Autor Thema: Ausspielen oder Würfeln?  (Gelesen 33829 mal)

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Offline Naldantis

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #150 am: 30.05.2010 | 19:57 »
Das ist natürlich grundsätzlich richtig - aber ganz ehrlich: Wenn ich nicht Slprache umgehen kann, will ich dann wirklich einen Charakter Spielen, bei dem ich das können muss? Ist das nicht für Spieler und Mitspieler auf Dauer eher frustrierend?

Ja!
Ich WILL NICHT das spielen, was ich tagein, tagaus bin.
Lieber mal ein Heiopei-Barde oder ein drauggängerischer Barbarenkrieger.
Darum spiele ich auch nur ungerne Menschen und Männer...
...beides bin ich 24h am Tag, das muß reichen.

Zitat
Anders: Ich spiele schon seit etwa acht Jahren LARP. Unsere Orga spielt nach DKWDDK - Du kannst, was du darstellen kannst. Ich sehe keinen Grund, warum das beim P&P anders sein sollte.

Von meinem Standpunkt aus: weil ich aus genau dem Grund nicht mehr auf LARPS gehe.
Es macht keinen Spaß doch nur wieder im selber Körper mit denselben Unzuläglichkeiten zu stecken und nicht mehr tun zu können, als man im Alltag kann und tut.

Zitat
Die Möglichkeiten, beim P&P darzustellen sind halt andere - hier muss ich meinen Krieger erzählerisch gut darstellen, nicht körperlich. Kurz: Es geht darum, was ich bei dem betreffenden Medium angemessen rüberbringen kann und diese Möglichkeiten sollte ich zumindest großteils erfüllen.

Ist mir zuviel Zwang und Anforderung!
Es reicht IMHO, wenn man hinreichend präzise beschreiben kann, was man wie macht.

Zitat
Rollenspiel ist nunmal ein kommunikatives Hobby und daher haben Spieler mit kommunikativen Talenten mehr Möglichkeiten, genau wie beim Klettern solche Leute mit ausgeprägten körperlichen Fähigkeiten besser dran sind.

Ich sehe es als imaginatives Hobby, und ich möchte den Leistungsdruck und Wettbewerb da weitestgehend heraushalten - dafür habe ich ein Berufsleben, das reicht dazu für meine Bedürfnisse auch völlig aus.

Offline Oberkampf

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #151 am: 30.05.2010 | 20:01 »
Nach dem, was ich bisher gelesen habe, fühle ich mich in meiner Ansicht bestärtkt, dass Ausspieler eher zum Erzählspiel neigen. Einzig Teylens Position, die ich aufgrund anderer Aussagen für einen Storytelling-Fan hielt, verwundert mich ein Bisschen (wobei ich das mit dem "NSCs dürfen mit social skills SCs herumkommandieren" gut in mein weltbild integrieren kann.)

Deswegen mal zur Überprüfung: sehen sich außer Eulenspiegel noch mehr Ausspieler als Erzählspieler?
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Offline Naldantis

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #152 am: 30.05.2010 | 20:14 »
Und für mich ist das Rollenspiel in erster Linie ein Spiel.

Das heißt, ich als Spieler werde herausgefordert:
- Wenn ich Schach spiele und das nicht kann, verliere ich.
- Wenn ich Go spiele und das nicht kann, verliere ich.
- Wenn ich Diplomacy spiele und das nicht kann, verliere ich.
- Und wenn ich einen Diplomaten spiele und das nicht kann, verliere ich auch.

Wenn man etwas unbedingt spielen will, ohne andauernd zu verlieren, muss man eben besser werden. Das ist bei jedem Spiel so. (Ausnahme Glücksspiele) Warum sollte es ausgerechnet beim Rollenspiel anders sein?

ICH verliere doch gar nicht...
...mein CHARAKTER verliert (mangels Skill oder Glück) vielleicht manchmal, aber das gehört zum Leben dazu.

Offline Naldantis

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #153 am: 30.05.2010 | 20:22 »
    [...]
  • Wenn der SL sagt, der NSC ist von der Rede des SCs beeindruckt, dann ist er beeindruckt.
  • Wenn der SL sagt, der NSC ist von der Rede unbeeindruckt, dann ist er unbeeindruckt.

Oder der SL sagt: wenn Dein Überreden-Wurf über 25 liegt, ist er beeindruckt, wenn sie unter 15 bleibt, eher genervt...

Zitat
    [...]
  • Wenn der Spieler sagt, sein SC nimmt Anlauf und springt über die Schlucht, dann nimmt sein SC Anlauf und springt über die Schlucht.
  • [...]

Oder: Wenn Du srpingen mit 30 oder b esser schaffst, klappt es, sonst platsch!

Zitat
Narrative truth halt. (Die Erzählung der Beteiligten legt fest, wie es in der Spielwelt aussieht. Wenn man erzählt, dass in der Spielwelt ein bestimmter Sachverhalt so ist, dann ist er dort auch so.)
Und je nach Stärke des Player Empowerment haben die Spieler mehr Narrative Truth oder weniger. (Aber der SL hat grundsätzlich eine ganze Menge davon.)

Nicht alles ist eine absolute Wahrheit - alles andere können eben genausogut Chancen, Wahrscheinlichkeiten, Absichten oder Wünsche sein.

Eulenspiegel

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #154 am: 30.05.2010 | 20:23 »
@ Naldantis
Macht dir Schach Spaß? Macht dir Go Spaß? Die Art, wie ich RPG spiele, ist ähnlich.

Natürlich kann es sein, dass dir GO und Schach keinen Spaß macht. Dann würde dir auch mein Spielstil keinen Spaß machen. Aber es gibt zahlreiche Leute, denen Go und Schach Spaß machen und die das auch als Freizeitbeschäftigung betreiben.

