Autor Thema: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf  (Gelesen 1243 mal)

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Offline Neuromancer

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[oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« am: 18.08.2011 | 11:40 »
In meiner Runde grade folgendes Problem: Einer meiner Mitspieler ist OT-Physikstudent, und nutzt natürlich sein OT erworbenes Wissen um schamlos mit Forces zu arbeiten,was die anderen nciht können da sie das Wissen nicht haben.

Nun meine Frage: Inwieweit lässt sich das kollidieren des OT-Wissens mit dem Spielverlauf und dem Spielspass der anderen Mitspieler vermeiden?
Obenstehender Artikel gibt ausschliesslich die Meinung seines Erstellers wieder und hat nicht im Geringsten Anspruch auf vollkommene Richtigkeit und Wahrheit!

"Hush hush little Mage, dead men cast no spells..."

Nin

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Re: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« Antwort #1 am: 18.08.2011 | 11:48 »
Ist ein bisschen schwierig zu beantworten, ohne die SpielerInnen und den Gruppenvertrag zu kennen.

Was würde passieren, wenn du diesem Spieler das Problem beschreibst und ihn fragst, wie die anderen am besten von seinem Wissen profitieren könnten, ohne dabei dumm auszusehen?

Offline 1of3

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Re: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« Antwort #2 am: 18.08.2011 | 11:51 »
Generell belohnt Mage solche Kenntnisse und dahingehende Kreativität. Es braucht eben kein Leben um Schmerzen zu heilen. Materie 2 (Aspirin produzieren) tuts auch.

Was machen denn die anderen beruflich? Und was kann man als Physikstudent mit Forces mehr machen als Fliegen, Unsichtbarkeit und Bumm?

Offline Scimi

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Re: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« Antwort #3 am: 18.08.2011 | 12:56 »
Generell habe ich es immer so empfunden, dass das Magiesystem bei M:tA vor allem Verhandlungssache war. Die Publikationen haben den Eindruck noch verstärkt und es kam ziemlich häufig vor, dass in einem Buch irgend ein Rote mit Forces 4, Prime 2, Matter 3 und Time 2 stand und in einem anderen Buch derselbe Effekt mit Entropy 2 erreicht werden konnte (ok, übertrieben, aber nicht sehr).

Auch sehr beliebt war es immer, fehlende Spheres durch das zu ersetzen, was man hatte: Blick in die Vergangenheit ohne Time? - Einfach mit Correspondence einen geeigneten Betrachtungspunkt im Weltraum wählen, mit Forces das Licht wie bei einem Fernrohr bündeln und fertig - bei 8 Lichtminuten Entfernung, kann man 8 Minuten in die Vergangenheit sehen, bei 20 Lichtjahren 20 Jahre.
Oder mit Matter (Pharmazeutika) Life- oder (Psychopharmaka) Mind-Effekte hervorrufen. Entropy war sowieso ein Catch All (es könnte ja zufällig so und so sein) und mit Spirit konnte man im Zweifelsfall den richtigen Geist für den Job anheuern.
Und dann gab es da noch diesen Aufsatz im Akashi-Tradbook, der einem nahelegte, dass man mehr oder weniger alle Fertigkeitswürfe durch Do ersetzen konnte *seufzt*...

Auf der anderen Seite hatte M:tA das sehr verwirrende Konzept der verschiedenen Paradigms, bei der das, was die Realität als realistisch durchgehen lässt, auch vom Umfeld und der Weltsicht der Sleepers abhängig ist: In einem Eingeborenendorf jenseits aller Zivilisation könnte fast alles, was ein Dreamspeaker tut, Coincidental sein, während Technokratische Procedures durch die Bank vulgar währen. Das ist auch der Grund, warum Satelitentelefone im tiefsten Busch ausfallen und Apache-Helikopter, die in Arizona super funktionieren, im Irak keine zehn Minuten in der Luft bleiben. Ein Son of Ether wird mit dem richtigen Drumherum auf einer Convention von hardcore-Star Trek-Fans mit ganz unglaublichen Dingen durchkommen und in einem Kindergarten hat man kaum Probleme mit Sleepers.
In deinem Fall bedeutet das, dass wenn man mit irgendwelchen exotischen Naturgesetzen arbeitet, die dem gesunden Menschenverstand widersprechen und den meisten Menschen wie Wunder vorkommen müssen, sind diese wahrscheinlich noch nicht ausreichend im Paradigma verankert, um als Coincidental gelten zu können - sprich, wenn es in der Runde keiner kapiert, ist es erst einmal vulgar.

In meinem Spiel ist es immer zu langen Diskussionen gekommen, wenn es um sphärenmagische Effekte ging. Irgendwann sind wir dann dazu übergegangen, dass alles, was nicht für alle sofort nachvollziehbar ist, erst einmal als Vulgar behandelt wird oder außerhalb der Spielzeit als Rote mit dem ST besprochen werden muss.

