Autor Thema: Ingame Rechtssysteme in der Fantasy (v.a. bez. Magie)  (Gelesen 6488 mal)

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Offline SeelenJägerTee

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Re: Ingame Rechtssysteme in der Fantasy (v.a. bez. Magie)
« Antwort #50 am: 31.08.2010 | 20:08 »
Die Zahl der Magier (und als weiterer aber im Vergleich geringerer Teil die Stärke der Effekte) dürfte von vorne herein auch ihre Bekanntheit und damit den Grad der Xenophbie beeinflussen. Dazu ist davon abhängig, wie stark ihre Wirkung als Machtfaktor ist. Wenn die Magie entsprechend stark ist, steht einer Machtergreifung nicht viel im Wege. In dem Moment haben die Magier aber auch den Zugriff auf die mundanen Kräfte und Ressourcen.
[...]
Als erstes:
Ich denke du musst zwei Dinge unterscheiden:
A.) Ist ein Magierindividuum im Vergleich zum Nichtmagierindividuum mächtig? - Wenn ein Magier 5 Leute innerhalb von sagen wir 15 Sekunden töten kann ohne dass sie eine Abwehrchance haben, bevor ihm die "Luft raus" ist. Also ich würde sagen: EXTREM mächtig.

B.) Ist die Magierpopulation im Vergleich zur Nichtmagierpopulation mächitg? - Wenn 1 von 1000 ein Magier ist, dann ist die Magierpopulation nicht mächtig im Vergleich zu den Normalos.

Für Staaten/Volksgruppen/Machtblöcke ist allerdings bei der Frage nach verfeindeten Fraktionen lediglich der Aspekt der Stärke der Populationen interessant. Denn nehmen wir das Beispiel oben bei zwei gleich bevölkerungsreichen Ländern kann ein Land nur eine gewisse Anzahl Magier ins Feld führen (maximal 1 Promille seiner Population) um dies zu kompensieren müsste der Gegner nur weitere 5 Promille seiner Bevölkerung rekrutieren. Wenn man bedenkt, dass öfters einmal über 10% der Bevölkerung unter Waffen stand ist dieses halbe Prozent echt rauschen im Grenzwert.


Als zweites:
Dein Argument, dass den Magiern nichts im Weg steht, so sie denn ausreichend mächtig sind, ist so nicht ganz korrekt.
Deine Überlegung gilt wenn wir aus der Menüleiste rechts am Rand die Magier und die Normalos ziehen und jetzt die Simulation starten.
Aber Staaten haben eine Geschichte, sie sind Gewachsen.
Der gleiche Grund aus dem die US-Streitkräfte nicht einfach einen Putsch machen sozusagen.

Mal als Beispiel:
Steinzeit:
Zwei Stämme. Im Einen ist der Schamane (Magier) der Anführer im anderen der beste Jäger (Weltlich).
Jetzt lassen wir die Geschichte mal laufen. Weitere Stämme schließen sich ihnen zum Schutz an. Stadtstaaten bilden sich. Regionale Königreiche.
Im einen Land haben wir jetzt einen Magierkönig, im anderen einen weltlichen Herrscher. (Und an diesem Punkt ist das jeweilige System so gefestigt, dass u.U. im einen Fall ein weltlicher Putsch und im anderen Fall ein magischer Putsch zum Scheitern verurteilt sind.)
Was ich damit sagen will ist, Gesellschaftssysteme wachsen organisch.
Und wenn im oben genannten weltlichen Staat einige Magier revolution machen wollten, dann werden sicher nicht alle Magier mit ziehen. Weil viele von ihnen durch ihre Sozialisierung das alte System für 'richtig' halten.

