegt immer bei 1 Punkt. Für eine typische Comic-Kraft wie richtig gutes Fliegen, Glieder ausdehnen (Stretching), Riesenwuchs oder Schrumpfen, seltsame Energiestrahlen verschießen oder einen Gegner bewegungslos machen, muss man schon 4 oder 5 Punkte hinlegen. Das An-der-Wand-Kleben von Spider-Man gibt es aber beispielsweise schon für 1 Punkt, genauso wie kleinere Vorteile wie „Zwei Ziele auf einmal treffen“, verbesserte Balance, verbesserte Initiative oder ein Gefahrenwarnsinn, der in kritischen Situationen anspringt. Etwas schwierig beim ersten Lesen, und ungewohnt im Vergleich zu den anderen Systemen: Bevor man zu den Powers vorstoßen kann, listet das Buch die Nachteile (Power Limitations) und Verstärkungen (Power Enhancements) auf. Das ist aber nichts, das das System als Ganzes unübersichtlich macht: Jede Limitation zieht konsequent 1 Punkt von einer Power ab und ein Enhancement kostet fast immer 1 Punkt mehr. Damit kann man die einzelnen Powers allerdings sehr gut maßschneidern und nach den Wünschen der Spieler differenzieren. Bei den Limitations gibt es auch einige Feinheiten zu beachten, die BASH von ähnlichen Systemen klar unterscheiden: Natürlich gibt es keine Superkräfte gratis hinterher geschmissen, daher kann per Definition keine Power 0 Punkte kosten oder etwa eine negative Zahl von Punkten. Dazu sagt aber BASH, zu jeder Power darf nur maximal eine Limitation (-1) hinzugefügt werden, die einen Punkt einspart. Wenn man also beispielsweise zu einer Power - aus Storygründen - sowohl den Nachteil „Gadget“, als auch den Nachteil „Charges“ nehmen möchte, zieht nur einer dieser beiden Nachteile vom Preis der Power 1 Punkt ab. Der andere Nachteil kann ebenso gelten, bewirkt aber keinen Punkteabzug. Man kann von einer Power, die allein nur 1 Punkt gekostet hätte, zwar nicht 1 Punkt abziehen, aber man kann zwei dieser 1-Punkt-Powers den gleichen Nachteil zuordnen und damit immer noch 1 Punkt sparen: z.B. bei einem Paar Super-Schuhe, das sowohl eine erhöhte Renngeschwindigkeit verleiht, als auch Geräuschlosigkeit beim Auftreten. Wenn man beide dieser Fähigkeiten auf einer Stufe von 1 Punkt Kosten wählt, kann man bei einer von beiden 1 Punkt für „Gadget“ abziehen. Einige der Limitations haben erstaunlicherweise sehr ähnliche Wirkungen. Für Kräfte, die man nicht unentwegt oder ohne Begrenzung weiterverwenden kann, bietet das System gleich fünf Möglichkeiten an: Ehrlich gesagt fand ich es beim ersten Durchlesen etwas knifflig, zwischen den sehr ähnlichen „Burn-Out“, „Charges“, „Fading“, „Finite“ und „Ammunition“ zu unterscheiden. Den verschiedenen Limitations steht eine etwa ebenso lange Liste von möglichen Enhancements gegenüber. Verschiedene davon sind natürlich nur für bestimmte Powers sinnvoll und viele Limitations und Enhancements schließen sich aus Gründen der Logik gegenseitig aus. Anders als bei den Limitations kann die gleiche Power gegebenenfalls ruhig mehrere Enhancements haben.