Mit meinem würfellosen Spielstil ist es ähnlich. (Es ist anspruchsvoll wie Schach, macht aber auch als Freizeitbeschäftigung genau so viel Spaß wie Schach.)

Und klar: Mein Spielstil muss nicht jedem gefallen. Soll er ja auch gar nicht. Er richtet sich explizit an Leute, die halt an herausforderungsorientierten Spielen Spaß haben.

@ Teylen
Ja, du kannst beim LARP auch dicke Elfen oder große Zwerge spielen. Du musst dann aber halt damit leben, dass die Leute sich hinter deinen Rücken über dich lustig machen. (Verbieten wird dir das keiner. Aber die netteren Leute werden zu dir kommen und dir ein anderes Konzept empfehlen. Die nicht so netten Leute werden einfach nur grinsen.)


Der Gedanke bei dem streichen ist das der SC keine eigene Werte hat die von dem des Spielers abweichen.
Nun und wenn das der Fall ist ist der SC doch im Grunde ein voller Avatar?
Der SC hat ja andere Werte: Alles was man nicht darstellen kann, besitzt abweichende Werte.

Darüber hinaus definiert sich ein SC ja hauptsächlich nicht über sein Können, sondern über seinen Charakter: Ist er freundlich oder gemein? Aufbrausend oder zurückhaltend? Männlich oder weiblich? Steht er auf Männer oder Kerle? Mag er Elfen und Zwerge oder ist er Rassist? Ist er ehrlich oder ein Dieb? Wie sieht es mit seiner Loyalität aus? Ist er verheiratet? Hat er Kinder?

Alles Sachen, die den Charakter definieren und wo er vom Spieler abweichen kann.

Zitat
Ich bin bisher von solchen System ausgegangen wo es [die] Werte gibt.
So wie keine Vorschrift die sagt: Gebe die Punkte nur auf Bereiche wo du dich OT drin auskennst.
Zumindest ich überlege mir erst, was ich spiele und suche mir anschließend ein System, das zu meinem Spielstil passt.

Andersrum (also erst ein System suchen und dann seinen eigenen Spielstil anpassen) halt ich für kontraproduktiv.

Das heißt im Klartext: Ich überlege mir erst, ob ich soziale Sachen ausspielen möchte oder nicht. Und erst anschließend suche ich mir ein System, das meinen präferierten Spielwunsch (soziale Sachen ausspielen) am besten umsetzt.

Zitat
Ich darf mir eben keinen Arzt-Gott machen wenn ich denke das man mit einem Druckverband auch am Hals Blutungen stoppen oder etwas heilen kann.
Du darfst bei mir einen Arzt spielen.

Und du darfst dir aussuchen, ob du den Druckverband um den Hals anlegst (dumme Idee) oder ob du die Blutung anderweitig stoppst (bessere Idee).

Du darfst spielen, was du willst, und du darfst handeln, wie du willst.

Zitat
Heißt man darf nur noch tun was man als Mensch auch kann.
Zum vierten Mal: NEIN!

Es kommt darauf an, wie streng der SL die Ideen bewertet. Also darauf, wie hoch man das Kompetenzniveau der Spieler festgelegt hat. (Auch wir sind im Prinzip als Spieler alle schlechter als unsere SCs.)

Zitat
Der Char ist aber nicht plump, der Spieler ist vielleicht plump, aber der Charakter eben den Werten nach nicht.
Dann werden die Werte eben beim nächsten Spiel angepasst.

Zitat
Nu aber nicht so wirklich viele?
"Du kannst was du kannst", fertig..?
Ja, wir spielen ziemlich regelarm.
Früher habe ich auch Regelmonster mit 200 Seiten Regeltext gespielt. Aber diese Zeiten sind vorbei. Mein jetziges Haupt-RPG, das wir momentan spielen, käme (falls wir es aufschreiben würden) mit einer halben DinA4 Seite an Regeln aus (plus vielleicht noch eine Seite Metaregeln).
« Letzte Änderung: 30.05.2010 | 20:40 von Eulenspiegel »

Offline Skele-Surtur

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #155 am: 30.05.2010 | 20:44 »
@Sutur:
Zustimmung zum ersten Part.
Beim zweiten nahm ich an das LARP und LIVE eigentlich weitesgehend das selbe sind, nur halt mit unterschiedlichen Settings. Nu und vor dem Beitrag dachte ich das man ein Zeichen macht das sagt: "Wir reden gerade [Sprache]" und dann in etwas redet das der andere auch versteht, der Forenbeitrag der das Verhalten beschrieb war einer der Gründe wieso ich mich dann doch eher nicht in die Nähe von LIVE Gruppen wagte ^^;

Nu und ich dachte das es beim LARP möglich ist grosse Zwere, dicke Elfen und sonstiges zu spielen, wenn man damit leben kann das sich ein paar ihren Teil denken, kann man immer noch so spielen?
Kann man natürlich. Finde ich aber doof. Die Herausforderung beim LARP ist es ja gerade, etwas aus sich, mit den eigenen beschränkten Möglichkeiten zu machen.

Ich wäre im P&P nie darauf gekommen einen Elfen zu spielen - im LARP tue ich es aus dem einen Grund: Ich hab die Statur und das Gesicht dafür. Zugegebener Maßen kein besonders hübscher Elf, aber in anbetracht, was da sonst so rumläuft, komme ich schon verdammt nah ran.

