Warum müssen Charaktere sich eigentlich unbedingt immer nur auf ihr Spezialgebiet konzentrieren und dürfen dann auch nur darin gut werden, aber nie so gut, dass sie irgendeine Fähigkeit irgendeines anderen Gruppenmitgliedes damit emulieren oder ersetzen könnten?
Warum ist das so?
Warum darf der (Spieler-)Magier nicht mächtig werden, der Krieger aber sehr wohl? Habe ich irgendwas verpasst, und ist Rollenspiel inzwischen ein Wettbewerbsspiel geworden, kein Teamplay-Spiel mehr?
Beim Herrn der Ringe hat sich doch in der Gemeinschaft der Gefährten auch keiner beschwert, dass ihm jemand die Butter vom Brot klauen könnte. War Gandalf etwa kampfschwach und hatte keine große Zaubermacht? Warum hatten die Neun Gefährten eigentlich 2 Kämpfer und 2 Waldläufer in der Gruppe, ganz zu schweigen von 4 Halblingen, von denen nur zwei halbwegs ausgebildete Diebe waren? Hat es Aragorn angenervt, dass Legolas weiter gucken konnte?
Würde es einen Aventurier wirklich stören, in einer Gruppe zusammen mit einem Magier zu reisen, der eine ganze Gruppe von Feinden mit einem Streich ausschalten kann? Würde es einen Krieger wirklich stören, wenn ein weiterer Kämpfer sich der Gruppe anschließen wollte?
Und warum, um mal zurück zur Eingangsfrage meines Beitrags zu kommen, müssen eigentlich ausgerechnet die Möglichkeiten der ohnehin schon von Edition zu Edition immer weiter verkrüppelten Magier noch und nöcher beschnitten werden?
Eine Mitspielerin von mir war von den Magiern der Edition 4.0 total begeistert, hat sich richtig gefreut, dass es jetzt so viele Möglichkeiten gibt und dass man als Magier endlich auch mal was reißen kann. Und dann kam 4.1. Sie wollte sich nach der neuen Edition einen Char basteln - Magierinnen sind seit jeher ihre Lieblingschars - und ist am neuen System verzweifelt. Der Generierungsversuch war für sie etwa so, als ginge man freudiger Erwartung in einen Süßigkeitenladen und bekomme dann nur nach muffigem Ohrenschmalz schmeckende Drops.
Allein die Unterschiede zwischen der 4.0 Thorwaler Magierin und ihrem "Pendant" (kann man das eigentlich gar nicht nennen) in 4.1.
Traurig.
Wozu das Ganze? Dürfen Magierspieler keinen Spaß mehr haben, oder was? Was ist überhaupt so schlimm daran, wenn mehr als einer der Gruppencharaktere in einem Spezialgebiet gut wird?
In Drakensang hat eigentlich auch jeder Char von einer hohen Selbstbeherrschung profitiert. Und unserer Orkland-Expedition hat es nicht wirklich geschadet, dass am Ende jeder im Talent "Wildnisleben" ein mehr oder weniger unfreiwilliger Experte war. Ich hatte einen echt powergamigen Zwergensöldner gebastelt, der dennoch von einem mittelländischen Söldner mit Zweihänder regelmäßig in den Kampfszenen überflügelt wurde, und mich hat es nicht die Bohne gestört - ganz im Gegenteil, ich war froh, ihn dabei zu haben.
Woher kommt dieses komische Konkurrenzdenken denn auf einmal? Ich hab das bisher erst ein einziges Mal erlebt, dass eine Spielerin angepisst war, weil jemand was versuchen wollte, das eigentlich ins Spezialgebiet ihres Chars fiel (wohlgemerkt: sie war gar nicht von selbst auf die Idee gekommen). Was soll denn das? Wem bricht das bitte einen Zacken aus der Krone, wenn mal ein anderer Char in dem glänzt, was der eigene Char eigentlich, rein vom Charkonzept her, am besten können sollte?
Also, für mich ist das falscher Stolz, der sich dem eigenen Spielspaß in den Weg stellt. Das kann ich nicht gebrauchen.