Nach den Attributen und Powers verwendet BASH auch noch Skills und Vorteile. Was mich bei ein paar der großen Superheldensysteme immer gestört hat, wiederholt sich in BASH zum Glück nicht: Wenn ich mir zum Beispiel Mutants & Masterminds, ein relativ solides und schön aufgemachtes System, ansehe, stört mich immer, dass ich für Attribute, Talente, Skills, Powers und Power Feats jeweils Punkte berechnen muss und mir dann immer in der einen oder anderen Kategorie noch Punkte fehlen. Ich habe entweder einen Skills-basierten Charakter oder einen Powers-basierten Charakter. Dann stellt sich dort auch jedes Mal wieder die Frage, wie hoch ich die Attribute oder Grundeigenschaften ansetzen sollte. Ich muss also in vier oder fünf verschiedenen Bereichen Punkte ausgeben, dann durch Nachteile ausgleichen, bevor der Charakter endlich fertig ist. Bei BASH geht das zum Glück ein bisschen leichter. Es gibt zwar eine reiche Auswahlliste von Skills, aber Punkte werden nur für die Attribute und Powers verlangt. Ich kann sogar überhaupt keine Punkte in Skills investieren, sogar wenn ich das sehr möchte. Die Skills sind zu 100% an die bereits gekauften Attributswerte gebunden. Ich bekomme exakt so viele Skills wie ich Stufen in dem Attribut „Agility“ oder „Mind“ habe. Zu „Brawn“ gibt es keine Skills. Wenn ich zum Beispiel einen Charakter mit Agility 4 und Mind 2 spiele, dürfte ich nur 4 körperliche Skills wählen und 2 geistige Skills. Auch diverse mögliche Spezialisierungen, also Unterbereiche eines Skills, zählen dabei wie komplette Skills. Ich kann also keine Charaktere mit vielen Skills, aber relativ niedrigen Attributen spielen, oder bei hohen Attributen auf Skills verzichten, da die Wahl der Skills eine ziemliche Selbstverständlichkeit darstellt. Ich sehe ein, dass das bestimmt ein strittiger Punkt sein wird und vielen Spielern möglicherweise nicht gefällt, aber ich finde es gar nicht mal so schlecht. Es spart Zeit und ist einfach zu merken. Außerdem behauptet BASH ja nicht, ein System zu sein, in dem man ohne Weiteres komplette Lebensläufe mit Schulbildung, Uni und Berufskenntnissen darstellen kann. Es beschränkt sich ganz auf das absolut Notwendige beziehungsweise auf eine kleine Handvoll typischer „Heldenfertigkeiten“, nicht auf Skills, die bloß den Werdegang und den Alltag des Helden repräsentieren sollen. Was kümmert es mich schon, ob ein Spielercharakter in seiner Privatidentität Versicherungsangestellter oder Steuergehilfin ist, wenn das nie in den Abenteuern vorkommt und keine Auswirkungen auf seine Heldenfähigkeiten hat? Wenn jemand zum Beispiel einen Charakter der Marke „unglaublich hochtrainierter Kung-Fu-Meister“ spielen möchte und anhand der Knappheit der Skills zu verzweifeln droht, kann man diesen Spieler leicht dadurch beruhigen, ihm den Zugang zu mehreren kleinen Powers aus der Kategorie „Combat“ und „Intense Training“ zu ermöglichen, die quasi die Stelle von Fertigkeiten einnehmen oder als solche erklärt werden können, auch wenn das System sie technisch gesehen „Powers“ nennt und nicht „Skills“. Dann bleiben noch die Vorteile: Hier hat BASH auch ein wunderbar einfaches System durchgesetzt, immer nach dem Motto „Geschenkt gibt’s nix!“ Man darf zwar generelle Vorteile für den Charakter erwerben, zum Beispiel „Alter Ego“, „Celebrity“, „Gadgeteer“, „Never Surrender“, „Police Powers“ und vieles mehr, aber diese Dinge erfordern genauso wie die Skills kein Ausgeben von Punkten. Stattdessen darf ich mir jeden Vorteil nur dann krallen, wenn ich zugleich auch einen Nachteil dazu nehme. Vor- und Nachteile müssen also völlig ausgeglichen sein. Eine brillante Idee, denn so wird verhindert, dass irgendein Charakter mit Nachteilen zugeschmissen wird, ohne auch etwas Positives mitzubekommen, und die Schlaumeier und Min-Maxer bekommen kein buntes Sortiment von Vorteilen (z.B. „Multimillionär“, „Berühmt“, „Diplomatische Immunität“, „Fotografisches Gedächtnis“ und „Sidekick“), ohne eine ebenso schillernde Liste von Nachteilen auf ihrem Charakterblatt (sagen wir mal, „Besonders alt“, „Erzfeind“, „Geheimnis“, „Empfindlichkeit gegen eine Substanz“ und „Von der Polizei gejagt“). Vor- und Nachteile sind zudem immer optional und ändern durch die oben genannte Regel nichts am Punktewert des Charakters.