Vlt wird dadurch klarer auf was ich hinaus will:
Bei der Frage wer gerade herrscht kann man nicht einfach die bloße Kampfkraft Gruppen gegeneinander aufrechnen.
Man muss die Geschichte des Landes beurteilen, denn wenn sich erst einmal ein System etabliert hat dann hat das sozusagen den Hausvorteil, weil es die Bevölkerung gewohnt ist (die Bauern waren ja am Anfang auch noch für den französischen König).
Soziale Werte sind mMn viel wichtiger als die reine Mächtigkeit. Denn entsprechende Sozialisierung kann eben dafür sorgen, dass sich 6 Krieger auf einen rebellischen Magier stürzen, der 5 von ihnen töten wird weil sie eine Kultur haben in der ein Kriegertod als etwas gutes angesehen wird (verstärkend kommt noch dazu, dass es in Fantasywelten u.U. sogar NACHWEISLICH einen Gott gibt und sie sich sicher sein können im Jenseits dafür an der Tafel der Götter zu speisen).
Und dann spielen noch Moden eine Rolle. Wenn jetzt plötzlich in einem instabilen Nachbarstaat eine Revolution losbricht, und aus irgend welchen Gründen auch immer plötzlich 'la Revolución' in ist, dann kann dies auch im Nachbarland Leute auf die Idee bringen.

Der ganze Prozess der Herrschaftsbildung ist einfach verdammt komplex.

Offline Merlin Emrys

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Re: Ingame Rechtssysteme in der Fantasy (v.a. bez. Magie)
« Antwort #51 am: 31.08.2010 | 20:41 »
Und auf wiederum diese Aussage habe ich mich bezogen als ich meinte: Dumm nur für alle unschuldig Verurteilten.
...
"Ja klar ist das Plausibel, sag ich doch eigentlich schon weiter oben. Nur es wird trotzdem Illegalzauberer geben wenn die Entdeckungsquote zu gering ist!"
Womit Du eine zusätzliche Einschränkung bringst, die nicht unbedingt erforderlich ist. Die Aufklärungsquote kann durchaus auch nahe an 100% sein, vor allem, wenn der "Leidensdruck" hoch genug ist, um viele fälschlicherweise Verurteilte in Kauf zu nehmen. Dumm für die mag es sein, aber - "laß' sie doch machen, dumm nur für ihre Opfer" ist ja auch nicht besser. Dann hat man zwar im Endeffekt weniger Magier, aber wenn die damit rechnen müssen, daß sie beim ersten Anschein von "üblen Taten" schon um ihr Leben fürchten müssen, werden sie ganz überwiegend sehr angepasst und brav sein.
Wenn man dann noch dazu nimmt, daß angesichts dessen gewisse Magier eben doch Vertrauen genießen und die Schuld oder Unschuld eines anderen Magiers im großen und ganzen zuverlässig beurteilen können - was wir in unserer Gesellschaft, wie erwähnt, nicht können -, dann kann man sogar die Anzahl der fälschlicherweise Verurteilten reduzieren, vielleicht auf 0. Desgleichen, wenn ein in der Fiktion existierender "Gott" oder so etwas seinen "Gefolgsleuten" eine Möglichkeit bietet, zwischen "schuldig" und "unschuldig" oder notfalls sogar nur zwischen "gut" und "böse" zu unterscheiden. In letzterem Fall gibt es dann eben eine Gesinnungs- anstelle einer Tatenjustiz. 

Offline Maarzan

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Re: Ingame Rechtssysteme in der Fantasy (v.a. bez. Magie)
« Antwort #52 am: 31.08.2010 | 20:55 »

Vlt wird dadurch klarer auf was ich hinaus will:
Bei der Frage wer gerade herrscht kann man nicht einfach die bloße Kampfkraft Gruppen gegeneinander aufrechnen.

Dasselbe habe ich auch beim Anlesen gedacht. Magie ist aber eben deutlich mehr als 1 Magier killt 5 Normale in offener Feldschlacht, sowohl was Methoden als auch den psychologischen Effekt angeht. Und wer hindert das Land mit den Magiern auch mehr Leute zu rekrutieren. Eher ist doch die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass magische Hilfe eine höhere Rekrutierungszahl oder eine effektivere Nutzung erlauben.
Und ich möchte nicht auf die Friedlichkeit der US-Streitkräfte  schwören, wenn es zu Mobübergriffen auf Armeelager käme und die Regierung damit reagieren würde die Streitkräfte zu entwaffnen und in geschlossene Lager zu stecken o.ä. versuchte.

