Grundsätzlich bedarf Rollenspiel eines Konsens' in der Runde, also Einigkeit, wie man spielen möchte. Dies ist meist ein Kompromiss über eine Schnittmenge der einzelnen Erwartungen und Vorstellungen und der Tolerierbarkeit der jeweiligen gegenüberliegenden Erwartung.
Dieser Konsens herrscht bei uns [inzwischen]. (Diese Runde spielt seit Jahren zusammen. Einige Spieler spielen bereits seit 1985 in dieser Runde...)
Ich bin als Spielleiter meist eher autoritär, versuche aber, die individuellen Erwartungen der Spieler zu erfüllen. Wo das nicht geht, versuche ich den "realisierbaren Kompromiss" zu erfüllen.
Diskussionen über Spielleiterentscheidungen finden bei mir während des Spiels nicht statt. Diskussionen werden bei uns grundsätzlich nach dem eigentlichen Rollenspiel abgehandelt.
Als Spielleiter sehe ich mich als "Dienstleister", der seinen Spielern etwas "bieten" muss. Meine Runde ist eine, die sich ihren Alltags-Stress gerne im Rollenspiel austobt. Daher besitzt der Unterhaltungswert einen höheren Stellenwert, als zwanghafter Realismus oder schauspielerische Qualitäten.
Trotzdem legen wir auf direkte Rede im Game und nichtabweichen zu OffTopic großen Wert.
Meine Abenteuerkonzepte arbeiten nach dem "Teile und Herrsche" - Prinzip.
Ich teile einen Abend in verschiedene zeitliche Bestandteile auf und passe mein Abenteuer in die verschiedenen Phasen an.
Meine Abenteuer (System = Cyberpunk 2020 [zur Zeit!]) sehen meist so aus, dass ich mir eine grobes Konzept ausdenke (z.B. Gruppe muss entführten Wissenschaftler befreien [Das Beispiel wird unten noch näher aufgeführt]).
Danach Überlege ich mir den Einstieg (Gruppe wird von Connection angeheuert).
Dann passe ich das Abenteuer in mein Zeitdiagramm ein (das ich für meine Runde angefertigt habe).
Das Zeitdiagramm legt zu ungefähr bestimmten Zeiten bestimmte Ereignisse oder Situationen fest.
Dann lege ich das Casting fest, also die NSC's die im Abenteuer auftauchen. Diese werden mit groben Spielwerten und Charakterisierung festgehalten.
Meine NSC's sind wie folgt strukturiert:
Nebenrollen haben eine starke Klischee-orientierung, sind also typische und einfache Rollen. Sie haben nur meist ein bis zwei prägnante Merkmale, um sie zu identifizieren (Spieler vergessen doch immer Namen, aber jeder wird sich an den lispelnden Ork mit der Schweinsnase erinnern).
Hauptrollen haben komplexere Charakterisierungen und mehr Hintergrund. Allerdings erfahren die Spieler auch erst nach und nach mehr, da zu viel auf einmal meist eher negativ wirkt.
"Gefährliche" Gegner erscheinen bei mir erstmal "formlos", da dies meist gefährlich wirkt, weil die SC's dann nicht wissen, wie man den NSC einschätzen soll oder wie man ihm beikommen kann...
Ansonsten vertraue ich meist der Möglichkeit mit Klischees zu arbeiten, da dies vertraute Elemente ins Spiel bringt, mit denen die Spieler umgehen können).
Beispiel:
Im
Prolog wird besprochen, was während des Zeitsprunges (bis Abenteuerbeginn) sich ereignet hat (Hintergrundwelt), wo die Charaktere sind und wie sie ins Abenteuer reinkommen. Ein Auftragsabenteuer ist da entsprechend einfach. Ein entführter Wissenschaftler soll befreit werden. Auftraggeber ist der ehemalige Arbeitgeber.
Im
Teaser wird dann eine kurze Actionsequenz eingebaut um die Leute ins Spiel zu kriegen [meine Spieler sind nach dem Essen immer etwas träge].
