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FATE Smalltalk
Variety:
--- Zitat von: Rise am 19.05.2022 | 11:04 ---Wie bereitet ihr euch auf einen FATE Spielabend vor?
Bereitet ihr Szene für Szene vor und überlegt schon im Vorfeld welche Aspekte wichtig sind?
Oder wird frei Improvisiert?
Wie viel Mitgestaltung einer Szene übernehmen die Spieler?
--- Ende Zitat ---
Wie bereitet ihr euch auf einen FATE Spielabend vor?
Aus persönlicher Erfahrung kam ich bei Fate am besten zurecht, wenn ich es wie in Kapitel 9 von Fate Core gemacht habe. Besonders die Abschnitte "Probleme finden" und "Handlungsfragen stellen" empfand ich immer als sehr zentral, weil es die Organisation der SL mit den Regeln von Fate verzahnt.
Bereitet ihr Szene für Szene vor und überlegt schon im Vorfeld welche Aspekte wichtig sind?
Was mir noch bei Fate aufgefallen ist: Dass es weniger darauf ankommt, Szenen vorzubereiten, als vielmehr Szenen im Handumdrehen zu strukturieren. Das heißt, reflexartig Antworten auf folgende drei Fragen zu finden:
1. Was ist das Ziel/Was sind die Ziele der Charaktere (SC wie NSC) in der Szene?
2. Was ist der Konflikt, der die Charaktere vom Erreichen des Ziels/der Ziele abhält? Allgemeiner kann man sich den Konflikt als Hindernis (das auch in den Köpfen der Charaktere manifestiert sein könnte) vorstellen, der die Charaktere vor Herausforderungen stellt. Es ist nur in seltenen Fällen ein tatsächlicher Fate-Konflikt.
3. Was ist das mögliche Resultat der Szene bei Sieg und Niederlage der Charaktere?
Aus dem Resultat ergeben sich die nächsten Ziele für die anschließende Szene...
Welche Aspekte wichtig sind, das ergibt sich spontan aus 1 und 2. Wenn du Ziel und Konflikt hast, dann sind auch die entsprechend relevanten (Charakter-)Aspekte sofort bewusst.
Da du schon die Struktur deiner Szene hast, ermöglichen dir Situationsaspekte die Szene einzufärben und ihr eine dramaturgisch-narrative Tendenz zu geben. Meiner Meinung sind sie in Fate für die SL das mächtigste Mittel, um Einfluss auf die Erzählung zu haben, da sie beim Aufbau einer Szene außerhalb der FP-Ökonomie funktionieren. Wie ein Theaterregisseur kannst du die Bühnenszene mit speziellen Requisiten anreichern, und die Darsteller zum Interagieren animieren (am besten mit freien Einsätzen aufgeladen); du kannst die Nebelmaschine anschmeißen und zahllose Widrigkeiten ins Leben rufen, mit denen die Charaktere nun umgehen müssen – und was du dir sonst noch ausdenken kannst. Situationsaspekte kommunizieren an die Spieler, was dir als SL in einer Szene wichtig ist und was du gleich auf der Bühne sehen willst.
Oder wird frei Improvisiert?
Fate ist meiner Meinung ein Hybrid, wenn es um die Improvisation geht. Einerseits ist der Erzählfaden improvisiert und nicht von langer Hand geplant oder aus einem "Abenteuer" abzulesen. Andererseits wird mit den immer gleichen Methoden, Mustern und Strukturen gearbeitet. Siehe oben: Ziel, Konflikt, Resultat.
Wie viel Mitgestaltung einer Szene übernehmen die Spieler?
Naja, so viel wie es das Regelsystem Fate ihnen erlaubt. Viele Entscheidungen sind gebunden an die Existenz von Fate-Punkten, sind abhängig von etwaigen passiven/aktiven Widerständen oder müssen sich auf vorhandene Aspekte berufen. Und das eine oder andere lässt sich auch so "herbei erzählen."
Wenn man Szenen aber so wie oben beschrieben rahmt, dann wird es in jeder von ihnen um die harte, dreckige Sache gehen, sodass kaum Platz für irrelevante Spontaneinfälle bleibt. Die Mitgestaltung wird fokussiert und dadurch mehr an die Fate-Regeln gekoppelt. Schließlich bedeutet dann jede Idee, dass sie das Ziel erreichen, den Konflikt gewinnen und das Resultat der Szene bestimmen will. Selbstverständlich wird das nicht einfach, so dass wir wieder bei den oben beschriebenen Entscheidungsgrenzen für Spieler sind.
Kaskantor:
Lustigerweise leite ich gerade eine Kaufkampagne, deren originales Regelsystem recht traditionell daherkommt und ich habe absolut kein Problem damit, Fate auch so zu spielen.
D.h. ich lese ein Teil der Kampagne inklusive Location und NSC, schaue wie ich letztere konvertiert bekomme (aber nur das nötigste wie z.b. einen Aspekt ein bis zwei Fertigkeiten und vielleicht noch einen Stunt, Rest wird improvisiert) und lasse die Spieler die Geschichte erleben. Hier und da ergibt sich was durch die Spieler, was wir dann ausspielen und fertig. So wie es bei mir in den letzten Jahrzehnten auch mit allen anderen Spielen gelaufen ist.
