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[Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde

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aikar:

--- Zitat von: Arkam am 15.04.2010 | 12:43 ---Der Wahnsinn kommt rein Mechanisch ins Spiel. Jede Situation bringt eben eine Probe und davon abhängig den Verlust einer Ressource ins Spiel. Verliere ich zu viel so bekomme ich einen regeltechnischen Nachteil.
Da gibt es ein Mal Situationen bei denen diese Regelung die aufgebaute Stimmung zerstören kann. Man nährt sich einem Monsterhort und findet die erste Leiche die beweist das dieses Monster existieren könnte. Jetzt greift die Spielmechanik und die Stimmung weicht dem Rechnen.
Das Verfahren ist zwar fair aber es kann schon im Anfang dafür sorgen das Charaktere ausfallen oder sich verändern.
Da wäre eine Endabrechnung vielleicht gelungener. Oder auch das Setzen von Abrechnungspunkten an denen sich die Spieler entspannen können und die regeltechnischen Konsequenzen gezogen werden. In die neue Etappe ziehen dann die angepassten Charaktere.
--- Ende Zitat ---
Evtl. probierst du es mal mit Mythos World (PbtA).


--- Zitat von: Arkam am 15.04.2010 | 12:43 ---Zudem entsprechen viele Vorstellungen wie etwa verschiedene menschliche Vorfahren, der heutige Mensch nicht als Herrscher über die Welt und seltsame Effekte wie etwa in der Quantenphysik heute zum Wissensschatz dazu. Begreifen tue ich die auch nicht aber ich kann damit leben ohne in den Wahnsinn zu verfallen.
--- Ende Zitat ---
Ja, das habe ich in unserer Runde auch schon ein paarmal angesprochen. Man merkt die Zeit, in der Lovecraft gelebt hat. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sind viele gesellschaftliche Grundlagen wie der christliche Glaube, die Überlegenheit des weißen Mannes (Kolonialsystem), die mittelalterliche gesellschaftliche Hierachie etc. in Frage gestellt worden. Das war für die Menschen damals sicher eine heftige Umstellung und das Herabstoßen des Menschen von der erwählten Position, von der er sich die Erde untertan machen soll, zur absoluten Nichtigkeit des Cthulhu-Mythos (meist noch ohne Chance auf irgendeine göttliche Erlösung) war wohl eine schreckliche Vorstellung. In den seitdem vergangenen Jahrzehnten haben wir uns (zumindest in der westlichen Welt) damit abgefunden, dass wir nach kosmischen Maßstäben nichtig sind und es keine Absolution geben wird. Bescheidener hat uns das interessanterweise trotzdem nicht gemacht. Wir nehmen es halt einfach mit einem Schulterzucken hin.
Dazu kommt natürlich die allgemeine Abstumpfung gegenüber Horror über die letzten Generationen. Allgemein finde ich ziehen inzwischen Body-Horror und Psycho-Horror noch am besten. Und die kommen ja durchaus auch in manchen Cthulhu-Geschichten und Abenteuern vor. Der reine Nihilismus ist halt nicht mehr das zündende Element.


--- Zitat von: Arkam am 15.04.2010 | 12:43 ---Zudem hat man beim Lesen, ich bin Sammler aber nicht aktiver Spieler, vieler Abenteuer das Gefühl das ein aktives Handeln der Spieler gar nicht in die Planung der Abenteuer Autoren eingegangen ist. Entsprechend liest man im offiziellen Forum auch immer wieder das es den Spielern darum geht ihren Charakter aus zu spielen und nicht etwa darum eine Aufgabe zu meistern. Diese Distanz führt dann eben dazu das man wiein einem Ausflugsboot das Szenario bewundert aber sich eben nicht persönlich mit einbeziehen lässt.
--- Ende Zitat ---
Zum Teil ist es natürlich ein grundlegendes Thema, dass Horror eine gewisse Hilflosigkeit gegenüber der Situation voraussetzt. Aber ja, die Call-of-Cthulhu-Abenteuer scheinen sich auch seit den 90ern nicht weiterentwickelt zu haben. Wobei mich da mehr die elendslangen Fließtexte ärgern. Ein Beispiel für mich ist der recht neue Sammelband "Ein Abend mit dem Grauen". Die Abenteuer, die explizit für One-Shots gedacht sind, haben großteils mehr als 20 sehr textlastige Seiten (Handouts nicht mitgerechnet). Das ist deutlich mehr, als ich für einen Abend durchackern will.