Außerdem werden nicht nur wissenschaftliche Erklärungen akzeptiert, wenn es darum geht, ob ein Effekt überhaupt möglich ist: Wenn jemand mit Matter das Wassergedächtnis auslesen will, einen Prime-Effekt hat, der auf Orgon-Energie beruht, Time auf Grundlage von Astrologie wirkt, Forces im Kontext einer Engels-Hierarchie versteht, mit Homöopathie echte Effekte hervorrufen kann oder einen Correspondence-Link mithilfe von Gematrie erzeugt, dann ist das eine genausogute Erklärung, wie irgendein Quanteneffekt oder irgendwas aus der Biochemie.
In der Tat denke ich, dass mehr Menschen an Astrologie glauben als an die Relativitätstheorie, daher sollte Astrologie im Paradigm besser verankert sein und eher akzeptiert werden, als Physik jenseits der Oberstufe.

Überhaupt geht es darum ja beim Krieg zwischen den Traditionen und der Technokratie: Die Realität ist das, woran die Menschen glauben und im Mittelalter gab es Drachen und Flüche, während Aspirin und Feuerwaffen nicht funktioniert hätten, selbst wenn man sie produziert hätte. Erst die vereinten Bemühungen einer gewaltigen Anzahl von Mages unter dem Banner der Technokratie haben es geschafft, ein Paradigma zu erschaffen, in dem Menschen fraglos akzeptieren, dass andauernde technische Neuerungen und wissenschaftliche Erkenntnisse an der Tagesordnung sind.
Die Traditions konnten die Entwicklung nicht aufhalten, da jede Gruppe eine eigene Version davon hat, wie die Realität sein sollte und an sich der Technokratie zahlenmäßig unterlegen ist. Die Bemühungen für eine gemeinsames Vorgehen durch das Council of Nine waren zu wenig zu spät. Trotzdem haben die Traditionen es geschafft, dass auch in einer Welt, in der Wissenschaft das Paradigma ist, weiterhin überall Nischen existieren, die nicht mit dem rationalen Paradigm der Technokratie konform gehen: Zeitungen drucken weiterhin Horoskope, Religion ist weltweit ein mächtiger Faktor in Kultur und Politik, in Entwicklungsländern geht man lieber zum Dorfschamanen als zum Arzt vom Roten Kreuz (weil der nur heilt und einem keine mächtigen Flüche gegen seine Nachbarn verkauft), Musik, Drogen und Feiern sind trotz aller Warnkampagnen der Technokratie nicht auszurotten, viele Leute glauben fest an Aliens, Geister und das Schicksal, in Buchhandlungen ist die Abteilung zu Esotherik und Lebenshilfe größer als die zu Populärwissenschaft und "das geht über Internet" ist eine akzeptable Erklärung für so ziemlich alles, ohne dass es rational erklärt werden muss.

Und darum ist in der Welt von Mage jede Erklärung, die auf Dingen basiert, an die viele Menschen glauben, erst einmal völlig plausibel und akzeptabel, auch wenn sie nach unserem Schulwissen völliger Unsinn ist. Mage ist ein Spiel über Magie und den Kampf um die Realität, nicht ein Spiel über wissenschaftliche Gesetze (außer man spielt eine reine Technokratierunde).

Offline 1of3

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Re: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« Antwort #4 am: 18.08.2011 | 14:40 »
Zitat
...und an sich der Technokratie zahlenmäßig unterlegen ist.

Also was Erwachtes Personal betrifft, haben die Traditionen, Hollow Ones und Gilden sogar 2:1 mehr. Die TU hat nur mehr Leute, wenn man Nicht-Erwachte Assistenten mitzählt. ;)

Offline Scimi

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Re: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« Antwort #5 am: 18.08.2011 | 15:07 »
Also was Erwachtes Personal betrifft, haben die Traditionen, Hollow Ones und Gilden sogar 2:1 mehr. Die TU hat nur mehr Leute, wenn man Nicht-Erwachte Assistenten mitzählt. ;)

Nenenenene, das ist falsch rübergekommen: Mir ging es um die Zeit der Renaissance, wo die Technokratie als Order of Reason gerade Fahrt aufnahm. Diese neue Bewegung war die mit Abstand größte Partei, der keine der zersplitterten Mage-Gruppen etwas entgegenzustellen hatten. Als sich die Traditionen dann begannen, sich als eine Gruppe zu formieren, war die Umwandlung des Paradigma im Sinne der Aufklärung nicht mehr aufzuhalten.

Offline Yehodan ben Dracon

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Re: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« Antwort #6 am: 18.08.2011 | 15:40 »
Grundsätzlich wäre ich auch großzügig, was die Umgehung von Sphärenanforderungen angeht. Magick ist schließlich was kreatives und spontanes!

