Ich hab Mouseguard nur ein paar mal überflogen, es ist aber schon so, dass es seinen eigenen "Adventure Burner" enthält. Außerdem ist es nicht ganz richtig zu glauben, Mouseguard entspräche Burning Wheel Light.
Mouseguard benutzt zwar ein ähnliches (und stark vereinfachtes) System, das Spiel selbst ist aber viel strukturierter und präzieser auf eine bestimmte Spielweise zugeschnitten. Burning Wheel ist viel flexibler, weswegen der Adventure Burner notwendig war, um Hilfestellung zu geben, was man mit dieser Freiheit anfangen soll. Ich würde behaupten (und Luke Crane hat das auch geschrieben), dass der Adventure Burner direkt NUR für BW etwas taugt, nicht für Mouseguard und auch nicht für Burning Empires.
Trotzdem gibt es natürlich einige Gemeinsamkeiten in der Philosophie, dass einige Dinge vielleicht helfen würden, damit es im Kopf klick macht. Soweit ich weiß, sollte aber bei MG alles im Buch drinstehen. Ohne es gespielt zu haben, würde ich aber sagen, dass z.B. der Ansatz der "Interesting Failure" sicherlich ein wichtiges MG Konzept ist, das man auch erstmal verarbeiten muss. Ebenso der Teamgeist. Bei den lizenzierten Luke Crane Spielen ist der Ansatz immer, dass die Mechaniken, die er entwirft, das Quellmaterial reproduzieren können sollen. Da liegt die Crux. Das Spiel ist so aufgebaut, dass wenn man Kenzie, Liam, Sadie und Saxon an Leute vergibt, die Mouseguard nie gelesen haben, durch die Mechaniken selbst (und ohne dass der GM es durchscripted) die Comics so wie sie sind entstehen könnten.
Bei Burning Empires ist es genauso - bis zu dem Punkt, dass durch die Szenen Ökonomie dort die Comic Panels 1 zu 1 reproduzierbar sein sollen. Genau mit dem Ansatz haben viele Leute aber Probleme, weil es nicht notgedrungen auch als Spiel Spaß machen muss. BE habe ich leider auch noch nicht gespielt, deswegen kann ich das nicht kommentieren.
Burning Wheel ist da viel freier, ohne Szenenökonomie, ohne vorgeschriebenes Setting, das Quellmaterial ist nur impliziert. Es sollte auch angemerkt werden, dass Mouseguard nicht etwa eine Evolution von BW ist, und das Luke Crane keine Intention hat, Änderungen nach BW zurückzuportieren, und dass er selbst BW am meisten spielt, nahezu unmodifiziert. Die wenigen Mouseguard Gewohnheiten, die er in seine BW Hausregeln übernommen hat, stehen im AdBu drin.
----------------------------------------------------------
Zu der Frage, was bei uns und BW am meisten gehakt hat - das sind einige Dinge. Burning Wheel ist sehr komplex, besonders wenn man versucht, entgegen der Empfehlung im Buch gleich alle Subsysteme wie Fight!, Range & Cover und Duel of Wits ins Spiel zu integrieren. Da es mir diese Systeme aber besonders angetan hatten, hab ich es meiner Runde gleich "aufgezwungen". Ich war aber gut vorbereitet, hatte alle scripting sheets ausgedruckt und laminiert (die Playeraids in der Wiki sind gold wert), und wir haben eine Session NUR dafür aufgewendet, diese Systeme zu proben. Das hat auch gut funktioniert.
Hakelig war insgesamt einfach unser traditioneller Hintergrund. Wir kamen von einer crunchigen D&D 3.5 Kampagne, und meine Spieler waren es halt gewöhnt, im stillen Kämmerlein ihre Charaktere zu backen, mit Hintergrund zu versehen und dann im Spiel den anderen zu enthüllen. Dazu gehörten dann auch Geheimnisse, Background Elemente die mir als traditioneller Meister nicht in den Kram passten, und super getunte Charaktere mit 40 Prestige Klassen usw.