Zitat
Man muss die Geschichte des Landes beurteilen, denn wenn sich erst einmal ein System etabliert hat dann hat das sozusagen den Hausvorteil, weil es die Bevölkerung gewohnt ist (die Bauern waren ja am Anfang auch noch für den französischen König).
Soziale Werte sind mMn viel wichtiger als die reine Mächtigkeit. Denn entsprechende Sozialisierung kann eben dafür sorgen, dass sich 6 Krieger auf einen rebellischen Magier stürzen, der 5 von ihnen töten wird weil sie eine Kultur haben in der ein Kriegertod als etwas gutes angesehen wird (verstärkend kommt noch dazu, dass es in Fantasywelten u.U. sogar NACHWEISLICH einen Gott gibt und sie sich sicher sein können im Jenseits dafür an der Tafel der Götter zu speisen).
Und dann spielen noch Moden eine Rolle. Wenn jetzt plötzlich in einem instabilen Nachbarstaat eine Revolution losbricht, und aus irgend welchen Gründen auch immer plötzlich 'la Revolución' in ist, dann kann dies auch im Nachbarland Leute auf die Idee bringen.

Aber diese Geschichte ist wiederum unter dem Eindruck von Magie entstanden. In der Bandbreite der Möglichkeiten ist auch nahezu alles denkbar, wenn wir nur genügend extreme Randbedingungen und halt meist Isolation ansetzen. Ein Zauberpatzer denkwürdiger Stärke kann einer sich erst entwickelnden Magiekultur sicher einen entscheidenden Rückschlag versetzen etc.
Magie ist aber (zumindest entsprechend der startbeispielgebenden D&D Tradition) ein entsprechendes Machtmittel und das wird eben seinen Einfluss durchgehend auf die Sozialentwicklung haben (wobei es da interessant wäre mal genauer hinzuschauen, wie sich die Kunst der Magie selbst entwickelt hat) und ich postuliere mal, dass sich mit Magie als realem Faktor da eben ohne exotische Einflüsse die üblichen Balancespiele ergeben wie mit anderen Techniken/Machtgruppen auch.
Wenn eine Gesellschaft eine entsprechende integrierte magische Tradition hat, ist die oberste Herrschaft sowieso meist keine entscheidende Frage mehr (die ist mit der Art der Integration maßgeblich beantwortet und die wenigsten Gesellschaften haben wirklich eine absolute Herrschaftsgewalt)
Entsprechend ist auch die Frage Jäger oder Schamane als Herrscher zweitrangig. Die Frage wird vom Unterbau entschieden. Wer hat welche Instrumente zur Verfügung und ein freiwilliger Verzicht auf förderliche Magie ist einfach ein Nachteil.  
Und die Grundfrage war ja noch deutlich unausgewogener "Wie stelle ich absolute Herrschaft gegen befähigte Magier in einem Kontrollstaat auf", und die Antworten haben mich nicht überzeugt.
Auch das Konzept Elitesoldaten gegen "rebellischer Magier" muss ja erst einmal gefüllt werden und lange genug überleben, um eine solche Kriegermentalität entwicklen zu können udn ggf. Organisationsstrukturen der Magier zu zerschlagen. Das kann klappen, wenn es eben einen wirkenden Gott als Gegengewicht zu den Magierkräften hat, aber wo Magie ist, sind widerstrebende Götter meist auch nicht weit.

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Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Ingame Rechtssysteme in der Fantasy (v.a. bez. Magie)
« Antwort #53 am: 1.09.2010 | 10:44 »
Meine Aussage bezog sich auf die juristische Bewertung von Reaktionen auf unlegitimierten Magieeinsatz.

Wie eine Gesellschaft mit Magie umgeht, hängt von der Gesellschaft ab.