@ Naldantis: P&P ist ein imaginatives Hobby, richtig. Aber wenn ich meine Imagination nicht kommunizieren kann, dann geht sie verloren. Da kann ich mich auch zu Hause in die Ecke setzen, und mir meine Geschichte ausdenken. Erst durch Interaktion wird meine Imagination zum Rollenspiel. Dazu muss ich meine Imagination aber angemessen kommunizieren können.
Wenn ich mir als SL ein Gestammel anhören muss, dann wird ein Würfel geworfen und der Spieler ruft triumphierend: "Ich habe eine 20 gewürfelt! Dann hab ich den Typen ja wohl überzeugt!", dann ist das ungefähr genau so unterhaltsam wie ein Testbild im Fernsehen.
Wenn ich aber zwanzig Minuten aus der Sicht meines NSCs mit dem Spielercharakter kommuniziere und am Ende sage: "Ja, das sehe ich ein, dass der den NSC überzeugt hat", dann macht das Freude, dann ist das Rollenspiel.
Eine diplomatische Ausbildung habe ich auch nicht, aber ich kann einen Diplomaten auf dem verhältnismäßig niedrigen Niveau eines Rollenspiels DARSTELLEN. Das ist das.
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Offline Bentley Silberschatten

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #156 am: 30.05.2010 | 21:03 »
Zitat
Ausspielen oder Auswürfeln?

Beides.

Der Spieler spielt seinen Part aus und versucht sich so taktische Vorteile zu sichern. Wenn es um Diplomatie geht, Charm oder ähnliches, dann achte ich darauf ob er Argumente bringt die die Reaktion des Gegenüber beeinflussen kann. Das gibt einen Bonus oder Malus auf den Wurf der auf jeden Fall folgt (es sei den die Aktion ist so wenig von Bedeutung das man generell nicht würfeln muss.)
Der Wurf bestimmt dann ob der Charakter das erreichen kann was der Spieler anstrebt.

Halte ich persönlich für die fairste Methode.



Offline Skele-Surtur

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #157 am: 30.05.2010 | 21:06 »
Weil's grad so gut zum Thema passt...
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Offline Dark Paladin

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #158 am: 30.05.2010 | 22:39 »
@ SJT und Surtur:
Der besagte SL war ich. Das mit dem Railroding beim Wappen gebe ich zu (mea culpa)  :(
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Werd ich in Zukunft vermeiden.
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Das Klappen der Rede war bestimmt kein Railroding, da "Das Böse" notfalls auch von den Chars alleine besiegt werden konnte. (erinnere mich nur noch verschwommen an die Rede) Aber die Rede schien mir damals überzeugend genug, dass der Bürgermeister und einige Freiwillige bereit waren den SCs zu helfen.
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Und wenn man für die Argumentation nur Menschenverstand braucht, so lass ich das auchbei vernünftiger Argumentation durch.
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Wenn eine Chance besteht, dass man in 50% aller Versuche versagt, so tritt dies in 90% aller Fälle ein ;)

Eran

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #159 am: 30.05.2010 | 23:17 »
Ohne mir alle vorherigen Beiträge zu dem Thema durchgelesen zu haben:

Wenn ich leite dann entscheide ich je nach Situation ob etwas ausgespielt oder gewürfelt wird. Das kommt ganz drauf an wie viel Zeit wir haben und ob es vom Spannungsaufbau und Spielfluss usw. Sinn macht, evtl auch zu würfeln, wobei ich ausspielen auch vorziehe.

Manchmal lasse ich auch nicht soziale situationen ausspielen. Z.B. Heimlichkeit. In meiner Gruppe hatte ein Spieler eine super Idee den Gegner abzulenken und so seinen Kollegen zu ermöglichen heimlich zu sein. Da habe ich dann auch keine würfelei gewünscht da meine Gruppe dann trotz der guten Idee keine chance gehabt hätte (dnd3.5 2barbaren, 1 krieger und 1 cleric = da ist nicht viel mit heimlichkeit).

Offline Skele-Surtur

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #160 am: 31.05.2010 | 00:19 »
Na, ich darf mich ja auch mal irren.  ;D
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

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Offline Maarzan

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #161 am: 31.05.2010 | 00:57 »


Und du darfst dir aussuchen, ob du den Druckverband um den Hals anlegst (dumme Idee) oder ob du die Blutung anderweitig stoppst (bessere Idee).


Und der nächste SL hat noch weniger Ahnung als der Spieler und hält das für eine blendende Idee.

Das kann nur in der Vorstellung von jemandem funktionieren, der in einer sehr ausgesuchten, erfahrenen und homogenen Gruppe spielt und vergessen hat, wie es außerhalb seiner Elfenbeinrunde aussieeht oder jemand, der davon ausgeht, das alle anderen Situationen natürlich genauso wie er sieht - (selbsternannt) "korrekt" halt.

Dann kommen noch Felder hinzu, wo alle keine Ahnung haben oder die keine realweltliche Entsprechung haben und dann ist sowieso Schluss mit "bewertbarer" Darstellungsleistung. Der eine hält "Ihrs" und "Euchs" und "Führwahr" für hohe Kunst, der andere für schwülstigen Mist. 


Wer für Ausspielen statt Würfeln ist, sollte dann auch Offen für die Anwendung von Folter als erweiterte Form der Kommunikation beim Einschüchtern oder Befragen sein. Dann hat der Betreffende eben genau so viel "sozialen" Widerstand wie seine Figur. Du kannst was du kannst.  ::)

Nebenbei:
Die Entscheidung mit welchen Kompetenzen ich einen Charakter bauen will, fällt bereits bei der Erschaffung, nicht erst beim Würfeln. Wenn jemand Medizin 0 hat, dann ist es keine Entscheidung der Würfel, wenn der Charakter keine Operation durchführen kann, welche der Spieler vielleicht sogar könnte, (oder zu können glaubt, weil er Dr.House gesehen hat). Es sollte auch nicht davon abhängen., ob der Spielleiter fachliche Kompetenzen in der Richtung hat. Wobei es eben alles nicht funktioniert, wenn der SL nicht dieselben Vorstellungen hat, sei es nun "besser" oder "schlechter", wo dies denn faktisch feststellbar ist. Und ein Rollenspiel hat viel zu viele mögliche Situationen, um überall Deckung erreichen zu können. Was man mit freiem Ausspielen nur erreicht, ist es das Ego der Beteiligten zu bemühen (weil ja Spieler gegen Spieler antreten), entsprechende Konflikte einzuladen und bei der Erschaffung (Punkt)ressourcen in Bereiche umzuleiten, die nicht durch ein entsprechendes Auftreten auf der Metaebene kompensiert werden können (Kampf und Magie z.B., obwohl es ja eine Menge Kampfsport- und Katanaexperten gibt, welche auch das versuchen ...) .
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Offline Adanos

