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Malachit:
Hab gestern angefangen, mich ein wenig mit Fate zu beschäftigen. Was mir im Moment Schwierigkeiten bereitet, sind die unterschiedlichen Ausgaben von Fate. Dazu höre ich auch noch, dass die endgültige Version von Fate 3 noch nicht draußen ist?! Hab bisher ein paar Seiten der deutschen Übersetzung (wird wohl Fate 2 sein) und Free Fate v0.3 überflogen. Wirklich nur überflogen, weil ich mich erst genauer einlesen möchte, wenn ich im Groben verstanden habe, welche Version welche ist, aus welcher sie hervorgegangen ist und was für mich in Frage kommen könnte.

Ich steig bei der Vielfalt einfach nicht mehr durch und kann auch nicht ableiten, was jetzt eigentlich wirklich Fate ist und was das System im Kern ausmacht :(

Könnt Ihr mir vielleicht weiterhelfen? Vielleicht auch unter dem Gesichtspunkt, welche (frei erhältliche) Version zum Einstieg geeignet ist?

Funktionalist:
Es gibt im Moment mindestens vier verschiedene Fatevarianten:
- Fate2, das es kostenfrei als Download gibt. Hier wird noch zwischen Aspekten und Fatepunkten getrennt. Funktioniert, neue Versionen sind aber eleganter, außerdem hat es noch eine Art Hitpoints und keine KOnsequenzenregeln.
- Starblazeradventures (Als SBA oder Legends of Anglerre, also SF oder Fantasy), ist eine Fate3 Version, die etwas zufälliger ist und recht crunchig.)
- Diaspora (Hard Scifi-Hack von Fate3. Gamiger als SBA, mit einer Reihe sehr genialer IDeen: Minigames, platoonscale combat...)
- Spirit of the century/Dresdenfiles/... (der offizielle Fate3-Weg.)

Die einzelnen Fatevarianten sind alles sehr spezialisierte Spiele, in dem Sinne, dass sie viele wichtige Dinge unterschiedlich regeln und damit auch einZiel verfolgen. Man kann jedes einzelne generisch spielen, aber sie spielen sich alle anders.
Fate2 spielt sich schon sehr gut, obwohl es beim Lesen den Eindruck eines Betaspiels macht. Man hat knappe Fatepunkte und haut seine Aspekte raus, um Spotlight zu bekommen. Kleine Boni machen schon sehr viel aus, wohingegen SBA massig Fatepunkte und Aspekte hat und man mit Manövern temp.Aspekte sammelt und so Boniberge aufbaut. In einem Konflikt in dem die Gruppe gut zusammenarbeitet sollten kaum Proben mit weniger als drei aktivierten Aspekten laufen. Das ergibt einen enorm schnellen Fatepunktdurchsatz.

DIe offiziellen Fate3-Regeln gibt es nicht, aber das DFRPG ist wohl am nächsten dran.
Als Beispiel, wie sehr setting und Fateversion auf einander abgestimmt sind, kann man sich das Templatesystem von DFRPG ansehen. In den dresdenfilesbüchern haben Menschen "die Wahl" und Übernatürliches nur ihre Natur. Man kauft sich die "mächtigen" Templates, indem man auf ein paar freie Fatepunkte jede Runde verzichtet. DIese muss man erst durch COmpells, also Handlungseinschränkungen/Imperative aus Aspekten verdienen, will man ise einsetzen. Und schon ist man gezwungen, die Natur des Chars anzuspielen, um mit FP rocken zu können, während Menschen immer wieder aufgefüllt werden und sich so chaotisch verhalten können, wie sie wollen.

Als Einstieg empfehle ich mal Dresdenfiles, da dort viele Beispiele enthalten sind. Ansonsten ist Fate2 auch ein ganz  netter Anfang und vor Allem einfacher zu leiten, da kleiner und man kann vergleichen, ob das Spiel die Atmo der Bücher tragen kann.
Als Spiel, soll angeblich Diaspora am klarsten formuliert sein. Ich kenne es nur Auszugsweise, da ich ein paar Optionalregeln hieraus bei SBA verwendet habe. Den Regeltext gibt es als SRD im Netz, aber zum Regeln verstehen ist das ein sehr harter Weg.