Ihren Erfahrungen mit Magie und Magiebenutzern, welchen Platz in der Gesellschaft diese Einnehmen und dadurch welche Rolle die Gesellschaft den Magiern zubilligt vs welche Rolle die Magier für sich in der Gesellschaft sehen.
 






“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline Skele-Surtur

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Re: Ingame Rechtssysteme in der Fantasy (v.a. bez. Magie)
« Antwort #54 am: 1.09.2010 | 13:14 »
@ Surtur.
Naja so ganz stimmt das nicht.
Nehmen wir mal an ein Magier kann ohne Vorwarnung und ohne Chance zur Abwehr eine Person mittels Magie umbringen.
Dann heißt dies noch lange nicht, dass Magier die herrschende Kaste stellen. Wenn nämlich nur 1 aus 1000 Magier ist und dieser 5 Leute totzaubern kann bevor ihm sein [Name der Ressource einsetzen] ausgeht. Dann könnten ihn die übrigen 994 Leute aber locker am nächsten Baum aufhängen.
Unter dieser Prämisse kann es plausibel auf einer Welt Kulturen geben, in denen Magier herrschen, in denen Magier stark reglementiert sind und solche in denen Magier wie ganz normale Mitbürger behandelt werden - alles nebeneinander.
Das bestreite ich. Denn wenn Magier über diese Fähigkeit verfügen, wird man sie nicht frei herumlaufen lassen. Das bedeutet nicht, dass sie herrschen müssen, aber wenn sie das nicht tun, wird man sie aus purer Angst nicht am leben lassen.
Kein Herrscher wird sie in seinem Herrschaftsbereich dulden, da sie mit ihrer Macht eine Gefahr für ihn darstellen.
Daher können Magier nur als Nichtherrscher frei leben, wenn ihre Magie in irgend einer Weise kontrollierbar ist und man sich effektiv davor schützen kann.
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Offline Thot

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Re: Ingame Rechtssysteme in der Fantasy (v.a. bez. Magie)
« Antwort #55 am: 1.09.2010 | 13:29 »
Ich denke, dass so eine zwingende Schlussfolgerung realistischerweise nicht möglich wäre. Ob und wie die Menschen mit solchen Magiern umgehen, hängt von vielen sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und (im weitestens Sinne, also Magie einschliessend) technischen Faktoren ab, dass sich im Grunde beliebige Rechtssysteme entwickeln können.

Außerdem sind Rechtssysteme nie im übertragenen Sinne in Stein gemeißelt, selbst wenn sie es buchstäblich sein sollten - auch Interpretationen von Gesetzen wandeln sich im Laufe der Zeit.

Beim Beispiel "Magier können ohne Gegenwehr töten" sind Magier erstmal nichts weiter als Leute, die eine Waffe zur Verfügung haben, die andere nicht haben (können). Das wiederum ist jetzt historisch gesehen nicht soo wahnsinnig selten - der Feudalismus basierte darauf, wie auch jedes Berufsheer der Geschichte.

Ein anderes Beispiel: Heutzutage gibt es militärische Waffen, denen der normale Bürger buchstäblich nichts entgegen zu setzen hat, egal wie sehr er sich aus dem zivilen Fundus heraus bewaffnet. Der Logik "was unangreifbar ist, reisst die Macht an sich" zufolge müssten also Kampfjetpiloten allmählich auch außerhalb von Independence Day wesentliche politische Macht erhalten, was aber offensichtlich nicht der Fall ist. Stattdessen handelt es sich bei den allermeisten um loyale Soldaten. Warum sollte das (bei sonst ähnlichen Bedingungen) bei Magiern zwingend anders sein?  Auf der anderen Seite gibt es aber auch Militärputsche, wo Panzer und manchmal auch Flugzeuge eine entscheidende Rolle spielen.

Alles in allem denke ich, dass die Rolle von Magiern in der Gesellschaft nicht mit einem bloßen Blick auf Magiesystem und Techlevel zu beantworten ist.