stimmt... AD&D war diesbezüglich auch sehr untaktisch und sehr storylastig.
Ich wage einmal den Widerspruch und stelle gleichzeitig die Frage, was Taktisches Rollenspiel eigentlich bedeutet, bzw. will das mal aufdröseln, wenn es mir gestattet wird.
Am Anfang stellen wir uns mal ganz dumm, und fragen uns, was ist eigentlich
ne Dampfmaschine , ähm, Taktik. Wikipedia gibt uns einen kleinen Ansatz:
Taktik im militärischen Sinn ist die koordinierte Anwendung von militärischen Mitteln nach Kraft, Raum und Zeit zum Zweck des Gefechts.aus:http://de.wikipedia.org/wiki/Taktik_%28Milit%C3%A4r%29
Aha. Das klingt noch sehr unrollenspielerisch, also muss ich das mal übersetzen:
Taktik im rollenspielerischen Sinn ist die koordinierte Anwendung der Ressourcen einer Spielergruppe nach deren persönlichem und spieltechnischem Vermögen, innerhalb von durch den SL, Setting und System vorgegebenen Begrenzungen von Gegnern, Raum und Zeit, zur Überwindung von Herausforderungen.
Boah. Etwas aufgebläht, geht sicherlich eleganter, aber irgendwo muss man anfangen. Für die Zwecke der Vereinfachung werde ich einmal AD&D zur Veranschaulichung nehmen, bei Missfallen ersetze es der geneigte Leser durch ein System seines Geschmacks.
Machen wir weiter mit dem Zerfleddern der Bestandteile des Satzes.
koordinierte Anwendung: Wer kennt das nicht? Ein nahezu sicher scheinender Sieg oder eine einfache Begegnung wurde durch einen "Mein Charakter ist aber so" - Spieler auf sinnlosen Egotrips, stundenlanges Gezanke um das richtige Vorgehen, oder schlicht einen unfähigen, aber dominierenden Caller der Runde verschenkt. Auf der anderen Seite kann ein kreatives, eingespieltes Team manchmal noch aus ausweglosen Situationen eine Menge rausholen. Keine weiteren Fragen, euer Ehren.
Ressourcen:Nicht nur die Inventarliste einer Gruppe (die aber auch ganz sicher mit dazugehört), sondern auch deren verbündete und angeheuerte NSC, Trefferpunktestände, vorbereitete und noch zur Verfügung stehende Zaubersprüche etc.
persönliches Vermögen: Kreative, engagierte, mutige und umsichtige Spieler erreichen in der Regel mehr als unlustige und feige, das sollte soweit klar sein. Ein Spieler, der über nur gering ausgeprägte taktische Fähigkeiten verfügt, wird mit AD&D wenig Freude haben, wenn es zu einem Kampf kommt, sei es, weil er zur Verfügung stehende Mittel, Raum und Zeit nicht zu nutzen weiß, oder den Zeitpunkt verpasst, an dem er Fersengeld geben sollte.
spieltechnisches Vermögen: Die reinen Spielwerte eines Charakters. Attribute, Rassen, Klassen, Zaubersprüche, besondere Fähigkeiten, sonstige Dinge. Wird natürlich begrenzt durch die Fähigkeit eines Spielers, diese auch einzusetzen zu wissen.
Gegner: Alles, was ich über Spieler gesagt habe, gilt selbstverständlich auch für SLs. Das heißt: Gegner sind nur in so weit eine taktische Herausforderung, wie der SL in der Lage ist, sie als solche darzustellen.
Raum: Aufstellung der Gruppe. Magier und Bogenschützen, je nach Situation, nach hinten oder in die Mitte, Kämpfer drumrum oder nach vorne, eine zweite Reihe mit Trägern von Stangenwaffen bilden, Herausrotieren von Frontleuten, damit diese sich heilen können etc.
Nutzung des Raums: bei der Erkundung des Gewölbes auf hohle Gassen und Engpässe achten, die einem Feind oder der eigenen Gruppe als strategisch wichtiger Punkt dienen können. Wie man leicht sieht, ist die Komponente Raum nicht ohne Bodenpläne oder Zeichnungen hinzubekommen.
Zeit: Nicht nur Kampfrunden. Bei der Erforschung eines Gewölbes unter AD&D spielt man in erster Linie gegen die Zeit: Vorräte, Fackeln, Dauer von Schutzzaubern vs. Bewegung (insbesondere bei durch Traglast behinderten Charakteren) und der Zeit, die die Suche nach Fallen und Geheimtüren in Anspruch nimmt.
Ich behaupte einmal: Da es unter AD&D weitaus weniger "Problemlösungscoupons" wie Spezialfähigkeiten, Talente etc. als unter Pathfinder gibt, ist es taktisch gesehen anspruchsvoller - weil die Optionen der Spieler begrenzter sind.
Und: "Taktisch" kann man ein Rollenspiel nicht spielen, es gibt auch keine rein "taktischen" Rollenspiele; sondern: man kann entweder taktisch klug oder schlecht spielen (als Merkmal einer Gruppe) oder es kann kluge Taktik verlangen oder ignorieren (als Merkmal eines Spiels).
Mein Ratschlag an den OP: Erstelle für deine Gruppe ein abwechslungsreiches Gelände, bevölkere sie mit verschiedenen Herausforderungen, gib Deiner Gruppe einen Grund, das Gelände zu betreten, und lasse sie selbst nach einer Lösung suchen, ohne einen Lösungsweg vorzugeben.
Dann werden die Spieler irgend eine Art von Taktik wählen.