Auch sehr beliebt war es immer, fehlende Spheres durch das zu ersetzen, was man hatte: Blick in die Vergangenheit ohne Time? - Einfach mit Correspondence einen geeigneten Betrachtungspunkt im Weltraum wählen, mit Forces das Licht wie bei einem Fernrohr bündeln und fertig - bei 8 Lichtminuten Entfernung, kann man 8 Minuten in die Vergangenheit sehen, bei 20 Lichtjahren 20 Jahre.

Hier kann man ja immer viel herumkritteln: 1. ob Correspondence überhaupt den Horizont um die Erde verlassen kann (dazu bedarf es m.E. Geister) und 2. warum man davon ausgeht, dass in 20 Lichtjahren so gar keine Hindernisse den Lichtstrahl unterbrechen oder beugen. Zudem ist eine solche Denke sehr technokratisch und impliziert, dass es einen toten und kalten Weltraum gibt, anstelle eines lebendigen Umbras.

Wenn es keine Einigung gibt, kann man auch vorher auf (Wissens)fertigkeiten proben. Denn was der Spieler weiß, weiß nicht zwingend der Charakter.

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Offline Scimi

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Re: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« Antwort #7 am: 18.08.2011 | 17:18 »
Hier kann man ja immer viel herumkritteln: 1. ob Correspondence überhaupt den Horizont um die Erde verlassen kann (dazu bedarf es m.E. Geister) und 2. warum man davon ausgeht, dass in 20 Lichtjahren so gar keine Hindernisse den Lichtstrahl unterbrechen oder beugen. Zudem ist eine solche Denke sehr technokratisch und impliziert, dass es einen toten und kalten Weltraum gibt, anstelle eines lebendigen Umbras.

Ja, da könnte man viel herumkritisieren, aber wenn ich mein Mage-Regal hier hätte, würde ich dir genau die Anwendungen aus dem offziellen Material heraussuchen. Die "Regeln" für Sphärenmagie sind da einfach völlig unscharf und werden von vielen Quellenbüchern hinterrücks sabotiert, daher kommt es ja gern am Spieltisch zu den Diskussionen.

Online Jiba

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Re: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« Antwort #8 am: 18.08.2011 | 23:45 »
Scimi, danke für die tolle Erklärung zum Dreh- und Angelpunkt von Mage-Zauberei und Sphärenwirrwarr. Das macht mir tatsächlich Lust, Mage zu spielen, obwohl ich das Spiel eigentlich überhaupt nicht leiden kann.  :d
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Scimi

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Re: [oWoD] Mage-Spielerwissen vs. Spielverlauf
« Antwort #9 am: 19.08.2011 | 00:14 »
Mage ist für mich das oWoD-Spiel. Das lag vor allem an der tollen Gruppe, mit der ich stundenlang mehrmals die Woche hoch und runter gespielt habe. Die Idee der Sphärenmagie, die keine Gesetzmäßigkeiten kennt, sondern nur den Versuch darstellt, der allgemeinen Realität seine eigene individuelle Weltsicht aufzuzwingen und die daraus resultierenden Diskussionen waren der größte Reiz an dem Spiel.

Allerdings war das auch noch zur Schulzeit, als wir endlos Zeit für so etwas hatten. Heute würde ich die klareren Magieregeln vom nWoD-Mage vorziehen, die weniger frei, aber dafür klarer sind und einen schnelleren Spielablauf erlauben. Für eine philosophische Diskussionsrunde mit 8 bis 14 Stunden Spielzeit mehrmals die Woche fehlt mir und meinen Mitspielern heute einfach die Zeit.  :(

Das macht mir tatsächlich Lust, Mage zu spielen, obwohl ich das Spiel eigentlich überhaupt nicht leiden kann.  :d

Viel von dem Mage-Hintergrund war mir einfach zu pulpig: Geheimbasen im Umbra, Nephandi, die auf Cthulhus durch die Sternenleere fliegen, Marauders, die einem mit der Beschwörung von Fabelwesen Paradox an die Backe klatschen, Der Ascension War, der von der Technokratie mit Terminatoren und Men in Black geführt wird...
Dafür hatten wir recht viele Vampir-Antagonisten, Informanten aus der Feenwelt und ein wenig Politik in den eigenen Reihen. Außerdem viel, viel Kram, der direkt aus den Charakterhintergründen kam und in keinem Sourcebook der Welt zu finden ist.

Aber das ist das Schöne an einem umfangreichen Setting wie der WoD: Man steht vor einem riesigen Buffet und stellt sich zusammen, was einem am besten schmeckt. Was man nicht mag, lässt man links liegen und es ist sowieso unmöglich, von allem ein Häppchen auf einen Teller zu stapeln.

Leider existiert von der damaligen Runde nur noch ein Dokument aus Schnippseln und Stückchen, die zwar nicht annähernd den Inhalt der Kampagne vermitteln können, aber vielleicht ein wenig das Spielgefühl unserer jüngeren Ichs.  :)