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #162 am: 31.05.2010 | 03:15 »
Zitat
Wer für Ausspielen statt Würfeln ist, sollte dann auch Offen für die Anwendung von Folter als erweiterte Form der Kommunikation beim Einschüchtern oder Befragen sein. Dann hat der Betreffende eben genau so viel "sozialen" Widerstand wie seine Figur. Du kannst was du kannst.  Roll Eyes
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Nebenbei:

Würfeln bedeutet nicht, dass man als Spieler nicht gefordert wird, oben hieß es ja Herausforderung. Natürlich sollte man schon eine gewisse Grundidee haben. Nur: die alleine reicht nicht aus, bzw. wenn die Idee nicht so toll ist, hat man trotzdem eine Chance den Konflikt für sich zu gewinnen.

Dabei kommt es aber, so wie ich das sehe, nicht darauf an, dass der Spieler den Konflikt löst. Sollte die Probe gelingen, dann muss man eben eine Lösung finden, wenn der Spieler gerade nicht darauf kommt, dann vielleicht der SL oder ein Mitspieler. Oder es wird gleich ganz abstrahiert, bei Dingen wo keiner eine Ahnung hat (Magiekunde, Sternkunde im DSA etwa). Das heisst dann, dass man sich mit Tech-Sprech zufrieden gibt. Mehr braucht man meistens auch nicht.

Sicher, manchmal findet man nicht so schnell eine Erklärung, wie wir es einmal in DSA hatten, als der Krieger sensationell würfelte und 18 TaP* bei der Kriegskunstprobe übrigbehielt. Darauf wusste keiner so schnell was, wir einigten uns auf einem wagemutigen Guerillataktikmanöver of Doom (TM). Mit Ausspielen kriegt man solche Erfolgserlebnisse wohl nicht hin. Oder nicht so einfach.  ;)

Eulenspiegel

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #163 am: 31.05.2010 | 11:15 »
Und der nächste SL hat noch weniger Ahnung als der Spieler und hält das für eine blendende Idee.
Wenn keiner eine Ahnung davon hat und alle das für eine blendende Idee halten, ist es doch super. Wo ist das Problem?

BTW:
Wo du weiter unten Dr.House ansprichst: Wie würdet ihr es in einer Dr.House Kampagne handhaben?
SL: "Es kommt ein Patient mit hohen Fieber in die Aufnahme."
Spieler: "Ich mache eine Probe auf Diagnose." *schafft Probe*
SL: "Der Patient leidet unter Malaria."
Spieler: "OK, dann mache ich jetzt eine Probe auf Heilung." *schafft Probe*
SL: "OK, der Patient ist geheilt. Das heutige Abenteuer ist abgeschlossen."

Oder wie würde ein Dr.House Abenteuer in eurer Runde ablaufen?

Zitat
Dann kommen noch Felder hinzu, wo alle keine Ahnung haben oder die keine realweltliche Entsprechung haben und dann ist sowieso Schluss mit "bewertbarer" Darstellungsleistung. Der eine hält "Ihrs" und "Euchs" und "Führwahr" für hohe Kunst, der andere für schwülstigen Mist.
Ob die Leute sihc mit "Ihr" und "Euch" ansprechen, erfährt man spätestens dann, wenn man mal das Gespräch zweier Adligen belauscht.

Bzw. hier der Tipp: Nicht als erster gleich lossprechen, sondern sich erstmal nur kurz vorstellen und dann dem Gespräch kurz zuhören, bevor man sich beteiligt.

Zitat
Wer für Ausspielen statt Würfeln ist, sollte dann auch Offen für die Anwendung von Folter als erweiterte Form der Kommunikation beim Einschüchtern oder Befragen sein. Dann hat der Betreffende eben genau so viel "sozialen" Widerstand wie seine Figur. Du kannst was du kannst.
Billige Polemik! ::)

1) Es geht hier um Pen&Paper und nicht um Larp.
Für diejenigen, die den Unterschied nicht kennen:
LARP --> Spieler handeln
Pen&Paper --> Spieler erzählen

Sprich:
LARP --> Spieler foltern
Pen&Paper --> Spieler erzählen, wie sie foltern

2) RPG (egal ob Pen&Paper oder LARP) ist ein Spiel, das allen Beteiligten Spaß machen soll.
Bei "Überzeugen" macht es (zumindest in unserer Runde) beiden Beteiligten Spaß:
Der Aktive hat Spaß daran, Argumente zu finden, um den Passiven zu übverzeugen.
Und der Passive hat Spaß daran, darzustellen, wie er langsam überzeugt wird.

Bei "Foltern" hätte evtl. der Folternde Spaß. Der Gefolterte hätte (zumindest in unserer Runde) keinen Spaß.
Daher wird es bei uns nicht gemacht.

Wenn man aber LARP spielt und der Gefolterte ein SM-Fetisch hat, dann kann man die Folterszene auch gerne ausspielen und beide haben ihren Spaß daran. (Aber erstens reden wir hier nicht über LARP und zweitens haben zumindest bei uns viele Spieler keinen SM-Fetisch.)

Zitat
Die Entscheidung mit welchen Kompetenzen ich einen Charakter bauen will, fällt bereits bei der Erschaffung, nicht erst beim Würfeln.
Kann man so machen. Kann man aber auch anders handhaben:

Du gehst den Weg:
Werte --> Charakterkönnen

aber ebensogut kann man den umgekehrten Weg gehen:
Charakterkönnen --> Werte

(Von wertelosen Spielen ganz zu schweigen.)