Was also für die Spieler gehakt hat, war dann schonmal das Lifepath-System, das man drehen und wenden konnte wie man wollte - man hatte immer 2-3 Sachen am Charakter, die einem ein Dorn im Auge waren. Alleine schon die lästigen Lifepath traits wie "Broken", oder "A little Fat" oder "Tonsured", die keiner wollte, aber Pflicht waren - oder dass man nicht alle skills haben konnte, die man wollte - oder dass man bei den Fragen, die man zu Steel und Health beantworten muss dann das eine ODER das andere hoch haben konnte, aber nicht beides. Kurz - man hat bei BW nach dem "Character Burning" nie einen Charakter, der so gemütlich perfekt ist, wie man es vielleicht gewohnt ist. Er hat immer teilweise gravierende Kanten, die einen dazu bringen sollen, sich sofort mit aller Kraft in die Story zu werfen, um daran zu arbeiten. Das mag bei anderen Spielen vielleicht auch so sein, aber noch nie hatte ich woanders das Gefühl, dass man mir immernoch soviel (oft charakterlichen) "Ballast" mit aufzwingt wie bei Burning Wheel.
Das andere Problem waren die Beliefs und Instincts. Sie stellen das Interface zur Geschichte dar. Und sie sind Spieler Prioritäten, nicht "was der Charakter gerne will". Das deckt sich zwar bis zu einem Punkt, aber man muss es wirklich als Spieler Priorität betrachten, damit es funktioniert. Das kennt man hier sicherlich auch z.B von TSOYs Keys, aber bei uns war das etwas schwierig. Jeder hat halt wieder für sich Beliefs geschrieben, und ich wusste als BW-GM-Neuling noch nicht, wie ich die am besten bündeln sollte. Auch dachte ich, ich müsste nix planen und die Charaktere nur hinter ihren beliefs herrennen lassen. Das war ein Fehler. Jetzt weiß ich: Alle müssen zusammen über ihre BITs (nochmal: Beliefs, Instincts, Traits) reden, diese auf einander abstimmen um von Anfang an Konflikte zwischen den Charakteren und Konflikte zwischen den Beliefs eines einzelnen Charakters vorzuprogrammieren, damit man ein Pulverfass hat, was sofort in spannendem Drama explodiert. Der AdBu und die Burning Wiki geben viele Hilfestellungen, wie man Beliefs schreibt.
Die Aufgabe des GMs ist dann, Szenen zu framen, die mindestens einen Belief anspielen, am besten mehrere, und von da an lässt man sich treiben. Beliefs werden verfolgt, ändern sich, ergeben neue Konflikte, und man schmeißt dann einfach die Schienen vor den fahrenden Zug. Trotzdem sollte man sich vorher einigen, in was für eine Richtung das ganze gehen soll. z.B., solls eine Quest sein? Ein Struggle? Eine Intrigue? Man muss immer wieder über das Big Picture reden, und schauen, dass man sich einig ist, was man von der Kampagne will und wohin der Bogen der Charaktere gehen könnte.
Das bringt mich also zum dritten Punkt unserer "Probleme": Full disclosure. Keine Geheimnisse zwischen den Spielern. Jeder muss alles über die anderen wissen, damit man sich gegenseitig gute Steilvorlegen geben kann. Der GM bleibt trotzdem eher klassisch - Eer hat viel Authorität und muss natürlich nicht seinen Plot enthüllen. Aber zwischen den Spielern sollte alles offen sein. Metagespräche sind also auch Pflicht.
So mehr fällt mir jetzt grade nicht ein. Viel von dem trifft sicherlich auf andere Spiele zu, aber für uns war es totales Neuland und auch jetzt, wo ich viele Indie Spiele kennengelernt habe, mag ich an BW die Kombination aus starkem, thematischen Design und trotzdem greifbarem Crunch. Ich halte BW für ein Meisterwerk des Spieldesigns, für große Kunst, aber eben greifbare und nicht abstakte Kunst. Ich würde sagen, die Vincent Baker Spiele wie Dogs in the Vineyard & Apocalypse World sind die einzigen anderen RPGs, wo ich ebenfalls nicht einen einzigen Fehler am Design entdecken kann, nicht eine einzige Regel, die unbegründet vorhanden ist oder weggelassen wurde. Und das ist bei BW um so beeindruckender, weil es soviele Regeln hat.
Sorry für die Textwand, ich tendiere zum Schwafeln wenn ich übermüdet bin...
Cheers,
Der Wray