Letztlich wird der Spielercharakter noch abgerundet durch den Gebrauch von Setbacks und Hero Points. Die Setbacks sind allein Story-Entscheidungen des Spielleiters, die gegen den Charakter gerichtet sind oder eben sein Leben plötzlich schwieriger und damit interessanter machen. Mit Setbacks kann der Spielleiter einzelne Punkte vom Würfelergebnis des betreffenden Spielers abziehen (nach dem Multiplizieren), um ihn vorübergehend scheitern zu lassen. Genauso können Hero Points dazu eingesetzt werden, die Würfelergebnisse von Helden nach oben zu verändern, um in einer brenzligen Situation eben doch noch einen Sieg herauszuholen. Eine wichtige Nebenregel: Alle bei der Charaktererschaffung nicht ausgegebenen Punkte werden in Hero Points für das erste Spiel konvertiert. Dementsprechend kann ein Spieler das Punktekonto seines neuen Spielercharakters auch gern ein bisschen überziehen – und sämtliche Punkte „zu viel“, also über dem gewählten Kampagnenlimit, werden kurzerhand zu Setbacks. So kann man zum Beispiel wenn man unbedingt möchte einen Charakter für 30 Punkte in eine Kampagne mit einem 25-Punkte-Limit schicken: Dieser hätte in BASH genau genommen 30 Punkte, aber auch 5 Setbacks. Ein Held mit 23 Punkten für Attribute und Powers bekommt bei Spielbeginn entsprechend 2 Hero Points.
Da diese Heldenpunkte zugleich noch als die universellen Gummipunkte des Regelsystems herhalten, kann man damit im Verlauf des Spiels noch besonders coole Dinge machen. Da diese Dinge vorrangig die Story betreffen und weniger die Zahlenwerte beim Würfeln, möchte ich sie hier einmal der Reihe nach aus dem Buch zitieren. Jeweils 5 Hero Points, welche man natürlich auch während des Spiels für Heldentaten und gutes Rollenspiel dazuverdienen kann (also als „Fan Mail“ dieses Systems), kann man in einen so genannten Hero Die umwandeln. Zusätzlich startet ohnehin jeder Held mit einem Hero Die gratis. Ein Hero Die kann folgende Effekte erzielen:
1. „Ich arbeite besonders gut unter Druck.“: soll heißen, der Charakter hat automatisch mit einer Fertigkeitsprobe Erfolg, oder darf automatisch das Ergebnis 20 für eine Probe wählen, bei der er für die Aufgabe eigentlich nicht trainiert oder ausgebildet ist.
2. „Gib niemals auf!“: Ein bewusstloser, benommener, gefesselter, hypnotisierter usw. Charakter kommt frisch in die Szene zurück und hat sofort wieder mindestens 20 Trefferpunkte, falls er welche verloren hatte (die Standardzahl für Spielercharaktere beträgt übrigens 100 Trefferpunkte, egal wie hoch ihre Attribute sind!).
3. „Hey, das war knapp!“: Man darf eine Superkraft als blitzschnelle Reaktion auf ein anderes Ereignis einschalten, selbst dann, wenn man in der Situation gerade kein „Panel“ für den eigenen Charakter gehabt hätte oder seine Aktion für das Panel bereits aufgebraucht hatte. Das eignet sich z.B. besonders gut zum Kontern von gegnerischen Superkräften: beispielsweise ein Tarnfeld gegen Superblick, oder ein Eisschild gegen Hitzestrahlen.
4. „Ihr wollt diese Party doch nicht etwa ohne mich beginnen, oder?“: Man benutzt den Hero Die dazu, mitten in eine Szene hineinzuplatzen, in der der Charakter vorher eigentlich gar nicht anwesend war. Der Charakter kracht plötzlich durch eine Wand oder war ja „in Wirklichkeit“ die ganze Zeit schon da, weil er sich zum Beispiel unter dem Tisch versteckt oder geschickt verkleidet hatte. Das kann man sogar dazu verwenden, seinen Sidekick gerade im rechten Augenblick auftauchen zu lassen (Robin schneidet Batmans Fesseln auf) oder sein Superfahrzeug zu rufen (K.I.T.T. rettet Michael Knight!).