Sicher, manchmal findet man nicht so schnell eine Erklärung, wie wir es einmal in DSA hatten, als der Krieger sensationell würfelte und 18 TaP* bei der Kriegskunstprobe übrigbehielt. Darauf wusste keiner so schnell was, wir einigten uns auf einem wagemutigen Guerillataktikmanöver of Doom (TM). Mit Ausspielen kriegt man solche Erfolgserlebnisse wohl nicht hin. Oder nicht so einfach.  ;)
Sagen wir es so:
Ich habe kein Erfolgserlebnis, wenn der Würfel einen guten Tag hatte.
In meinen Augen habe dann nicht ich, sondern der Würfel Erfolg.

Wenn ich eine gute Taktik erzähle, wie wir die Übermacht fertig machen und der SL mich erst grinsend aber dann zunehmend mit offenen Augen und Mund anstarrt. Wenn der SL nachdem ich meine Taktik unterbreitet habe hektisch seine Unterlagen durchblättert und dann kleinlaut meint: "Ja, könnte klappen. Dann müssen wir den Kampf wohl auswürfeln*."

Aber wenn ich drei 1en bei einer DSA-Probe würfle, habe ich kein wirkliches Erfolgserlebnis. (Weil nicht ich, sondern die Würfel etwas außergewöhnliches geleistet haben.)

*Ja, außerhalb des LARP werden Kämpfe auch bei uns ausgewürfelt. (Was aber daran liegt, dass wir zu wenig Platz zum Kämpfen haben und der SL nur sehr schlecht 20 angreifende Goblins LARP-technisch darstellen kann.)

Offline ArneBab

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #164 am: 31.05.2010 | 11:41 »
Ich möchte mal anmerken, dass ein Spieler der seinen Charakter ein überreden würfeln lässt um deinen Charakter etwas machen zu lassen in den meisten Spielen im Sinne der Regeln handelt.

Das schwierige für mich dabei ist, dass diese Regeln weitaus grober sind als die Kampfregeln, die Effekte aber deutlich stärker.

Vielleicht ist das Problem auch einfach, dass es zwischen sozialer Interaktion und anderen Regeln eine massive Disbalance gibt. Nehmen wir mal Bannbaladin vs. Überzeugen.

Der Magier hat Bannbaladin gesteigert und kann dich, wenn deine Magiresistenz nicht zu hoch ist, für eine gewisse Zeit zu seinem Freund machen, zahlt dafür aber Astralenergie, andere Magier können erkennen, dass er an dir rumgpfuscht hat, und er muss Konsequenzen fürchten, wenn es rauskommt.

Der Streuner hat Überzeugen gemaxt und kann dich mit einem guten Wurf überzeugen, dass ihm das alte Artefakt zu bringen das höchste der Gefühle ist. Oder, dass du dich seiner Bande anschließen und ihn unterstützen solltest. Und das ist dann höchstens Anstiftung zu einer Straftat, aber am Ende verlierst Du.

Von der Macht her ist damit Überzeugen viel stärker, und der Effekt davon hält länger.

Wir haben nämlich meist keine Regeln dafür, wie Überzeugungen wieder nachlassen, wenn sie nicht ständig gestärkt werden. Oder wo eine Überzeugung in eine fixe Idee (Nachteil) übergeht. Oder wie sich in einem Charakter Hass entwickelt, den er selbst nicht mehr kontrollieren kann und der im Gegenzug sein Handeln bestimmt.

Es gab aber Systeme, die psychologische Parameter festgehalten haben (wie Extrovertiert/Introvertiert u.ä. - ich weiß nicht mehr welche Systeme, aber ich sehe die Skalen noch vor mir :) ).

Ich denke der Grund dafür ist, dass psychologie meist wenig beachtet wurde. Mechanical Dream ist da übrigens eine schöne Ausnahme. Da ist die Psyche der Charaktere ein eigener Bereich des Spiels.
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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #165 am: 31.05.2010 | 11:48 »
Lustig, bei mr ist es genau umgekehrt.

Ich habe wirklich wenig Spaß daran, wenn eine soziale Interaktion im P&P RPG (LARP/LIVE mache ich nicht) nur ausgespielt wird (ohne dass die würfel fallen). Ich bin zwar auch kein reiner Auswürfler (wie gesagt: Anspielen, Ansagen, Auswürfeln, Ausspielen, und immer auf die Knöpfe der NSCs achten), aber ich würde im Zweifelsfall das reine Auswürfeln mit Ergebniserzählen (zur farbenfrohen Untermalung) einem reinen Ausspielen vorziehen.

Beim reinen Ausspielen käme ich mir zu sehr wie im Laientheater vor.

Dr. House als RPG würde mir wahrscheinlich nicht liegen, aber wenn ich eine Arztserie spielen wollte, würde ich den Heilvorgang natürlich in Szenen packen (und ggf. einen Timer dazu konstruieren, der angibt, wie lange der Patient am Leben bleibt, und wann sich neue Symptome zeigen). Nun habe ich selbst sehr wenig Ahnung von Medizin, in einer Fantasylandschaft mit völlig erfundenen Krankheiten usw. könnte ich mir sowas als Zwischenabenteuer vielleicht sogar vorstellen.

Also: Patient wird eingeliefert: erste Proben zum Finden der Symptome. Danach Interpretation der Symptome (mit weiteren Proben). Dadurch ergeben sich für die Spieler Recherechemöglichkeiten - im Sinne von House, die Spieler müssen Wohnung oder Arbeitsplatz des Patienten absuchen, dabei mit Familie oder Kollegen reden usw. Daraus werden weitere Informationen gewonnen (die auch auf den richtigen Fragen und gelungenen Proben beruhen).

