Hier soll es nochmal um einen Versuch gehen, die Beziehung zwischen der Rollenspielwelt und Spielercharakterfreiheit in ihr zu bestimmen und auszuloten, auf welche Aspekte ein Spielleiter (oder ein Rollenspielentwickler) dabei achten sollte, um ein möglichst reibungsfreies Spiel zu ermöglichen. Für den Anfang nehme ich erst einmal (leicht überarbeitet aus dem Nachbarfaden übernommen):
- Die
Welt (= fiktive Welt, Rollenspielwelt) sei das, was bereits beschrieben und damit statisch ist.
- Eine
Weltsimulation dagegen ist ein dynamisches Ding, das von der Welt ausgeht und im Rahmen bestimmter Parameter zu bestimmten Ergebnissen kommt, wobei die Parameter bestimmen, inwieweit der angestrebte Endpunkt de Simulation sicher oder unsicher ist. (Die Simulation eines Tages unter erdähnlichen Bedingungen endet immer damit, das es Nacht und wieder Morgen wird; eine brauchbare Simulation eines Münzwurfs dagegen kann mit zwei Ergebnissen enden usw.) Die Weltsimulation wird von den Regeln und Absprachen, auf die die Spielrunde sich geeinigt hat, bestimmt. Dazu gehört also auch der Spielstil der Gruppe.
- Die
Spielercharakterfreiheit kann mehr oder weniger eingeschränkt sein. Dabei gibt es verschiedene Faktoren, die einschränkend wirksam werden können. Das ist zum einen die rollenspielweltliche Plausibilität: Sind die Spielercahraktere bezogen auf die fiktive Welt gottähnliche Wesen, kann es plausibel sein, daß sie sehr frei schalten und walten können; sind sie "kleine Leute" in ihrer Umwelt, sind starke Einschränkungen ihres Wirkungshorizontes plausibel. Eine zweite Einschränkung kann von der Interaktion unter den Spielern herrühren, etwa indem Spieler zugunsten anderer Spieler auf bestimmte Freiheiten verzichten (müssen) oder der Spielleiter den Spielern Einschränkungen auferlegt. Schließlich kann auch das verwendete Regelwerk einem Spieler Einschränkungen vorgeben.
Und ich stelle als Theorie in den Raum:
Die Freiheit der Spielercharaktere innerhalb der fiktiven Welt und die Simulation dieser Welt können
jede Beziehung zueinander annehmen. Die Weltsimulation hat eine klare Grundlage, die Weltbeschreibung (inklusive ihrer Umsetzung in Spielmechaniken, wozu in diesem Fall auch der allgemeine Spielstil zu zählen ist). Die Spielerfreiheit, in einer Situation zu entscheiden, kann vollständig sein, wenn die Weltbeschreibung jede für den Spieler denkbare Weiterentwicklung zuläßt. Andererseits kann die Weltsimulation dem Spieler nur unbedeutende letzte Details zur Beschreibung offenlassen, wenn der Charakter in einer Situation ist, in der die Weltsimulation nur eine einzige Möglichkeit läßt, wie die relevante Handlung weitergeht, etwa wenn der Charakter gerade stürzt und keine Option besteht, ihn darin aufzuhalten: er kann schreien oder lachen oder Schwimmbewegungen machen, die (vermutlich) relevante Handlung wird sich so weiterentwickeln, daß er stürzt, bis er irgendwo aufkommt. Ist der Charakter gar bewußtlos, ist dem Spieler nahezu jeder Einfluß auf das Spielgeschehen genommen.
Es ist also im Rahmen der Spielleitung möglich, durch Achtsamkeit und Fehlervermeidung die Freiheit der Spielercharaktere und damit die Zufriedenheit der Spieler zu wahren.
Ach ja:
Alles, was die Thematik "Railroading" betrifft, bitte gleich
in den Nachbarfaden verlegen!