Fate3 kommt immer mit einer Riesenmenge an Regeltext daher. SBA schlägt als krassester Fall mit 600 Seiten zu Buche. Allerdings sind die zu 80% Optional und man stellt fest, dass man ein paar Dinge instinktiv genauso geregelt hat oder an anderer Stelle auf Probleme Stieß (Oh, wie stelle ich denn jetzt einen Asteroidenzermalmenden Weltraumkraken dar, der sich nicht der Sonne nähern darf, aber seinen Nachwuchs aus den Klauen der SPielerchars befreien will, die gen Sonne rasen?) und feststellt, dass die Lösung aus dem Buch glatter läuft.

Dafür, dass Fate ein paar Leuten, die es nie gespielt haben, immense Probleme bereitet, lässt es sich neuen Spielern sehr schnell erklären und spielt sich sehr flüssig.

@Regelkern
Fate hat meiner Empfindung nach drei Regelkerne:
-Aspekte (WYSIWYG-indyhippiepart der Regeln) und Fatepunkte (spielerbestimmte Einfluss- und Boni-Ressource)
-Skillsystem und Probensystem (das was nun am Ende gewürfelt wird. (Kann man eigentlich auch gegen irgendein anderes austauschen, wenn man die Boni anpasst, wobei Poolsysteme am besten funktionieren)
-Konsequenzen und Stress ("Schadenssystem", das etwas mehr als gebrochene Arme und Herzen darstellen kann.).

Deep_Flow:
Fate besteht im wesentlichen aus einigen wenigen Spielmechanismen, die du alle in Free Fate findest.

Fate = Aspekte + FP Ökonomie + Konfliktauslösung + Fate-Fraktal

Das ist bei allen Geschmacksrichtungen im Kern gleich. Je nach Variante werden andere Schwerpunkte gesetzt oder Dinge anders gewichtet. So schränkt z.B. Diaspora die Nutzung von Aspekten durch eine Zusatregell (Scope) ein.

Die beschriebenen Spielmechanismen sind auch nicht wirklich komplex. Viel entscheidender ist für sich zu klären, ob einem die Mischung aus Spielmechanismen, die narratives Spiel fördern und ein wenig Crunch gefällt oder eben nicht (was auch völlig O.K. ist !)

Vielleicht auch einfach mal mit Free-Fate einen Charakter bauen und / oder Probekampf (physisch/mental) durch spielen. Gegener dafür finden sich im freien Abenteuer dazu.



Malachit:
Danke für den Überblick, das hilft mir schon sehr weiter :)

Eine Frage hab ich noch: Wie würfelt man eigentlich jetzt, mit 4W6 oder mit 2W6 unterschiedlicher Farbe? Ich mag ja die 4W6 Version ganz gerne, aber sind die beiden Wurfarten  in jeder Version optional?

Funktionalist:
SBA und Legends of Anglerre verwenden d6-d6. (Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Das ist das gleiche, wie 2d6-7. das wirkt auf den ersten Augenblick willkürlich und ist auch so. Es hilft nur dabei, den Normalfall der 0 intuitiv zu erfassen und d6-d6 rechnet sich schneller als 2d6-7. Dieses Würfelsystem ist zufälliger als das 4dF-System der anderen Publikationen. dF ist ein w6 mit +,+,-,-,0,0 auf den Seiten. Man hat hier also Würfelergebnisse von 4+ bis4- anstelle von -5 bis +5 zudem sind die extremen Ergebnisse auch noch viel seltener.

Pi mal Daumen kann man sagen, dass die w6-w6 in der Regel absolut höhere Werte liefern und so feste Boni, wie Aspekte und vor Allem der Aspekteinsatz zum Rerollen, gerade bei Würfen gegeneinander notwendig sind, aber noch keinen Erfolg bedeuten. Das heißt man spielt diese Varianten in der Regel bonilastiger und manöverlastiger.
Generell merkt man bei Fate einen Würfelwertunterschied von 2 schon sehr schmerzhaft und bei 4 ist die Sache schon fast gegessen. Dafür gibt es dieses schöne Schadenssystem, das alle überflüssigen Erfolge wunderbar in Schmerzen umwandelt und es einem ermöglicht, andere Charaktere richtig umzumodeln. >;D

Deluxe-Beispiel, das fast alle Regeln umfasst außer Stunts, Überzahlboni, Blocken.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Um einen gut vorbereiteten Angriff bei SBA gegen ein recht wehrloses Ziel zu zeigen, bringe ich mal mein LIeblingsbeispiel. Die erbeutete Haremsdame möchte aus den Fängen und der schneeumtosten Feste des dicken ekligen Barons fliehen und sucht einen Retter. Da kommt der Held Schlagdichtot, den Baron gedungen hat um sich der Yetiplage zu entledigen, gerade recht. Sie schafft es, ihren Baron so abzufüllen, dass dieser einschläft und zieht mit ihrem Held in Spe in eine andere Nische (Manöver, um den temp. Aspekt "endlich alleine" zuerhalten) und versucht ihr Glück.