Im
Haupteil 1 beginnen die Charaktere mit den Nachforschungen, wo die Entfürung stattfand und wo der Wissenschaftler festgehalten wird. In diesem Teil soll es den Charakteren leichtfallen.
Intermezzo: Eine Actionsequenz, die den Verlauf des Abenteuer wendet und möglichst ein Zeitlimit für die weitere Entwicklung setzt.
Dadurch wird die Haupthandlung unterbrochen und aufgelockert und das Tempo weiter angezogen.
Wenn man das Intermezzo weglässt wird oft das Abenteuer zu langweilig und verkommt zu einer reinen Datensuche. (muss aber nicht immer so sein)
In meinem Abenteuer sollen die Charaktere den Wissenschaftler schnell finden und befreienen. Das Problem stellt sich dann nach der Befreiung: Die Entführer halten natürlich auch die Familie (an einem zweiten Ort) fest (um den Wissenschaftler zur Kooperation zu zwingen). Jetzt gilt es die Geiseln zu befreien, bevor die Entführer von der Befreiung des Wissenschaftlers erfahren.
Hauptteil 2 -Fortsetzung der Handlung: Wissenschaftler in Sicherheit bringen und Herausfinden, wo die restlichen Geiseln sind.
Showdown: Eine Actionsequenz, die das Finale einleitet. Ab hier wirds "ernst"... Das kann eine Verfolgungsjagd zum Ort des Finale stattfinden, oder das erste Gefecht am "Eingang der Höhle des Löwen". Dadurch werden die Spieler erstmal aufgeweckt und wissen: Jetzt gehts los...
Finale - der eigentliche Höhepunkt im Abenteuer: Befreiung der Geiseln, Stellen des Oberbösen, Entschärfen der Bombe, etc.
Afterlog- Auslaufen des Abenteuers:
Familienwiedervereinigung (in meinem Beispiel), Bezahlung, Belohnung, was passiert als nächstes, Pläne der Charaktere, Erfahrungspunkte, etc. Hier läuft das Abenteuer aus, und wir kommen langsam zum "off-Topic" im Spiel. Der Afterlog ist nicht unwichtig. Nach einem Spannenden Finale brauchen die Spieler erstmal Zeit um das Adrenalin runterzufahren.
(Ausnahme: Bei Horrorabenteuer würde ich das Afterlog skippen und sie sofort auf die Strasse setzen. Mit hohem Adrenalinpegel nachts mit dem Rad durch den Wald, das prägt... Dann erinnert man sich noch lang an diesen Abend)Anmerkung: Dieser Rahmen darf natürlich nicht starr sein.
Wenn man merkt, dass die Spieler Spaß an einer Sequenz (Beispielsweise Hauptteil 1 - Weil die Gruppe eben gerne erst mal die Rollen ausspielt) haben, schiebt sich der restliche Teil nach hinten.
Keinesfalls die Zeit aus anderen Sequenzen borgen.
Wenn eine Sequenz zu schnell zu Ende ist, keine Füller einbauen. Meistens reguliert sich das dahingehend, dass
andere Sequenzen länger dauern als erwartet.
Sequenzen nicht zu komplex gestalten. Sequenzen dauern immer (!!!) länger als erwartet! Man glaubt nicht mit welchem Unfug Spieler sich stundenlang beschäftigen können.
Ursprünglich hatte ich dieses Sequenzkonzept für Cons (die ja eine Deadline haben) eingesetzt aber es passt auch sehr gut in die wöchentliche Spielesitzung. Für längere Abenteuer nehme ich das gleiche Konzept und baue eben ein Zwischen-Ziel ein, das im Finale des ersten Teils erreicht wird.
Bisher habe ich mit diesem System nur gute Erfahrungen gemacht. Ich weiss aber, dass es viele Gruppen gibt, die gerne offenere Systeme nutzen, da dieses Konzept die Spieler auch leicht kontrolliert...