5. „Du solltest mich nie unterschätzen!“: Man würfelt noch einmal einen W6 und addiert das Ergebnis zu dem regulären Wurf mit 2W6. Wenn das Ergebnis auf dem Bonus-W6 mit einem der beiden anderen Würfel übereinstimmt, zählt das Ganze wie ein Pasch (vgl. oben) und man darf wieder einen W6 addieren und weiterwürfeln, solange die gleiche Augenzahl gewürfelt wird. (Ich sehe schon vor mir, wie der Charakter damit oft gerade im entscheidenden Moment noch einen Erfolg landet, wenn er eigentlich nicht den richtigen Skill dafür hätte und alle Chancen gegen ihn standen. Eine sehr interessante Regel.)
6. „Power Stunt!“: Man bekommt vorübergehend eine scheinbar neue Superkraft, indem man eine seiner bestehenden Kräfte einfach kreativ verwendet… Der superschnelle Charakter wie der Flash kann seinen Körper so schnell vibrieren lassen, dass er widerstandslos wie ein Gespenst aus seinen Fesseln gleitet, oder er rennt so schnell im Kreis, dass er damit einen Tornado erzeugt. (Der Spieler muss bei diesem Einsatz eines Heldenwürfels trotzdem selber beschreiben, was genau er mit seiner alten Fähigkeit zu tun gedenkt. Nach dem Ausgeben des Hero Die darf er die neue Power für den Rest der Szene verwenden.)
7. „Ich könnte den ganzen Tag so weitermachen!“: Man tauscht den Hero Die wieder gegen 5 Hero Points.
Das Kampfsystem in BASH finde ich ausgesprochen detailliert und reizvoll. Es enthält neben dem üblichen Attackieren, Verteidigen, Ausweichen, Abwarten, Position wechseln und Umrennen auch eigene Regeln für Gerangel auf engem Raum, Teamwork, Schusswaffen, Kampf mit Fahrzeugen und andere interessante Späße mehr. Eine auffällige Eigenheit im gesamten System von BASH ist aber auch, dass alle Abstände, Distanzen und Wirkungsflächen nur in der fiktionalen Maßeinheit „Squares“, also quadratischen Feldern, angegeben werden, auch wenn das Spiel ansonsten keine großen Anstalten macht, auch als Miniaturenspiel zu funktionieren. Die Squares stehen überall: In den Beschreibungen der Powers und ihrer „Verzierungen“ und im Kampfkapitel, bei den Reichweiten von Waffen und Attacken, bei der Geschwindigkeiten von Fahr- und Flugzeugen. Das ist aber auch nicht weiter schlimm. Das Buch definiert 1 square als 5x5 feet, also ein Quadrat von etwa 1,5 m x 1,5 m. Wenn man also eine Spielfläche mit quadratischen Feldern zur Hand hat und unbedingt visuell mit Superhelden-Miniaturen spielen möchte, geht selbst das. Auf die Kapitel zu Charaktererschaffung und Kampf folgen noch weitere sehr nützliche Ausführungen, zum Beispiel sehr sorgfältige Kapitel zum Leiten einer echten Superheldenkampagne. Dabei gibt der Autor Tipps zu dem Aufbau von Ausgaben und Serien, dem Verwenden von Subplots und sogar (sehr praktisch!) ein paar Zufallstabellen zum Generieren zufälliger Ereignisse, um ganz schnell mit ein paar W6-Würfeln ein Abenteuer zu kreieren. Daran schließt ein ebenfalls ausführliches Kapitel zu den verschiedenen Comic-Genres an, die Rutkowsky ebenfalls sehr gut beleuchtet hat. Darunter fallen sowohl Epochen als auch Subgenres. BASH unterteilt sie in Modern Age (mehr oder weniger die Gegenwart), Pulp Heroes, Golden Age, Silver Age, Bronze Age, Iron Age, Super Teens, Science Fiction, Fantasy, Cosmic und Crossovers. Besonders hat mich auch gefreut, dass es im Anhang zu jeder der empfohlenen Power-Stufen etliche voll ausgearbeitete Beispielcharaktere gibt. So kann man selbst mit Spielern ohne jegliche eigene Comic-Ideen recht gut loslegen. Ähnlich wie in Mutants & Masterminds basiert nahezu jeder Beispielcharakter auf einer realen Marvel- oder DC-Comicfigur.