Warum Charakterverbesserung bzw. Level-Aufstieg?
Weil Rollenspiele erst einmal SPIELE sind.
Doch wenn ich mir z.B. die vielen Fantasy Romane anschaue, die ich in letzter Zeit gelesen habe, dann lag weniger im Fokus das "besser werden" der Hauptfigur, sondern seine Fähigkeiten. Oder für den klassischen Heldentrupp eben die Vielfalt an Fähigkeiten, die eine Gruppe vereint.
Weil das hier KEIN Spiel, sondern ein Roman ist! - Äpfel mit einem SPIEL über Äpfel zu vergleichen, ist wenig sinnvoll.
Romanfiguren sind oft in der BLÜTE ihrer Kompetenz dargestellt. Die Hauptfigur hat dann eben schon bloß, WEIL sie die Hauptfigur ist, einen AUSGEMAXTEN Charakter, der genau auf die vom Autor gewollten Szenen paßt oder ebenso NICHT paßt.
Ein Rollenspielcharakter hat nur POTENTIAL späterer Größe - zumindest in den meisten Spielen.
Es gibt nur WENIGE Spiele, in denen die Charaktere gleich am Höhepunkt ihres Könnens einsteigen - und diesen fehlt etwas: die LANGZEIT-BINDUNGSFÄHIGKEIT für die Spieler.
Da wird dann oft ein neuer Charakter gespielt, weil man den alten ja schon "ausgereizt" hat oder er "ausgelutscht" bezüglich seiner relevanten Konflikte ist.
Das Aufstiegsspiel hingegen erlaubt mit DEMSELBEN Charakter ständige Entwicklung, Bewegung und somit immer wieder neue Facetten an seinem Vertreter in der Spielwelt zu entdecken und auszuspielen. - Das schafft eine Langzeit-Bindung des Spielers.
Nur in solchen Rollenspielen findet man die Charaktere, die nach 14 Jahren ununterbrochenen Spielens IMMER NOCH dem Spieler nicht langweilig geworden sind.
Also gibt es Rollenspiele bei denen das Verbessern seines Helden kaum oder gar keine Rolle spielt?
Ja. Z.B. Traveller. - Da geht es dann eher um die in-game-Finanzen, um GELD, Gegenstände und Einfluß des Charakters, auch wenn es dafür keine Spielwerte gibt (auf dem Charakterbogen wird das dennoch NOTIERT und damit ein FAKT über den Charakter!).
Was für eine Art von "Belohung" gibt es dann? Muss es "Belohung" überhaupt geben?
Irgendeine Art der Belohnung MUSS es geben, denn das ist der Anreiz weiter zu spielen. - Manche sind so gestrickt, daß eine gemeinsam verbrachte angenehme Zeit ihnen Belohnung genug ist. Für die 99,9% der anderen Menschen ist das NICHT genug, sondern eine selbstverständliche VORAUSSETZUNG für das gemeinsame Spiel. - Die Belohnung ist eine Art "objektivierter" Anerkennung der spielerischen Leistung des Spielers. Sie gibt das wohlige Gefühl der ZUFRIEDENHEIT mit seiner eigenen spielerischen Qualität.
Und falls ja, muss die sich auf die Spielwerte des Charakters auswirken?
Muß nicht, aber KANN - und wenn man ein Spiel spielt, dann SOLL sich auch ein Erfolg beim Spielen SPÜRBAR in SPIELwerten niederschlagen.
Vielleicht kriegt der Charakter einfach eine dickere Knarre, einen schicken Sportwagen, hat einen neuen Kontaktmann gefunden oder einfach einen Orden bekommen und ein Bild von ihm hängt jetzt in der Hall of Fame.
Bei HeroQuest MUSS man so etwas mit seinen Hero Points ERWERBEN, damit es von Belang ist.
Muss ein Spielabend immer mit der 2-Buchstaben-Fage enden: "XP?"
Das tut er höchstens in Regelsystemen, die Erfahrungspunkte verwenden. Andere kommen OHNE XP aus, kennen aber andere Charakterentwicklungsmechanismen wie Steigerungen, Verbessern des Angewandten, dirigierte Verbesserungen, oder Resourcen, die man in Charakterbastelpunkte umwandeln kann, aber nicht muß, da sie noch andere Anwendungsgebiete haben.