Es käme immer darauf an, ob die Spieler die Fertigkeiten ihrer Charaktere (Werte) mit den Anforderungen der Situation kreativ in Verbindung bringen können. Also: Mein Charakter kann Kräuterkunde, wie setze ich das hilfreich ein, um das Leben des Patienten zu verlängern (einfach)? Mein Charakter kann Empathie, wie kann ich das zielgerichtet einsetzen (schon schwieriger)? Und was könnte ich jetzt mit meinem Skill "Eisangeln" anfangen (hier warte ich auf die Superidee)?

So entsteht für mich eben ein Bild des Charakters, den man spielt bzw. den ein Spieler spielt, das mir beim reinen Ausspielen verschlossen bleibt.
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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #166 am: 31.05.2010 | 12:20 »
Das heißt, ich als Spieler werde herausgefordert:
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- Wenn ich Diplomacy spiele und das nicht kann, verliere ich.
- Und wenn ich einen Diplomaten spiele und das nicht kann, verliere ich auch.

Ich sehe es eher so, dass der Charakter das Mittel ist, mit dem der Spieler mit der Welt interagiert.

Wenn er einen Diplomaten spielt, dann greifen ihm die Fähigkeiten seines Charakters unter die Arme. Solange er zeigt, dass er versucht, höfisch zu sein, ist sein Char das auch - gerne mit Hilfe der anderen Spieler.

Da übersehe ich als SL dann auch kleinere Fehler und weise auf größere hin (willst du das wirklich? Deinem Char wäre klar, dass er damit den NSC verärgert). Ich warne ja auch den Spieler des Strategen, wenn er eine offensichtliche Falle übersieht (oder passe die Handlungen der NSCs an, denn schließlich hat der Stratege die bessere Strategie als die NSCs (mit Modifikatoren durch die Ideen des Spielers)).

Auf die Art ist (hoffentlich) jeder Spieler im Rahmen seiner eigenen Fähigkeiten gefordert. Wenn es für einen rethorisch schwachen Spieler eine große Leistung ist, drei kohärente Sätze zu sprechen (und ich das als SL weiß), dann kriegt sein Charakter für drei kohärente Sätze einen Bonus, während der Charakter des Off-Play-Diplomaten für das gleiche einen riesigen Malus kriegen würde.

Schließlich designen wir kein Spiel mit Herausforderungen für beliebige Leute, sondern Spielen die Runde genau für unsere Gruppe, da können wir die Herausforderungen auch an die Spieler anpassen.
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Offline ArneBab

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #167 am: 31.05.2010 | 12:26 »
Wenn PvP gewünscht ist, nur zu, aber bitte mit elaboriertem Social Combat System, dessen Folgen klar festgelegt sind und für alle Spieler einsichtig im Regelbuch stehen. Oder mit einem Intrigensystem, für welches das Gleiche gilt (wäre mir persönlich lieber). Ansonsten haben die Social Combat Charaktere ihren Platz in der Gruppe für die Social Challenges, und jeder Spielleiter, der mit sozialen Skills spielt, sollte dafür sorgen, dass es im Abenteuer einen Unterschied gibt, ob der Skill erfolgreich gegen NSCs angewendet wurde oder nicht. Genau das Gleiche gilt für Wildnisskills, Technikskills, Wissensskills und alle anderen Noncombatskills.

Das geht in die Richtung einiger Schreibgrundsätze: Wenn du irgendetwas für die Auflösung eines Konfliktes nutzen willst, muss es vorher eingeführt sein, und der Leser muss wissen, dass es dafür genutzt werden kann.

Wenn in einem Krimi ein Beweisstück genutzt wird, um den Täter zu überführen, dann muss es vor der Auflösung bekannt sein (oder zumindest bekannt sein, dass man solche Beweisstücke finden kann, wenn man die Krullgamben mit Fargeltock füttert). Ansonsten kommt es bei Lesern meist nicht gut an – es sei denn, das Beweisstück selbst ist wichtiger als der Fall (weil es ein Puzzleteil im größeren Rätsel bietet; dann löst es den Fall aber auch nicht, sondern erweitert ihn um ein neues Rätsel).

Wenn also mit sozialer Interaktion Konflikte gelöst werden sollen, muss das Interaktionssystem komplex genug sein, dass die Spieler damit taktisch arbeiten können.

Was ist das soziale Äquivalent von „ich springe hinter der Mülltonne in Deckung und ballere blind das halbe Magazin meiner Knarre in Richtung der Gegner“?
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Offline Roland

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #168 am: 31.05.2010 | 12:26 »
Oder wie würde ein Dr.House Abenteuer in eurer Runde ablaufen?

Wie in jedem anderen Schablonenkrimi auch.

Pschyrembel und Gumshoe-Regeln schnappen, Fälle entwerfen, Drama-Hooks für SCs einstreunen.

Wobei normale Krimis im Rollenspiel üblicherwesie besser ankommen als Medizinmysterien.
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Offline ArneBab

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #169 am: 31.05.2010 | 12:47 »
Ich möchte hier mal ein etwas extremeres Beispiel einstreuen. Als eine Art Realitätscheck.

Nehmen wir an, ich spiele jemandem von Geburt an Querschnittsgelähmten, der Balance nur als Wort kennt, jemandem mit einer schweren Sprachstörung, der froh ist, wenn er einen kurzen Satz ohne Stottern rauskriegt, und jemandem mit Geistiger Behinderung, der glücklich ist, wenn er rausfindet, mit welchem Würfelwurf er den Mindestwurf geschafft hat.

Dürfte der Querschnittsgelähmte einen erfolgreich von Dach zu Dach springenden Ninja spielen?

Dürfte der Spieler mit Srpachstörung einen berüchtigten Verführer spielen, der ganz definitiv keine Sprachstörung hat?

Dürfte der geistig Behinderte einen bekannten Strategen spielen, der Schlachten alleine durch seinen Intellekt entscheidet?


