Ich sortier mal ein paar Punkte aus:
- Es ist völlig klar, dass der AH (Wunder) im Vergleich mit dem AH (Magie) mit einem eingebauten Nachteil kommen muss. Insoweit verstehen wir uns.
- Es ist auch klar, dass die Wunderwirker relevante Sünden in ihrem Register brauchen, denn sonst wird die eben gemachte Bedingung durch die Hintertür unterlaufen.
- Es ist auch klar, dass die Wunderwirker durch den konkreten Sündenkatalog eine spezifische Anbindung an das Setting bekommen.
- und das es nicht um die ingame Begründung geht, will ich auch gerne feststellen.
Zornhau meint nun, es gebe wegen des Sündenregisters rollenspielerische Anreize, sich mit moralischen Konflikten auseinanderzusetzen. Das ist gerade meine Frage. Sind diese Auseinandersetzung nicht zB mit einem Vow ebenfalls erreichbar? und bringen in dieser Gestalt soger noch mehr Spaß am Tisch?
Denn auch Pyromancer bestreitet, dass sich die Spieler von Wunderwirkern moralischen Konflikten besonders aufgeschlossen zeigen. Was bewirkt das Sündenregister also für spielerische Anreize?
Von Sphärenwanderer kommt der Vorschlag, das Register mit einem Vow zu koppeln, so dass es Bennies geben kann, wenn man nicht sündigt, und Strafen, wenn man es tut. Ähnlich ist die Idee von Kardohan, die Sünden sowieso als Vows anzusehen, so dass man einen Bennie melken kann, wenn man durch den Vow in der konkreten Situation behindert wird.
Aber das löst das Problem nicht. Der Spieler hat, soweit ich es sehen kann einfach keinen Anreiz, sich auf die moralischen Fragen einzulassen, weil ihm eine klare Grenze gesteckt wird. Links lockt das Heil (Bennies), rechts das Fegefeuer (-2 auf den Glauben, temporärer Verlust der PP, Verlust der PP bis zur Buße). Das ist ES einfach selten wert.
Dann noch etwas zu dem Problem des Entscheidungsverfahrens: ein Spieler mit dem Nachteil Vow kann in gewisser Weise daran mitwirken, die Grenzen dieses Nachteils zu bestimmen. Indem er nämlich feststellt, hier fühle sich sein Char gebunden, und hier nicht. Indem er es selber definiert, gibt er auch dem Spielleiter das Stichwort, eventuell einen Bennie locker zu machen, wenn die Selbstverpflichtung den Charakter regelmäßig in Schwierigkeiten bringt. Der Spieler ist aktiv und der Spielleiter signalisiert mit dem Bennie: Geh, und mach Dich unglücklich.
Bei den Sünden läuft die Kommunikation etwas anders. Der Spieler fragt zunächst sich, und dann - um sicher zu gehen, den Spielleiter, ob die konkrete Handlung für seinen Char eine Sünde wäre - denn die Konsequenzen eines Irrtums möchte er natürlich nicht tragen. Wenn der Spielleiter jetzt bestätigt, dass es sich um eine Sünde handelt, dann wurde dem bis dahin passiven Spieler die gelbe Karte gezeigt: nicht weitergehen, sonst wird es teuer.
Zum Konfliktlösungsmechanismus: Habt ihr es noch nie erlebt, dass über die Auslegung von Sündenregistern zwischen Spieler und Spielleiter gestritten wurde? Das gehört für mich zu den frustrierendsten Rollenspielerlebnissen überhaupt. Diese Erfahrung beruht zwar nicht auf SW, aber ich sehe das Sündenregister als gestalterischen Sündenfall und als Einladung zu solchem Zwist.
Vielleicht seht ihr aber auch noch eine andere Möglichkeit, solche Situationen aufzulösen und dem Spieler die Initiative zurück zu geben? Ich bin gespannt.