Pen & Paper - Spielsysteme > Rolemaster
Rolemaster noch zeitgemäß?
jorenal:
Um es nur am Rande einzuwerfen: ich kenne kein Rollenspielsystem, in dem mehr der Charaktere Rollen gespielt wird, in dem man dem Kampf mehr aus dem Weg geht. Das hat nicht mit der Komplexität des Kampfes zu tun, nicht mit den vielen Tabellen, sondern schlicht und ergreifend damit, daß es tödlich ist, daß niemand in der Runde, an der ich teilnehme, Wert darauf legt, seines Charakters Leben ohne guten Grund zu riskieren. Sollte es doch mal zum Kampf kommen, ist dieser aufgrund des tödlichen Spielcharakters schnell beigelegt, so oder so.
In den Sitzungen werden kaum Tabellen gewälzt und selten wird ein Buch aufgeschlagen. Auch die zehnseitigen Charakterbögen werden selten aus dem Umschlag geholt - man wirft einen Würfel und kann abschätzen, wie das Ergebnis ausfällt. Man hat es im Gefühl, nur wenn es vom Würfelergebnis her knapp wird und die Situation Detail erfordert, macht man sich die Mühe, nachzublättern. Die Runde besteht seit circa 7 Jahren und nur zwei Spieler kennen die Regeln genau, der Spielleiter hat in etwa eine grobe Vorstellung, wie etwas funktioniert oder wo man es findet, sollte es die Mühe wert sein, die restlichen Spieler kennen die Regeln kaum, braucht man aber auch nicht, wenn man das Grundprinzip verstanden hat, meiner Meinung nach.
Nun könnte man argumentieren, daß man dann doch kein Rolemaster benötige, doch das sehe ich anders. Die Regeln sind da, wenn man der Dramatik wegen auf sie zurückgreifen möchte, wenn man es in kritischen Situationen genau wissen will. Das wirklich interessante an Rolemaster, was es - so mich meine Unwissenheit nicht zu einer naiven Falschaussage verleitet - einzigartig macht, sind die Tabellen mit kritischen Treffern, die aus einem Kampf, sollte er mal stattfinden, tatsächlich mehr macht als stupides Abzählen von Trefferpunkten. Und das führt zu Dramatik und oft der Suche nach einer Alternative.
Rolemaster würde ich nicht als perfekt oder fehlerlos bezeichnen, doch in meinen Augen ist es der goldene Mittelweg zwischen Spielbarkeit und "Realismus" - wenn ich an Shadowrun, (A)D&D, DSA oder WoD denke, kommt mir schlagartig die Galle hoch, weil die Systeme mir viel zu umständlich sind für das, was sie bieten. Savage Worlds finde ich zu abstrakt und unausgewogen, CoC zu unüberlegt; das alte Deadlands- und WEGs d6-System kommt dem Preisleistungsverhältnis von Zügigkeit und Glaubwürdigkeit immer noch am nächsten - subjektiv betrachtet und beurteilt.
Um dem die Schärfe zu nehmen: jedes Spielsystem ist nur ein Werkzeug und taugt daher so viel wie die Benutzer. Ich bin mir sicher, daß es Gruppen gibt, die aus Rolemaster eine mir unerträglich grausame und ätzende Erfahrung machen, ebenso wie es durchaus möglich sein kann, mir meine tiefe Abneigung gegen DSA zu nehmen.
Und zum Schluß: die Neigung vieler Spieler, die ich kennengelernt habe, Rollenspielsysteme zu verurteilen, ohne sie je gespielt zu haben, ist in meinen Augen ein selbstgerechter, ignoranter Weg, an dessen Ende wieder ein prächtiges Autodafé ansteht oder Lagerkrematorien die Luft verpesten. ;)
tartex:
--- Zitat von: Kermit am 14.03.2010 | 08:40 ---Rolemaster wird von seinen Fans geliebt. Diejenigen, die das System schon eine Weile schätzen und lieben gelernt haben, sehen es als sehr gut und auch zeitgemäß an.
--- Ende Zitat ---
Ich hatte eher den Eindruck, dass viele es vor 10 bis 15 Jahren gespielt haben, aber dann irgendwann auf was anderes umgestiegen sind.
Ich denke, dass auf Grund der vielen Komponenten für recht viele Leute was dabei ist, was sie persönlich nicht so sehr anspricht und dass sie in der Folge doch ein anderes, "einfacheres" System für die nächste Kampagne wählen.
Ich mochte z.B. nie das Spruchlisten-Magiesystem. Obwohl mich die splatterlastigen Kritischen-Treffer-Tabellen sehr angesprochen haben, habe ich mir dann deshalb doch immer wieder ein anderes System gesucht.
(Abgesehen davon waren viele Rolemaster-Spieler Snobs, die auf andere Systeme herabgeblickt haben. Nach dem Motto "Ich bin schon 17 Jahre alt und spiele nur noch Rolemaster, D&D/DSA/etc ist mir zu primitiv." Das hat mir das Spiel auch weniger sympathisch gemacht.)
D. M_Athair:
--- Zitat von: Drantos am 14.03.2010 | 12:37 ---
Dann bin ich wohl die Ausnahme. Ich kenne RM erst seit 2-3 Jahren und finde es klasse.
--- Ende Zitat ---
Geht mir genauso!
Wobei "kennen" in meinem Fall fast schon zuviel gesagt ist.
jorenal:
--- Zitat von: tartex am 17.03.2010 | 11:08 ---(Abgesehen davon waren viele Rolemaster-Spieler Snobs, die auf andere Systeme herabgeblickt haben. Nach dem Motto "Ich bin schon 17 Jahre alt und spiele nur noch Rolemaster, D&D/DSA/etc ist mir zu primitiv." Das hat mir das Spiel auch weniger sympathisch gemacht.)
--- Ende Zitat ---
[Gleich zu Beginn: ich sage ganz bewußt nicht, wen ich bei dem kommenden Vergleich welche Rolle zudenke. Das Beispiel ist in meinen Augen keine Einbahnstraße, kann daher von beiden Seiten aus passen.]
Wenn man sich regelmäßig die Bildzeitung kauft, um auf dem Laufenden zu bleiben, läuft man Gefahr, von FAZ-Lesern belächelt zu werden.
Davon abgesehen ist es meiner Meinung nach nicht möglich, eine objektive Entscheidung zu fällen, welches der vielen möglichen Systemen das bessere oder gar beste ist; ich komme mit Rolemaster sehr gut zurecht, finde es einfach, schnell und immens vielseitig, die Lösungsansätze anderer Rollenspielsystementwickler sagen mir weniger zu, von daher würde mich eher die Gruppe als das System reizen, es zu spielen. Und daß viele Rolemasterspieler und -spielleiter im übertragenen Sinne den kleinen Finger spreizen müssen, um ihre "elegante Erhabenheit" ( ::)) zu demonstrieren, finde ich sehr bedauerlich.
Aber wie heißt es so schön? Jeder blamiert sich, so gut er kann. :(
Darius:
Ja das Problem gab es wirklich zu Beginn meiner Karriere als Rollenspieler. Die Prolls spielten D&D oder AD&D und die coolen spielten Rolemaster. War total daneben.
@jorenal: Komm doch einfach mal zum Treffen im Sommer. Da biete ich eine RM Runde an. Wir könnten noch nen erfahrenen Spieler brauchen. Vorallem einen Mage oder ähnliches. ;)
Wo kommst du her? Vielleicht treffen wir uns auch mal zu ner privaten Runde RM irgendwo. Meine Jungs wären bestimmt dabei.
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