Ich persönlich finde, alle drei sollten das können und dürfen.

Entsprechend sollte auch jemand, der vielleicht nicht gleich massiv stottert, aber eben sprachlich nicht ganz so gut ist, auch einen erfolgreichen Diplomaten spielen können, und die Regeln sollten seine Probleme ausbügeln. Dafür spiele ich schließlich ein Spiel, das mit der Vorstellung arbeitet und stelle mich den Leuten nicht in Rethorikduellen (auch das machen Leute).
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Eulenspiegel

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #170 am: 31.05.2010 | 12:52 »
@ Roland
Mit Tümpelritters Beschreibung zum Dr.House Abenteuer konnte ich etwas anfangen. Er hat klar und deutlich gemacht, wann er wo würfelt, wo er Ideen der Spieler einfließen lässt etc.

Mit deiner Antwort kann ich dagegen nichts anfangen. (Was zum Teil auch daran liegt, das ich nicht weiß, wie du normale Krimis spielst.)

Auf die Art ist (hoffentlich) jeder Spieler im Rahmen seiner eigenen Fähigkeiten gefordert. Wenn es für einen rethorisch schwachen Spieler eine große Leistung ist, drei kohärente Sätze zu sprechen (und ich das als SL weiß), dann kriegt sein Charakter für drei kohärente Sätze einen Bonus, während der Charakter des Off-Play-Diplomaten für das gleiche einen riesigen Malus kriegen würde.
Das ist doch beim würfellosen RPG nicht anders:
Wenn ich weiß, dass ein Spieler schlechter ist, dann kann ich ihm doch eher etwas durchgehen lassen, als jemanden, der ein rhetorisches Ass ist.

Das ist doch im Prinzip genau so wie beim Go: Wenn ein Dan-Spieler gegen einen Kyu antritt, dann bekommt der Kyu-Spieler Vorgabesteine.
Eigentlich ist der Kyu-Spieler schlechter. Durch die Vorgabesteine ist das Spiel aber halbwegs ausgeglichen und er hat wieder Chancen, den Dan zu besiegen.

Das heißt, die Herausforderung individuell anzupassen (und nicht global), ist bei jedem Spielstil möglich, in denen es Herausforderungen gibt.

Offline ArneBab

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #171 am: 31.05.2010 | 12:59 »
Das ist doch beim würfellosen RPG nicht anders:
Wenn ich weiß, dass ein Spieler schlechter ist, dann kann ich ihm doch eher etwas durchgehen lassen, als jemanden, der ein rhetorisches Ass ist.

Das heißt, die Herausforderung individuell anzupassen (und nicht global), ist bei jedem Spielstil möglich, in denen es Herausforderungen gibt.

Jupp. Und sobald du in die Anpassung der Herausforderung die Werte des Charakters einfließen lässt, hast du ein Regelwerk – egal ob auf toten Bäumen mit in geometrische Formen gepresstem Erdöl als Zufallssystem oder im Kopf der SL.

Solange die Spieler einschätzen können, wie die SL ihre Handlungen interpretiert, hat das Regelwerk selbst dann Aussagekraft, wenn es nirgendwo geschrieben steht. Anders gesagt: Wenn die Spieler wissen „mein Char kann das so und so gut, wenn ich also mindestens *so* gut argumentiere, schaffe ich es“, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit für die Spieler abschätzbar – und damit gibt es Herausforderungen.
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Eulenspiegel

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #172 am: 31.05.2010 | 13:21 »
Dürfte der Querschnittsgelähmte einen erfolgreich von Dach zu Dach springenden Ninja spielen?
Dürfte der Spieler mit Srpachstörung einen berüchtigten Verführer spielen, der ganz definitiv keine Sprachstörung hat?
Dürfte der geistig Behinderte einen bekannten Strategen spielen, der Schlachten alleine durch seinen Intellekt entscheidet?
Querschnittsgelähmter:
Kommt darauf an: Beim Pen&Paper darf er das. Beim LARP nicht.

Sprachstörung:
Kommt darauf an, wie stark die Sprachstörung ist. Wenn es sich nur um Lispeln handelt, dann kann ich es "wegimmersionieren". Wenn er jedoch stottert, dann stört mich das bei meiner Immersion. (Und ja, ich bin egoistisch genug, dass mir meine Immersion wichtig ist. - Und glücklicherweise ist meine Heimatstadt groß genug, dass ich mir meine Spieler aussuchen kann und nur mit Leuten spiele, die meine Immersion nicht stören.)
(Stotterer können in meiner Runde gerne mitspielen. - Aber entweder sie spielen einen SC, der auch ingame stottert, oder sie spielen eine Person, die sich redetechnisch nicht in den Vordergrund zwängt.)

geistig Behinderter:
Nee Sorry. In meiner Rollenspielrunde könnte er keinen genialen Strategen spielen. (Aber ihm steht es natürlich frei, seine eigene Rollenspielrunde zu gründen, in der er so etwas spielen kann.)

Aber mal den Realitätscheck an dich zurückgegeben:
Hattest du in deiner Runde schonmal Leute mit Sprachstörung oder geistig Behinderte? Oder ist das nur graue Theorie, was du da forderst?

Zitat
Ich persönlich finde, alle drei sollten das können und dürfen.
Irgendwo bei irgendwem sicherlich. Aber nicht in meiner Runde.

Sie dürfen gerne ihre eigene Runde gründen und dort ihre eigenen Regeln aufstellen. Aber in meiner Runde haben sie sich an meine Regeln zu halten. (Es sei denn, ich werde per Mehrheitsbeschluss überstimmt.)

Anders gesagt: Wenn die Spieler wissen „mein Char kann das so und so gut, wenn ich also mindestens *so* gut argumentiere, schaffe ich es“, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit für die Spieler abschätzbar – und damit gibt es Herausforderungen.
Nein. Herausforderung hat nichts mit Abschätzbarkeit zu tun. (Ich hatte im RL schon einige Herausforderungen, wo ich nicht annähernd abschätzen konnte, wie schwer oder leicht das ist.)