Verführen:
Maitresse gegen SC:
Szeneaspekt: Sex liegt in der Luft,
Dame Verführenwert 4, Korsagekleid mit üppigem Auschnitt und beeinruckender Schmuck gibt +2 "sozialer Schaden" (Hausregel: Existenz von "Waffen" für soz. Konflikte.)
Held hat Resolve 2 und eine 2er Konsequenz "angetrunken" aus einem vorherigen Konflikt, will aber schon bald aufbrechen und Monster töten.
Sie würfelt eine -1,aktiviert den temp. Aspekt "endlich alleine" für einen Reroll und würfelt eine -2.Also gibt sie einen Fatepunkt aus, um nochmal rerollen zu dürfen, da sie den Aspekt "Damals im Harem meines Kalifen..." hat und sich mit solchen Jungs auskennt. Sie würfelt eine +3 und hat ein vorläufiges Ergebnis von 7, was schon sehr ordentlich ist.
Unser Held würfelt eine -1 und da seine Aspekte wie "Tut's weh? es geht noch schlimmer!", "Eisenhart und kampfgestählt", sowie "Gold und Frauen sind mein Verderben" ihm hier nichts bringen, gibt er aus lauter Verzweiflung einen Fatepunkt für ein +1 aus. Zusammen mit seinem Resolve 2 hat er nun eine 2 als Wurfwert.
Er würde so 7-2= 5 Stress durch die Wurfdifferenzen +2Stress=7Stress durch die aufreizende Erscheinung bekommen, aber die femme Fatale will es wissen und aktiviert noch den Szeneaspekt für +2, ihr "langen Beine"-Aspekt für +2  und compelled den Aspekt "Gold und Frauen...", den sie zuvor per Empathiewurf erraten hat, sowie die Konsequenz "angetrunken" für weitere +8 (also +4 auf ihren und -4 auf den anderen Wurf).

Es summiert sich also auf 15 Stress, den der Arme Held verpacken muss.
Er hat einen sozialen Strassbalken von 6 Kästchen (5 Standard, +1 durch Resolve2), von denen zum Glück alle bis auf einen (aus dem vorherigen Trinkspielkonflikt) noch leer sind. Er füllt diese auf und ist "außer Gefecht" und würde mit der exotischen Schönheit die Nacht verbringen. Aber es bleiben noch 10 Stress  übrig, also muss er die höchste, die 8er Konsequenz nehmen und entscheidet sich für "von Begehren nach ihr verzehrt". Es bleiben dennoch  zwei Stress über, die er mit einer weiteren 4er Konsequenz "Scham" auffangen muss, weil seine 2er schon aktiv ist.
Es sieht so aus, als müssten die Monster heute Nacht warten und als in den frühen Morgenstunden die schöne Frau vom tapferen Held verlangt, sie aus dem kalten Norden zurück in ihr warmes Heimatland zu bringen, bleibt dem armen Helden nichts anderes übrig als zuzustimmen, denn einen weiteren Konflikt mit derart vielen Boni auf ihrer Seite kann er nicht ohne Konsequenzen überstehen und er hat keine mehr frei. So wäre er ihr auf ewig verfallen und nur noch als Pantoffelheld brauchbar (sprich Charaktertod).
Um die achter Konsequenz loszuwerden, tauscht der Spieler am Ende der Session seinen "Gold und Frauen..." Aspekt gegen "Mein Leben für ihr Lächeln, ihres ganz allein." und macht sie so zu einem festen Bestandteil seines Charakters, wo sie ihm nicht nur Compells sondern auch Boni bringen kann.

So kann ein verheerendes soziales Schadenssystem aussehen. Wenn allerdings beide gleich stark sind, kann sich so ein Konflikt ohne die sozialen Waffen leider recht lange hinziehen.

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