nobody@home:
Na ja, persönlich bin ich eh nicht so der ganz große Hardcore-Horror-Fan und betrachte Lovecrafts Schreibe auch mehr als klassische "Weird Fiction" oder vielleicht auf neudeutsch "Mystery" und weniger als "Horror pur". Außerdem übertreiben mir's viele Cthulhu-Systeme, mit CoC gleich angefangen, deutlich mit dem Holzhammer "Mythoswahnsinn" -- es ist ja eine Sache, wenn hinreichend unschöne Ereignisse bei jemandem (kann auch ein Spielercharakter sein) tatsächlich mal ein bleibendes Trauma hinterlassen, aber der grundlegende Die-Wahrheit-hält-Mensch-doch-nicht-aus-Ansatz ist mir zu stark eine Frage des persönlichen Glaubens, um bei allen gleich überzeugend anzukommen (bei mir beispielsweise verfängt er einfach nicht so recht).

Aus meiner Sicht funktioniert ein "cthulhoides" Abenteuer dann am besten, wenn es tatsächlich mit etwas Neuem und Fremdem aufwarten kann, das dazu geeignet ist, am Weltbild zumindest der Charaktere (und vielleicht auch ein bißchen der Spieler) zu rütteln. Will ich ausdrücklich Horror draus machen, dann sollte damit natürlich auch noch eine konkrete Bedrohung einhergehen. Ironischerweise läuft dieser Anspruch dann gleichzeitig aber auch zumindest ein Stück weit darauf hinaus, sich das Zurückgreifen auf vertraute mehr oder weniger ausführliche "offizielle Mythoskataloge" zu verkneifen, denn was schon exakt 1:1 so in irgendeinem Regelbuch steht oder auch nur Jahrvigintillionen alte Kultisten-und-Tentakelmonster-Klischees bedient, ist natürlich schon nicht mehr so wirklich "neu"...

tartex:

--- Zitat von: aikar am 16.04.2024 | 11:09 ---Dazu kommt natürlich die allgemeine Abstumpfung gegenüber Horror über die letzten Generationen.

--- Ende Zitat ---

Immer wieder lustig anzusehen: Mama, Papa, Zombie ZDF 1984 (Doku)

Jiba:

--- Zitat ---Aus meiner Sicht funktioniert ein "cthulhoides" Abenteuer dann am besten, wenn es tatsächlich mit etwas Neuem und Fremdem aufwarten kann, das dazu geeignet ist, am Weltbild zumindest der Charaktere (und vielleicht auch ein bißchen der Spieler) zu rütteln. Will ich ausdrücklich Horror draus machen, dann sollte damit natürlich auch noch eine konkrete Bedrohung einhergehen. Ironischerweise läuft dieser Anspruch dann gleichzeitig aber auch zumindest ein Stück weit darauf hinaus, sich das Zurückgreifen auf vertraute mehr oder weniger ausführliche "offizielle Mythoskataloge" zu verkneifen, denn was schon exakt 1:1 so in irgendeinem Regelbuch steht oder auch nur Jahrvigintillionen alte Kultisten-und-Tentakelmonster-Klischees bedient, ist natürlich schon nicht mehr so wirklich "neu"...
--- Ende Zitat ---

Das ist exakt die Herangehensweise des Rollenspiels Lovecraftesque.

Shin Chan:
Ich kenne generell keinen Erwachsenen, der sich wirklich gruselt.

Wie auch, man wird von Kind an bombardiert mit wirklich schrecklichen Sachen, in den Nachrichten.

Was Jucken mich da ein paar mit dem Rasenmäher zersägte Zombies, oder ein Typ mit Tentakeln im Gesicht? 

Ekel, ja, okay, Leute ekeln sich auch vor Insekten usw., aber wirklich gruseln bzw. echte Furcht?
Glaube ich nicht.

Von daher denke ich, das ist kein Problem von Chutulu, sondern der aktuellen Zeit.

In den 30ern hätten sie sich noch ins Hemd gemacht, aber nach Squid Games, Saw und the Expendables, nope.

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