Offline ArneBab

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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #173 am: 31.05.2010 | 14:00 »
geistig Behinderter:
Nee Sorry. In meiner Rollenspielrunde könnte er keinen genialen Strategen spielen. (Aber ihm steht es natürlich frei, seine eigene Rollenspielrunde zu gründen, in der er so etwas spielen kann.)

Hattest du in deiner Runde schonmal Leute mit Sprachstörung oder geistig Behinderte?

Ich nicht, aber einer meiner Spieler hat in Marburg einen Freund mit Angststörung, mit dem er spielt.

Und einer der Spieler in einer meiner unregelmäßigen Runden hat psychische Probleme, die seine Wahl der Charaktere und Flexibilität im Spiel stark einschränken.

Beide Runden machen viel Spaß, und die Spieler sind eine Bereicherung.

In erster Linie dient die Frage aber zu zwei Zwecken:

* prüfen, ob die verschiedenen Regelungen als allgemeine Regelungen taugen oder ob sie deutliche Diskriminierung bedeuten (und so potenzielle Freunde aus der Freizeitbeschäftigung ausschließen). Und
* Darauf hinweisen, dass jeder Spieler unterschiedliche Begabungen hat, deren Auswirkung in so einem extremen Beispiel einfach besser sichtbar werden.

Zitat
Nein. Herausforderung hat nichts mit Abschätzbarkeit zu tun. (Ich hatte im RL schon einige Herausforderungen, wo ich nicht annähernd abschätzen konnte, wie schwer oder leicht das ist.)

Welche davon haben Spaß gemacht, und hättest du sie absichtlich gewählt?

Sagen wir es anders: Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Handlung ist nur dann eine Herausforderung an den Spieler, wenn er abschätzen kann, was die möglichen Ergebnisse der Handlung sind. Ansonsten ist es effektiv nur ein Würfelwurf, auf den der Spieler dann reagiert.

„Will ich versuchen, die Wache zu überzeugen?“

Wenn ich überhaupt nicht abschätzen kann, wie meine Chancen stehen, dann tue ich es eher nicht (oder stelle sicher, dass meine Chummer schwere Atellerie in der Hinterhand haben).

Was stimmt ist, dass das Ausspielen selbst auch dann eine Herausforderung ist, wenn ich nicht weiß, wie meine Erfolgschancen sind.
« Letzte Änderung: 31.05.2010 | 14:04 von ArneBab »
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Re: Ausspielen oder Würfeln?
« Antwort #174 am: 31.05.2010 | 15:01 »
Ich nicht, aber einer meiner Spieler hat in Marburg einen Freund mit Angststörung, mit dem er spielt.
Und einer der Spieler in einer meiner unregelmäßigen Runden hat psychische Probleme, die seine Wahl der Charaktere und Flexibilität im Spiel stark einschränken.
Und spielt die Person mit Angsstörung einen SC, der sich dadurch auszeichnet, dass er keine Angst davor hat?
Sprich: Wenn der Spieler Angst vor Blut hat, spielt er dann einen Chirurgen?
Oder wenn der Spieler Angst vor Spinnen hat, spielt er einen Höhlenforscher?
Oder wenn der Spieler Angst vor Ratten hat, spielt er einen Rattenfänger?

Unter "psychisches Problem" kann ich mir nichts vorstellen. Das kann alles und nichts bedeuten.

Und dass die Runden viel Spaß machen, bezweifle ich nicht. Ich denke, wenn wir in unserer Runde einen Stotterer haben, der KEINEN redegewandten Diplomaten spielt (sondern einen Krieger, einen Arzt, einen Dieb etc.), dann macht das auch viel Spaß.

Und wenn wir einen geistig Behinderten in der Runde haben, der ein Kind oder einen Barbaren spielt, dann kann das auch sehr viel Spaß machen.

Es ist halt nur wichtig, dass man bei solchen Extremen etwas spielt, was zu einem passt.

Zitat
* prüfen, ob die verschiedenen Regelungen als allgemeine Regelungen taugen oder ob sie deutliche Diskriminierung bedeuten (und so potenzielle Freunde aus der Freizeitbeschäftigung ausschließen). Und
* Darauf hinweisen, dass jeder Spieler unterschiedliche Begabungen hat, deren Auswirkung in so einem extremen Beispiel einfach besser sichtbar werden.
Zum Thema Diskriminierung möchte ich auf folgenden Thread verweisen.

Dort habe ich meine Meinung bezüglich Diskriminierung im Zusammenhang mit Freizeitbeschäftigung/Privatleben geäußert. Falls diesbezüglich noch Diskussionsbedarf besteht, können wir gerne den dortigen Thread wiederbeleben.

Und ja: Spieler haben unterschiedliche Begabungen. Das muss man berücksichtigen. Und zwar in beide Richtungen: Der SL sollte nachsichtig sein, wenn jemand, der stottert eine Rede hält. Und der Stotterer sollte nicht unbedingt einen Barden oder Diplomaten spielen.
Sprich: Die Gruppe nimmt Rücksicht auf den Stotterer und der Stotterer nimmt Rücksicht auf die Gruppe.

Zitat
Welche davon haben Spaß gemacht, und hättest du sie absichtlich gewählt?
Ich habe beim Sportfechten mal gegen einen unbekannten Gegner gekämpft. Diese Herausforderung hat Spaß gemacht.

Ansonsten machen mir Herausforderungen im RL generell keinen Spaß. Egal, ob ich die Erfolgswahrscheinlichkeit abschätzen kann oder nicht. Aber das ist auch egal. Viel wichtiger ist: "Machen mir Herausforderungen, die ich nicht abschätzen kann, im RPG Spaß?"
Und hier lautet die Antwort: "Ja!"