Für mich funktioniert Fate am besten, wenn ich nicht versuche mich für Fate zu verbiegen.
Blechpirat:
Ich habe Fate als Spieler auch schon als Werkzeug für's härteste Railroaden erlebt - da waren die Fatepunkte quasi nur die Belohnung dafür, dass man auf den Schienen blieb. Nicht meins, scheint aber auch manchen Leuten Spaß zu machen.
Ansonsten kann ich Varieties Post nur zustimmen. Wem das zu abstrakt und schwierig vorkommt, dem empfehle ich einige Runden Fiasko. Fiasko ist quasi der Speedrun, weil es einen zwingt, sich die von Variety genannten Fragen immerzu zu stellen und das aus dem traditionellen Rollenspiel bekannte großzügige Framing wegzulassen. Damit meine ich, dass man (ich) früher oft SL hatte, die einen bestraft haben, wenn man Selbstverständlichkeiten nicht ausdrücklich ausgespielt hat (Du stehst im Dunkeln, weil du keine Fackel gekauft hast, was du vor 5 Szenen auf dem Markt hättest machen müssen. Und das du sie anzündest, hast du auch nicht gesagt) - Bei Fate gibt es solche "Nettigkeiten" nicht, weil das Spiel nicht interessanter wird, wenn man vor dem Dungeon umkehrt, weil man die Fackeln vergessen hat.
Ergänzend zu Variety versuche ich mir eine "Bibliothek" an interessanten Locations anzulegen, auf die ich zugreifen kann.
--- Zitat von: Variety am 19.05.2022 | 21:13 ---1. Was ist das Ziel/Was sind die Ziele der Charaktere (SC wie NSC) in der Szene?
2. Was ist der Konflikt, der die Charaktere vom Erreichen des Ziels/der Ziele abhält? Allgemeiner kann man sich den Konflikt als Hindernis (das auch in den Köpfen der Charaktere manifestiert sein könnte) vorstellen, der die Charaktere vor Herausforderungen stellt. Es ist nur in seltenen Fällen ein tatsächlicher Fate-Konflikt.
3. Was ist das mögliche Resultat der Szene bei Sieg und Niederlage der Charaktere?
--- Ende Zitat ---
Wenn ich auf die Fragen antworte:
1. Dem Mafia-Paten das Erpressungsmaterial abhandeln
2. Der Mafia-Pate ist mit seinen Schlägern da. Die PCs A+B vertrauen C nicht, der Neffe des Paten ist.
3. Spieler haben das Material und schulden dem Paten etwas / Spieler haben das Material nicht und der Pate ist verärgert/hat sie angegriffen/sie sind in Gefangenschaft geraten
Stelle ich mir noch eine 4. Frage:
4. Welche Location unterstreicht die Szene am besten?
Meine Anwort hier wäre z.B. ein großes unfertiges Bauprojekt, wo gerade die Fundamente gegossen werden. Aspekte: Feuchter Beton, alles voller Baugeräte, spitze Kanten, Baulärm.
Die Location ist danach ausgewählt, das Bedrohungspotenzial der Szene in der Fantasie der Spieler zu maximieren: Alle wissen, dass die Mafia Leichen gerne in den Beton von Fundamenten eingießt. In einem Fantasy-Szenario würde man andere Locations aus der Bibliothek ziehen - immer unter Berücksichtigung, wie der Konflikt von der Szene mitgeprägt wird - verstärkt, entschärft, auf den anderen Stresstrack fokussiert und mit einem Twist versehen wird. Im Extremfall ist die Location ein Charakter - wenn das Treffen nicht mit dem Mafiapaten, sondern einem Höllenfürst in dessen Domäne stattfindet, dann soll das kein Spaß sein :D.
Jiba:
Das mit den Locations ist eine gute Idee. Ich habe mir für Fate-7te See-Karten für Nameless-NSC-Gruppen verschiedener Bauart gestaltet (bei Interesse: PM) und baue gerade auch an Templates für Neben-NSCs, die man dann einfach per Aspekten individualisieren kann.
Noch Locations dazu zu entwerfen, hätte natürlich was. :D
Variety:
--- Zitat von: Blechpirat am 20.05.2022 | 09:30 ---Stelle ich mir noch eine 4. Frage:
4. Welche Location unterstreicht die Szene am besten?
--- Ende Zitat ---
Sehr guter Punkt, weil damit auch die Situationsaspekte (kurz für: alles, was die Szene interessant, spannend und dramatisch macht) nur so aus dem Kopf auf den Tisch purzeln.
Hier würde ich sogar auf die Fragerichtung von Rise nochmal antworten und sagen: Die Suche nach Locations, aber auch nach möglichen Nichtspieler-Charakteren und so weiter, all das gehört dann zur Vorbereitung einer Fate-SL.
Wenn man gemeinsam mit den Spielern die Spielgestaltung in Sitzung Zero durchgeführt hat, weiß man ja, zu welchen Themen und Genres man recherchieren kann. In Zeiten des Internets, wo Millionen Bilder, Texte und Videos nur einen Mausklick entfernt sind, total easy. Im Zweifel immer TVTropes.
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